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Schule stellt sowohl als staatlich gelenktes System als auch im Sinne des Schulhauses, in dem ein Pädagoge tätig ist, relevante Umwelten des Handelns des jeweiligen Lehrers dar. Diese Umwelten (bzw. seine Sichtweise von ihnen) gilt es, aus systemisch-konstruktivistischem Blick, für den Lehrer zu beachten, wenn er sich in solchen komplexen Zusammenhängen angemessen orientieren und positionieren will – und diese Umwelten vielleicht sogar, soweit möglich, mit Kollegen und Schülern in Schulentwicklungsprozessen gemeinsam verhandeln und gestalten will.
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In diesem Kapitel sollen neuere, insb. systemisch-konstruktivistische Ideen zur Schulhausentwicklung zunächst dargestellt und erläutert werden. Die Idee, dass das Schulhaus ein System mit Subsystemen ist, das zurzeit verstärktem Veränderungsdruck unterliegt, wird auf erste grundlegende Konsequenzen für Schule hin untersucht und kritisch diskutiert. Eine besondere Rolle hierbei spielt die Vernetzung von Schulhäusern mit außerschulhäuslichen Institutionen und Ansprechpartnern. Dieser Vernetzungsbedarf steigt angesichts veränderter gesellschaftlicher Bedingungen allmählich und kontinuierlich, und er wird auch in der entsprechenden Literatur zunehmend diskutiert. Gerade für Beratungslehrer aber auch für Klassenlehrer, die mit der Zunahme von Konfliktfällen in der Schule besonders stark konfrontiert sind, kann eine Vernetzung innerhalb und außerhalb des Schulhauses hilfreich sein.
Da an Weiterbildungen (wie der in dieser Doktorarbeit untersuchten) i.d.R. eher engagierte Pädagogen teilnehmen, denen auch die Entwicklung des eigenen Schulhauses ein wichtiges Anlegen ist, ist davon auszugehen, dass sie häufig auch in Schulentwicklungsprozessen involviert sind. Sie sind dies allerdings vermutlich, ohne entsprechendes Basiswissen über (systemische) Organisationsentwicklung zu besitzen, da dies i.d.R. genauso wenig Teil der Ausbildung war bzw. ist als Beziehungsgestaltung und Kommunikation. Häufig verausgaben sich Pädagogen an Schulhäusern dann über Jahre im gut gemeinten aber letztlich vergeblichen Versuch, bestimmte Projekte und Vorhaben in der Schulhauskultur zu verankern. Folglich erscheint es sinnvoll, einige Aspekte herauszuarbeiten, die bei der Initiierung und Durchführung von Schulentwicklungsprozessen sowohl von einzelnen Pädagogen als auch von Lehrergruppen von Anfang an zu berücksichtigen sind, wenn die Erfolgschancen auf dauerhafte Implementierung von Projekten in der Schulhauskultur erhöht werden sollen.
Im Folgenden werden zunächst grundlegende Überlegungen zu Veränderungskulturen in Schulhäusern angestellt (Kap.11.1) und Schulorganisationsentwicklung aus systemisch-konstruktivistischer Sicht beschrieben (Kap.11.2). Den in der Fachliteratur zu findenden Bedenken bezüglich der Veränderbarkeit von Schule gibt das Kap.11.3 Raum. Ein Schwerpunkt des 11. Kapitels stellen die Überlegungen zu Kooperation in und von Schulhäusern und zu ihrer Vernetzung dar (Kap.11.4). Die Position des engagierten Einzellehrers (wie er z.B. gerade in Weiterbildungen zu finden ist) in Schulentwicklungsprozessen beleuchtet abschließend Kap.11.5. Verdeutlicht wird, worauf er konkret achten muss, wenn er sich nicht umsonst verausgaben will.
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Schulhäuser befinden sich in gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Umwelten, von denen zumindest die ersten beiden seit längerem in einem verstärkten Wandel begriffen sind. Auch die Schulpolitik in Deutschland ist mittlerweile in den letzten Jahren auf die Suche nach Neuerungen gegangen. Daher wächst, zumindest von außen betrachtet, der Veränderungsdruck auf Schulhäuser. Das gilt auch dann, wenn angenommen bzw. kritisiert wird, dass viele staatliche Neuerungen im Bildungswesen v.a. unter Aspekten von Kostenminimierung durchgeführt werden und eher Veränderungen erster Ordnung anvisieren.
Bereits weiter oben wurde festgehalten, dass der gegenwärtige gesellschaftliche Wandel zum Wegfall von Traditionen führt oder zumindest dazu, dass diese in einem schwierigen Spannungsverhältnis zur Notwendigkeit von Innovationen stehen. Auf Dauer werden lokale, selbstorganisationale Lösungen gefunden werden müssen. Dann gilt: „Je größer das Ausmaß an Selbstorganisation, desto wichtiger wird die Reflexion und die Aushandlung von ‚Gütekriterien’ “ (Palmowski 2004b, 83). Hierfür wird beratende Begleitung benötigt. Für Schule als tendenziell eher konservativem System (Kap.8.4.1) gilt dies um so mehr.
Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten muss Bildungspolitik – angesichts der momentanen (finanz)politischen Entscheidung für vergleichsweise leere Bildungskassen – Kosten und Nutzen, also Investitionen und Wirkungen in einem günstigen Verhältnis halten. Das gehört zum Organisationsbereich (und nicht zum pädagogisch-‚professionellen’ Bereich) von Schule in staatlicher Hand. Zurzeit fällt die finanzielle Ausstattung des Bildungssystems in Deutschland gerade auch im OECD-Vergleich eher schwach aus, so dass Organisationsentwickler von einer „Vernachlässigung des staatlichen Bildungsauftrages“ (v.Lüde 2005, 167) sprechen. Die Finanzknappheit verschärft die schwierige Lage vieler Schulhäuser in Deutschland – den gesellschaftlichen Veränderungen werden sie sich aber über kurz oder lang wahrscheinlich491 stellen müssen und haben diesen Prozess häufig auch schon begonnen.
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Spätestens seit dem erhöhten Veränderungsdruck auf wirtschaftliche Unternehmen im Zuge der Globalisierung erkennt die Literatur zur Organisationsentwicklung nicht mehr nur Individuen sondern auch ganzen Unternehmen (Doppler/Lauterburg 2000) und inzwischen auch bürokratischen Systemen - wie dem staatlichen Schulsystem und auch Schulhäusern (Rolff et al. 2000, Fullan 1999) - Lernfähigkeit zu. Von Interesse ist dabei vornehmlich die Organisation nicht mehr der Arbeit im Allgemeinen sondern der Wissens-Arbeit. Die Organisation bzw. das Management des Wissens zeichnet sich dadurch aus, „dass relevantes Wissen permanent als revidierbar und verbesserungsfähig gilt, prinzipiell nicht als Wahrheit, sondern als Ressource betrachtet wird und zugleich untrennbar mit Nichtwissen, also mit Risiken verbunden“ ist (Klatetzki 2003, 4). Werning (2003, 127) sieht bzw. fordert Schule als Organisation, „die sich in Frage stellt, die Experimente nicht nur zulässt, sondern herausfordert, die überprüft, ob Konstruktionen von Wirklichkeit [...] nicht längst überholt und dsyfunktional geworden sind“. Lernende Organisationen müssen dementsprechend „Kontextbedingungen schaffen, welche den in ihnen und mit ihnen wirkenden Menschen optimale Lernprozesse ermöglichen und sie dazu motivieren“ (G.Schmidt 2004a, 413). Allerdings müssen die Lernprozesse der Organisation selber und die Lernprozesse in der Organisation den Zielen und Interessen der Organisation dienen.492
Geht man davon aus, dass Schule einerseits den gesellschaftlichen Wandel nur dann integrieren bzw. erfolgreich bewältigen kann, wenn sie sich als wandelbare lernende Organisation mit Selbstgestaltungsfähigkeiten begreift (Fullan 1999), und, dass Schule andererseits ein eher konservatives System ist, dann liegt die Vermutung nahe, dass angesichts steigenden Drucks die Wahrscheinlichkeit für plötzliche, eher abrupte und damit unreflektierte Maßnahmen momentan steigt. G.Schmidt (2004a, 418) konstatiert, dass sich „die Halbwertszeit der angestoßenen Lern- und Veränderungsprozesse [...] in vielen Organisationen in den letzten Jahren enorm verringert“ hat, dafür habe sich „die Zahl der begonnenen Maßnahmen sehr erhöht.“493 Eine Gefahr besteht dann u.a. darin, dass übersehen wird, dass eine lernende Organisation, wenn sie erfolgreich sein will (und das heißt erfolgreich Bewahrung und Veränderung balancieren will), immer auch sehr intensiv „auf das Bewährte und weiterhin Wertvolle im gewohnten Tun fokussieren“ muss (G.Schmidt 2004a, 419). Vermutlich wird der Bedarf an Schulentwicklung weiter steigen, und Fragen der Schulidentität werden sich mit einer möglichen Entwicklung hin zu mehr Ganztagsschulen um so unausweichlicher stellen: Je mehr Zeit Schüler und Eltern in einer Schule verbringen, desto unausweichlicher wird die Frage nach ihrer Kultur (Kahl 2004, dvd1, 0:20 min).
Zieht man Beschreibungen bzw. Definitionen von sog. ‚Veränderungskulturen’ heran – also von Organisationen, die zwischen den Polen Veränderung und Bewahrung Wandel aktiv balancieren und gestalten -, so wird schnell deutlich, dass Schulen hiervon noch relativ weit entfernt sind. Martin/Schuster (2005, 81) bspw. nennen folgende wichtige Merkmale für eine funktionierende Veränderungskultur:
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Die Veränderung der Leitvorstellungen zur Organisationsentwicklung in den letzten Jahren verdeutlicht auch eine Gegenüberstellung erstarrter Organisationssysteme mit dynamischen, wie sie v.Lüde (1997, 288) vorschlägt.494
Abb. 11-1: erstarrte vs. dynamische Organisationskulturen (v.Lüde 1997, 288 [in Anlehnung an Schley 1993, 307]) | ||
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Wenngleich heutige Schulhäuser von einer solchen dynamisierten Kultur noch weit entfernt sind, lohnt sich ein Blick auf systemisch-konstruktivistische Vorstellungen zur Schulorganisationsentwicklung. Aus ihnen können wichtige Aspekte abgeleitet werden, die engagierte Pädagogen in Veränderungsprozessen im eigenen Schulhaus im Sinne eigenen Energiemanagements und eigener Gesundheitsprophylaxe ebenso berücksichtigen können wie im Sinne einer zeitangemessenen und postmodern-demokratischen Entwicklung.
In diesem Unterkapitel sollen grundlegende Aspekte von Schulorganisationsentwicklung aus systemisch-konstruktivistischer Sicht erläutert werden. Diese sind für Vernetzungs- und Kooperationsbemühungen (Kap. 11.4) sowie ganz grundsätzlich für die Schulentwicklungsbemühungen des engagierten Einzellehrers (Kap. 11.5) hilfreich zu beachten.
Schule gilt mittlerweile als „Gegenstand kontinuierlicher Organisationsentwicklung“ (Büeler 2005, 136). Schule als ‚lernender Organisation’ unterliegt dabei allerdings der Gefahr einer zu kurz greifenden Gleichsetzung mit einem ‚lernenden Unternehmen’ (Büeler 2005,136; Fullan 1999). Die einfache Übertragung von Begriffen wie Qualitätsmanagement, Bildungsmonitoring, Bildungscontrolling aus einem auf dem Marktmodell fußenden Wirtschaftssystem in ein Ordnungssystem staatlicher Bürokratie (Kap.8.4.2) greift zu kurz. Die Systemlogik sowie die weiter oben angesprochene Notwendigkeit für Schule als Organisation unter ökonomischen Aspekten Kosten-Nutzen-Verhältnisse zu erfassen, führt im Bereich der Bürokratie und der politisch-technokratischen Leitung des Schulsystems zu Ideen und Durchführung empirischer Messung. Solche harten, quantitativen Beobachtungsverfahren mit dem Focus auf einige durchgehend einfach zu messende Indikatoren aus dem Finanzbereich werden verstärkt (praktiziert) durch die Einführung moderner Managementmethoden im Bildungswesen. Sie übersehen aber die aus systemisch-konstruktivistischer Sicht wichtige Relativität von Beobachtung und unterschätzen den Stellenwert qualitativer und intuitiver Beobachtungen. Damit gehen entscheidende erfolgsrelevante Parameter aus dem Blickfeld verloren (oder sie verlieren zumindest an Bedeutung). Diese Crux gilt auch für die Vielzahl nationaler und internationaler Leistungstests von Schulsystemen (Büeler 2005, 141ff).
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Dennoch machen aus systemisch-konstruktivistischer Sicht einige verschiedene Punkte der gegenwärtigen Diskussion um Schulorganisationsentwicklung durchaus Sinn:
Neuere Konzepte schulischer Organisationsentwicklung berücksichtigen stärker Aspekte von Selbstorganisation und operationaler Geschlossenheit. Die Vielfalt unterschiedlichster Motive und Interessen der schulischen Akteure führt dementsprechend dazu, die Verantwortung für die innere Gestaltung von Schule nicht bei der Schulleitung, die sicherlich einen ganz wesentlichen Part bei Veränderungsprozessen zu spielen hat495, allein zu belassen, sondern zugleich auf die Mitglieder der Schule, insb. auch die Lehrer, auszuweiten. Watzlawick weist darauf hin, dass Menschen grundsätzlich sowohl determiniert durch die Eigenschaften des Systems sind, dem sie angehören, als „auch in der Lage, selbständig einzugreifen und Wandel bewirken zu können. Zwischen Individuum und System, zwischen ‚innen’ und ‚außen’ besteht also eine Interdependenz“ (Watzlawick 1995, 35). Nur auf dem Hintergrund eines solchen Modells (Kap.8.1.1) macht es überhaupt Sinn, „nach Formen einer professionalisierten schulischen Governance [zu suchen], an der die verschiedenen Anspruchsgruppen [...] in angemessener Form beteiligt sind“ (Büeler 2005, 138f). Von Lüde (1997, 293) begreift schulische Organisationsentwicklung „als eine pädagogische Veränderungsstrategie“, insofern sie vom mündigen Menschen ausgeht, der sich u.a. über Ziel- und Mittelabklärungsprozesse aktiv in die Gestaltung seiner Umwelt einbringt. In einem solchen Modell können und müssen Schulhäuser ihr eigenes Profil konstruieren. Hierzu müssen die Systemmitglieder „behutsam mit diskursiven Interpretationen der Organisationswirklichkeit der eigenen Schule umgehen (v.Lüde 1997, 291), so dass „alte Geschichten weiterentwickelt oder neue erzählt werden“ können (Leriche 2005, 70). Kollegien sollten bzw. können sich hierbei gegenseitig unterstützen, zu einer ressourcenorientierten Außenperspektive zu kommen (Hubrig/ Herrmann 2000, 155).
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Abb. 11-2: Die Bedeutung von Organisationsentwicklung für Schulhäuser (Schratz / Steiner-Löffler 1998, 242) | ||
Letztlich kann in einer reflexiven Schulkultur die „unverzichtbare Voraussetzung für die Planung, Umsetzung und Evaluation“ (Palmowski 2004a, 55) schulhäuslicher Veränderungen in sich schnell wandelnden, postmodernen Zeiten gesehen werden. Das setzt auch die Fähigkeit zum konstruktiven Umgang mit Konflikten voraus. Hierfür ist ein Regelkanon, den alle gemeinsam vertreten können, hilfreich. Diese Regeln dürfen aber nicht die Gestaltungsfreiräume des Lehrers über Gebühr einengen. Vielmehr müssen sie „es jeder Lehrkraft ermöglichen, ihren Unterricht in ihrem persönlichen Stil zu gestalten, weil dies nun einmal der beste Unterricht ist, den sie machen kann. [...] Spielräume für eine individuelle Art der Arbeitsgestaltung sind ein entscheidender Schutzfaktor gegen Burnout. Der bedeutendste Beitrag [...] zur Kollegialität [...] besteht daher darin, anzuerkennen, dass es nicht nur eine, sondern mehrere Arten gibt, ein guter Lehrer zu sein. [...] Nicht das Maß an Strenge oder Liberalität entscheidet darüber, ob ein Unterricht gut ist, sondern die Frage, ob die Lehrkraft Kontakt mit den Schülern herstellen und ihre Aufmerksamkeit binden kann“ (Bauer 2007c, 64f).
Jedes Mitglied im System besitzt Mitverantwortung für die Ziele und Werte des Systems und muss diese immer wieder kritisch prüfen (G.Schmidt 2004a, 417), wobei der erste Schritt häufig sein wird, „überhaupt ein Bewusstsein von Schule als sozialer Organisation“ mit divergierenden Positionen zu entwickeln (v.Lüde 1997, 293f). Zu fragen ist, wie die Betroffenen gemeinsam die im System gegebenen und ausbaubaren Ressourcen und Fähigkeiten ausreichend optimal für ein positives Arbeitsklima und für Lenen und Lernerfolge aller nutzen können. Neben dieser Haltung weist Looss (2006) auf wesentliche Inhaltsaspekte hin: Schulentwicklungsarbeit sollte Ziele, Strukturen, Prozesse, Rollen und Personen im Blick behalten (vgl. Abb. 8-4 auf S.228). Bewährt für die Entwicklung von Schulorganisationsentwicklungsprozessen haben sich eine Vielzahl von zunehmend etablierten Arbeitsmethoden (Schratz/ Steiner-Löffler 1999), die häufig auch in der Arbeit mit Qualitätszirkeln angewendet werden können (Schnoor/ Lange/ Mietens 2006). Letztere zeichnet sich durch einfache Handhabbarkeit, hohe Transparenz und ausgeprägte Partizipationsmöglichkeiten aus. Überhaupt ist in den letzten Jahren eine umfangreiche Literatur zu Prozessen der Schulentwicklung und zur pädagogischen Qualitätsentwicklung entstanden (Buchen/Rolff 2006, Rolff et al. 2000, Rolff 2001, Buhren/Rolff 2002, Kempfert/Rolff 2005, Philipp/Rolff 2006, Philipp 2005, Rademacher/Philipp 2002, König 2006, Endler 2002, Eikenbusch1998, Burkhard/Eikenbusch 2000).
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Trotz der Mit- und Eigenverantwortung der Mitarbeiter besitzen Schulleitungen nicht nur für Leitung sondern auch für den Prozess der Profilkonstruktion bzw. Selbstbeschreibung des Schulhauses eine zentrale Rolle. Dies liegt u.a. daran, dass für stabile Systeme wie Schule die Existenz strukturähnlicher Muster auf verschiedenen Beziehungsebenen typisch ist (Ebbecke-Nohlen 2006, 274). Die Gestaltung der Struktur Schulleitung-Kollegium kann sich über Isomorphie-Phänomene auf andere Ebenen des schulischen Geschehens auswirken. Von Schulleitung gehen daher immer – ob gewollt oder nicht - besonders starke Signale für die Schulorganisationskultur aus.
Systemisch-konstruktivistische Ansätze weisen darauf hin, dass die Selbstbeobachtung von Schule durch die an ihr beteiligten Beobachter aber auch die Fremdbeobachtung durch externe Beobachter (die auf ‚blinde Flecken’ aufmerksam machen können) aktive Operationen sind, mit denen ein System sich selber und seine Umwelt(bezüge) rekonstruieren kann (Büeler 2005, 139). Die Art und Häufigkeit der Beobachtung bzw. ihre Interpretation beeinflussen dann die Schulentwicklung. Hier ist Bewusstheit über die eigene Beobachtung, eine reflexive Fähigkeit der Beobachtung zweiter Ordnung vonnöten. Systemisch-narrative Ansätze zur Organisationsentwicklung betonen darüber hinaus, dass Schule als ein gewachsener und sich entwickelnder Sinnzusammenhang gesehen werden kann (v.Lüde 1997, 294), der durch Reflexion und kommunikative Fähigkeiten geprägt sein sollte.496 Die Intelligenz einer Organisation resultiert in beiden Sichtweisen aus der angemessen transparenten und partizipativen Gestaltung von Kommunikations- und Entscheidungsprozessen, so dass Schulmanagement als „dialogische Wirklichkeitskonstruktion“ (Leriche 2005, 75) verstanden werden kann. Lernende Organisationen benötigen mithin „reflexive Verständigung und reformfreudige Strukturen“ (Siebert 2005b, 97), was häufig gerade in Schule noch eher wenig gegeben ist.497
Lernende Organisationen müss(t)en daher auch „zentrale Aufmerksamkeit auf die kontinuierliche und kraftvolle Ausgestaltung von Feedbackprozessen ausrichten, die es ermöglichen, dass jede Handlung, die sich als zieldienlich für das System erweist, als bedeutsam wahrgenommen und verstärkt wird“ (G.Schmidt 2004a, 411f). Ebenso müssen Handlungen, die nicht zieldienlich gewirkt haben, über Feedbackprozesse schnell erfasst und aufgefangen werden können. „Gerade ein deutliches Feedback über solche ‚Fehler’-Prozesse ermöglicht wertvolles Lernen“ (G.Schmidt 2004a, 412). Von zentraler Bedeutung für eine lernende Organisation in einer sich rasch wandelnden Umwelt ist es, aus Fehlern zu lernen (v.Lüde 1997, 297), eine Überlegung, die der jetzigen Fehlerbemerkkultur von Schule eher widerspricht. Intelligente Fehler können als Verstörungen wirken, durch die Veränderung grundsätzlich erst ermöglicht wirkt, weshalb Schulhäuser Dekonstruktivisten498 in ihren Reihen brauchen. Die Störung vorhandener Routinen, die eine akkomodative Entwicklung ‚not-wendig’ macht (v.Lüde 2005, 176)499, kann freilich auch durch externe Faktoren geschehen, soweit Schule diese als Störung wahrnimmt.
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Schulentwicklungsprozesse finden wie alle Verläufe von Organisationsentwicklung zwischen den Polen Veränderung und Bewahrung statt, die im Regelfall durch bestimmte Personengruppen im Kollegium (und bei den Schüler- wie Elternvertretern) repräsentiert sind. Aktivisten betonen die Seite der Veränderung, Zweifler und Bremser hingegen eher die Seite der Bewahrung – beide sind notwendig für eine angemessene Veränderung. Grundsätzlich gilt, dass es keine Veränderung von Organisationen gibt ohne ‚Widerstände’, die auch als ‚verschlüsselte Botschaften’ verstanden werden können (Kap.10.6.6). Beharrende Kräfte haben eine wichtige Funktion. Sie verhindern vorschnelle Veränderungen und verlangen gründliche Vorüberlegungen: „In der Regel dienen die ‚Bremser’ unter den Kollegen dem Gleichgewicht, sie sorgen dafür, dass Veränderungsprozessen Zeit gegeben wird, damit ein System seine Identität behalten kann“ (Hubrig/ Herrmann 2005, 62). Die Nichtbeachtung von ‚Widerständen’ führt zu Blockaden; verstärkter Druck erzeugt nur Gegendruck. Es ist also sinnvoll, in Entwicklungsprozessen mit dem ‚Widerstand’ zu gehen (Martin/ Schuster 2005, 86).
Die Einzelschule stellt schon allein aufgrund der in ihr vorhandenen Teilgruppierungen eine Gemeinschaft von Teilkulturen“ (Göhlich, 1998, 137) dar. Neuerungen erfolgreich und nachhaltig einzuführen, gelingt nur, wenn sie mit allen pädagogischen Richtungen im Kollegium wertschätzend, transparent und kooperativ kommuniziert und ggf. verhandelt werden (Hubrig/ Herrmann 2005, 61). Die Sicherung von Transparenz und Partizipation stellt damit die zentralen Größen für Schulentwicklungsprozesse dar (Palmowski 1998c,73; Rolff 2001).500 Ihr Ziel ist u.a. „die Erhöhung bewusster Handlungskompetenz in der Organisation Schule“ bzw. im Schulhaus bei Beachtung eines systemischen Charakters des Handelns in Organisationen (v.Lüde 1997, 282).
Bei der Konfliktbearbeitung im System ist unter systemischen Aspekten insb. auch zu beachten, dass Konflikte in den Strukturen und Prozessen angelegt sein und dann personenunabhängig betrachtet werden können (Palmowski 1998c, 74). Umgekehrt gilt, dass verfestigte ‚Glaubensmuster’ nur dann veränderbar sind, wenn die tatsächlich vorhandenen Interessenpositionen der Schulmitglieder (also: ggf. personenabhängig) berücksichtigt werden. Von zentraler Wichtigkeit ist insofern die Etablierung und Unterstützung von entwicklungsfördernden, kommunikativen Strukturen innerhalb von Schule und zwischen ihr und ihren Umwelten (Kap.11.4). Das Schulhaus begrüßt dann den positiven Umgang mit Vielfalt und sieht dies als interne Aufgabe des Systems, statt Unterschiede als Aufgabe der Ausgrenzung umzusetzen (Werning 2003, 128). Ein Konkurrenz betonender und auf Macht abhebender Kampf innerhalb der Institution erzeugt hingegen mit hoher Wahrscheinlichkeit Polarisierung und Ausgrenzung (Palmowski 1998b, 58f).
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Auch kann es hilfreich sein, mehrere (von einigen systemischen Vertretern insb. im Zusammenhang mit Aufstellungsarbeit betonten) Prinzipien zu beachten. Diese Punkte widersprechen häufig schulischen ‚Realitäten’, und teilweise ergeben diese Prinzipien bei ihrer Anwendung nicht immer eindeutige Ergebnisse. Sie ins Bewusstsein zu bringen, kann trotzdem Schulentwicklungsprozesse neu öffnen, weil diese Aspekte dann aktiv und bewusst in den Kommunikationsraum gebracht werden können, wo Würdigung und/ oder Verhandlungen statt finden können. Kibéd/Sparrer (2000) betonen bspw. folgende sechs Punkte, die kurz auf schulische ‚Realitäten’ hin befragt werden501:
Die Organisation von Schule als bürokratischem Ordnungssystem scheint in der schulischen Praxis – trotz gegenwärtiger Änderungsansätze (Kap.2.2) – zu einer deutlichen (Über)Betonung des vierten Aspekts zu führen.
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Vielfach wird in der Literatur zur bewussten Schulveränderung die Methode der Leitbildentwicklung als Festlegung normativer, pädagogischer und strategischer Ziele eines Schulhauses genannt. Hierbei wird – zumindest in der Literatur - ein breiter Konsens deutlich, dass Schule neben fachlichen zunehmend überfachliche Kompetenzen zu fördern hat (Büeler 2005, 142). Diese wären dementsprechend eigentlich auch bereits in der Lehreraus- und -weiterbildung an die Pädagogen selber zu vermitteln. Die Idee der Leitbildarbeit wird aber auch kritisiert. Palmowski (1998b, 59f) bspw. hält sie für eher ungeeignet bzw. unrealistisch angesichts postmoderner Pluralität. Die hierfür nötigen abstrakten Beschreibungen allein schaffen noch keine Praktikabilität. Diese Skepsis wird verstärkt, wenn man bedenkt, dass die grundsätzlich gegebene Vielzahl von Zielen in Schule ständig Prioritätsentscheidungen verlangt, die schnell zu politisch-ideologischen Auseinandersetzungen führen können (Rolff 2001, 42). Palmowski schlägt deshalb pragmatisch vor, eher zunächst Konsens über das Vorliegen von Dissens herzustellen und zu akzeptieren, Unterschiede als Möglichkeiten und Ressourcen zu sehen und dann ‚im Kleinen’ zu beginnen. Möglich ist, gerade auch in kleineren Teams oder Arbeitsbereichen Schulentwicklungsprozesse anzufangen und Kooperation auszubauen und zu pflegen (Palmowski 1998b,60 und 1998c, 73).
Nach den hier ausgeführten Modellvorstellungen verhindern feste Strukturen, vorgegebene institutionelle Rahmen und restriktive Vorgaben keineswegs Veränderung, wenngleich sie von Pädagogen aus Professionssicht häufig als einengend erlebt werden und Veränderungen natürlich erschweren können. Sie verunmöglichen eine Veränderung von Schule und Schulhaus nicht prinzipiell, und sie können Handeln über Routinebildung sogar erheblich erleichtern, solange sie sich nicht erstarrend verfestigen (v.Lüde 2005, 167,174). Gerade aus einem systemischen Blick lässt sich behaupten, dass es dem einzelnen Lehrer durchaus möglich ist, über Neugierde (als gegenteilige Einstellung zu der Idee, man wisse ja bereits) ‚Lernblockaden’ zu überwinden (Simon 2002, 158). Dies kann bis hin zu massiven strukturellen Veränderungen in der Organisationskultur von Schule gehen, wenn langfristig viele einzelne Lehrer sich anschließen und sich faktisch anders verhalten bzw. denken. Einfacher ist dies sicherlich in einem Schulhaus als landesweit zu erreichen.502 Aber auch dann bleibt Schule wahrscheinlich auf absehbare Zeit staatlich organisiert oder zumindest beaufsichtigt.
Es gibt auch Vertreter des systemisch-konstruktivistischen Ansatzes, die die Chancen für die Veränderbarkeit von Schule eher skeptisch betrachten. Simon (2002, 158) weist darauf hin, dass Schule gar nicht zu lernen brauche, da sie nicht einem Marktmodell folgen muss. Die Schüler werden ihr, notfalls auch zwangsweise, zugeführt. Darüber hinaus können ‚störende’ Schüler über Systemrauswurf, ‚Exkommunikation’ und Pathologisierung in eine marginale Position gebracht werden, so dass ihr Verhalten für mögliche Systemänderungen bedeutungslos wird. Diese beiden Punkte lassen Simon zu der These kommen, dass auch ‚objektiv’ veränderte gesellschaftliche ‚Wirklichkeiten’ von Schule(n) und Lehrern als unverändert wahrgenommen werden können (Simon 2002, 158), solange die Bestätigung des bisherigen Wissens aktiv herbeigeführt oder passiv erfahren werden kann.
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Auch Looss zeigt sich kritisch. Da Schule als bürokratisches Ordnungssystem organisiert ist, wird sie als System jegliche Verstörungen (zunächst) eher in der Art verarbeiten wollen, dass die bisherigen Strukturen und Abläufe im Wesentlichen der Alltagspraxis erhalten bleiben (Looss 2007). Dies kann, wie im letzten Absatz beschrieben, für das einzelne Schulhaus gelten, aber auch für Schule als landesweites bürokratisches System. Letzteres verbleibt mit den Reformen ohnehin in Lösungsbereichen erster Ordnung (Kap.2.3). Auch die gegenwärtige Einführung von Aspekten aus Zielerreichungssystemen (Kap.8.4.2) wird in Ordnungssystemen i.d.R. im alten Muster abgearbeitet. Gemäß dieser Logik muss das schulbürokratische System das derzeitige Schulsystem erst ‚gegen die Wand fahren’ bzw. (für sich selbst als Bürokratie merkbar) zum Scheitern bringen, bevor grundlegende Änderungen zweiter Ordnung möglich werden (Looss 2007).
Auch dann brauchen Veränderungen Zeit. Dalin (1997, 20) spricht – unabhängig von gesellschaftlichen Paradigmenwechseln - von zeitlichen Verzögerungseffekten zwischen politischen Leitvorgaben und realer Umsetzung im bürokratisch-technischen System der Schule und den Schulhäusern selber, die gut fünfundzwanzig Jahre betrügen.
Desgleichen stellt Bauer (2004a, 11) ‚Abwehrtendenzen’ bei Schulhäusern fest - insb. dann, wenn Kritik von außen an Schule und Lehrerschaft herangetragen wird. Kritik belaste den kollegialen Zusammenhalt stark – zumindest solange (was für die meisten Schulen gilt) keine Prozeduren im Sinne eines Qualitätsmanagements vorhanden sind, die es ermöglichen, Kritik konstruktiv aufzunehmen, ohne dabei Spaltungstendenzen innerhalb des Kollegiums zu fördern. Damit stehen Simon und Looss in der Tradition Luhmanns (2002), der von der Abschottung bzw. mangelnden Kopplung von Schule mit anderen Systemen ausgeht (vgl. Kap.8.4.1). Dieses Modell verunmöglicht Veränderungen des Systems nicht, erschwert sie aber erheblich: „Nur ‚relevante’ Umwelten können ein System beeinflussen [...]. ‚Relevante Umwelten’ von Schulen sind insbesondere die Schüler [...]. Erst wenn sich Schüler in der Schule – überwiegend- unerwartet verhalten [...] beginnen Schulen innersystemisch zu reagieren“ (Hubrig/Herrmann 1997, 167).
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Solche eher kritischen, auf Modellprämissen zurückgehende Stellungnahmen müssen insofern ernst genommen werden, als Modelle Verhalten mitprägen und die schulische Empirie diese Modelle zumindest teilweise zu bestätigen scheint. Systemeigenschaften von Schule mit unterschiedlichen Nuancierungen in diversen systemisch-konstruktivistischen Modellen zu kennen, ist wichtig, um sich nicht in ‚Größenphantasien’ leichter Veränderbarkeit oder ‚Kleinheitsphantasien’ von Unveränderbarkeit eines (immer noch konservativen Ordnungs)Systems zu verlieren. Solche Modelle sind auch hilfreich, um sich als Lehrer in diesem System angemessen bewegen zu können, insb. dann, wenn man Kooperation anstrebt oder Vernetzungs- und Schulorganisationsentwicklungsprozesse im ‚eigenen Haus’ mit voranbringen will.
Kooperation und Vernetzung von Schulhäusern sind zentrale Themen im Bereich der Veränderung und Entwicklung von Schul(oragnisations)kultur und zugleich Ausdruck ‚(multi)systemischer Präsenz’ (Omer/Schlippe 2002, 137,153f). Dies kann generell gelten im Sinne einer Beteiligung an der die Schule umgebenden sozialen Gemeinschaft über aktive Beziehungsgestaltung (Gergen 2006, 38f; Kohlberg 1986). Dies kann aber auch (und hier vor allem) spezieller verstanden werden auf dem Hintergrund postmoderner Schwierigkeiten, die der Schule dadurch entstehen, dass sie „zu viele Schüler nicht mehr in einer Verfassung geliefert [bekommt], in der sie ohne sozialpädagogische Zusatzarbeit mit ihnen ungestört Unterricht machen könnte“ (Schweitzer 2005, 80). Lehrer kommen heute vermutlich häufiger als früher mit ihren pädagogischen Mitteln in Schule und Unterricht an die Grenzen ihrer Arbeit und können dann unter Akzeptanz ihrer beschränkten Unterstützungs- (oder ggf. auch Kontroll-)Macht die Kooperation mit anderen helfenden (oder ggf. auch konfrontierenden) Berufen suchen. Dies sollte ohne vorschnelles Delegieren oder Abschieben ihrer - letztlich nach dem Einzelfall zu bestimmenden – pädagogischen Verantwortung geschehen und kann eine mitunter sowohl angemessene wie starke Entlastung darstellen (Voß 2000b, 26f). Dann geht es bei der Vernetzung mit Kontakten, Institutionen und Einrichtungen der Schulumgebung letztlich um den Aufbau von Konfliktmanagementsystemen (Ebbecke-Nohlen 2006, Faller 1998, Rademacher/Philipp 2002).
Eine solche Veränderung der Kultur eines Schulhauses503 stellt ein hohes Ziel und einen Vorgang dar, der i.d.R. gut acht bis zwölf Jahre benötigt und über Verhaltensänderungen in den Beziehungen zwischen Schülern bzw. zwischen Schülern und Lehrern hinausgehen muss (H.Rademacher 2006, 129f). Gegenwärtig scheint die Situation allerdings eher noch so zu sein, dass außerschulische Institutionen sich beklagen, dass Schulen sich (zu) spät an sie wenden (Kreter 2005. S.62).
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In diesem Unterkapitel soll zunächst der Begriff der Kooperation bestimmt und abgegrenzt werden. Verschiedene Formen der Handhabung von Konflikt und Kooperation ermöglichen unterschiedliche Positionierung und Optionenvielfalt für reflektiertes Vorgehen (Kap. 11.4.1). In Kap.11.4.2 werden aus systemischem Blickwinkel Chancen der inner- und außerschulischen Vernetzung zu einem Kooperationssystem dargestellt, welches der gegenwärtigen Schule neue Handlungsmöglichkeiten anbietet. Thesen zum Umgang mit Kooperationsproblemen (Kap.11.4.3) verdeutlichen Aspekte zur Etablierung von und Arbeit an Schulentwicklungsprozessen in Gruppen. Diese Gesichtspunkte können auch bereits einzelnen Lehrern die Zusammen- und Schulhausentwicklungsarbeit erleichtern. Im abschließenden Kapitel (11.4.4) werden Kooperationsprobleme in einem konkreten, aktuellen und eigentlich Synergie versprechenden Bereich im Zusammenhang von Machtfragen problematisiert (Schule und Jugendhilfe).
Im Dienste der eigenen Klarheit in kooperativen Prozessen (bzw. in Vorgängen des Versuchs der Etablierung von Kooperation) in oder von Schule steht die Reflexion darüber, was Kooperation (insb. im schulischen Kontext) eher ist - und was eher nicht. Schweitzer unterscheidet folgende Begrifflichkeiten:
‚Professionelle Kooperation im allgemeinen’ kann definiert werden als Handlungen mindestens zweier Personen (darunter ein Fachmensch) in professionellem Kontext unter Bezug auf dasselbe (vielleicht unterschiedlich definierte) Problem, wobei die Personen ein Arbeitsergebnis (über das keine Einigung bestehen muss) erzielen wollen, und zwar mehr oder weniger koordiniert, gleichzeitig oder kurz nacheinander, mit oder ohne Kenntnis voneinander. Dies setzt ggf. Einigkeit darüber voraus, worüber die Beteiligten uneinig sind und wie sie mit diesem Unterschied im Weiteren umgehen wollen (Schweitzer 1998, 26).
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‚Professionelle Kooperation im engeren Sinn’ zeichnet sich darüber hinaus aus durch absichtliches Zusammenwirken auf ein gemeinsam definiertes Ziel bzw. Arbeitsprodukt hin bei wenig (dauerhaftem) Konflikt oder Konkurrenz und mit der Erwartung, dass die Zielerreichung des einen die Zielerreichung des anderen fördere (Schweitzer 1998, 26).504
Kooperation bedeutet auf einer praktischen Ebene dann z.B. (Kreter 2005. 63,68f): neue Möglichkeiten entdecken, kurze Dienstwege, gemeinsame Fallberatung, gemeinsame Projekte, gemeinsame Fortbildung, persönliches Kennen-Lernen der Mitglieder und frühzeitige Kontaktaufnahme.
In Abgrenzung zur Kooperation kann die zusammenarbeitsschwächere ‚Koordination’ auch schriftlich, gegen den Willen der Akteure, ohne persönlichen Austausch und ohne Zieldefinition der Mitwirkenden erfolgen. In Sozialberufen überwiegt üblicherweise die Kooperation, was in Schule aufgrund ihres institutionellen Rahmens der teamartigen Kooperation wesentlich erschwert (Kap.8.3) und insofern relativiert wird. In jedem Fall aber wird es auch für Lehrer leichter, sich in Feldern der Zusammenarbeit sinnvoll zu positionieren, wenn sie vorher kritisch hinterfragen, ob die Beteiligten die Durchsetzung der eigenen Ziele nicht vielleicht als im Widerspruch stehend zur Zielerreichung der anderen erwarten – und sich damit in einer vergleichsweise für Kooperation weniger fruchtbaren Konkurrenzsituation sehen (Schweitzer 1998, 25).
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Außerdem kann die Unterscheidung verschiedener Formen der Handhabung von Konflikt und Kooperation für Pädagogen und Organisationsberater bei der Situationsanalyse und eigenen Positionierung hilfreich und verständnisdifferenzierend sein. Das folgende Modell zu Formen der Konflikthandhabung bietet hierfür ein konkretes Hilfsinstrument, das verschiedene Arten der Konflikthandhabung danach unterscheidet, wie sehr eigene Interessen durchgesetzt und Interessen anderer berücksichtigt werden sollen:
Abb. 11-3: Konflikthandhabungen in Dilemmasituationen (Schweitzer 1998, 31, nach Scholl 1993, 436) | ||
Die in Kap.8.4.3 behandelten gefährlichen Muster der Konsens- und Konfusionskulturen gehen z.B. in den Vermeidungsbereich. Machteinsatz auf der einen Seite und Anpassung auf der anderen Seite können zu einer Unterordnungskultur (mit wenig Kreativität) in einer Klasse oder einem Schulhaus führen, auch zu komplementärer Eskalation.
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Das Schaubild verdeutlicht auch, dass Vorstellungen über Form und Ausmaß kooperativen Interessenausgleichs zumindest grob klar sein sollten - nicht nur für Kooperation innerhalb des Schulhauses, sondern gerade auch dann, wenn ein Schulhaus Vernetzungsversuche mit Institutionen außerhalb anstrebt. Für die Etablierung von Zusammenarbeit innerhalb des Systems Schulhaus und mit Systemen bzw. Akteuren außerhalb sind darüber hinaus einige wesentliche Hinweise zu beachten, die hier in Kurzform dargestellt werden sollen.
Aus narrativer Sichtweise kann festgestellt werden, dass Kooperation im Sozialwesen im Allgemeinen und in Schule im Konkreten fälschlich häufig als etwas per se Gutes angesehen wird. Ist sie aber (lediglich) per äußere Vorschrift oder durch das eigene innere ‚Über-Ich’ verordnet, kann leicht die Situation entstehen, dass Kooperation lediglich verbal begrüßt, im tatsächlichen Tun aber unterlaufen wird (Schweitzer 2005, 78), weil sie sich faktisch nicht lohnt. Vielmehr muss eine sensible Ermittlung des für die Beteiligten passenden Bedarfs Sinnhaftigkeit auf allen Ebenen des Netzwerks und insb. an den zentralen ‚Knoten’ garantieren (Carle/ Metzen 2006, 79).
Darüber hinaus gibt es im sozialen Bereich traditionell eine Bevorzugung von Konsens gegenüber Dissens. Profis im psychosozialen Bereich wird in der Literatur ein ausgeprägtes Harmoniebedürfnis nachgesagt. Tatsächlich sind Ziel- und Mittel-Konfliktdebatten in psychosozialen Diensten deutlich seltener als in vielen anderen Branchen (Mitzlaff 1988). Kooperation lasse sich in der Lektüre zahlreicher Aufsätze in psychosozialen Fachzeitschriften als „strategischer Kampfbegriff“ aufzeigen, so Schweitzer, insb. als Aufforderung von macht- oder statusschwächeren Gruppen an die stärkeren. Hinter sog. Kooperation verstecke sich „oft ein Ausweichen vor dem Austragen von Konflikten, verbunden mit ‚Schein-Kooperation’ [...] und verdecktem ‚Sich-Anschwärzen’“ (Schweitzer 1998, 27).
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Diese systemisch-narrativen Betrachtungen lassen sich durch eher spieltheoretische ergänzen. Letztere weisen darauf hin, dass Kooperationsstrategien einen angemessenen Mittelweg zwischen Eigenständigkeit und Aufeinanderbezogenheit gehen können müssen:
Abb. 11-4: Kooperation als Kombination aus In- und Interdependenzstrategien (Schweitzer 1998, 32 nach Wöhrl 1988) | ||
Allerdings ist Kooperation in Schule - aufgrund der Organisationsform von Schule - relativ erschwert, d.h. kontextbedingt aufwandsintensiver als in anderen Organisationen. Innerschulische Kooperation unterliegt gefügeartigen Bedingungen, Lehrer agieren daher eher als Einzelkämpfer. Lehrer arbeiten nach unterschiedlichen Unterrichtsplänen in den ihnen zugewiesenen Klassen und Fächern, während der (Halbtags)unterricht die Zeit für Gespräche, für motivierenden Austausch begrenzt. Die Arbeit in kollegialen Gruppierungen wird oft als unproduktive Mehrbelastung erlebt, manchmal als Schauplatz der Selbstdarstellung. (Rolff 2001; Hubrig/ Herrmann 2005, 147). Außerdem verstärkt der Trend von Schulaufsichtsbehörden, Kontrolle zu verschärfen, unter Lehrern Angst, die eine Entwicklung zu mehr kollegialer Offenheit und gegenseitiger Hilfe konterkariert (Bauer 2007c, 74).
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Schweizer weist in seiner umfangreichen Studie (1998) auf weitere hilfreiche Thesen zur Kooperation in psychosozialen Einrichtungen wie Schule hin, deren Beachtung das unnötige Verpulvern von Energien verhindern kann.
Als zunehmend wichtiger werdende Spezialform der Kooperation von Schule und als eigenständige Form der Schulentwicklung sollen im Folgenden Besonderheiten der Vernetzung von Schulhäusern mit externen Institutionen und Ansprechpartnern im Bereich Konfliktbewältigung und soziales Lernen näher beschrieben werden.
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Ein Schwerpunkt pädagogisch-schulischer Arbeit dürfte angesichts postmoderner Entwicklungen in Zukunft mit steigender Tendenz die Beratung (im weiteren und engeren Sinne)506 darstellen (vgl. Kap.10). Eine gezielte und strukturierte Kooperation zwischen Schule und außerschulischen Einrichtungen erscheint gegenwärtig immer noch als eher eine Ausnahme, allerdings erkennt Schule langsam, dass sie zur Erfüllung ihrer eigentlichen Aufgabe ‚Wissensvermittlung’ zunehmend auf die Kooperation mit Einrichtungen wie bspw. dem Jugendamt507 oder Beratungsstellen angewiesen ist. Von außen betrachtet, lässt sich eine Kooperations-Notwendigkeit konstatieren, die sich bis hin zur Zusammenarbeit auch mit tendenziell bzw. traditionell eher repressionsorientierten Partnern wie Jugendsachbearbeitern der Polizei erstreckt (Schweitzer 2005, 81, www.pit-hessen.de). Vor dem Hintergrund wachsenden Beratungsbedarfs in Schule in postmodernen Zeiten dürfte ein Schwerpunkt von schulischer Vernetzung also im Bereich der ‚Beratung’ liegen, in dem Schule, Elternhaus und außerschulhäusliche Institutionen zusammenarbeiten können.
Eine Zusammenarbeit diverser Bezugspersonen eines auffälligen oder Beratung suchenden Schülers untereinander und ggf. auch mit weiteren außerschulhäuslichen Einrichtungen im präventiven und repressiven Bereich kann Synergieeffekte erzielen. Ebenso wie Schwierigkeiten, die sich in einem System zeigen, auch in einem anderen auftreten bzw. sich dort auswirken können, können das auch Unterstützungsmaßnahmen (Hennig/ Knödler 2000, 15,30f; Huschke-Rhein 1998b, 160).
Abb. 11-5:: Unterstützungssystem (Beratungsvernetzung) um einen auffälligen Schüler (nach: Hennig/ Knödler (2000, 23, vereinfacht) ) | ||
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Vielerorts hilfreich bzw. ‚not-wendig’ kann dann die Entwicklung eines für alle an Schule Beteiligten gültigen und verbindlichen Konfliktmanagementsystems mit klaren Konturen, Zuständigkeiten, Abläufen und Regel(ung)en sowohl im Unterstützungs- wie im Kontrollbereich sein. In derartigen Unterstützungssystemen können z.B. Beratungslehrer, Sozialpädagogen, Schulpsychologen, Psychologen, Erziehungsberatungsstellen, Jugend- und Drogenberatungsstellen, Jugendämter, Täter-Opfer-Ausgleich-Stellen, Kinder- und Jugendlichenärzte und -psychiater kooperieren.
Abb. 11-6: Kooperation des Schulsystems mit außerschulhäuslichen Systemen (Beispiel) | ||
Etliche der momentan eher von außerschulhäuslichen Institutionen wahrgenommenen Funktionen können aber auch in Schule zumindest teilweise integriert werden, was den Kontakt nach außen nicht schmälern oder gar überflüssig machen muss, aber professionalisieren kann. So gibt es andere Länder, z.B. Finnland, in denen an jeder Schule Menschen sind, die sich ausschließlich um schwierige oder lernschwache Schüler kümmern (Hubrig/ Herrmann 2005, 99). Hierzulande gibt es Versuche, Förderpädagogen an bestimmten Schulen fester zu integrieren bzw. (teil)abzuordnen. Die Etablierung runder Tische (mit Eltern) oder von Helferkonferenzen (ohne Eltern) können konkrete Institutionalisierungen von (Teil)Vernetzungen darstellen (Hennig/Ehinger 2003, 144).
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Neben den Aspekten, die bei der Initialisierung von Kooperation im Allgemeinen zu beachten sind und wie sie im vorherigen Kapitel bereits beschrieben wurden, gelten einige zusätzliche pragmatische Besonderheiten für den Aufbau außerschulischer Kooperation. Für die Aufbauphase von Kooperation ist u.a. zu beachten, dass Beziehungsformen mit Streit und Unordnung den Strategien der (harmonischen) Kooperation im engen Sinne überlegen sind. Wenn Konflikte konstruktiv austragen werden und im gemeinsamen Prozess aus Chaos Ordnung (Spielregeln) hergestellt wird, kann eine intensive Beziehung und Kooperationsbereitschaft entstehen. Institutionen, die von anderen abhängig sind, erweisen sich i.d.R. als kooperationsbereiter. Beim Aufbau außerschulischer Kooperation sind interdisziplinäres Selbstverständnis (Drolsbach 1999, 128) und ebensolche Teams, transparente Praxis (Einblick in Arbeit der anderen) und die Ausbalancierung widersprüchlicher Hierarchien in gegenseitigem Respekt günstig. Kooperation lohnt sich insbesondere bei der Erzeugung kreativer Ideen. Förderlich sind des Weiteren: weder ein zu ausgeprägtes Harmoniebedürfnis noch Konflikte auf Beziehungsebene, eine in etwa gleichmäßige Verteilung von Wissen sowie Klarheit der Kompetenzzuweisungen. Ideale Kooperationsgröße einer Gruppe sind 4-6 Teilnehmer, da danach der Kooperationsbedarf unverhältnismäßig wächst. Umgekehrt sind die häufigsten Gründe für die Gefährdung des Funktionierens von Netzwerken mangelnde Zeitressourcen und Kooperation (v.a. dann, wenn ein erhöhter Abstimmungsbedarf vorliegt) und verdeckte Macht- oder Hierarchiefragen (Faulstich 2002, 194).508 Insgesamt gilt, dass Kooperation „produktiver und erfreulicher [wird], wenn man sich ihr skeptisch nähert“ (Schweitzer 2005, 85).
Neben diesen eher pragmatischen Aspekten gilt aber auch, einige eher grundsätzliche Gesichtspunkte der Zusammenarbeit von Schule mit externen Institutionen zu berücksichtigen. Gegenüber schulhausexternen Institutionen kann Schule als große Institution mit garantiertem „Kundenzustrom“ relativ problemlos eine Independenz-Strategie verfolgen. Falls dennoch eine Interdependenz-Strategie (auf Handlungs- nicht auf verbaler Ebene) verfolgt wird, lassen sich drei Spielarten unterscheiden (Schweitzer 1998; Alberstötter 2006b):
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Damit können also im Prozess der Zusammenarbeit zwischen Schulhaus und externen Institutionen drei Interaktionsformen differenziert werden. Koordination, Kooperation und Ko-Evolution implizieren unterschiedliche strukturelle Definitionen von Identität, Koexistenz und Interaktion, wie Alberstötter (2006b, 195) verdeutlicht:
Abb. 11-7: Formen der Zusammenarbeit und Vernetzung (Alberstötter 2006b, 195). | ||
Zu unterscheiden sind insb. Kooperationen im ‚Notfall’ von festen Kopplungen, die einer breiteren Kooperationsbasis bedürfen. Alberstötter (2006a, 50) schlägt daher die Unterscheidung dreier Ebenen bzw. Elemente der Kooperation von Einrichtungen im psychosozialen Bereich vor.
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Abb. 11-8: Kooperationsebenen von Einrichtungen im psychosozialen Bereich (Alberstötter 2006a, 50) | ||
Außerdem sollte grundsätzlich beachtet werden, dass, je ‚heißer’ Konflikte erlebt werden, desto notwendiger und hilfreicher ist
a) die ‚Deckung’ und Unterstützung durch den Dienstvorgesetzten bzw. übergeordnete Stellen (Schulleitung, Staatl. Schulamt). Deckung bedeutet nicht, „einem professionellen Akteur unreflektierte Unterstützung und kritiklosen Schutz um jeden Preis zu geben. [...Es] bedarf einer Gegenleistung desjenigen, der die schützende Deckung bei Angriffen von außen in Anspruch nehmen will“, nämlich Transparenz und Information über den bisherigen Prozess (Alberstötter 2006c, 265).
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b) eine Vernetzung. In Abb. 9-17 auf Seite 362 wurden drei Konflikteskalationsstufen unterschieden und bereits aufgezeigt, dass die Vernetzungsnotwendigkeit in der Eskalationsstufe 3 (von außen gesehen) am höchsten ist. An dieser Stelle sei nun betont, dass gerade die ‚öffentliche’ Demonstration einer solchen Kooperation einen wichtigen Unterschied im Problemsystem hervorrufen kann (Alberstötter 2006b, 191). Eben deshalb stellt sich hier auch die Frage nach dem Spielraum des Verständnisses von Schweigepflicht (M.Weber 2006a). Ein enges Verständnis von Schweigepflicht zwischen den kooperierenden Institutionen kann, wenn das Ziel im Zwangskontext die Unterlassung eines Verhaltens ist (z.B. Gewalt, sexueller Missbrauch, hoch eskalierte Elternkonflikte mit Kindeswohlgefährdung), fatale Folgen haben, da das Ausscheren auch nur einer Institution bzw. ihres Vertreters Schülern oder Eltern ‚ein Schlupfloch öffnen’ kann, das von den anderen (Institutionen) nicht mehr angemessen geschlossen werden kann.
Das gilt auch für Beratungsfälle im Zwangskontext. M.Weber (2006b, 225) zeigt hier wesentliche Unterschiede von ‚Vertraulichkeitsstufen’ auf. Soll in einem Fall mitteilbar sein
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Bei Überweisungen müssen diesbezüglich eindeutige Klärungen vorgenommen werden, die auch dem Zwangsberatenen vorher bekannt sein müssen. Verschiedene außerschulhäusliche Institutionen (Beratungsstellen, Gerichte usw.) werden hier ggf. unterschiedliche Positionen einnehmen, je nach ihren Funktionen und Aufgaben.
Letztlich „geht es im Rahmen der Netzwerkbildung um die Herausbildung netzwerkbezogener Ressourcen, Normen und eines gemeinsamen Sinngefüges, das sich in institutionellen Strukturen (Regeln, Ritualen, Handlungsanleitungen) und Handlungskompetenzen niederschlägt“ (Carle/ Metzen 2006, 81). Hierfür sind nicht nur bei der Initialisierung sondern gerade auch bei (Problemen der) Aufrechterhaltung von Zusammenarbeit und Vernetzung wichtige, nützliche Denkvoraussetzungen zu berücksichtigen.
Tatsächlich zeigt sich in der Praxis der Umsetzung größerer Schulentwicklungsvorhaben, dass oftmals vielfältige Probleme auftreten. Für solche häufig ‚unterwegs’ entstehenden Probleme in der Zusammenarbeit empfiehlt H.Rademacher (2006, 129) ausdrücklich eine externe wiederholte bzw. begleitende Beratung auf unterschiedlichen Ebenen (also nicht nur auf der Ebene der Schulleitung) als sehr hilfreich, entlastend und entwicklungsunterstützend.
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Und Schweitzer (1998, 57) gibt Hinweise auf systemisch-konstruktivistische Prämissen, mit Hilfe derer eine Handhabung auftauchender Konflikte – sei es mit oder ohne externe Schulberatung - leichter möglich scheint:
Die von Schweitzer (1998, 57f) für solche Situationen angeratenen Gesprächstechniken sind typisch für systemisches Vorgehen und müssen an dieser Stelle nicht weiter erläutert werden: Kontext- und Auftragsklärung, Erfragung von Ressourcen, Kontextualisierung von Problemen, Lösungsfragen, Verschlimmerungsfragen, Umdeutung, hypothetische Zukunftsfragen, bremsen, Experimente, Hausaufgaben, Verschreibungen u.ä..
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Im Anschluss an diese eher ‚handwerklichen’ Aspekte schulischer Kooperation sollen mögliche Synergien von Schule und Jugendhilfe kurz beispielhaft angedeutet werden. Damit werden zwei Ziele verknüpft. Erstens, handelt es sich hier um zwei Systeme, die zukünftig gerade im Umgang mit als schwierig erlebten Schülern zunehmend werden kooperieren müssen. Zweitens, bietet sich an diesem Beispiel auch die Möglichkeit auf den Aspekt von Macht in Kooperationsangelegenheiten gesondert hinzuweisen.
In der Praxis der Umsetzung größerer Schulentwicklungsvorhaben zeigt sich immer wieder, dass Machtunterschiede, wie sie sich ggf. auch in rechtlichen Kontexten widerspiegeln, in den Blick und in die (Meta)Kommunikation genommen werden müssen, wenn sie die gemeinsame Zusammenarbeit nicht behindern sollen. Dies gilt gerade auch für das Beispiel des Verhältnisses von Schule und Jugendhilfe.
Schule ist gegenüber der Jugendhilfe zwar die ältere Institution und schon allein deshalb mächtiger, weil Jugendhilfe für ihre Arbeit auf Schule angewiesen ist, während Schule Jugendhilfe (bisher vermeintlich) nicht gebraucht hat (Schweitzer 2005, 78). Dennoch besteht für Schule eine besondere Chance in der Zusammenarbeit mit Jugendhilfe, denn dort liegt eine bereits seit langem erworbene Kompetenz in Beratungsdingen vor, die Schule für sich nutzbar machen kann. Umgekehrt hat Schule der Jugendhilfe auch einiges anzubieten: einzelne Lehrkräfte pflegen häufig jahrelang begleitenden Kontakt zu Kindern und Jugendlichen, in dem wechselseitige Vertrautheit und (auch für die Begleitung durch Schulhausexterne) hilfreiche Erfahrungen entstehen. Für viele Eltern kann es auch leichter erscheinen, mit Schule als Regelinstitution (Erst)Kontakt aufzunehmen als mit dem Jugendamt oder der Erziehungsberatung, da der Kontakt mit diesen stärker schambesetzt erlebt werden kann. Außerdem bestehen Chancen zur synergetischen Nutzung vorhandener Ressourcen. Dies gilt z.B. für die Nutzung von Schulräumlichkeiten, solange die Ganztagsschule noch wenig etabliert ist. Dies gilt aber auch für die besonderen Chancen, die Ganztagsschule mit besonderen Angeboten an Schüler in Kooperation mit schulhausexternen Partnern bieten kann, wie z.B. teilstationäre Gruppen oder Erlebnispädagogik (Schweitzer 2005, 81). Eine weitere Chance besteht darin, dass beide Institutionen im Wesentlichen aus Praktikern bestehen. Für diese ist häufig gerade das „Anpacken drängender Probleme mit überschaubarem Aufwand und absehbarem Nutzen“ bei Minimalkonsens (Sommer/Uch 2000, 107) sinnvoll und machbar, was die Wahrscheinlichkeiten zukünftiger Überwindung von Machtaspekten positiv beeinflussen kann. Ohnehin sollte beiden Institutionen aus je eigener Sicht daran gelegen sein, gemeinsam daran zu arbeiten, von Eltern nicht primär als Institutionen der Selektion und Kontrolle bekämpft zu werden, sondern als Anbieter von Bildung und beraterischer Unterstützung angenommen zu werden (Reiser 2000, 114). Letztlich benutzt Schule als konservatives System seine Machtstellung gegenüber Jugendhilfe häufig noch, um sich abzuschotten. Sie besitzt dann zwar den Vorteil, Notwendigkeiten von Veränderungsprozessen ausblenden zu können, dafür zahlt sie aber auch den Preis mangelnder Unterstützung bei den zunehmenden Beratungsproblemen.
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Abschließend sei darauf hingewiesen, dass in helfenden Berufen bzw. Netzwerken von „Helfern“ die Gefahr besteht zu übersehen, dass, nicht zu helfen, mitunter die ggf. erfolgversprechendere, weil einen Problemkreislauf stärker verstörende Variante von Intervention darstellen kann (Kleve 2006, 141 und Hargens 2003). Auch darf die Frage der Vergütung von Beratungszeiten nicht aus dem Auge verloren werden (Voß 2005c, 97).)
Nach den bisherigen Ausführungen zu Kooperations- und Vernetzungsfragen in und von Schule wird im Folgenden der Bezug zur Bedeutung dieser Ausführungen für den Einzellehrer und für kollegiale Teilgruppen hergestellt. Weiterbildungen für Lehrer in der Praxis müssen hierauf abheben, um gesundheitsschützend und handlungsstärkend wirken zu können.
Zwar geht die systemisch-konstruktivistische Perspektive davon aus, dass den verantwortlichen Führungskräften bei der Durchführung von Veränderungsvorhaben im Sinne eines ‚Bei-Steuerns’ eine entscheidende Schlüsselrolle zukommt (Martin/ Schuster 2005,73; Hargens 2001). Sie geht aber zugleich auch davon aus, dass Schulentwicklung den Einbezug der an Schule Beteiligten in gemeinsame Entwicklungsprozesse verlangt und ermöglichen muss. Werning (1999, 12) weist explizit darauf hin, dass trotz derzeitig gegebener schlechter Bedingungen Schulhausentwicklung von den Kollegen vor Ort betrieben werden kann. Ein soziales System kann aus systemisch-konstruktivistischer Sicht allerdings/ nämlich letztlich (nur) dann auf den Weg gebracht werden, wenn das System es selber will und wenn das System seine Fähigkeiten und Ressourcen einbringt. Dabei hängt „die Steuerbarkeit sozialer Systeme [...] von der Übereinstimmung subjektiver Deutungen innerhalb des Systems über die Intervention ab“ (Bolbrügge, zit.n. Renoldner et al 2007, 84). Es muss einen klar festgestellten Bedarf einer relevanten Anzahl von Mitgliedern geben, eine „echte Bereitschaft zur Veränderung“. Dies wird nur dann der Fall sein, wenn diese Menschen die diskutierten Schritte zur Schulhausentwicklung aus ihrer Sicht als eine „Chance zur Verbesserung der persönlichen Arbeitssituation“ sehen (Schweer/Thies 2000, 117).
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Gerade die Mitglieder von Fortbildungsgruppen wie der hier untersuchten zeichnen sich häufig durch ein erhöhtes Engagement in Schule aus, das sich auch auf Versuche erstreckt, die Organisationskultur des eigenen Schulhauses zumindest ansatzweise zu verändern. Hierbei lässt sich beobachten, dass es nicht selten zu einer sinn- weil wirkungslosen Verschleuderung von eigenen Energien kommt, da innovative Ideen nur soweit unterstützt werden, wie sie nicht ‚wirk-lich’ merkbare Veränderungen bringen und solange die entstehende Mehrarbeit bei den Protagonisten der Veränderung verbleiben (Jäpelt/ Schildberg 2000, 126). Außerdem besteht die Gefahr, als Dekonstruktivist oder Initiator von Veränderungen als Störenfried im eigenen Kollegium exkommuniziert zu werden (Graf 2006, 90). Auf einem solchen Hintergrund erscheint es sinnvoll und hilfreich, auch schon als engagierter Einzellehrer wichtige Thesen zur Schulentwicklungsarbeit zu kennen, da deren Nichtberücksichtigung zu Burnout-Symptomen führen kann.
Da Schulentwicklungsprozesse mittelfristig nicht von einer Einzelperson betrieben werden können, werden im Folgenden einige zentrale Aspekte für die Etablierung und Arbeit von schulischen Gruppen, die mit Schulentwicklungsprozessen zu tun haben, genannt. Die folgenden Punkte orientieren sich an Rolff (2001, 12ff).
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Abb. 11-9: Interdependenz bzw. Vernetzung von Systemelementen eines Schulhauses (Rademacher/ Philipp 2002, 47) | ||
In den Kapiteln 9 bis 11 wurden konkrete Folgerungen für die schulische, pädagogische und beraterische Praxis gezogen auf dem Hintergrund der Anwendung eines postmodernen Modells und der systemisch-konstruktivistischen Sichtweise auf die gegenwärtige Schule. Aus diesen Überlegungen lässt sich nun ein Curriculum für eine systemisch-konstruktivistische Weiterbildung von Lehrern in der derzeitigen Berufspraxis konzipieren. Außerdem können auf der genannten Grundlage Thesen erstellt werden, welche Veränderungen eine solche systemisch-konstruktivistische Weiterbildung bei ihren Teilnehmern zeitigen kann. Diese können dann anhand der Berichte und Stellungnahmen der Weiterbildungsteilnehmer überprüft werden, so dass Aussagen über die Plausibilität der erstellten Thesen gemacht werden können. Diese Schritte werden im jetzt folgenden dritten Teil der Dissertation geschildert.
TEIL III – Entwurf, Durchführung und Evaluation der Fortbildung
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Im dritten Teil steht nun die konkrete Konzeption einer systemisch-konstruktivistischen Weiterbildung für Lehrer in der Berufspraxis, ihre Durchführung und Evaluation im Mittelpunkt. Ziel dieser Fortbildung ist die Veränderung der kognitiven Konstrukte und des Handelns der Weiterbildungsteilnehmer und Mitforscher – und zwar in systemisch-konstruktivistischer Richtung und zugleich in einer für die Teilnehmer stimmigen Weise. Das heißt, die Mitforscher behalten die volle Hoheit und Autonomie in der Frage, was sie adäquat anregt und was sie ausprobieren und ggf. in einer für sie angemessenen Weise übernehmen wollen. Die Fortbildungsinhalte liegen lediglich auf dem Tablett des Seminarreihenleiters als ‚Realitätenkellner’ (G.Schmidt 2004a, 65). Vom Ziel der Weiterbildung ist das Ziel der Dissertation zu unterscheiden. Das dritte Kapitel zielt aufdie Überprüfung von Thesen zur Plausibilität der Wirksamkeit bzw. des Veränderungspotenzials systemisch-konstruktivistischer Pädagogik in der gegenwärtigen schulischen Praxis von Lehrern.
Die wesentlichen Ideen, die zum Entwurf des systemisch-konstruktivistischen Weiterbildungscurriculums nötig sind, wurden im zweiten Teil der Dissertation ausführlich entwickelt und diskutiert, nachdem zuvor im ersten Teil die wissenschaftstheoretische Grundlage des Vorgehens dargestellt wurde. Nun können in Kap.12 Ziele der systemisch-konstruktivistischen Weiterbildung inkl. bestimmter, zu stärkender Kompetenzbereiche genauer benannt werden. Daraus ergeben sich inhaltliche und formale Anforderungen, wie sie an ein solches Curriculum gestellt werden müssen (Kap.13). Damit erstellt sich ein Rahmen, der es ermöglicht, konkrete Thesen über mögliche bzw. zu erwartende Veränderungen beim Weiterbildungsteilnehmerkreis zu erstellen (Kap.14) - Thesen, die nach Durchführung der Seminarreihe auf ihre Plausibilität hin überprüft werden.
Zur Überprüfung der Thesen müssen Ausgangs- und Endzustand der Teilnehmer bzw. Mitforscher im Zusammenhang mit der Durchführung der Weiterbildung erhoben werden. In Kap.15 wird zunächst der Aufbau der Eingangsreflexion der Teilnehmer zu Beginn der Seminarreihe dargestellt und begründet. Außerdem werden zentrale Ergebnisse dieser Befragung festgehalten, die bei der Gesamtwürdigung der Thesen berücksichtigt werden müssen. Anschließend werden in Kap.16 der Aufbau und die Durchführung der Fortbildung anhand der inhaltlichen Blöcke und der teilnehmenden Beobachtung des Hauptforschers näher beschrieben. In Kap.17 wird dann das Vorgehen bei der Befragung der Mitforscher nach Beendigung der Weiterbildung mittels systemischer Interviews erläutert. Es werden des Weiteren auch basale Auswertungskategorien erstellt, anhand derer – auf dem Hintergrund der Ausführungen der ersten beiden Teile der Dissertation – die systemischen Interviews letztlich im Hinblick auf die Thesen ausgewertet werden können. Die Kapitel 18> bis 24 dienen der Auswertung der Interviews anhand der Auswertungskategorien, so dass in Kap.25 eine abschließende Gesamtwürdigung der Thesen auf die Plausibilität ihres Veränderungspotenzials hin erfolgen kann. Dieses Vorgehen wurde bereits in Abb. 4-15 auf S.103 graphisch dargestellt.511
491 Wie weiter unten ausgeführt wird, gibt es auch gute Gründe dafür anzunehmen, dass der Veränderungsdruck auf das bzw. im Schulsystem von innen nicht unbedingt als sehr hoch wahrgenommen bzw. eingeschätzt werden muss.
492 Eine solche Konzeptionierung von Veränderung von Schule drängt allerdings die Frage auf, inwieweit die in Kap. 8.3. ausgeführte Differenz von Profession und Organisation, auf der staatliche Schullenkung zurzeit basiert, dauerhaft noch haltbar ist (Klatetzki 2003, 4).
493 Die Aussage von G.Schmidt bezieht sich nicht speziell auf Schule sondern eher auf Wirtschaftsorganisationen. Für Bildungspolitik und Schulhäuser kann sicherlich mittlerweile ähnliches konstatiert werden, jeweils mit zeitlichen Verzögerungen (Bildungspolitik gegenüber der Wirtschaft, Schulhäuser gegenüber der Bildungspolitik).
494 Auch wenn Schulhausorganisation wahrscheinlich dynamischer werden muss, so bleibt doch die Notwendigkeit, Bewahrung und Veränderung auszubalancieren, auch in dynamischen Systemen vorhanden.
495 „Die lernende Organisation Schule verlangt nach einer lernenden Schulleitung, die auf Veränderung hin disponiert ist und ihre eigene Arbeit als ständigen Lernprozess gestaltet. [...] Entscheidendes Kriterium für den Erfolg von Schulleitung ist [...], inwieweit es ihr gelingt, den innerschulischen Diskurs über Vorstellungen und Ziele zu eröffnen und Betroffene zu Beteiligten machen“ (Seidel 2000, 42).
496 Zur Diskussion über die Gegenstände von Organisationsentwicklung, ob nur Kommunikation oder auch Personen in den Blick genommen werden müssen, vgl. Kap. 7.8. und Kap 8.1.1.
497 In beiden Ansätzen geht es trotz leicht unterschiedlicher Schwerpunktsetzungen und Beobachtungswinkel auch „um eine Entschleierung des Zusammenhangs von strukturellen Bedingungen in Schulen und den darin ablaufenden Lehr-Lern-Prozessen“ (Büeler 2005, 140). Die hier vorliegende Arbeit behandelt diese Fragen insb. im Kap.8.
498 Reich (1997, 86) definiert den Dekonstruktivist als „jenen respektlosen Chaot, der das System verstört, weil er bei den selbstverständlichsten Funktionsweisen innehält und dumme Fragen stellt.“
499 Von Lüde unterscheidet verschiedene „Reifegrade“ von Schulleitungen und -kollegien für systemisches Arbeiten (v.Lüde 1997,289f und 1998,182f). Dies erscheint einerseits bedenklich, da damit das systemische Denken als überlegen gekennzeichnet wird. Andererseits müssen Schulberater und schulhausinterne Entwickler darauf achten, in ihrer Sprache, ihren Erzählungen und ihrem Vorgehen an Leitung und Kollegium angekoppelt zu bleiben, so dass es sinnvoll sein kann, unter dem Aspekt der „Passung“ zu schauen, ob bzw. inwieweit systemisches Denken und Sprechen für ein Schul(teil)system adäquat sein mag – dann geht es eher um kontextuelle Angemessenheit als um objektivierbare Reifegrade.
500 Hierbei spielt auch die Größe der Schule eine Rolle. Im Regelfall kann davon ausgegangen werden, dass in einer kleineren Schule die Kommunikation unter den Lehrern unmittelbarer, privater und verbindlicher verläuft (Palmowski 1998c, 73). Damit werden Veränderungen tendenziell einfacher, weil mehr Transparenz herrscht und Partizipation einfacher ermöglicht werden kann.
501 in Anlehnung an Renoldner et al 2007, 38.
502 Nach der Theorie von Thomas Kuhn könnte eine solche Wende auch über den Eintritt einer neuen ‚Generation’ von Lehrern erfolgen (Kuhn 2002).
503 Ollefs/Schlippe (2006, 151) weisen auf eine Spruch afrikanischer Stammesgesellschaften hin, nach dem es, um ein Kind zu erziehen, ein ganzes Dorf benötige.
504 Die sehr enge Kooperationsdefinition greift in der Praxis sich vernetzender Schulen faktisch oft zu kurz. Schweitzer (1998, 25f) regt mit folgenden Punkten zu weiterem Nachdenken an: Es gebe auch absichtslose, sogar planlose Kooperation, professionelle Nicht-Kooperation und erfolgreichen, absichtlichen Ausschluss von Kooperation.
505 Vgl. dazu auch Orths 2003, 26.
506 neben der Vermittlung von Methoden zum Umgang mit Lernen und Wissen
507 Für den Beratungsbereich mit Kindern, Jugendlichen und Eltern ist festzustellen, dass wesentliche Kompetenzen zurzeit und schon länger eher außerhalb von Schule zu finden sind, z.B. in den Jugendämtern und Sozialdezernaten. Zur Problematik der Zusammenarbeit mit der Jugendhilfe vgl. Kap. 11.4.4.
508 Zur sinnvollen frühzeitigen Planung des eigenen Vorgehens beim Versuch der Herstellung von Kooperation kann es hilfreich sein, neben den oben stehenden Aspekten auch auf folgende Punkte zu achten: frühzeitige Selbstklärung und Planungsabsprache mit Transparenz und Partizipationsmöglichkeit (eigenen Wunsch öffentlich äußern, Öffentlichkeit schaffen, werben); Verhandlung zwischen den Beteiligten, bei der die Gewinn- und Verlustbilanz stimmen muss und Territorialfragen gemeinsam zu lösen sind (u.a. Absprache eines Zieles und Evaluationspunktes); Beginn alltäglicher Kooperation, wo sie vertrauten Bahnen und/oder einem hohen Bedarf folgen kann; regelmäßige Evaluation an vorher vereinbarten Zeitpunkten, ggf. Veränderung von Absprachen und Abläufen.
509 mit einer Vielzahl von Fragen zur Selbstdiagnose (dort S.48ff)
510 Die Beteiligten sollten den Schulentwicklungsprozess prinzipiell unterstützen. Skeptiker sind wichtig, damit der Prozess in angemessenem Tempo und angekoppelt ans Kollegium verlaufen kann.
511 Das Kapitel 26 beinhaltet selbstreflektorische und anderweitige abschließende Bemerkungen zur Dissertation und bezieht sich auf alle drei Teile der Doktorarbeit.
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DiML DTD Version 3.0 | TARGET Textarchiv Gotha/Erfurt | HTML-Version erstellt am: 09.06.2008 |