9 Ausblick

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In der Verbindung von Religionspädagogik, (Berufs-)Biographie und schulformenspezifischer Pädagogik lassen sich zusammenfassend Schlüsselkategorien entwickeln, die für die Professionalisierung von Religionslehrerinnen bedeutsam sind.

Erstens sind die Selbstreflexion des eigenen Unterrichtsverständnisses und -handelns sowie die Reflexion der Situation der jeweiligen Lerngruppe zu nennen. Zweitens ist die Auseinandersetzung um Erfahrungsorientierung und Performanz im Unterrichtsgeschehen voranzutreiben. Die Arbeit hat gezeigt, dass auf vorhandene Ansätze und Kompetenzen aufgebaut werden kann. Religionslehrenden könnten daran anschließende Angebote gemacht werden, ihren professionellen Habitus bewusst weiterzuentwickeln.

Reflexionskompetenz sollte eigene berufsbiographische Entwicklung, eine differenzierte Wahrnehmung der Schülerinnen und Schüler und die Bedeutung und Inhalte des Fachs selbst umfassen, um Auskunftsfähigkeit gegenüber Kindern und Jugendlichen, Eltern, Kollegium und Schulleitung weiter zu unterstützen.

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Die aktuelle Religionspädagogik beschäftigt sich zurzeit ausführlich mit der Umsetzung von Bildungsstandards und -kompetenzen für den Religionsunterricht,313 die für die Schule insgesamt gefordert werden. Auch wenn diese Diskussion vor dem Horizont dieser Arbeit zunächst den Kern dieser nicht zu treffen scheint, da gezeigt wurde, dass es ja um wesentlich mehr geht als die Festlegung operationalisierbarer Lehrziele, kann doch ein unaufgeregter Umgang mit Standards, Religionslehrerinnen in ihren Reflexionsmöglichkeiten unterstützen. Wenn religionspädagogische Standards und Kompetenzen nicht als Kontrollinstrument von den Lehrerinnen verstanden werden können, sondern als Reflexionsinstrument, kann eigenes religiös-biographisches und religionspädagogisches Nachdenken für den eigenen Religionsunterricht nutzbar werden. Bewusst werden kann auch die religiöse Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in der Progression von Standards. Durch die Formulierung religiöser Bildungsinhalte und Kompetenzen kann Lehrenden Orientierung gegeben werden, die Sicherheit vermittelt, ohne das individuelle Handlungsspektrum in der spezifischen Lerngruppe einzuschränken.

In den Gesprächen ist immer wieder deutlich geworden, dass sich Religionslehrerinnen einerseits konkret an der Lebenssituation der Kinder und Jugendlichen orientieren und auf diese eingehen. Andererseits können die wenigsten Schülerinnen und Schüler in Thüringen auf Erfahrungen mit Religiosität zurückgreifen. Darüber hinaus hat die Arbeit gezeigt, wie wichtig auch den Lehrerinnen religiöse Erfahrungen sind, die sie im Rahmen ihrer Lehrtätigkeit gemacht haben. Die aktuelle Religionspädagogik sollte vor diesem Hintergrund die bestehenden Räume zum Experimentieren und zur Auseinandersetzung, sei es hinsichtlich von schulischer Kirchenraumpädagogik, eines performativen Religionsunterrichts, eines Religionsunterrichts der Leiblichkeit314 oder in den Einrichtung von Lernwerkstätten vorantreiben.315 Dabei sollte nicht nur die Unterrichtsdurchführung, sondern auch die Persönlichkeit der Religionslehrerin selbst immer wieder thematisiert und im gemeinsamen Ausprobieren und Gesprächen ausgelotet werden.


Fußnoten und Endnoten

313  Vgl. z. B. Dietlind Fischer; Volker Elsenbast (Redaktion): Grundlegende Kompetenzen religiöser Bildung. Zur Entwicklung des evangelischen Religionsunterrichts durch Bildungsstandards für den Abschluss der Sekundarstufe I. Münster 2006

314  Vgl. z. B. Silke Leonhard: Leiblich lernen und lehren. Ein religionsdidaktischer Diskurs. Stuttgart 2006

315  Hinweisen möchte ich auf die Lernwerkstätten am Pädagogisch-Theologischen Institut der Föderation Evangelischer Kirchen in Mitteldeutschland und der Evangelischen Landeskirche Anhalts in Drübeck und Neudietendorf.



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15.12.2008