Krasemann, Andreas: Eric Voegelins politiktheoretisches Denken in den Frühschriften

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Kapitel 2. Rassentheorie und Rassenidee - Voegelins Rasse und Staat und Rassenidee in der Geistesgeschichte

2.1 Die Rassenproblematik im Lichte eines „Systems der Staatslehre“

Voegelins ursprüngliche Absicht war es, das Problem der Leibideen, unter welche auch die Rassenidee fällt, innerhalb seiner Arbeiten zu einem „System der Staatslehre“ abzuhandeln, entschloß sich dann jedoch wegen des beträchtlichen Umfangs, den allein diese Problematik für sich in Anspruch nehmen würde, zu jener eigenständigen Abhandlung, die den Titel Rasse und Staat trägt<32>. Dennoch sei das Rassenproblem nach wie vor in engem Zusammenhang mit den Forderungen einer geisteswissenschaftlichen Staatslehre zu sehen, insbesondere derjenigen, „die Probleme der Staatslehre auf Grund einer philosophischen Anthropologie zu entwickeln“<33>, was wiederum auf der Grundidee basiert, „daß die Wurzeln des Staates im Wesen des Menschen zu suchen seien.“<34>
In seinem Aufsatz Reine Rechtslehre und Staatslehre umreißt Voegelin sein Konzept einer als Geisteswissenschaft verstandenen Staatslehre wie folgt:

„Sie baut sich auf in den Lehren von den Elementen, welche die staatliche Gemeinschaft, oder kurz den Staat, fundieren, und jenen anderen, welche die Symbole fundieren; ferner in der Theorie der Symbole: ihrer Intensitätsdifferenzen, ihrer Verknüpfungs- und Überschiebungsmöglichkeiten [...] und schließlich der Lehre von den Ideen, die einander korrelativ ergänzen und in ihrem Verein die oberste bedingende Form des Staats sind. Mit dieser letzten Verankerung der Staatslehre in der Ideenlehre ist der Punkt erreicht, von dem die Theorien anderer Kulturobjektivationen ausgehen können; neben die Lehre von der Idee des Staats kann die Lehre von der Idee der Kunst, der Sprache, der Religion, der Wirtschaft treten und in der Aufweisung der Zusammenhänge dieser Ideen stehen wir auf der obersten systematischen Stufe eines Systems der Gesellschaftsphilosophie; unmittelbar an diese Stufe reicht der Bau der hier entworfenen Staatslehre heran.“<35>

Hierbei verwendet Voegelin Termini wie „Idee“ und „Ideenlehre“, die zunächst einmal näher zu bestimmen sind. Was Voegelin unter einer „Idee“ versteht, geht aus seinen Ausführungen zu Rasse und Staat hervor:

„Unter Idee soll die reale Einheit der in räumlicher und zeitlicher Mannigfaltigkeit sich ausgliedernden pflanzlichen, tierischen und menschlichen individuellen und kollektiven Ganzheiten verstanden werden. Die Person ist Idee im Verhältnis zum personalen Lebensablauf; die Menschheit Idee gegenüber der menschlichen Mannigfaltigkeit; die Tier- oder Pflanzenart gegenüber dem tierischen oder pflanzlichen artzugehörigen Individuum. Unter Idee verstehen wir also nicht einen Begriff, sondern die reale Substanz, die als Eine in einer Vielheit erscheint.“<36>

Über die Idee des Menschen wiederum gibt es sehr unterschiedliche Vorstellungen. Zum einen kann der Mensch Geistidee sein, der Mensch als vernunftbegabtes Mitglied der Gemeinschaft. Als Beispiel dafür nennt Voegelin die Philosophien von Johann Gottfried Herder und Immanuel Kant. Der Mensch kann auch als rein animalisches Wesen aufgefaßt werden, wie es die Rassenlehren von Günther und Lenz dokumentieren. Die Geistidee ist hierbei nur sekundär, sie ist in Abhängigkeit an den Menschen als animalisches Wesen als primärer Idee gekoppelt. Die Betrachtung des Menschen als Gesamtwesensidee wiederum findet sich in den Theorien von Ludwig Ferdinand Clauß und Othmar Spann<37>.


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Voegelin arbeitet somit zwei Begriffe der „Idee“ heraus, die mit Blick auf die Betrachtung des Verhältnisses von Leib, Seele und Geist miteinander nicht vereinbar sind und sich somit in einem dialektischen Verhältnis zueinander befinden. Diese beiden Ideenbegriffe sind zugleich Ausgangspunkte, von denen aus eine Ideenhierarchie entwickelt werden kann. Zwischen diese beiden Pole sind solche Ideen einzuordnen, die eine Gemeinschaft von Menschen beinhalten, die sich zugleich gegen andere Gemeinschaften oder Individuen abgrenzen<38>.
Die Ideenhierarchie besteht somit mindestens aus drei Stufen, als oberste die Idee der Menschheit, als unterste die Idee des Einzelmenschen und als mittlere die Idee der begrenzten Gemeinschaft. Aus dieser begrenzten Gemeinschaft können weitere begrenzte Gemeinschaften - Kulturkreise, Nationen, Stämme - ausgegliedert werden, so daß die Hierarchie um beliebig viele weitere Stufen erweitert werden kann. Somit gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten, welche die Funktion einer Idee bestimmen können, entweder betont sie den Aspekt des Gemeinsamen, wenn sie vom Gattungsgedanken bestimmt auf die Unterordnung einer Zahl von Menschen unter eine Gemeinschaft abzielt, oder aber sie betont den Aspekt des Trennens, wenn sie eine begrenzte Gemeinschaft zum Ziel hat, um diese gegen andere begrenzte Gemeinschaften oder Einzelmenschen abzugrenzen.
Inhaltlich ist eine Idee durch dreierlei bestimmt, erstens, durch ihre Stellung innerhalb der Ideenhierarchie, das heißt die Stellung der durch die Idee erzeugten Gemeinschaft im Gefüge der historisch wirklichen Gemeinschaften. Zweitens, ist die Idee bestimmt durch ihre Stellung im Gefüge der Spekulationsmöglichkeiten, deren dialektische Endpunkte von der Abschnürungskonstruktion einerseits bis zur Idee des Gesamtwesens andererseits reichen. Drittens, hat jede Idee einen sie charakterisierenden Teilgehalt, der einen ganz spezifischen Typus einer begrenzten Gemeinschaft postuliert. Eine dieser Ideen ist die Idee leiblicher Gemeinschaft, die Leibidee, unter welche auch die Rassenidee zu subsumieren ist<39>. Solche Ideen erachtet Voegelin als konstitutiv beim Aufbau politischer Ordnungen. Aus diesen Einsichten folgt die Tatsache, daß die Untersuchungen zur Rassenproblematik bei Voegelin Anfang der 1930er Jahre einen eminenten Stellenwert haben und in der vorliegenden Arbeit ausführlich analysiert werden<40>.
Auf dem vorstehend dargestellten Konstrukt des Ideenbegriffes basiert Voegelins Ideenlehre, welche wiederum eine der Grundlagen seines Verständnisses einer Staatslehre darstellt. Die theoretische Grundlegung für eine Staatslehre, wie Voegelin sie sich vorstellt, basiert auf der Vorstellung der Staatslehre als einer Geisteswissenschaft<41>. Voegelin stellt dabei auf die Bedeutung von Symbolen und Ideen ab, durch welche die geistige Zusammensetzung der Staatsrealität als politischer Gemeinschaft zustande kommt<42>.
Die Idee, „daß die Wurzeln des Staates im Wesen des Menschen zu suchen seien“, kommt Voegelin zufolge etwa dann zum tragen, wenn es um die Begründung für das Phänomen „Recht“ geht. Das Recht habe seine Ursprünge in zweierlei Quellen, erstens, in dem sittlichen Erlebnis der einzelnen Person und, zweitens, in dem Erlebnis der Gemeinschaft. Der „Norm“ komme ein Integrationseffekt zu, der das Wesen des Staates mitbestimmt. Analog zu den Normen spielen bei der Konstituierung des Wesens „Staat“ jedoch noch weitere Phänomene eine Rolle. Zu diesen gehören die Staatsideen. Die Staatsideen orientieren sich wesensmäßig an den zwei hier schon angeführten Möglichkeiten menschlicher Erlebnishaltung, einerseits am Erlebnis der einzelnen Person, andererseits am Erlebnis der Gemeinschaft. Insoweit lassen sich die Staatsideen unterteilen in Persons- und Gemeinschaftsideen<43>. Das Wesen der Personsidee bestehe in der integrierenden Konstitution des

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Staates durch eine einzelne Person an der Staatsspitze, die mit einer angemessenen Autorität ausgestattet ist, wie etwa einen König, Kaiser, Diktator oder ähnlichen Titel:

„Der Klasse der Personsideen gehören alle Ideenbildungen an, die aus der Gestalt einer großen herrscherlichen Person das Erlebnis der politischen Realität schöpfen [...]; den Klassen der Gemeinschaftsideen gehören alle Ideen an, die aus dem Erlebnis der Gemeinschaft die Gewißheit der Staatsrealität schöpfen [...].“<44>

In die Klasse der Gemeinschaftsideen seien nunmehr auch die sogenannten Leibideen einzuordnen. Zu den Hauptfällen von Leibideen gehören die Idee der Dynastie sowie die Idee der Blutsverwandtschaft - und eben auch, als zentrales Thema der Schrift Voegelins - die Rassenidee. Zu unterscheiden ist für Voegelin jedoch zwischen der für die Konstituierung politischer Gemeinschaften bedeutsamen „Rassenidee“ und der wissenschaftlichen „Rassentheorie“:

„Die Theorie tritt mit dem Anspruch einer Wissenschaft auf und kann von uns auf die Richtigkeit ihrer Urteile und die Festigkeit ihrer Grundlagen geprüft werden. Die Idee gehört der Politik an und wir haben ihr gegenüber die Aufgabe, sie als menschliche Erscheinung zu deuten und sie in unseren Erfahrungszusammenhang von der Staatswirklichkeit als Schöpfung des Menschen einzuordnen.“<45>

Voegelins zwei große Untersuchungen zur Rassenproblematik, Rasse und Staat und Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, sind somit im Rahmen der Arbeiten zu einem „System der Staatslehre“ durch die von Voegelin wahrgenommene bedeutsame Rolle der Rassenidee bei der Konstituierung politischer Ordnungen motiviert. Darüber hinaus mag für seine beiden Werke zur Rassenproblematik und der darin enthaltenen Auseinandersetzung mit biologistischen Theorien auch, die Abhandlungen erschienen 1933, der Aufstieg der politischen Bewegungen des Faschismus und des Nationalsozialismus als aktueller Hintergrund eine Rolle gespielt haben. Auch diesen politischen Phänomenen galt es auf den Grund zu gehen<46>. In Deutschland, der verspäteten Nation, habe sich im Gegensatz zu England und Frankreich keine nationale Idee als formende Kraft entwickelt, an ihre Stelle trat die Rassenidee<47>. Diese habe sich vorrangig auf deutschem Boden entwickelt, kaum dagegen in den anderen Nationen,

„weil die alte national-politische Idee mit ihren wesentlichen Wurzeln in der christlichen Gemeinschaftslehre, in der die Rassenidee keinen Platz finden kann, ihr in verhältnismäßig ungeschwächter Kraft gegenübersteht.“<48>

In den 1930er Jahren spricht Voegelin von „Ideen“, so auch in seinen Abhandlungen zur Rassenproblematik. Diese sind es, die für sein Konzept einer geisteswissenschaftlichen Staatslehre von Bedeutung sind. Später wandelt sich dieser Terminus, in dem 1956 veröffentlichten ersten Band seines Hauptwerkes Order and History spricht Voegelin über die „Symbolisierung der Ordnung“<49>. Für die Thematisierung des Problems der „Rasse“ ist dieser terminologische Wandel aber zunächst nicht von Bedeutung. Hier ist wesentlich relevanter die Einsicht, daß Leibideen, als deren Unterfall die Rassenideen einzuordnen sind, die Ordnung des Menschen in Gesellschaft mitkonstituieren<50>.


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Voegelins Untersuchung über Rasse und Staat zerfällt in zwei Teile, einen ersten, der sich der „wissenschaftlichen“ Rassentheorie, und einen zweiten, der sich der „politischen“ Rassenidee widmet. Während Rasse und Staat auf eine systematische Abhandlung der Problematik von Rassentheorie und Rassenidee abzielt, geht es der Rassenidee in der Geistesgeschichte, wie der Titel bereits nahelegt, um eine historische Abhandlung zur Genese der Rassenidee, dies jedoch mit Bezügen zur Rassentheorie. Vor allem seine Rassenidee in der Geistesgeschichte ist Voegelins eigenem Bekenntnis zufolge ein „Resultat meiner bewußten Schulung durch den Stil des Stefan-George-Kreises<51>. Zudem befindet Klaus Vondung anläßlich der englischssprachigen Neuausgabe der beiden Werke Ende der 1990er Jahre, daß Voegelin seine Rassenidee in der Geistesgeschichte als das Werk begriff, welches im Vergleich zu Rasse und Staat vielleicht von geringerem aktuellen Interesse, jedoch die vom wissenschaftlichen Standpunkt aus gesehen bedeutendere der beiden Studien sei<52>.
Im Gegensatz zu Rasse und Staat stellt Voegelins Rassenidee in der Geistesgeschichte eine einzelne Einheit dar. Voegelin gliedert seine Rassenidee in der Geistesgeschichte zwar ebenfalls in zwei Hälften, deren erstere sich „Art und Rasse im 18. Jahrhundert“<53> widmet, während die zweite Hälfte noch abstrakterer Natur ist und unter der Überschrift der „Verinnerlichung von Leib und Person“<54> geschrieben ist. Die „Verinnerlichung von Leib und Person“ ist jedoch, wie noch zu zeigen sein wird, die Quintessenz seiner Rassenidee in der Geisesgeschichte schlechthin, so daß „Art und Rasse im 18. Jahrhundert“ lediglich als Exposition hierzu aufzufassen und die Gesamtuntersuchung zur Rassenidee in der Geistesgeschichte, wie gesagt, als Einheit betrachtet werden muß.
In Rasse und Staat gibt Voegelin einen Verweis auf seine Rassenidee in der Geistesgeschichte, mit welcher er den Leser wissen läßt, daß „die Untersuchungen über die Rassenidee (der II. Teil des vorliegenden Buches [Rasse und Staat]) auf den Ergebnissen der geistesgeschichtlichen Arbeit aufbauen“<55>. In unseren Analysen zur Rassenproblematik bei Voegelin beginnen wir daher zunächst mit der Analyse der „Rassentheorie“, dem ersten Teil von Rasse und Staat<56>. Die dann folgenden Analysen unter der Überschrift „Verinnerlichung von Leib und Person“ haben Voegelins Rassenidee in der Geistesgeschichte zum Gegenstand, ehe darauf aufbauend unter dem Titel „Rassenidee und politische Ordnung“ die Analyse des die Bedeutung der „Rassenidee“ für die Bildung politischer Gemeinschaften herausstellenden zweiten Teiles von Rasse und Staat<57> folgt<58>.

2.2 Die systematischen Untersuchungen zur Rassentheorie

2.2.1 Ontologische Prämissen

Die Bedeutung für die Konstituierung politischer Ordnungen, welche Voegelin der Rassenproblematik, konkret der Rassenidee beimißt, ist bereits angedeutet worden. Wenn man bedenkt, daß sich Voegelin an Fragen orientiert, die die Existenz des Menschen in Gesellschaft betreffen, neigt man heute vielleicht dazu, die Bedeutung der Rassenproblematik zu unterschätzen., zumindest aus Voegelins Sicht. Im Rahmen des XIV. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Psychologie in Tübingen vom 22. - 26. Mai 1934 widmet sich Voegelin dieser Thematik abermals und gibt eine Begründung für die Relevanz derselbigen:

„Das Thema ‚Rasse und Staat’ ist außerordentlich weit verzweigt - es reicht von den Fragen theoretischer Biologie bis zu den Formen des mythenbildenden Geistes, und von den Fragen

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der Sozialversicherung bis zur Staatsformenlehre. Wir greifen [...] aus diesem Themenfeld eine politisch-psychologische Frage heraus, die Frage nach den inneren und äußeren Bedingungen, unter denen ein Volk seelisch offen ist für die Aufnahme der Rassenidee als politische, als den Staat begründende und formende Idee.“<59>

Herauszuheben ist dabei „die Bedeutung der Rasse als Realfaktor für das politische Geschehen“<60>. Die politische Bedeutung betrifft zwar weniger die „wissenschaftliche“ Rassentheorie, um die es zunächst in den folgenden Abhandlungen gehen soll, sondern vielmehr die „politische“ Rassenidee. Nichtsdestoweniger sind die Erkenntnisse der Rassentheorie stets in Wechselwirkungen mit den Entwicklungen der Rassenidee zu sehen, weshalb Voegelin sich nicht allein der Rassenidee widmet, sondern eben sich auch mit der Rassentheorie auseinandersetzt und deren Wissenschaftlichkeit kritisch hinterfragt.
Daß die Rassentheorie tatsächlich einen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit erheben kann, wird auch von Voegelin nicht angezweifelt. Allerdings sei die bis dato in der Wissenschaft betriebene Rassentheorie in ihrer Methodik und in ihrem Anspruch auf theoretische Relevanz unzulänglich, genauso wie andererseits auch die Gegner der Rassentheorie mit ihrer These der Nichtverwissenschaftlichbarkeit dieses Problems sich auf dem Holzweg befänden.

„Das Rassenproblem ist ein Teil des Leib-Seele Problems; das erste setzt zu seiner angemessenen Behandlung völlige Klarheit über das zweite voraus und damit über das Wesen des Menschen.“<61>

Die etablierte Wissenschaft ist sich laut Voegelin aber eines solchen umfassenden Horizontes nicht bewußt und trägt stattdessen eine positivistisch verengte Sichtweise an die Behandlung der Rassentheorie heran. In Rasse und Staat spricht Voegelin von einem „System der naturwissenschaftlichen Superstition“<62>, welches den Positivismus in der Wissenschaft kennzeichne. In der Geschichte der Neuzeit haben die Naturwissenschaften mit ihren mathematisierenden Methoden ein hohes Maß an Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Diese Tatsache führte zu der Annahme, daß andere Wissenschaften, wenn sie sich dieser Methoden bedienten, ebenso erfolgreich sein würden. Mehr noch, das „System der naturwissenschaftlichen Superstition“ führte zu dem Glauben, daß die naturwissenschaftlichen Methoden allein in ihrer Reinheit das Kriterium für theoretische Relevanz schlechthin wären, daß andere Methoden, etwa metaphysisch-geisteswissenschaftliche, irrelevant seien.
Das Postulat der Methodenreinheit sollte in Abwandlung auch noch in Hans Kelsens „Reiner Rechtslehre“ fortleben und für Voegelin zu einem zentralen Gegenstand der Auseinandersetzung werden. Davon soll noch die Rede sein. Die Kritik an der vom Positivismus geprägten etablierten Wissenschaft ist insofern charakteristisch im Denken Voegelins, als diese nicht nur 1933 in Rasse und Staat auftritt, sondern sich zwanzig Jahre später inhaltsgleich im Einleitungskapitel seiner Neuen Wissenschaft der Politik wieder findet<63>.
Ein weiteres Kennzeichen des „Systems der naturwissenschaftlichen Superstition“ ist die Auffassung, daß der Gang wissenschaftlicher Erkenntnis ein Prozeß linearen Fortschreitens sei. Folglich brauche der Wissenschaftler nur die wissenschaftliche Erkenntnislage der Gegenwart zu kennen, da diejenige der Vergangenheit ohnehin veraltet sei<64>. Im Ganzen gesehen ist somit für Voegelin der Forschungsstand zur Rassentheorie seiner Zeit dadurch gekennzeichnet, daß „in der Rassentheorie das Bewußtsein der Prinzipienfragen und jede Klarheit über die Grundlagen fehlt“<65>.
Auch hier ist wiederum eine Formel in Voegelins wissenschaftlichem Sprachwortschatz zu entdecken, die auch sein späteres Werk bestimmt. Denn ein „Wiedererwachen des Bewußtseins der


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Prinzipienfragen“<66> fordert Voegelin auch ein, als er zwanzig Jahre später in seiner Neuen Wissenschaft der Politik von der Notwendigkeit einer Erneuerung der Politischen Wissenschaft spricht. Von diesen Voraussetzungen ausgehend versucht Voegelin nun sein Konzept einer Behandlung des Rassenproblems vorzunehmen und eine Alternative zur Methodik der etablierten Wissenschaft zu entwickeln.
Ausgangspunkt für eine systematische Untersuchung des Rassenproblems im Rahmen einer wissenschaftlichen Rassentheorie müsse, so Voegelin, eine Analyse des Verhältnisses der Kategorien Leib, Seele und Geist sein. Erst durch diese Analyse entstehen die ontologischen Prämissen, von denen ausgehend eine weitere wissenschaftliche Behandlung des Rassenproblems erfolgen kann. Hierbei hat Voegelin folgende Thesen entwickelt, die seine Untersuchung des Rassenproblems bestimmen und die auch später noch für sein politiktheoretisches, auf eine Philosophische Anthropologie abzielendes, Denken signifikant bleiben sollen: Der Mensch partizipiere an allen Bereichen der Seinsordnung, bleibe als Wesen an sich dabei aber trotzdem eine Einheit. Für die verschiedenen Seinsbereiche gebe es entsprechend verschiedene Methoden zu deren Erforschung. Die Methoden, die für einen bestimmten Seinsbereich gelten, dürfen nicht ohneweiteres auf andere Seinsbereiche ausgedehnt werden<67>.
Voegelin geht es um die Untersuchung der geistigen Rassetypen, die sich aus dem Zusammenhang von Leib, Seele und Geist ergeben. Voegelin behauptet die Existenz eines solchen Zusammenhanges, ungeachtet dessen, daß dieser den Methoden der naturwissenschaftlichen Rassenlehre nicht zugänglich sei. Denn hierbei werde ein anderer Seinsbereich angesprochen, der anderweitige Methoden zu dessen Untersuchung erfordert als die der Naturwissenschaften. Für Voegelin ist grundlegend die von ihm entwickelte These,

„daß Leibideen, sofern sie an der geistigen Realität der Gemeinschaft mitbauen (also nicht objektive animalische Ideen sind), sich niemals als wissenschaftliche Urteile auf Tatbestände der biologischen Sphäre beziehen, an denen sie auf ihre Richtigkeit geprüft werden könnten, sondern daß die Idee der Leibgemeinschaft immer eine ‚mythische’ Idee ist, daß sie immer (nicht nur im Falle der christlichen Gemeinschaft) ein corpus mysticum aufbaut.“<68>

Einmal mehr wird am Beispiel der Untersuchungen zum Rassenproblem deutlich, daß für Voegelins Denken in zunehmendem Maße jener Grundzug deutlich wird, der charakterisiert ist durch das Postulat

„eine(r) durchgearbeitete(n) Ontologie, die alle Seinsbereiche, vor allem den welt-jenseitigen, göttlichen, als real anerkennt und nicht versucht, die höherstufigen Seinsbereiche durch Kausalerklärungen auf niederstufige zu ‚reduzieren’.“<69>

Wie Voegelin befindet, gibt es nun auf beiden Seiten, auf der Seite der Anhänger und auf der Seite der Gegner der Rassentheorie, Unzulänglichkeiten in den Standpunkten. Dennoch würden die Vertreter der Rassentheorie ein wirklich existentes Problem durchfechten, auch wenn sie dies bis dato in einer Weise täten, die fehlerhaft sei. Als eines der am weitesten gediehenen Konzepte der Rassentheorie hingegen bezeichnet Voegelin das von Ludwig Ferdinand Clauß entworfene Konzept der Rasse als Gestalt-Idee<70>. Hierauf, wie auch auf Voegelins Analyse weiterer diverser Konzepte der Rassentheorie, denen er größtenteils kritisch gegenüber steht, wird noch eingegangen werden. Das Verdienst Voegelins in dessen Behandlung der Rassentheorie stellt Georg Rothenfußer in seiner Rezension zu Voegelins Rasse und Staat treffend heraus:

„Es ist das philosophische Hauptverdienst Voegelins, daß er das Rassenproblem aus der allzu groben Vereinfachung einer bloß naturwissenschaftlichen biologischen Betrachtung auf die Höhe der echten anthropologischen Fragestellung gehoben hat. Er will die menschlichen

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Rassen von jener Gesamtanschauung des Menschen aus erkennen, die Leib und Seele, Leib und Geist zusammen sieht.“<71>

Signifikant ist und bleibt jene ontologische Maxime, die für Voegelins Denken so kennzeichnend ist, die These, nach welcher der Mensch an allen Bereichen des Seins teilhabe. Darauf stellt Voegelin Ausführungen über das Problem von Leib - Seele - Geist an, von deren ontologischer Einheit ausgehend die Rassentheorie in Angriff zu nehmen sei<72>. Drei Elemente gilt es somit zu analysieren, den Leib, die Seele und den Geist.
Der Leib ist ontologisch gesehen mit dem Seinsbereich identisch, der als immanent zu bezeichnen ist. Der Leib ist Gegenstand der Naturwissenschaften, hierbei insbesondere der Biologie. Seele und Geist hingegen überschreiten den Horizont des immanenten Seins, sie sind transzendent. Seele und Geist erscheinen auf den ersten Blick Begriffe mit identischem Inhalt zu sein, dennoch gibt es hier aber Unterschiede, die Voegelin in Form eines Stufenmodells herausarbeitet.
Die Seinsgestalt der Pflanze geht in Gänze als ein Element in die Seinsgestalt des Tieres ein und wird durch ein weiteres, für die tierische Seinsgestalt charakteristisches Element ergänzt, welches in den höheren seelischen Formen von Instinkt und zweckhafter Intelligenz besteht. Die Seinsgestalt des Tieres wiederum geht gänzlich in die des Menschen ein und wird durch ein für den Menschen charakteristisches Seinselement ergänzt - den Geist<73>.
Mit der Problematik von Leib, Seele und Geist befaßt sich auch die Philosophische Anthropologie eines Max Scheler. Dessen Denken hat das von Voegelin in hohem Maße beeinflußt. Vor allem das für Voegelin typische Postulat der Anerkennung der Existenz eines transzendenten Bereiches der Seinsordnung ist Scheler‘schen Ursprungs. Der Transzendenzbezug spielt somit auch in die Problematik von Leib, Seele und Geist hinein. Zu „Seele“ und „Geist“, welche beide im Gegensatz zur immanenten Kategorie des „Leibes“ transzendente Größen darstellen, findet sich bei Scheler die folgende Feststellung:

„Die Seele ist ein ‚Bau von Trieben’ von verschiedener Wichtigkeit und Ganzheitsbezogenheit in einer vierfach geordneten Mannigfaltigkeit - ohne Ausdehnung und Metren; sie bestimmt Raum-Zeitgestalten, läuft aber selbst in der absoluten Zeit im Ganzen des Allebens ab. Erst der Geist ist enthüllbar in der biologischen Entwickelung - ein und derselbe und über alle Mannigfaltigkeitsformen erhaben. [...] Material des Geistes ist Tier, Pflanze: Auch in ihnen ist er tätig; aber ‚inne’ hat ihn nur der Mensch; und er ist nicht nur Material und Objekt, sondern Träger und Subjekt des Geistes.“<74>

Das Wesen Mensch in seiner Einheit wird also durch das Zusammenwirken mehrerer Elemente erzeugt. Dabei gibt es jedoch verschiedene Konstruktionsprinzipien, was die nähere Beschreibung des Zusammenwirkens der Elemente zu einer Einheit angeht, denn das gesamte Bild beruht ohnehin auf Spekulation. Hierbei ist nun auf folgende Konstruktionstypen einzugehen, die speziell das Verhältnis des menschlichen Geistes zu den anderen untermenschlichen Seinselementen Leib und Seele beschreiben.
Erstens, ist das Modell der Abschnürung zu nennen. Abgeschnürt wird hierbei das charakteristische Seinselement des Wesens Mensch gegen die als Unterbau fungierenden untermenschlichen Seinselemente. Indem das erstere Element gegen die letzteren abgeschnürt wird, soll das menschliche Wesen begrifflich auf das nur für ihn selbst charakteristische Element reduziert werden. Von Voegelin wird diese Betrachtungsweise ebenso kritisiert wie von Scheler. Schelers und somit auch Voegelins Kritik richten sich dabei gegen Descartes, einem Vertreter jener Abschnürungskonstruktion. In Bezug auf Descartes heißt es bei Scheler:

„Dadurch, daß er alle Substanzen in ‚denkende’ oder ‚ausgedehnte’ einteilte und lehrte, daß der Mensch allein von allen Wesen aus diesen beiden in Wechselwirkung stehenden Substanzen bestehe, hat Descartes in das abendländische Bewußtsein ein ganzes Heer von Irrtümern schwerster Art über die menschliche Natur eingeführt. Mußte er doch auf Grund

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dieser Einteilung selbst den Un-Sinn in Kauf nehmen, allen Pflanzen und Tieren die psychische Natur abzusprechen und den ‚Schein’ der Beseelung von Tier und Pflanze, den die ganze Zeit vor ihm für Wirklichkeit genommen hatte, durch anthropopathische ‚Einfühlung’ unserer Lebensgefühle in die äußeren Bilder der organischen Natur erklären und alles, was nicht menschliches Bewußtsein und Denken ist, rein mechanisch erklären.“<75>

Für Scheler sind Leib und Seele stets miteinander verbunden. Auch gibt es für ihn keinen bestimmten Ort im menschlichen Körper, etwa die von Descartes angenommene Zirbeldrüse, an dem die Seele lokalisiert ist. Vielmehr nimmt Scheler den ganzen Körper als Ort der seelischen Geschehnisse an. Das heißt im Ergebnis, daß die physiologischen und psychischen Lebensprozesse ontologisch gesehen identisch sind und nur phänomenal unterschiedlich anmuten<76>.
In einem Punkt distanziert sich Voegelin jedoch auch von Scheler. Dieser ist zwar einerseits ein Kritiker der Abschnürungskonstruktion, betreffend das Verhältnis zwischen Leib und Seele, andererseits jedoch entdeckt er den Geist als das für das menschliche Wesen charakteristische Element und schnürt diesen seinerseits gegenüber der leib-seelischen Einheit ab:

„Nicht [..] Leib und Seele oder Körper und Seele oder Gehirn und Seele im Menschen sind es, die irgend einen ontischen Gegensatz bilden. [...] Der Gegensatz, den wir im Menschen antreffen und der auch subjektiv als solcher erlebt wird, ist von viel höherer und tiefergreifender Ordnung: es ist der Gegensatz von Geist und Leben.“<77>

Für Voegelin hingegen sind alle drei Kategorien, Leib, Seele und Geist als eine ontologische Einheit zu begreifen.
Ein zweites Konstruktionsmodell beinhaltet die Existenz eines Zwischengliedes zwischen den verschiedenartigen Elementen des Gesamtwesens Mensch. In der Philosophie Descartes’ sei, wie hier schon angedeutet wurde, der Hirnanhang als das Seelenorgan anzusehen, in welchem sich Leib und Seele treffen und somit ihren gemeinsamen Ort haben. Weitere bedeutende Zwischengliedkonstruktionen sind für Voegelin die Konzepte von Aristoteles und Immanuel Kant. Das Gemeinsame der Konstruktionsmodelle der beiden letzteren Vertreter sei, daß die bei ihnen verbundenen Teile, also anorganische, vitale und geistige Sphäre, in ihren eigenen Gesetzen weiterbestehen<78>.
In Angrenzung zu den beiden vorstehend erläuterten Konstruktionstypen der ontischen Einheit Mensch, der Abschnürungs- und der Zwischengliedkonstruktionen, welche im wesentlichen eine Unabhängigkeit der verschiedenen Elemente des menschlichen Seins anerkennen, gibt es nunmehr ein drittes Modell, daß im Unterschied zu den beiden anderen synkretistischer angelegt ist. Was das Wesen des Menschen betrifft, so sei noch einmal festgehalten, sind qualitativ zwei Bereichsgruppen zu unterscheiden, der Bereich des Geistes, welcher das Spezifikum des menschlichen Wesens ausmacht, einerseits und die übrigen untermenschlichen Bereiche von Leib und Seele, die sich ihrerseits stufenförmig aus dem Pflanzen- und Tierreich aufbauen, andererseits. Deren Wirklichkeit wird auch von dem dritten Konstruktionsmodell des Verhältnisses von Leib, Seele und Geist anerkannt, als Novum wird nun aber die Akzeptanz der Interdependenz dieser Bereiche postuliert, „die Erscheinungen der einen sollen abhängige Variable der Erscheinungen der anderen sein. Die Erkenntnis der einen ist der Schlüssel zur Erkenntnis der andern, und ontisch wird die eine durch die andere determiniert.“<79>
Erst ein viertes Konstruktionsmodell vollzieht den Schritt zur völligen Verschmelzung der verschiedenen Seinselemente zu einer Einheit. Das heißt die Seele durchwohnt den Leib in allen seinen Teilen, genauso wie der Leib in allen seinen Teilen auch die Seele repräsentiert. Als einen


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Vertreter dieses Konstruktionsmodells sieht Voegelin den jüngeren Johann Gottlieb Fichte an<80>. Der letzteren Position fühlt Voegelin sich verpflichtet.

„Voegelin hat im Bestreben, die Abschnürung des Geistes vom Leib zu verhindern, die Verbindung von Leib und Geist gar zu unlöslich gemacht. Incidit in Scyllam qui vult vitare Charybdim! Trotzdem er die endgültige Entscheidung vermeiden will, hat er sich doch schon für eine Menschenlehre entschieden, die für die unsterbliche Seele keinen rechten Platz mehr hat, die objektiv-idealistisch ist und den jüngern Fichte als Vorbild der richtigen Lösung wählt.“<81>

Gerade die vorstehend dargelegten Ausführungen Voegelins in Rasse und Staat zeigen erneut den Transzendenzbezug der von Voegelin postulierten ontologischen Maximen auf, der Voegelins gesamtes Lebenswerk durchzieht. Diese Maximen sind für die Entwicklung einer Philosophischen Anthropologie bei Voegelin grundlegend<82>.
Nachdem nun Voegelin verschiedene Konstruktionsmodelle betreffend das Verhältnis von Leib, Seele und Geist vorgestellt hat, dabei insonderheit die Abschnürung der Kategorien „Seele“ und „Geist“ vom „Leib“ kritisiert und stattdessen für seine eigene Herangehensweise die Betrachtung des Menschen als leiblich-seelisch-geistiger Einheitsgestalt postuliert, wendet er sich weiteren Untersuchungen zum sytematischen Gehalt der Rassentheorie zu. Denn ausgehend von den verschiedenen ontologischen Prämissen zum Leib-Seele-Geist-Problem sind entsprechend verschiedene Ansätze zur Rassentheorie entwickelt worden. Die Divergenz von Ansätzen beginnt bereits mit der grundlegendsten Frage, mit der jede Rassentheorie anzusetzen hat, nämlich die nach dem Begriff der „Rasse“ an sich.
In den von Voegelin in Rasse und Staat unternommenen Abhandlungen zur Rassentheorie erscheint es ihm konsequent zu sein, die von Biologie und Anthropologie entwickelten Vorstellungen vom Rassenbegriff und zur Rassentheorie zu analysieren und zu bewerten und schlußendlich zu seinem eigenen Ansatz zu finden.

2.2.2 Der biologische und der anthropologische Rassenbegriff

Zunächst ist auf den von der Biologie entwickelten Rassenbegriff einzugehen. Bei dieser Betrachtungsweise handelt es sich um jenen Modus der Rassentheorie, wie er für das von Voegelin kritisierte „System der naturwissenschaftlichen Superstition“ typisch ist. Das heißt, die „Rasse“ ist nurmehr eine Untereinheit der „Art“ Homo sapiens, wobei für Abgrenzung und Einordnung der Rassen morphologische und physiologische Merkmale ausschlaggebend sind<83>.
Dabei wird zunächst Bezug genommen auf die Theorie von Charles Darwin, da diese eine der vorherrschenden biologischen Rassentheorien darstellt<84>. Voegelin stellt dabei jedoch auch heraus, daß selbst die rein biologische Rassentheorie zu kurz trete, wenn sie sich auf den Darwinismus beschränke. Die Theorie Darwins baut auf drei Voraussetzungen auf. Erstens, wird von der Existenz der taxonomischen Kategorie „Art“ im Sinne Linnes ausgegangen. Zweitens, entwickelt sich das Leben von einfachen zu komplizierteren und differenzierteren Formen. Drittens, baut Darwin auf der Idee eines Stammbaums des Lebens auf. Die darwinistische Theorie wiederum besteht aus drei Thesen. Diese lassen sich mit den Begriffen Variation, Selektion und Vererbung bestimmen.


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Das bedeutet, erstens, daß sich jede Generation durch kleinere Variationen von der Elterngeneration unterscheidet. Zweitens, haben nur diejenigen Individuen eine Chance zum Überleben und zur Fortpflanzung, die den äußeren Bedingungen der Natur am besten angepaßt sind. Drittens, werden die Eigenschaften der überlebenden Individuen auf die Nachkommen vererbt. Die erste These, die Variation, beruht auf Alltagserfahrungen, die sich ergeben, wenn man Kinder mit ihren Eltern vergleicht. Diese ähnelten ihren Eltern zwar, sind mit ihnen jedoch nicht identisch, sondern variieren bis zu einem gewissen Grad. Die zweite und die dritte These hingegen, Selektion und Vererbung, weisen emotionale Bezüge zum politischen Liberalismus auf. Die Welt des Organischen ist bei Darwin eine Analogie zur liberalen Gesellschaft, indem das Untaugliche ausgemerzt wird und das Nützliche erhalten bleibt, letzteres wird auf die Nachkommen vererbt<85>.
Zugleich sind die drei Thesen Darwins in Frage zu stellen. Erstens, was die Variation von Individuen innerhalb einer Art betrifft, so ist diese für das Artproblem nicht relevant. Zweitens, was die These der Selektion angeht, so ist es zwar richtig, daß Organismen an ihre Umwelt angepaßt sein müssen, jedoch beschränkt sich die Überlebenschance nicht nur auf die am besten angepaßten Lebewesen. Vielmehr reicht hierfür bereits ein Minimum an Anpassung aus. Drittens, gegen die These der Vererbung bleibt einzuwenden, daß es nicht die erworbenen Eigenschaften eines Individuums sind, die auf die Nachkommen vererbt werden. Das was ein Individuum im Laufe seines Lebens an Eigenschaften durch Anpassung an die Umwelt erwirbt, wird heutzutage als „Modifikation“ bezeichnet. Diese ist jedoch nur für den Phänotyp bedeutsam, für den Genotyp hingegen bleibt sie irrelevant. Modifikationen können nicht auf die Nachkommen vererbt werden. Erblich sind lediglich „Mutationen“, also Veränderungen des Genotyps<86>. Ferner sind je nach der Intensität der erfolgten Änderungen der Erbinformation verschiedene Mutationstypen zu unterscheiden<87>.

„Es ist das Verdienst Darwins, dem Deszendenzgedanken - wie es scheinen will: endgültig - zum Durchbruch verholfen zu haben. Die auf Darwin folgenden Jahrzehnte waren erfüllt von fröhlichem Optimismus und sorglosem Aufbauen. Aber das Werk, welches heranwuchs, war nicht für die Ewigkeit geschaffen. Denn heute gleicht das Gebäude der Abstammungslehre eher einem Trümmerfeld als einem wohnlichen Hause. Eine zeitgemäße Deszendenztheorie fehlt, und so kommt es, daß ein Forscher wie Johannsen das Evolutionsproblem als eine ganz offene Frage bezeichnen kann. Wie vermochte ein solcher Rückschlag sich zu vollziehen?“<88>

So die von Friedrich Alverdes gegebene Würdigung Darwins, die auch dessen Unzulänglichkeiten herausstellt. Alverdes hebt hervor, daß sich insbesondere im 20. Jahrhundert die Abstammungslehre über Darwin hinaus weiterzuentwickeln begann<89>. Auch für Voegelin selbst ist die Kritik an der Theorie Darwins mehr als naheliegend, da diese zwar die Auslese von Variationen, nicht aber das Entstehen derselbigen erkläre<90>.
Es werden nun bezüglich eines Individuums die Kategorien „Innen“ und „Außen“ einander gegenüber gestellt, die erstere Kategorie beinhaltet etwa das, was sich innerhalb des Körpers eines Tieres befindet, letztere Kategorie schließlich alle die Umweltfaktoren, die diesen Körper äußerlich umgeben. Diese Unterscheidung der Kategorien des Innen und Außen eines tierischen Körpers erscheint auf den ersten Blick eindeutig. Sie verschwimmt jedoch, wenn man die Entwicklung des Individuums zurückverfolgt bis ins Stadium der Keimzellen, die ihrerseits ja wieder aus dem Inneren eines Organismus stammen.


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„Die ‚inneren’ Determinanten einer lebenden Form werden zurückgedrängt in die formende Gesetzlichkeit einer organischen Substanz, der keine bestimmte Form als dauernde eigentümlich ist, sondern ein periodisch an- und abschwellendes Formkontinuum im Laufe ihrer Existenz, aus dem wir gewisse Formen als Individuen herausschneiden. Die Individuen sind nicht in sich geschlossene Einheiten, sondern periodische Knoten an der kontinuierlichen Schnur der organischen Substanz.“<91>

Mit dieser Auffassung knüpft Voegelin an Henri Bergson an, der den Begriff des Individuums auf ähnliche Weise definiert, als ein zwar eigenständiges Wesen, dessen Grenzen aber im Verhältnis zu seinen Vorfahren und Nachkommen fließend sind. Bergson schreibt:

„Zuhöchst im Fall der Individualität läßt sich sagen, daß, wenn die Tendenz zur Individuation überall in der organischen Welt gegenwärtig ist, sie ebenso überall von der Tendenz zur Fortpflanzung bekämpft wird. Wäre die Individualität vollkommen, kein vom Organismus abgetrennter Teil dürfte gesondert zu leben vermögen. Doch würde damit die Fortpflanzung unmöglich.“<92>

Zudem findet sich in Voegelins Ausführungen ein Verweis auf einen Aufsatz von Jakob von Üxküll, welcher ebenfalls auf die Einbettung des Individuums auf die dieses umgebenden Zusammenhänge abhebt. Bei Üxküll heißt es:

„Die Umwelten der Tiere sind gefüllt mit Funktionskreisen, die das Subjekt mit dem Objekt verbinden. Wir können vier Arten von Funktionskreisen unterscheiden: erstens den Kreis des Mediums, zweitens den Beute- oder Nahrungskreis, drittens den Feindeskreis und viertens den Geschlechtskreis. So stark wir auch den Einfluß des Subjektes bei der Umgestaltung des Objektes in allen Funktionskreisen betonen mögen, so muß doch immer ein geeignetes Objekt vorhanden sein, um einen Funktionskreis zustande kommen zu lassen.“<93>

Von Üexküll erläutert dann die genaue Anpassung von Tieren an die von ihm angeführten „Objekte“ und interpretiert die Beziehungen zwischen Subjekt und Objekt als „Duett“<94>, welches sich nach einer der Musik vergleichbaren Partitur vollziehe. Anhand solcher Duette, wie zwischen Blüte und Hummel, Stechmücke und menschlicher Hand, Ameisenlöwe und Ameisen, Jäger und Gejagten, die eine bestimmte biologische Partitur repräsentieren, läßt sich ein Bezug zu den Ausführungen Voegelins herstellen, wonach sich die Souveränität des Individuums durch das Duett mit seiner Umwelt auflöst bzw. fließende Übergänge zwischen Individuum und Umwelt existieren<95>. Das heißt bei Voegelin, es gibt durchaus ein objektives Verhältnis zwischen den Kategorien Innen und Außen, nur tritt dieses Verhältnis in periodischen Abständen auf, nämlich jeweils im Stadium der Vollgestalt des Individuums, während es im Keinzellenstadium verfließt.
Das Schema dieser Spekulation zwischen den Kategorien Innen und Außen läßt sich auf das Problem der Variation übertragen. Hierbei gibt es, wie schon gesagt wurde, die Unterscheidung zwischen den Begriffen „Mutation“ und „Modifikation“. Erstere sind Veränderungen des Genotyps, die sich auf den Phänotyp auswirken können, letztere sind Veränderungen des Phänotyps, die durch umweltbedingtes Anpassungsverhalten des Individuums verursacht werden, jedoch keine Auswirkungen auf den Genotyp haben und daher auch nicht vererbbar sind. Wie Voegelin hierbei feststellt, verschwimmen die Grenzen dieser scharfen Begriffstrennung, wenn man in Rechnung stellt, daß die Möglichkeit und Fähigkeit der Anpassung des Individuums an die Umwelt durch Modifikationen ja ebenfalls als Eigenschaft an sich im Genotyp angelegt sein muß. Und umgekehrt können auch Mutationen durch bestimmte Umweltfaktoren ausgelöst werden.
Das Verhältnis zwischen der „Innen“-Kategorie des Begriffs „Mutation“ und der „Außen“-Kategorie des Begriffs „Modifikation“ ist also nicht ausschließlich auf einen gegensätzlichen Charakter gegründet, sondern weist zudem fließende Übergänge auf. Dieses Gegenüber „bekommt seine Stütze durch die


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‚gesehenen’ Phänomene der Konstanz, der Fluktuation und Variation der ‚gesehenen’ Typen.“<96> Verfolgt man somit die Entstehung der Arten zurück bis in das Stadium der Urzelle, müßte das heißen, daß bereits im Genotyp der Urzelle die spätere Weiterentwicklung zu immer differenzierteren, höherentwickelten Arten in Abhängigkeit konkreter Umweltfaktoren angelegt sein muß.
Wenn man die Entwicklung von Genetik und Abstammungslehre in der Zeit nach Darwin betrachtet, wurde vor allem eine These Darwins in Frage gestellt, nämlich die These der Variationsmöglichkeit in alle Richtungen. Als Gegner der These der allseitigen Variation führt Voegelin zwei namhafte Vertreter an, Carl Nägeli und G. H. Theodor Eimer. In Nägelis Rede zu Entstehung und Begriff der Naturhistorischen Art heißt es:

„Nach Darwin liegt zwar die individuelle Veränderlichkeit in der Natur des Organismus; aber sie erfolgt nach allen möglichen Seiten, und die bestimmte Richtung, welche sie durch eine Reihe von Generationen einschlägt, hängt bloss von den äussern Ursachen ab. Seine Theorie schliesst ein Gesetz nothwendiger Vervollkommnung ausdrücklich aus. Es ist nun die Frage: Reicht dieses Princip zur Erklärung der Thatsachen hin? Die consequente Durchführung desselben stösst, wie mir scheint, auf einige Widersprüche und Unmöglichkeiten.“<97>

Bei Nägeli wird eine lineare Entwicklung der Variation von den einfachen Formen hin zu differenzierteren, komplizierteren und damit höher entwickelten Lebensformen angenommen. Jede andere Entwicklungsmöglichkeit als die zu höher entwickelten Formen wird bei Nägeli ausgeschlossen. Dieses von Nägeli herausgearbeitete Prinzip bezeichnet dieser als „Vervollkommnungsprincip“<98> bzw. „Vervollkommnungstheorie“<99>. Die Vervollkommnungstheorie

„fordert die Annahme, dass die individuellen Veränderungen nicht unbestimmt, nicht nach allen Seiten gleichmässig, sondern vorzugsweise und mit bestimmter Orientirung [sic] nach Oben, nach einer zusammengesetzteren Organisation zielen. [...] Es ist hiefür keine übernatürliche Einwirkung nöthig, welche den Abänderungsprocess leitet. Wie aus einer Eizelle, vermöge ihrer eigenthümlichen chemischen und physikalischen Zusammensetzung, nur eine bestimmte Pflanzen- oder Thierspezies sich entfaltet, so ist in den durch Urzeugung entstandenen einzelligen Organismen bloss die Möglichkeit der Entwicklungsreihen, wie sie uns im Pflanzen- und Thierreiche entgegentreten, enthalten.“<100>

Das heißt, wie Nägeli weiter ausführt:

„Die Vervollkommnungstheorie setzt voraus, dass der Organismus in sich die Tendenz habe, in einen complizirter [...] gebauten sich umzubilden, und daraus folgt denn zugleich auch, dass aus den ursprünglichen Zellen nur bestimmte aufsteigende Entwicklungsreihen hervorgehen, und dass diese nicht rückwärts durchlaufen werden konnten.“<101>

Die These Nägelis wird auch von Eimer geteilt. Bereits in der Einleitung zu seiner Untersuchung über die Entstehung der Arten macht Eimer seine Ablehnung der Darwinschen These deutlich. So war es ihm

„längst hochwichtig, nachzuforschen, ob sich nicht eine bestimmte Gesetzmässigkeit im Abändern (Variiren) der Arten der Thiere erkennen lasse. Man hatte bis dahin angenommen, dass das Abändern ganz regellos, nach den verschiedensten Richtungen hin geschehe, dass es völlig dem Zufall unterworfen sei, wie auch die Entstehung der Arten auf Grund der

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Darwin‘schen Erklärung dem Zufall anheimgegeben worden ist. Mit Recht machte man der letzteren die Vertretung der Herrschaft des Zufalls zum Vorwurf.“<102>

Für Eimer hingegen ist die Entwicklung organischer Formen genauso richtungsgebunden, wie die Bildung der kristallinen Struktur mancher chemischer, anorganischer Substanzen, denn

„gerade weil die organische Formgestaltung auf physikalisch-chemischen Vorgängen beruht, ist sie ebenso wie die Form der unorganischen Krystalle eine bestimmte und wird auch bei der Neubildung nur einzelne bestimmte Richtungen einschlagen können.“<103>

Allerdings gibt es einen bedeutsamen Unterschied in den Theorien Nägelis und Eimers. Während bei Nägeli die Variation vom niederen zum höheren das Resultat der inneren Determinante der Individuen ist, wird diese Entwicklung bei Eimer von äußeren Umweltfaktoren verursacht. Die dadurch hervorgerufenen Veränderungen wiederum sind für Eimer der Gegenstand des organischen Wachstums<104>.
Nägeli und Eimer stehen bei Voegelin als Beispiele für das Spekulationsschema der Beziehung zwischen den Kategorien Innen und Außen. Ein anderes Spekulationsschema kennzeichnet die Beziehung zwischen den Kategorien „organisch“ und „anorganisch“. Als Beispiele für dieses führt Voegelin die Theorien von Hans Driesch und Richard Woltereck an. Der Gegensatz anorganisch - organisch wird bei Driesch mit dem Begriffspaar Mechanismus - Vitalismus ausgedrückt. Das, was Driesch mit seinem Gegenüber des als anorganisch verstandenen Mechanismus und des als organisch aufgefaßten Vitalismus zum Ausdruck bringen will, ist unter anderem von Max Scheler kritisiert worden, der, wie bereits angedeutet worden ist, einen Gegensatz von Geist und Leben konstruiert, den er ganz bewußt in einem gegenüber Driesch‘s Ansatz weitergehenden Sinne verstanden wissen will<105>.
Bei Driesch erschöpft sich der Bereich des Anorganischen, des Mechanistischen, in der materiellen Substanz:

„In der Sprache der älteren Physik nennt man Mechanismus im weitesten Sinne des Wortes jede Lehre, welche die von ihr erforschten Erscheinungen erklärt lediglich durch Wirkungen zwischen den Letztbestandteilen der Materie, den ‚Atomen’ im allgemeinsten Sinne, also durch beschleunigende ‚Kräfte’, anziehende oder abstoßende, welche in diesen Atomen ihren Ausgang haben.“<106>

Dabei sei diese Definiton in einem weiteren Sinne zu interpretieren, als ihn das Newtonsche Gesetz erlaube, vielmehr schließe diese Definiton auch die Elektrodynamik Maxwells ein sowie die Gegenstandsbereiche der modernen Quantenphysik. Der Begriff des Mechanismus sowie der Gegenbegriff des Vitalismus sind auf der Ebene philosophischer Betrachtung angesiedelt<107>. Was nun den Bereich des Organischen, des Vitalistischen, betrifft, entwickelt Driesch die These, daß dieser über das Materielle hinausgegehend ein immaterielles Element enthält, welches die gesamte Materie durchwirkt. Diese als „Seele“ der organischen Materie aufzufassende Element wird bei Driesch als „Entelechie“ bezeichnet. In diesem Sinne heißt es bei Driesch:


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„Der Vitalismus, d. h. die Lehre von der Autonomie, der Eigengesetzlichkeit des Organischen, ist zunächst eine negative Aussage: er stellt fest, und zwar durch Ausschluß aller mechanischen Möglichkeiten, logisch gesprochen durch einen Beweis per exclusionem, daß Lebensvorgänge nicht mechanistisch in dem von uns [...] definierten Sinne, verständlich sind. Nun ist aber der Sache nach das Nicht-mechanische hier etwas Positives, etwas in das Kausalgetriebe der Natur Eingreifendes. Wir dürfen ihm daher einen Namen geben, und zwar wählen wir das aristotelische Wort ‚Entelechie’<108>.

Für Driesch ist die Entelechie „(e)in ganzmachender Kausalfaktor“<109>. Während die materielle Struktur der Materie sich beliebig wandeln kann, bleibt die Entelechie stets konstant, „sie ist die identische Substanz in den morphologischen Wandlungen und den Stoffwechselprozessen des Lebewesens.“<110> An anderer Stelle findet sich bei Driesch folgende Feststellung zum Entelechiebegriff:

„Entelechie ist einerseits die Grundlage des Ursprunges eines organischen Körpers, der sich typisch aus typischen Elementen aufbaut, andererseits ist sie die Grundlage der Handlung, d. h. einer typischen Kombination typischer Bewegungen. Entelechie resultiert also stets in einer Mannigfaltigkeit typischer Art, deren einzelne Elemente entweder räumlich nebeneinander oder zeitlich nacheinander oder beides sind, immer in typischer Ordnung.“<111>

Entelechie ist „der in die Materialität des Systems bestimmend eingreifende, selbst dem Begriffe der Eindeutigkeit unterstehende, unraumhafte und daher auch unörtliche Naturfaktor“<112>. Der unörtliche Charakter dieses Naturfaktors bedeutet: „Entelechie ist ‚nirgends’, d. h. nicht irgendwo im Raum; sie hat aber bestimmte Manifestationsorte im Raum.“<113> Darüber hinaus unterscheidet Driesch verschiedene Entelechien, die alle zusammen eine hierarchische Ordnung bilden<114>.
Woltereck wiederum entwickelt eine Theorie, die sich analog zu der von Driesch verhält, jedoch tritt an die Stelle der Entelechie bei Driesch nun bei Woltereck der Begriff der „Reaktionsnorm“<115>. Mit dem Begriff der Reaktionsnorm zielt Woltereck ab auf „das Konstantbleibende, das die menschlichen, tierischen, pflanzlichen Individuen einer Generation mit ihren Vorfahren und Nachkommen verbindet“<116>. Genau dieses Konstantbleibende soll mit dem Begriff der Reaktionsnorm erfaßt werden. Nach Woltereck ist es unmöglich daß sich auf dem Wege der Mutation die vollständige Umwandlung einer Art in eine neue vollziehen könne. Mutationen stellen nur quantitative Veränderungen innerhalb eines Arttypus’ dar, ohne daß jedoch die quantitativen Veränderungen in qualitative umschlagen, sprich zur völligen Artneubildung führen würden. Für diesen konstant bleibenden Arttypus führt Woltereck den Begriff „Reaktionsnorm“ ein. Die Reaktionsnorm in der Theorie Wolterecks ist somit jenes Element der Konstantheit, welches in der Theorie Driesch‘s die Entelechie darstellt.

„(B)lutsverwandte Individuen sind in keinem materiellen Teilchen streng genommen identisch, aber das Lebendige in ihnen reagiert in identischer und gesetzmäßiger Weise auf bestimmte äußere und innere Einwirkungen. Die Konstantengesamtheit oder Norm all dieser

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Reaktionen bleibt für alle Individuen und Generationen gleich, sie ist also eigentlich das, was vererbt wird.“<117>

Im folgenden wird bei Woltereck „(d)ie ‚Reaktionsidentische Gruppe’ als Einheit“<118> betrachtet und zugleich zur Grundlage für die Definition des Artbegriffes gemacht. Eine weniger wichtige Systemeinheit ist bei Woltereck hingegen die „Rasse“, die er mit Mutanten gleichsetzt<119>.
Die vorstehend dargestellten Ansätze verschiedenener Vertreter der Vererbungswissenschaft referiert Voegelin in dem zweiten Kapitel seiner Untersuchungen zur Rassentheorie in Rasse und Staat, mit dem Ziel die Definition der „Rasse als biologische Einheit“<120> aufzuzeigen. Ordnet man die „Rasse“ in das taxonomische System der Hierarchie Klasse - Ordnung - Familie - Gattung - Art ein, so steht die Rasse in der Hierarchie unterhalb des von Linne definierten Artbegriffs. Zur näheren Erklärung dieser systematischen Einordnung des Rassenbegriffes verweist Voegelin auf die Forschungen von Hugo de Vries und auf die Morganschule<121>.
„Oenothera Lamarckiana“ wurde von de Vries als eine jener seltenen Pflanzenarten entdeckt, die fortwährend mutieren. Diese Eigenschaft der Pflanze prädestinierte dieselbige folglich für de Vries’ genetische Untersuchungen<122>. Entsprechendes gilt für die Untersuchungen des Amerikaners Thomas Hunt Morgan mit der Tau- oder Fruchtfliege „Drosophila“, die in mannigfaltigen Mutationen auftritt<123>. Gerade letztere gehören, wie Hans Nachtsheim in seinem Vorwort zur deutschen Ausgabe von Morgans Werk Die stoffliche Grundlage der Vererbung hervorhebt, „unstreitig zu dem Wertvollsten der neueren Vererbungsforschung, ja man darf behaupten, daß seit den klassischen Untersuchungen Mendels der Mendelismus keine so weitgehende Förderung erfahren hat wie durch diese amerikanischen Arbeiten.“<124>
Die sogenannte „reine Linie“ umfaßt alle die Individuen, die genetisch gleichartig sind. Das heißt, männliche und weibliche Geschlechtszellen, die untereinander gleichartig sind, vereinigen sich, um ein neues Individuum hervorzubringen, welches genetisch wiederum mit der Elterngeneration gleichartig ist. Relativiert wird die reine Linie durch die Tatsache, daß jedes Individuum von jedem anderem zumindest geringfügig variiert. Wenn nun außerdem eine Mutation auftritt, bricht die bisherige reine Linie ab und eine neue wird geschaffen. Bei de Vries heißt es:

„Die Entstehung der Artmerkmale ist eine Aufgabe physiologischer Forschung von der allerhöchsten Bedeutung. Was Artmerkmale sind, wissen wir kaum. Wir wissen allerdings, dass die elementaren Arten, auch die am nächsten verwandten, sich nicht in einem einzigen Merkmal von einander unterscheiden, sondern fast in allen ihren Organen und Eigenschaften. [...] Darwin nannte solche Charaktere: die Elemente der Art, und daher rührt für die durch je ein solches Element unterschiedenen Formen, der Name elementare Arten.“<125>


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Das heißt, unter „elementaren Arten“ sind nichts anderes als Artmerkmale aufzufassen. Und als Gruppen solcher Artmerkmale oder elementaren Arten werden wiederum die Arten bei Linne verstanden. Voegelin resümiert:

„In der experimentellen Deszendenzlehre handelt es sich um die Entstehung der elementaren Arten, oder vielmehr um die Entstehung der Artmerkmale; die Linneschen Arten entstehen nach dieser Theorie durch den Ausfall von elementaren Arten aus der kontinuierlichen Reihe, so daß der Schein diskontinuierlicher Formen erzeugt wird. Jede Mutation einer Eigenschaft konstituiert eine neue exakte Elementarart.“<126>

Ein anderer bedeutender Fachvertreter der Erblichkeitslehre, auf den Voegelin zurückgreift, ist W. Johannsen. Johannsen führt zwei Begriffe ein, welche für ihn jene beiden Kategorien darstellen, die die Hauptrolle in der Erblichkeitslehre spielen, die Begriffe „Erblichkeit“ und „Variabilität“:

„Mit Erblichkeit bezeichnet man bekanntlich im allgemeinen die gewöhnliche Erscheinung, daß man Ähnlichkeit findet zwischen genealogisch verwandten Organismen.“<127>

Dieser Ähnlichkeit zwischen verwandten Individuen, Vorfahren wie auch Nachkommen, stehe jedoch eine Ungleichheit gegenüber:

„Derartige völlige Übereinstimmung findet sich nun aber nie; die Ähnlichkeit zwischen verwandten Organismen kann größer oder kleiner sein, immer aber finden sich Unterschiede. Zwei Individuen sind niemals gleich. Diese sich immer zeigende Ungleichheit zwischen Organismen, selbst der allerengsten Verwandtschaft wird mit dem Worte Variabilität bezeichnet.“<128>

Desweiteren kommt dann Johannsen auf das Problem der Arten im Sinne Linnes zu sprechen, auf das, was hier als Elementararten bzw. Artmerkmale definiert wurde:

„Das Wort ‚Variabilität’ wird vielfach in umfassenderer Bedeutung als oben benutzt, nämlich auch um den größeren oder kleineren Reichtum an Unterarten, Varietäten usw. zu bezeichnen, welcher so viele der Linne’schen Arten (Spezies) auszeichnet. Daß diese Arten in Wirklichkeit nicht Einheiten sind, sondern mehrere deutlicher oder undeutlicher zu charakterisierenden ‚kleine Arten’ umfassen, ist bekannt. Und daß diese kleinen Arten die Einheiten der systematischen Naturgeschichte sein müssen, wird wohl heute allgemein anerkannt.“<129>

Eine ähnliche Feststellung über die Unzulänglichkeit des Linneschen Artbegriffes gibt Julius Schaxel in seiner Abhandlung über Theorienbildung in der Biologie:

„Die Arten als willkürlich oder durch Abkommen begrenzte Sammelnamen der Systematiker und die Arten des genetisch undurchforschten Naturvorkommens sind kein Forschungsgegenstand für die Artbildung. Dafür kommen nur die reinen Linien der autogamen (ungeschlechtlich sich fortpflanzenden) und die Sippen der allogamen (geschlechtlich sich fortpflanzenden) Organismen in Betracht.“<130>

Der Prozeß der Artneubildung durch Mutationen ist nur schwer vorstellbar. Mutationen treten nur selten auf und sind außerdem in der Intensität der durch sie verursachten Änderungen nur mehr gering. Insofern ist die Umbildung von komplexen Organen sowie die Entwicklung vom Niederen zum Höheren infolge von Mutationen nahezu unvorstellbar.
Alverdes etwa stellt fest, daß zufällig entstandene Variationen und deren Selektion die Arten zwar abändern, nicht aber komplexere Organe entstehen lassen können<131>. Jedoch beschränkt sich Alverdes hier nicht nur auf eine Feststellung der Unmöglichkeit, er gibt darüber hinaus auch eine Anleitung für die Forschung, um zu einem befriedigenden Gesamtbild zur Rassen- und Artbildung zu gelangen. Es müsse nach Alverdes das Ziel der Forschung sein, das Wesen der Mutation zu


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ermitteln, um diese auch auf künstlichem Wege möglich zu machen. Es geht darum herauszufinden, ob „bestimmt gerichtete Mutationsreihen“<132> vorkommen, so daß die Reaktionsnorm dahingehend geändert wird, „daß fortan das Reaktionsergebnis in einer erhaltungsmäßigeren Richtung liegt.“<133>
Zurückzukommen ist noch einmal auf das Problem der „kleinen Arten“ oder „Elementararten“. Nicht nur Johannsen hat seine Einschätzung, daß die kleinen Arten die Einheiten der systematischen Naturgeschichte sein müssen, später revidiert. Überhaupt befindet auch Voegelin selbst, daß die „kleinen Arten“ im Sinne reiner Linien nicht realistisch gedacht sind<134>. Das heißt, bei einer näheren Betrachtung und einem Versuch, die Rasse als biologische Einheit zu definieren, wird man zu keinem befriedigenden Ergebnis kommen. Insofern bleibt dann auch in Voegelins Betrachtung die Rasse als biologische Einheit im Ergebnis offen<135>.
An die Seite der Ausführungen zur biologischen Rassentheorie stellt Voegelin die Betrachtung der „Rasse als anthropologische Einheit.“<136> Die Vertreter dieser Betrachtungsweise schließen in ihre Sicht zwar auch erbliche Merkmale ein, beschränken sich jedoch nicht auf diese. Der anthropologische Rassebegriff zählt zu den ausschlaggebenden Merkmalen der anthropologischen Einheit „Rasse“ auch durch die Umwelt bedingte Merkmalkomplexe. Das heißt in einzelnen Merkmalen können die zu einer Rasse gehörenden Individuen variieren, wenn sie im übrigen in einem Merkmalkompklex übereinstimmen<137>. Der Rassebegriff bemißt sich also an häufig auffallenden Merkmalkombinationen, die typischerweise auftreten. Diesem Konzept fehlt es nach Voegelins Auffassung allerdings an theoretischer Durchdringung des Problems, man beschränke sich hier auf eine empirische Beobachtung.
Ein Beispiel für den anthropologischen Rassenbegriff liefert die Allgemeine Rassenkunde von Walter Scheidt:

„Die Vorgänge der Erblichkeit, Mischänderung, Erbänderung, Siebung, Erbhäufung und Auslese greifen bei der Fortpflanzung der Geschlechter so ineinander, daß das auf dem Erbweg übertragene Erbgut immer wieder neu zusammengefügt wird, außerdem auch Abänderungen durch idiokinetische Einflüsse erfährt, und daß unter diesen mannigfaltigen Erbmassen die einen öfter, die anderen weniger oft oder gar nicht auf die folgende Generation übertragen werden.“<138>

Das heißt, Vererbungsvorgänge in der vorstehend beschriebenen Form spielen insoweit eine Rolle, als sie die Voraussetzung für die Ausbildung verschiedener Rassen darstellen. Die Differenzierung verschiedener Rassen an sich erfolgt jedoch durch das Prinzip der Auslese. Dabei spielen Umweltfaktoren die lenkende Rolle. Wenn die Umweltfaktoren über längere Zeit konstant bleiben, setzt sich als Folge des Selektionsprinzips die Population durch, die der Umwelt am besten angepaßt ist, es entsteht eine Rasse. Da die Umweltfaktoren an verschiedenen Orten unterschiedlich sein können, differenzieren sich innerhalb einer Art dementsprechend verschiedene Rassen heraus<139>. Entsprechend heißt es in einer anderweitigen Abhandlung, in Scheidts „kleiner“ Rassenkunde:

Rassenunterschiede sind typische Erbunterschiede. [...] Zunächst ist damit gesagt, daß es sich bei Rasse um etwas Erbliches handelt. [...] Das eine sagt uns die Erblichkeitslehre, das andere die Lehre von der Mannigfaltigkeit und Auslese bei Lebewesen. Beides zusammen wird

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die Erklärung dafür abgeben können, wie Rassen entstehen. Wenn man diese Erklärung kennt, wird man sagen können: Rasse ist eine Gruppe von ausgelesenen Erbeigenschaften.“<140>

Scheidts Kritik am biologischen Rassenbegriff richtet sich an der Einsicht aus, daß als „Rassen“ in einem solchen Falle auch Familien zu fassen seien, da deren Mitglieder eine gemeinsame Abstammung hätten. Jedoch könne, so Scheidt, dieses nicht von der ursprünglichen Motivation der Bildung eines Rassenbegriffes beabsichtigt worden sein. Eine brauchbare Definition des Rassenbegriffes müsse in Systematik wie Genetik angewendet werden können<141>.
Hier setzt Voegelins Kritik an. Das Einfordern eines Rassenbegriffes, der sowohl Genetik als auch Anthropologie gerecht werde sei bar jeder Berechtigung und überhaupt nicht realisierbar, da die Biologie den Rassenbegriff auf die leibliche Sphäre beschränke, die Rassentheorie hingegen, wenn sie sich von dieser eingeengten Sichtweise distanziert, das Gesamtwesen Mensch zum Gegenstand hat<142>.
Als eine weitergehende anthropologische Definition des Rassenbegriffs erachtet Voegelin die

„Rasse als eine größere Gruppe von Menschen, welche durch den hereditären Gemeinbesitz eines bestimmten angeborenen körperlichen und geistigen Habitus untereinander verbunden und von anderen derartigen Gruppen getrennt sind.“<143>

Das Charakteristikum, das diesen Rassenbegriff vom biologischen abhebt, ist für Voegelin die Betonung der „größeren Gruppe“ und des „Habitus“. Dabei setzt das Erfordernis der größeren Gruppe oder der „auffallenden Typen“ das Vorkommen bestimmter Merkmalkombinationen in größeren Gruppen voraus. Über die Auswahl der Merkmale und damit die Bestimmung der Rassen entscheidet die Erfahrung. Die Rassendefinition ist somit auf praktisch-empirischem Wege zu gewinnen.
Desweiteren geht Voegelin auf die Gedanken Kurt Hildebrandts zum Rassenbegriff ein. Kritisiert wird hierbei von Hildebrandt in dessen Werk über Norm und Entartung des Menschen vor allem die Betrachtung der Kategorie „Rasse“ im Sinne einer reinen Linie:

„Der Begriff ‚Rasse’ ist heute so außerordentlich unbestimmt, daß man ihn nicht anwenden kann, ohne sich auf seine Erklärung einzulassen. Der extreme Begriff nach einer Seite hin ist durch die Erblichkeitstheorie gegeben: die ‚reine Linie’ (wenn man diesen Ausdruck nicht auf die Selbstbefruchtung beschränkt), die Rassenlinie, die Menschheitsgruppe, die ein sozusagen identisches Keimplasma besitzt.“<144>

Rassen im Sinne einer reinen Linie könne es nach Hildebrandt schon deshalb nicht geben, weil diese die Inzucht voraussetzen würden, letztere aber verboten ist. Den Erkenntnissen der Naturwissenschaften zufolge jedoch stammen die Menschenrassen von einer Rassenlinie ab. Im Laufe der Zeit sei es dann infolge von Mutationen zu einer zunehmenden Aufzweigung der Rassen gekommen, so daß verschiedene Rassen, Unterarten oder Volksstämme entstanden seien, die terminologische Fassung dieser Kategorien ist unterschiedlich.

„Ob man nun unter ‚Rasse’ die große Hauptrasse, die Unterart versteht, oder einen viel engeren Begriff, der sich der einzelnen Rassenlinie nähert, ist willkürlich. Wesentlich ist nur an dieser Betrachtungsweise, daß sie vom Bilde des Stammbaumes und der Verästelung ausgeht. Alle diese Begriffe (ob eng oder weit) nennen wir ‚Stammrasse’.“<145>


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Unter Ausschluß der Möglichkeit von Inzucht heißt das jedoch zwangsläufig, daß sich mit Vergrößerung der Zahl der Stammrassen, deren Reinheit verringert. Bezüglich der drei bis fünf großen Unterarten des Menschen bezweifelt Hildebrandt die absolute Reinheit dieser Stammrassen<146>.
Hildebrandt versucht diese Einsicht an verschiedenen Beispielen der Kreuzung unterschiedlicher reinerbiger Individuen miteinander nach den Mendelschen Gesetzen zu verdeutlichen. Im Ergebnis dieser Kreuzungen treten über mehrere Generationen immer wieder reinerbige und mischerbige Individuen auf. Und dies trifft für jedes einzelne Merkmal bei jeder Kreuzung immer wieder neu zu, so daß es, wie wir aufgrund der Mendelschen Gesetze wissen, auch zu einer Neukombination der Erbanlagen bei den hervorgebrachten Individuen kommen kann<147>. Hildebrandt führt nunmehr in Abgrenzung zur Stammrasse den Begriff der „Mischrasse“ ein, die sowohl reinerbig als auch gemischterbig auftreten könne<148>. An anderer Stelle heißt es hierzu:

„Aus Rassengemischen kann durch künstliche oder natürliche Zuchtwahl eine reine neue Rasse, eine Mischrasse gezüchtet werden. Eine Rasse also, die manche Merkmale von der einen, andere von der zweiten Rasse übernommen hat, während jedesmal die entsprechenden Merkmale der Paarungsrasse ausgemerzt sind.“<149>

Und schließlich folgert Hildebrandt dann daraus:

„Die Züchtung einer neuen, im praktischen Sinne reinen ‚Mischrasse’ ist keineswegs eine vage Möglichkeit, vielmehr allem Anschein nach eine höchst bedeutungsvolle historische Tatsache. Vermischen sich zwei Stämme, um einen Staat zu bilden, der späteren Einwanderern und ihren Bastarden das Bürgerrecht versagt, so nähert sich das ursprüngliche ‚Rassengemisch’ immer mehr der reinen ‚Mischrasse’, denn neue Erbeinheiten können nicht eindringen, die vorhandenen können aber teilweise ausgemerzt werden.“<150>

Nach Hildebrandt sind folglich reine Stammrassen, Rassengemisch und reine Mischrassen zu unterscheiden, wobei die deutsche Nation ein Gemisch von nordischen, alpinen und weiteren Stammrassen darstellt, welches in einer „deutschen Rasse“<151> als neuer reiner Mischrasse einmündet<152>.
Wenn Voegelin es für nötigt hält, auf die Gedanken Hildebrandts einzugehen, dann vor allem deshalb, weil bei ihnen im Gegensatz zu Scheidt eine Abgrenzung des Rassenbegriffes zu dem der reinen Linie vorgenommen wird, so daß die Prinzipien des Rassenbegriffes zu Tage treten können<153>. Darüber hinaus wird gerade bei Hildebrandt der enge Zusammenhang zwischen den Kategorien „Rasse“ und „Staat“ deutlich, die für Voegelins Werk mit titelgebend sind. In Hildebrandts Werk über Norm und Verfall des Staates heißt es dazu:

„Der Staat ist auf die Rasse fundiert. Jener erlischt, wenn diese ausstirbt. Wenn aber der Staat untergeht, so kann doch die Rasse aus sich einen neuen Staat bilden. Allerdings ist die Rasse, die ihren Staat einbüßt, in höchster Gefahr. Weiter kann der Staat, wenn seine Rasse allmählich ausstirbt, diese durch frisches Blut ersetzen. Wenn man die Rasse nicht absolut nimmt, sondern die Möglichkeit der Ergänzung in Betracht zieht, so kann in der Tat der Wert

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von Rasse oder Staat nur von Fall zu Fall entschieden werden. Rom tat vielleicht recht, seine Rasse dem Staat zu opfern. Der Staat war einzigartig, er konnte hohe Werte in die Ewigkeit retten; edles Blut gab es noch außerhalb. Aber eine Rasse, die sich etwa dem Staat von Nordamerika aufopferte, müßte ihren Wert sehr niedrig einschätzen. Es ist also immer eine hohe politische Entscheidung, wieweit die Rasse dem Staat geopfert werden darf.“<154>

Im Ergebnis seiner Untersuchungen zum anthropologischen Rassenbegriff gelangt Voegelin zu folgender Feststellung. Die anthropologische Definition des Rassenbegriffs knüpfe einerseits an die naturwissenschaftliche Betrachtung des Rassenproblems an, andererseits erkenne sie die Unzulänglichkeiten, die eine rein biologische Betrachtung mit sich bringt, denn der Mensch sei nicht nur ein biologisches, sondern auch gesellschaftliches Wesen, bei dessen Konstituierung von Gemeinschaft und Staat geistige Prinzipien mitwirken. Allerdings seien die methodischen Mittel, deren sich die Anthropologie bedient, um die Leiberscheinungen des Menschen zu systematisieren, durch ihr Verharren innerhalb des von Voegelin kritisierten „Systems der naturwissenschaftlichen Superstition“ immer noch fragwürdig, so daß auch die Betrachtung der Rasse als anthropologische Einheit ebenso wie deren Betrachtung als biologische Einheit in Voegelins Augen ontologisch unzulänglich bleiben muß<155>.
Mit seinen Ausführungen zum biologischen und anthropologischen Rassenbegriff will Voegelin die Schwachpunkte der zu seiner Zeit herrschenden Rassentheorie verdeutlichen. Biologie und Anthropologie verharren in dem vom wissenschaftlichen Positivismus gezogenen methodischen Grenzen der Betrachtung der Rassenproblematik. Diesem eingeengten Horizont stellt Voegelin die Betrachtung des Menschen als leiblich-seelisch-geistige Einheitsgestalt gegenüber. Gerade „Seele“ und „Geist“ bleiben in Biologie und naturwissenschaftlicher Anthropologie weitgehend unberücksichtigt. Insoweit der letztgenannten Problematik überhaupt Bedeutung von den vorherrschenden Ansätzen der Rassentheorie beigemessen wird, geht es Voegelin in Rasse und Staat in einem Kapitel speziell zu den „seelischen Eigenschaften der Rassen“<156> darum, abermals Schwachpunkte dieser Ansätze aufzuzeigen und diesen zugleich seinen eigenen Ansatz gegenüberzustellen.

2.2.3 Die Problematik von Seele und Geist in der Rassentheorie - die Ansätze von Lenz, Scheidt und Günther

Die These, daß Rassen seelische Eigenschaften haben, ist eine Auffassung Voegelins, welche dieser mit dem von ihm hochgeachteten Ludwig Ferdinand Clauß teilt. Daß diese These keineswegs selbstverständlich ist, gibt nicht zuletzt auch Clauß in etwas vorwitziger Weise kund:

„Seelische Eigenschaften - ist denn das nicht etwas Psychologisches? Man sollte glauben, ja. Seelische Eigenschaften gibt es natürlich, und jeder hat sie. Jeder einzelne Mensch hat sie: daran erkennt man ihn und unterscheidet ihn von seinen einzelnen Mitmenschen. Es mag auch kein Zweifel sein, daß sie mit dem Charakter des einzelnen, der sie hat, etwas zu tun haben, ja diesen mit ausmachen. Man mag sie Charaktereigenschaften nennen. Aber - Rassen? Haben damit die Rassen etwas zu tun? Sollen es ‚seelische Eigenschaften’ sein, die das Wesen je einer Rasse in seelischer Hinsicht ausmachen?“<157>

Sowohl Clauß als auch Voegelin bejahen jedoch diese Frage vor dem Hintergrund des Postulates der Betrachtung des Menschen als leiblich-seelisch-geistiger Einheitsgestalt. Nunmehr stellt Voegelin die Frage nach der Möglichkeit der Vererbung von Seele und Geist des Menschen. Zwei Erfahrungen fließen hierbei zusammen, erstens, die Erfahrung vom Geist, und zweitens, der Tatbestand der


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Vererbung von Merkmalen eines Lebewesens auf seine Nachkommen. Seele und Geist des Menschen sind existentiell nicht vom Leib zu trennen, sondern stehen mit diesem immer im Zusammenhang. Aufgrund dieses Zusammenhanges beziehe sich die Vererbung stets auf den Menschen als Ganzes und damit also auch auf Seele und Geist.

„Da der menschliche Geist menschlicher ist, d. h. nicht leibloser Geist, sondern mit dem Leib zur Einheit des Gesamtwesens sich fügender, wird es immer eine begründete Aussage sein, daß der Mensch als Ganzer in das Geschehen der Geschlechterfolge hineinverflochten sei, und daß er mit allen seinen Eigenschaften, auch seinen geistigen, im Zusammenhang der sog. Vererbung stehe.“<158>

Dies bedeutet allerdings nun nicht, daß das Schicksal des menschlichen Geistes durch die Vererbung vorherbestimmt ist. Eine solche These der Fatalität und Unentrinnbarkeit werde laut Voegelin jedoch von den Vertretern der Rassentheorie verfochten und von den Gegnern der Rassentheorie ebenso konsequent bekämpft. Die These der Fatalität und Unentrinnbarkeit, das heißt die Vorherbestimmtheit des Geistes durch den Leib, wird von Voegelin lediglich als ontologische, nicht jedoch als wissenschaftliche Aussage akzeptiert. Er schließt sich dieser These nur insoweit an als „das Erlebnis der Bestimmtheit durch das Blut ein reales Erlebnis aus einer klar zu bezeichnenden Richtung der menschlichen Gesamtexistenz sein kann.“<159>
Der Geist werde in der herrschenden Rassentheorie jedoch nicht ausschließlich als leibbedingt angesehen, er habe vielmehr zwei Seiten. Einerseits sei er zwar leibbedingt und somit auch Gegenstand der Vererbung. Dies gelte für das Grundgerüst des Geistes mit seinen grundlegenden Eigenschaften und Veranlagungen, die sich etwa in bestimmten Begabungen ausdrücken können. Andererseits gebe es aber auch die unmittelbare Geisterfahrung, die mit Leibbedingtheit und Vererbung rein gar nichts zu tun hat.
Diese Zweiseitigkeit ein und derselben Medaille wird von Voegelin angezweifelt. Dabei könne wiederum auf Wolterecks Theorie von der Reaktionsnorm verwiesen werden. Bei Woltereck zeigte sich die Bedingtheit aller Eigenschaften durch Erbmasse und Umwelteinwirkungen in Wechselwirkung. Damit sich vererbte Eigenschaften ausbilden, sind bestimmte Umwelteinflüsse vonnöten, umgekehrt können sich durch Umwelteinflüsse erworbene Eigenschaften nur unter der Voraussetzung ausbilden, daß die Möglichkeit der Ausbildung solcher Eigenschaften durch Erwerb bereits genetisch fixiert ist.
Analog dürfte auch die Frage nach der Natur des Geistes, ob schöpferisch frei oder leibbedingt, zu beantworten sein. Genetisch bedingt seien eine Reihe geistiger Eigenschaften, wie etwa Begabungen. Diese kommen jedoch nur dann zur Entfaltung, wenn sie auch pädagogisch - also durch umweltbedingte Steuerung - gefördert werden. Umgekehrt gesehen sei das zu Tage Fördern geistiger Eigenschaften durch Erziehung etc. nur dann möglich, wenn die Veranlagung dafür in genetischer Hinsicht geschaffen ist<160>.
Unter den Fachvertretern der Rassentheorie, die sich dem Problem von „Seele“ und „Geist“ widmen, ist es, wie schon gesagt, vor allem Clauß, dessen Vorstellungen Voegelins eigenen am nahesten kommen. Um Voegelins eigene Vorstellungen erhellen zu können, wird auch auf den Ansatz Clauß’ noch einzugehen sein. Im Vorhinein gibt es jedoch noch eine Reihe anderer Autoren zur Rassentheorie, deren Betrachtung der Leib-Seele-Geist-Problematik Voegelin aufgrund der hier angedeuteten Prämissen kritisch und ablehnend gegenübersteht. Hierfür stehen vor allem die Namen Lenz, Scheidt und Günther.

„Die geistigen Unterschiede der Menschen sind nicht nur ungleich größer als die körperlichen, sondern auch ungleich bedeutungsvoller. Die Kulturwelt, in der wir leben, ist durch den menschlichen Geist gestaltet. Die geistige Ausstattung der Menschen, ihre Eignung für die Bewahrung und Weiterführung der Kultur ist äußerst verschieden. Von der höchsten Verstandesbegabung bis zur Idiotie gibt es ungezählte Stufen und Übergänge, und Entsprechendes gilt auch von den Unterschieden des Temperaments und Charakters.“<161>


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Mit diesen Worten beginnt Fritz Lenz seine Abhandlung über „(d)ie Erblichkeit der geistigen Eigenschaften.“<162> Für die These von Lenz stellen die geistigen Unterschiede zwischen allen Menschen den Ausgangspunkt seiner Theorie dar. Es gebe individuell geistige Unterschiede in jeder Hinsicht, in Begabung und Charakter jedes Menschen. Worin liegt die Ursache für diese Unterschiede?
Bei Lenz wird die Ursache vorrangig als eine rein erblich bedingte Veranlagung geistiger Eigenschaften aufgefaßt, während Umwelteinflüssen lediglich eine fördernde oder hemmende Wirkung des zu Tage Tretens geistiger Anlagen zukommt. Darüber hinaus erkennt Lenz den geistigen Unterschieden gegenüber den körperlichen eine höhere Bedeutung zu. Hierin meint Voegelin nun ein Paradoxon in den Aussagen von Lenz zu erkennen:

„Die seelische Eigenart ist vollständig durch die erbliche Veranlagung bestimmt, also außer-geistig; Einflüsse der Umwelt und Erziehung können fördern und hemmen, aber das Grundgefüge ist bestimmt im Sinne des Naturgesetzes. Wenn aber der Geist nicht Geist, sondern Natur ist und ihren Gesetzen unterworfen, wie steht es dann mit der Dignität und seiner höheren Bedeutung vor dem Körper? Ist ‚Geist’ nicht nur eine Erscheinung der Natur wie Farben, Gerüche, Mineralien, Himmelskörper, Pflanzen und Tiere? Und ist ein Teil dieser Natur ausgezeichnet vor dem anderen? ‚bedeutender’ als der andere?“<163>

In konsequenter Fortführung dieses Gedankens wird bei Lenz die Originalität des Denkens im Bereich der Geisteswissenschaften angezweifelt, so daß nur die Naturwissenschaften Existenzberechtigung besäßen. Der Geist ist wesensmäßig an die erbliche Anlage geknüpft, einen originären, vom Körper losgelösten Geist gibt es bei Lenz nicht.

„Die Ideenlehre Platons, die Sendung Christi, die Bekehrung des Paulus, die Konfessionen eines Augustin, das memorial Pascals - alles ‚unvernünftiges’ Geschwätz - nichts für so gescheite Leute, wie wir es heute sind - höchstens für Geisteswissenschaftler, die ja überhaupt so eine Schwindlerbande sind“<164>.

Dies wäre, wie Voegelin sarkastisch befindet, die Konsequenz, wollte man der Theorie von Lenz folgen. Am Beispiel von Lenz stellt Voegelin somit dar, wie seinerzeit das Problem des Geistes in der Erblichkeitslehre angegangen wird, einer Erblichkeitslehre, die einmal mehr in das „System der naturwissenschaftlichen Superstition“ eingebettet ist<165>. Eine andere Einzelfrage, betreffend die Eigenschaften und Merkmale, handelt Voegelin am Beispiel des Werkes von Walter Scheidt ab. Eigenschaften und Merkmale werden bei Scheidt auf die Gene zurückgeführt<166>.
Als „Merkmale“ wird bei Scheidt die Gesamtheit des äußerlich Sichtbaren gefaßt, sprich der Phänotyp, der sich somit in einer „Mannigfaltigkeit menschlicher Merkmale“<167> manifestiert<168>. Was die „Eigenschaften“ hingegen betrifft, so stellt Scheidt heraus,

„daß man sich unter Gene, Erbanlagen oder Eigenschaften nicht etwa Merkmale (oder ‚Merkmale kleinsten Formates’) vorstellen darf, sondern daß Eigenschaften nur

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Reaktionsfähigkeiten sind, welche auf bestimmte äußere Reize mit der Ausbildung bestimmter Merkmale antworten.“<169>

In der Gesamtheit der Eigenschaften sind zwei Typen voneinander zu trennen, erstens, die individuellen und unwiederholbaren Eigenschaften jedes Lebewesens, welche letztlich durch Umwelteinflüsse ausgebildet werden, und zweitens, die überindividuellen wiederholbaren Eigenschaften, welche in den Genen fixiert sind. Durch die Gene wird die Erbinformation an die Nachkommen weitergegeben. Unwiederholbar ist jedoch wiederum die Kombination der Gene im Prozeß der Vererbung. Jedes Individuum weist eine eigene Kombination verschiedener Gene auf. Das heißt, wie Voegelin resümiert, daß die Mannigfaltigkeiten der menschlichen Erscheinung nurmehr aus der beliebigen Kombination der an sich unsterblichen Gene resultieren, ohne daß etwas prinzipiell Neues auftreten könne<170>.
In diesem Zusammenhang erfahren bei Scheidt die Begriffe „Eigenschaften“ und „Merkmale“ eine charakteristische Definition. Die „Eigenschaften“ repräsentieren die genotypische Beschaffenheit eines Lebewesens, unabhängig davon, ob sie nun auch im Phänotyp auftreten oder nicht. Der Phänotyp, der nun mit den „Merkmalen“ eines Lebewesens gleichzusetzen ist, entsteht aus der Wechselwirkung des Genotyps mit den Einflüssen aus der Umwelt.

„Das Erscheinungsbild (der Phänotypus) stimmt nicht in allen Fällen mit dem Erbbild (dem Idiotypus) überein. Als Erscheinungsbild bezeichnet man das äußerlich sichtbare, erkennbare Merkmal, als Erbbild aber die Erbanlagen, die anlagemäßige Beschaffenheit.“<171>

In diesen, von Scheidt in dessen „kleiner“ Rassenkunde wiedergegebenen Definitionen sind der „Idiotypus“ als Genotyp und die „Erbanlagen“ schließlich mit den Eigenschaften zu identifizieren. Die Rasse ist wiederum zu definieren als Gruppe gemeinsamer Eigenschaften innerhalb einer Art, nicht etwa als Gruppe gemeinsamer Merkmale, denn Individuen mit unterschiedlichem Erscheinungsbild können dennoch gleiche Erbanlagen haben<172>.
Aus den angeführten Definitionen von Eigenschaften und Merkmalen folgt ebenso, daß erstere erblich sind, letztere dagegen nicht. Die Untersuchung von durch erbliche Eigenschaften bedingten körperlichen Merkmalen dürfte sich relativ einfach gestalten<173>, Schwierigkeiten bereiten hingegen die entsprechend verursachten seelischen Merkmale. Die seelischen Merkmale selbst sind nicht meßbar, lediglich aus den charakterlichen Verhaltensweisen eines Individuums kann auf entsprechende seelische Merkmale geschlossen werden. Als unmittelbar zugängliche Verhaltensweise könne, so Scheidt, die Leistung angesehen werden<174>. Bezüglich der Leistung gibt es überhaupt Klassifizierungsversuche, die Voegelin überwiegend als unwissenschaftlich verwirft:

„Es gibt Menschen, die Musikwerke schaffen, also muß es die Fähigkeit der Musikalität geben; es gibt Staatsmänner, also muß es die staatsmännische Begabung geben; es gibt Dichtungen, also die dichterische Begabung; es gibt technisch-praktische Bewährungen, also die intelligente Anlage und die erfinderische Begabung usw. Ich habe den Eindruck, daß Erklärungen dieser Art dadurch bedingt sind, daß die Rassentheoretiker die geisteswissenschaftlichen Untersuchungen über bildende Kunst, Dichtung, religiöse Erfahrungen, Musik usw. in keinem Fall zur Grundlage ihrer Aussagen über Erscheinungen des Geistes machen, ja sie offenbar überhaupt nicht kennen“<175>.

Derartige Kategorien sind für eine Differenzierung seelischer Typen in der Rassentheorie nicht brauchbar. Jedoch ist die Rassenkunde nicht der einzige Bereich, der sich mit der Problematik seelischer Eigenschaften befaßt, auch die Graphologie hat hierzu einige Beiträge geleistet. Hierbei


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führt Voegelin im besonderen Ludwig Klages’ Graphologisches Lesebuch an. „Von Eigenschaften, die keine sind“<176>, handelt das 4. Kapitel der Einführung dieses Werkes. Denn

„(d)as erste aber, was wir wissen müssen, wenn wir uns charakterkundliche Fragen stellen, ist die Tatsache, daß es eine große Anzahl von Eigenschaften gibt, die - keine sind! Grade unter ihnen befinden sich nicht wenige, die fast jeder Auftraggeber zu erfahren wünscht. Wer möchte nicht etwas hören über: Zuverlässigkeit, Vertrauenswürdigkeit, Treue, Rechtschaffenheit, Dankbarkeit, Anhänglichkeit, Redlichkeit, Ehrlichkeit, Anpassungsgabe des Schrifturhebers! Aber keines dieser Wörter nennt eine Eigenschaft des Charakters!“<177>

In diese Richtung gehen dann die beiden umfangreichen Zitate, die Voegelin in seiner Untersuchung aus Klages’ Graphologischem Lesebuch anführt<178>.
Eine Rassentypologie der seelischen Eigenschaften findet sich auch bei Fritz Lenz und Hans F. K. Günther. Deren Rassentypologie wurde aus zwei Quellen gespeist, erstens, aufgrund von Erkenntnissen aus der Geistesgeschichte von Völkern, bei denen von Leibtypen die Rede ist, und zweitens, aufgrund von sozial-anthropologischen Untersuchungen über die Begabung von Menschen. Dabei werden verschiedene Leibtypen anhand von Intelligenz-Tests und Schulzeugnissen untersucht. Es werde, so Voegelin, von der ontologischen Voraussetzung ausgegangen, daß jedem Leibtypus ein Seelentypus zugeordnet werden müsse, und dieses wird anhand von Daten belegt<179>.
So seien durch die nordische Rasse die indogermanische Sprache und Kultur hervorgebracht worden, was anhand von Beispielen wie Indien, das alte Griechenland oder etwa die von Westgoten hervorgebrachte spanische Kultur belegt wird, ebenso auch am Beispiel der Seemächte Holland und Schweden in der frühen Neuzeit<180>. Hiermit verbunden sind dann auch die besonderen tugendhaften Eigenschaften der nordischen Rasse, wie auch einige Schwachpunkte, so etwa fehlendes Einfühlungsvermögen oder Trockenheit im Gemüt<181>. Diese vermeintlichen Schwächen der nordischen Rasse werden bei Lenz durch diese Darstellung freilich in Stärken umgewandelt. Die nordische Rasse steht für Lenz in der Werteskala ganz oben:

„Ich glaube nicht, daß es übertrieben ist, wenn man sagt, daß die nordische Rasse hinsichtlich der geistigen Begabung an der Spitze der Menschheit marschiert. [...] Der nordische Mensch ist von allen am wenigsten dem Augenblick hingegeben; er übertrifft alle andern Rassen an Willensenergie und sorgender Voraussicht. Infolge der vordenklichen Sinnesart werden die sinnlichen Antriebe weiter gesteckten Zielen untergeordnet. Die Selbstbeherrschung ist vielleicht der bezeichnendste Wesenszug der nordischen Rasse; und auf ihr beruht zum guten Teil ihre Kulturbegabung. Rassen, die ihrer ermangeln, sind nicht befähigt, sachliche Ziele auf lange Sicht zu verfolgen und durchzusetzen.“<182>

Eine ähnliche Feststellung über die seelische Eigenschaften der nordischen Rasse findet sich bei Günther:

„All die einzelnen seelischen Eigenschaften nordischer Menschen scheinen sich [..] gleichsam anzuordnen um Kerneigenschaften des nordischen Wesens: Urteilsfähigkeit, Wahrhaftigkeit und Tatkraft.“<183>


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Um diese Kerneigenschaften gruppieren sich eine Reihe weiterer Eigenschaften, so etwa im Zusammenhang mit der Urteilsfähigkeit

„der Gerechtigkeitssinn, der Hang zu Sondertum und Zersplitterung, die Neigung zu unbestechlicher Sachlichkeit und die Unzulänglichkeit gegenüber Redensarten und gegenüber dem Geist des Massentums, ferner die Neigung, den Erscheinungen mit Zweifel zu begegnen.“<184>

Desweiteren führt Günther als Eigenschaften an einen Wirklichkeitssinn, Mißtrauen gegenüber Fremden, Treue gegenüber Vertrauten, geringe Versöhnlichkeit und ähnliches. Auch diese Eigenschaften sieht Günther im Zusammenhang mit der Urteilsfähigkeit<185>. Aus den genannten Charakterzügen, die Günther der nordischen Rasse attestiert, folgt, ähnlich wie bei Lenz, eine Einstufung jener in der Werteskala der verschiedenen Rassen ganz oben<186>.
Die Wissenschaftlichkeit der Methodik, wie sie von Lenz, Scheidt und Günther praktiziert wird, stellt Voegelin in Frage, da „Halbbildungsbrocken zu einem scheinwissenschaftlichen Gebäude gefügt werden.“<187> Ähnlich sieht Voegelin das Problem der statistischen Untersuchungen aufgrund von Schulzeugnissen und Tests. Zwei Beispiele aus den Untersuchungen Lenz’ werden hierbei von Voegelin angeführt. Im ersteren Fall wurde ein eineiiges Zwillingspaar, zwei Mädchen, deren Mutter gestorben war, nach der Geburt getrennt und ist unter verschiedenen Milieus aufgewachsen. Bei Tests schnitten jedoch beide Mädchen ähnlich ab<188>. Wie Voegelin befindet, ist diese Untersuchung nur auf den ersten Blick objektiv. Was jedoch fehlt, ist ein Nachweis darüber, ob die verschiedenen Milieus tatsächlich verschieden genug waren, um unterschiedliche seelische Merkmale auszubilden:

„Die gleichen Magazines können in der einen wie in der anderen gelesen werden, die gleichen Radiovorträge gehört werden, die Sonntagspredigten nach Niveau und Inhalt sich völlig gleichen; das Gemeinschaftsleben durchaus gleiches Gefüge haben; die Haltung zu geistigen und politischen Fragen sich ununterscheidbar decken; die Umgangs-, Eß-, Kleidungsgewohnheiten können in gleicher Weise standardisiert sein, der Sprechhabitus der gleiche sein.“<189>

In einem anderen Fall wurden im Ersten Weltkrieg Begabungsprüfungen an amerikanischen Rekruten durchgeführt, bei dem die weißen Amerikaner besser abschnitten als die Schwarzen aus den Südstaaten der USA<190>. Daß die Ausgaben für das Schulwesen bei den Schwarzen wesentlich schlechter waren als bei den Weißen, blieb in dieser Studie jedoch unberücksichtigt. Somit ist es nicht verwunderlich, daß die so entworfene Rassentheorie wissenschaftlich unzulänglich sein muß. Voegelin vermißt bei Autoren wie Lenz, Scheidt und Günther die Klarheit über das Wesen des Gegenstandes, den sie untersuchen wollen. Da ihnen diese fehle, blieben die Materialien an Fakten, die sie zusammentragen, wissenschaftlich wertlos<191>.

2.2.4 Voegelins Ansatz zu einer Rassentheorie

2.2.4.1 Die Rasse als Urbild des Menschen

Wenn man sich mit den Abhandlungen Voegelins zur Rassenproblematik auseinandersetzt, gewinnt vor allem die Frage von Interesse, wie denn nun jenseits der von Voegelin angestellten


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Untersuchungen von Ansätzen anderer Autoren zur Rassenproblematik Voegelins eigenes Konzept hierzu aussieht. Dabei ist es nicht immer einfach, in Voegelins Schriften das Originäre auszumachen, da Voegelin seine eigenen Standpunkte stets in Reflexion mit anderen Denkern entwirft. Dies gilt auch, wenn man, wie es im folgenden versucht werden soll, Voegelins eigenen Ansatz zur wissenschaftlichen Rassentheorie ermitteln will. Auch dieser entsteht bei Voegelin durch Reflexion mit dem Denken anderer Autoren, hier vor allem Ludwig Ferdinand Clauß und Othmar Spann. Auf diese Autoren wird in diesem Zusammenhang einzugehen sein.
Ein näheres Verständnis zu Voegelins eigenen Vorstellungen vermittelt bereits das Einleitungskapitel seiner Rassenidee in der Geistesgeschichte, welches mit einer Abhandlung über „Urbilder und Urweisen des Sehens“<192> beginnt. Voegelin liefert hier eine Erklärung für das Entstehen der Rassenidee, die aber zugleich als Grundlage für Voegelins Ansatz zur Rassentheorie aufgefaßt werden kann. Das Entstehen der Rassenidee begründet Voegelin damit, daß es vom Menschen Urbilder gibt, die sich im Laufe der Geschichte wandeln:

„Es gibt nicht eine Urweise des Sehens und nicht ein Urbild des Menschen, das durch die Geschichte festgehalten würde als die ewige Norm eines vollkommenen Daseins; die Sichten und die Bilder wandeln sich durch die Zeiten und Völker, zwar nicht ohne daß ein Gesetz über jedem neuen Bild herrschte, doch frei, und das heißt, daß wir die letzten Gründe für das Erscheinen eines bestimmten Bildes nicht durchschauen.“<193>

Thomas W. Heilke sieht zu dem, was Voegelin als „Urweisen des Sehens“ bezeichnet, eine Parallele zu dem von Thomas S. Kuhn entwickelten Modell der Theoriendynamik, daß dieser vor allem vor dem Hintergrund der naturwissenschaftlichen Forschungspraxis entwickelt hat<194>. Kuhn entwickelte die These, „daß einige anerkannte Beispiele für konkrete wissenschaftliche Praxis [...] Vorbilder abgeben, aus denen bestimmte festgefügte Traditionen wissenschaftlicher Forschung erwachsen.“<195> Diese Musterbeipiele künftiger Forschungspraxis bezeichnet Kuhn als „Paradigmata“<196>, sie stellen somit einen Gattungsbegriff, einen Theorie-Ansatz, dar, innerhalb dessen Forschung betrieben und Theorien entwickelt werden. Die Entdeckungen, Postulate und Methoden der Naturwissenschaften sowie die dabei entwickelten paradigmatischen Sichtweisen lassen sich als Resultate von bestimmten „Urbildern und Urweisen des Sehens“ betrachten<197>.
An deren Seite gesellen sich bei Voegelin nunmehr „Denkbilder und -typen“<198>, die von den Urbildern zu unterscheiden seien. Denkbilder spielen auf der Ebene des Philosophierens und der Wissenschaft eine Rolle, sie beinhalten die systematisch-analytische Durchdringung eines Sachverhaltes. Urbilder jedoch transzendieren diese Betrachtungsweise, Urbilder entstehen jenseits der Wissenschaftlichkeit und stellen die Voraussetzung für die Entstehung wissenschaftlicher Denkbilder dar<199>.
Eine Verifikation von Denkbildern ist nicht möglich. Man kann nicht bestimmte Denkbilder als richtig oder falsch ansehen. Die Beglaubigung der Denkbilder ergibt sich aus der Einfügung in ihre jeweils zugrunde liegenden Urbilder. Auch bei den Urbildern ist keine Aussage über deren Richtigkeit oder Falschheit möglich<200>. Die Unterscheidung von Urbildern und Denkbildern repräsentiert das Bemühen Voegelins, ein Ordnungsschema zu entwickeln, das weder eine einfache Zeitlinie noch ein bloßes Nebeneinander geistiger Formen darstellt<201>. Auf diese Weise wird es möglich, wie Thomas Hollweck in seinen Gedanken zur Arbeitsmethode Eric Voegelins ausdrückt,


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„die Zeitsequenz in der Darstellung der Denkbilder einzuhalten, die die rational-begriffliche Seite des dargestellten Denkens fassen sollten. Die Erfahrungskomponente dieses Denkens, die eben das ist, was sich nicht ohne weiteres in eine Zeitlinie bringen läßt, faßte er in dem Begriff der Urbilder zusammen. Urbilder und Denkbilder gehören aber grundsätzlich zusammen, sie bedingen sich wechselseitig und dürfen nicht getrennt untersucht werden.“<202>

Bei einer Betrachtung der Rassenlehre seiner Gegenwart stellt Voegelin einen Zustand des Verfalls derselbigen fest. Dies hänge damit zusammen, daß die Rassenlehre seiner Zeit das Faktum der Urbilder und Urweisen des Sehens nicht mehr berücksichtige, an die Stelle des einfachen Betrachtens der Dinge tritt die „wissenschaftliche“ Theorie. Voegelin exemplifiziert diesen Umstand an der Theorie Darwins, durch welche die biologischen Grundkategorien von Organismus, Art und Entwicklung mit einem theoretischen Gerüst als interdependent erklärt werden. Diese „theoretische“ Betrachtung erachtet Voegelin als unzulänglich:

„Daß die Organismen sich in formkonstante Reihen gliedern und daß diese Reihen wieder untereinander morphologisch verwandt sind, sehen wir in unmittelbarer Anschauung; darüber hinaus vermittelt uns die Erforschung der Erdschichten eine präsente Anschauung der zeitlichen Folge der Formen - eine ‚Theorie’ brauchen wir zu alledem nicht.“<203>

An anderer Stelle heißt es:

„Von Schillers Idee der auserlesenen Zirkel, von Goethes Idee der kleinsten Schar ist nichts geblieben, Georges neue Lehre vom geistigen Reich ist unverstanden.“<204>

Letztere Feststellung verweist wiederum noch einmal auf die Voegelins Schriften der frühen 1920er Jahre kennzeichnende Auseinandersetzung mit der Literatur, insbesondere mit dem Werk Stefan Georges<205>. Voegelins Untersuchungen zu Rassentheorie und Rassenidee verfolgen somit neben der reinen Horizonterweiterung des Wissens zu diesem Thema auch das Ziel, jene verschütteten Traditionen der Wissenschaft wieder frei zu legen<206>.
Die wissenschaftliche Kategorie „Rasse“ ist für Voegelin ein solches Urbild des Menschen, welches man gewinnt, betrachtet man den Menschen, wie Voegelin es fordert, als Gesamtwesen in seiner leiblich-seelisch-geistigen Einheitsgestalt. Diese Art der Betrachtung transzendiert den wissenschaftlichen Horizont sowohl der von Biologie und naturwissenschaftlicher Anthropologie entwickelten Ansätze zum Rassenbegriff als auch der wissenschaftlichen Methodik von Autoren wie Lenz, Scheidt und Günther bei deren Abhandlungen zur Problematik von Seele und Geist in der Rassentheorie. Diesen auf einer positivistisch verengten Ontologie basierenden Ansätzen steht Voegelin konsequenterweise ablehnend gegenüber. Als richtungweisend, da den eigenen Postulaten nahekommend, erachtet Voegelin hingegen den rassentheoretischen Ansatz von Clauß. Bei Clauß findet sich Voegelins Auffassung der Rasse als Urbild des Menschen konkretisiert. Dieses gilt im folgenden aufzuzeigen.

2.2.4.2 Der rassentheoretische Ansatz von Clauß und Voegelins Rezeption

Auch der rassentheoretische Ansatz von Clauß sei zwar nicht völlig frei von Schwächen, jedoch gesteht Voegelin ein, „daß sich der Verfasser über den Gegenstand, über den er sprechen will, im Klaren ist.“<207> Dieser Gegenstand ist hierbei natürlich die Kategorie „Rasse“, und es drängt sich die Frage nach der Definition dieses Begriffes bei Clauß auf.


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Der Rassenbegriff bei Clauß knüpft an Artungen der Seele an, die er als „Gestalt-Ideen“<208> begreift. Voegelin faßt sie bei Clauß auf als

„Typen, d. h. Gestalt-Ideen, die sich in den einzelnen Menschen ausprägen, in ihnen als das durchgreifende Stilgesetz ihrer Seele sichtbar werden. Die ‚Ideen’ sind bei Clauß nicht ein verwaschenes Synonym für Gedanken, sondern er vermeint sie als Ideen im platonischen Sinne. [...] Menschen, die von der gleichen Seelen-Artung, der gleichen Gestalt-Idee durchgriffen werden, sind eine Rasse im empirischen Sinne.“<209>

Clauß knüpft hierbei an Termini an, die auch für Voegelins späteres Denken charakteristisch sind, die Begriffe „Erlebnis“ und „Erfahrung“:

„Mitleben, ein Miterfahren des Lebens mit denen, die wir verstehend erforschen wollen, dies ist die einzige Quelle, aus der die Ausdrucksforschung schöpft. Ausdruck verstehen, heißt: das Erlebnis mitleben, das der Ausdruck ausdrückt. Auch unsre Forschung, wennschon sie nach Typen, also nach Gestalt-Ideen sucht, geht also aus von der Erfahrung: dem ‚fruchtbaren Bathos der Erfahrung’ (Kant).“<210>

An die Seite des seelischen Erlebens gesellt sich auch eine ästhetische Dimension:

„Der Stil des Erlebens ist es, von dem die Schönheit einer Seele abhängt: eine Seele ist schön, soweit sie eben ‚Stil hat’. Ihre Schönheit oder Unschönheit erscheint durch Ausdruck auf dem Schauplatz der Seele, dem Leibe. Und auch der Ausdruck der Seele ist von ihrem Stile bestimmt. Ob eine seelische Schönheit sich ohne Störung entfalten kann in ihrem Ausdruck am Leibe, das hängt von der Gestalt des Leibes ab.“<211>

Somit manifestiert sich auch unter dem ästhetischen Blickwinkel von „Erlebnis“ und „Erfahrung“ das Clauß’sche und Voegelin’sche Postulat der Betrachtung des lebenden Individuums als leiblich-seelisch-geistiger Einheitsgestalt. Clauß hebt hervor, daß für die „Erfahrung“ empirisches Zählen und das Ziehen von Schlüssen hieraus nicht das Moment sei, worauf es ankommt. Abgestellt wird auf die Erfahrung als Einzelne, z. B. auf den einzelnen Menschen. Clauß versucht diesen Sachverhalt am Beispiel des von Rembrandt gemalten Bildes von dessen Frau Saskia zu erhellen. Bei einer Betrachtung dieses Bildes könne im Sinne eines Händlers nach dem Wert des Bildes gefragt werden oder auch im Sinne eines Künstlers nach den bei diesem Bild angewendeten Maltechniken. Andererseits kann der Blick sich aber auch auf die im Bild dargestellte Saskia richten. Das heißt, in den ersteren beiden Fällen ist das Bild an sich das Thema der Betrachtung, im letzteren dagegen der Mensch Saskia.
Analog zu diesem Gleichnis kann auch der einzelne Mensch in verschiedenen Einstellungen betrachtet werden. So wie Rembrandts Werk als „Bild“ oder als „Saskia“ betrachtet werden kann, so richtet sich der Blick beim einzelnen Menschen auf das „Individuum“ als solches:

„Aber auch hier ist es möglich, mit dem Blicke durch die hier und jetzt vor unsern Augen stehende Erscheinung durchzustoßen und etwas zu schauen, was in ihr sich darstellt. Dies sich Darstellende aber ist hier nicht wiederum ein Einzelwesen (wie die Frau Saskia in unserm Gleichnis vom Rembrandtbilde), sondern die Gestalt-Idee: gleichsam der Plan, nach welchem dieser Einzelmensch geschaffen ist und den er nun (vielleicht unvollkommen) verkörpert. Die Fähigkeit, Ideen zu schauen - Ideen im platonischen Sinne, nämlich Urbilder des Seienden - macht ja das beste Teil des menschlichen Erkenntnisvermögens aus.“<212>

Der Begriff des „Urbildes“, tritt, wie man sehen kann, nicht nur bei Voegelin, sondern auch bei Clauß explizit auf. Desweiteren wird bei beiden, Clauß und Voegelin, der Begriff der „Idee“ im platonischen Sinne besonders hervorgehoben. Bei Voegelin spielt dieser, wie bereits dargestellt wurde, in dessen als Bestandteil eines „Systems der Staatslehre“ verstandenen Ideenlehre eine Rolle. Kritisch wendet sich Clauß, und hierin ist eine weitere Parallele zu Voegelin zu sehen, vor allem gegen die Methodik


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der Naturwissenschaften, die sich, anstatt des Wesens der Gestalt-Idee zuzuwenden, der zählenden Empirie verschreibt<213>.
Das Wesen der Gestaltidee wird am Beispiel der mathematischen Idee des „Dreiecks“ erklärt. Die Idee des Dreiecks wird nicht etwa auf empirischem Wege gewonnen, in dem man eine Vielzahl von Dreiecken betrachtet, sondern die Idee des Dreiecks wird an einem einzigen Exemplar erschaut und wird somit zur Gestalt-Idee<214>.
Analog dazu wird die menschliche Gestalt-Idee an einem einzigen Exemplar Mensch erschaut. Die Idee wird zwar an einem Einzelmenschen gewonnen, konstituiert aber die Bedeutung einer Gestalt-Idee, „die sich in mehreren Menschen vereinzelt und deren persönlichen Habitus durchwaltet.“<215> Mit „Gestalt-Idee“ ist somit das Urbild gemeint, das die Idee „Mensch“ zum Ausdruck bringt:

„’Gestalt’ bedeutet der Erforschung des Menschen nicht etwas nur den Leib Betreffendes, wennschon auch der Leib an der Gestalt-Idee teilhat. Das Wort ‚Gestalt’ betrifft den Menschen als Ganzes, also auch das Erleben seiner Seele, die sich an ihrem Leibe ausdrückt. Der Leib wird also hier ‚von innen her’ gesehen und aufgefaßt als etwas, dessen Gestalt von der Gestalt der Seele bedingt ist.“<216>

Als unklar erachtet Voegelin in der Theorie von Clauß allerdings die Hierarchie der Ideen. Es werde nicht unterschieden zwischen Ideen, die das menschliche Individuum betreffen, und Ideen, die sich als kollektive Eigenschaft einer Mehrheit von Menschen ausklammern lassen. Was den Ansatz von Clauß jedoch positiv auszeichne, sei dessen Prämisse der Einheit von Leib, Seele und Geist, welche mit dem Postulat Voegelins identisch ist<217>.
In den Verfahren, die bei Clauß eine Rolle spielen, hebt Voegelin drei Gesetzmäßigkeiten hervor. Erstens, werde der Mensch ständig mit Erlebnissen konfrontiert. Demenstprechend unterschiedlich verhält sich das menschliche Ich gegenüber diesen Erlebnissen. Es kann aktiv in das Erlebnis vorstoßen, sich ihm lediglich passiv gegenüber öffnen oder aber es auch aktiv von sich weisen. Dieser Verhaltenskodex des menschlichen Ich’s sagt etwas über die Artung der Seele aus.
Nun ist jedoch, wie schon gesagt wurde, der Ansatz von Clauß dadurch charakterisiert, daß er stets die Einheit von Leib und Seele sieht. Der Leib ist das Ausdrucksfeld der Seele, und so wie die Seele einem Gestaltgesetz folgt, tut es der Leib ebenso. Dabei stellt sich die Frage, ob das Gestaltgesetz des Leibes mit dem der Seele übereinstimmt, ob also die Seele in dem Leib, in welchem sie wohnt, zugleich das zu ihr passende Ausdrucksfeld findet. Ist das der Fall, folgen also Seele und Leib demselben Gestaltgesetz, findet die Seele in dem zu ihr gehörigen Leib das zu ihr passende Ausdrucksmedium, dann ist von „reinem Blut“ zu sprechen, wobei sich der Begriff „Blut“ nicht auf die biologische Bedeutung bezieht, sondern die Verbindung der Seele mit dem Leib als ihrem Ausdrucksmedium bezeichnet<218>.
Die Möglichkeiten, die der Verhaltenskodex des menschlichen Ich’s gegenüber dem Erlebnis annehmen kann, wurden hier schon genannt. Das aktive Vorstoßen in das Erlebnis wird hier auch als „Ausgriff“<219> bezeichnet im Gegensatz zu dem passiven auf sich zu kommen Lassen der Erlebnisse. Bei Clauß sei nun die nordische Seele etwa in ihrem Ich-Verhalten durch den Ausgriff charakterisiert, eine Klassifikation Clauß’, die Voegelin als durchaus gelungen erachtet. Bei Clauß heißt es dazu:

„Ausgriff ist für den Menschen dieser Artung die bestimmende Gebärde seines Welterlebens. Wir sprechen statt dessen vielleicht zeitgemäßer vom Leistungsstil und Leistungsmenschen, weil für den Menschen dieses Stiles die Leistung der leitende Wert ist und jede Handlung ihm letzten Endes zu einer Leistung wird. Wir verwenden daneben die Bezeichnung ‚nordischer Mensch’, die sich [...] rechtfertigen wird. - Den zweiten

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Menschentypus nennen wir - nach dem ihn leitenden Werte - den Enthebungsmenschen; daneben gebrauchen wir [...] die Bezeichnung ‚turanischer Mensch’.“<220>

Den sogenannten Enthebungsmenschen kennzeichnet somit nicht das Wesen des Ausgriffs, sondern das passive auf sich zu kommen Lassen der Erlebnisse. Jedoch vermeidet Clauß hierbei auch die Gefahr der eindimensionalen Betrachtung. So sei der Leistungsmensch durchaus nicht immer nur mit dem Erbringen von Leistungen beschäftigt. Die Leistung steht für diesen Menschen lediglich in der Werteskala an oberster Stelle:

„Der nordische Mensch kann voll entspannt und lässig sein. Er kann auch faul sein. Aber wertvoll ist ihm das Faulsein nur dann, wenn es ein Kräftesammeln zu neuer Leistung ist, gleichsam die Pause füllt zwischen Leistung und Leistung. Der Wert auch des Faulseins also wird am Werte der Leistung gemessen.“<221>

So wie das Wesen des Ausgriffs anhand der nordischen Seele exemplifiziert wird, entwickelt Clauß auch den sogenannten „Berufungstypus“<222>. Wie bei der nordischen Seele das menschliche Ich-Verhalten durch den Ausgriff, das aktive Vorstoßen auf das Erlebnis, gekennzeichnet war, wird nunmehr vom „Hinhorchen“<223> als Gesetzmäßigkeit gesprochen. In seiner grundlegenden Abhandlung Von Seele und Antlitz der Rassen und Völker gibt Clauß hierzu Erläuterungen anhand seiner beigefügten umfangreichen Dokumentation in Form von Bildertafeln<224>. Das Hinhorchen bezieht sich auf Erlebnisse, genauer gesagt auf das im Erleben Auffallende, nicht auf das, was immer gleichbleibt. Dabei kann das Hinhorchen dazu führen, daß der Mensch nach einer bestimmten göttlichen Berufung lauscht<225>. Er fühlt sich dann von Gott beauftragt, was ihm durch Offenbarung vermittelt wird.
Voegelin weist darauf hin, daß nunmehr im Werk von Clauß eine Typologie von Rassen entwickelt wird, die sich methodisch auf das Postulat der Einheit von Leib und Seele stützt. Unterschieden werden als Stiltypen ein Leistungstypus („nordisch“), ein Darbietungstypus („mittelländisch“), ein Berufungstypus („wüstenländisch“), ein Erlösungstypus („vorderasiatisch“) und ein Enthebungstypus („turanisch“)<226>. Die Stiltypen, die Clauß entwickelt und die mit seinem Begriff der „Rasse“ identisch sind<227>, orientieren sich am Ausdruck der Seele in Gestalt des dazugehörigen Leibes als ihrem Ausdrucksmedium. Diese Methodik Clauß’ kommt nicht zuletzt auch Voegelins eigenen Postulaten nahe, wie an dessen Ausführungen über die ontologische Einheit von Leib, Seele und Geist des Menschen bereits deutlich geworden sein dürfte. Somit ist auch nicht verwunderlich, daß Voegelin abschließend zum Werk von Clauß befindet, daß trotz einiger Unzulänglichkeiten in diesem die Rassentheorie als Wissenschaft auf dem richtigen Wege sei<228>.

2.2.4.3 Leben als „Gezweiung höherer Ordnung“ - Voegelin und die Rassentheorie von Spann

Der rassentheoretische Ansatz von Clauß und Voegelins trotz einiger Kritik im wesentlichen rezipierende Stellungnahme hierzu sind für Voegelins eigene Auffassungen zur Rassentheorie aufschlußreich. Faßt man Voegelins methodische Grundsätze hierzu zusammen, gelangt man zu


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folgendem Ergebnis.
Erstens, geht es um den Untersuchungsgegenstand an sich, das Gesamtwesen Mensch. Dieser ist stets in seiner Gesamtheit zu betrachten, in seiner Einheit von Leib, Seele und Geist. Zweitens, stellen Leib, Seele und Geist Differentialbegriffe dar, um das Gesamtwesen Mensch zu beschreiben. Das Denken über die Grunderfahrungen des Menschen ist dialektischer Natur. Er kann einerseits als Gesamtwesen und somit als Einheit, andererseits ebenso mit Hilfe der genannten Differentialbegriffe in Leib, Seele und Geist zergliedert, gewissermaßen als beseelte und durchgeistigte Materie angesehen werden. Und drittens, gibt es ausgehend von den beiden erstgenannten Grundsätzen verschiedene Konstruktionstypen bezüglich der Komposition der Teilelemente des menschlichen Gesamtwesens, wie sie hier an den Modellen der Abschnürung und der Zwischengliedkonstruktion exemplifiziert wurden.
Voegelin unterstellt bei Clauß die Prämisse einer Betrachtung aller drei Kategorien der menschlichen Einheitsgestalt, nämlich Leib, Seele und Geist. Es fällt allerdings auf, daß bei Clauß das Schwergewicht seiner ontologischen Prämissen auf die leiblich-seelische Einheit gelegt wird. Die dritte Kategorie, der Geist, wird zwar schlüssig, aber nicht gerade in expliziter und exponierter Form in dessen Betrachtungen einbezogen. Wenn Voegelin sich weitergehend mit der Rassentheorie seines neben Kelsen ebenfalls einflußreichen akademischen Lehrers Spann auseinandersetzt, dann geschieht das vielleicht nicht nur wegen Voegelins eigenem akademisch-biographischen Hintergrund<229>, sondern auch deshalb, weil Spann in seinem Ansatz auf die Kategorie „Geist“ ausdrücklich eingeht<230>.
Bei Spann werden wie bei Clauß ebenfalls Grunderfahrungen angenommen, allerdings sind diese in ihrer Gesamtzahl nur zwei, nämlich der Geist und der Stoff:

„An dieser Stelle ist das eine entscheidend: daß die nachlassende Lauterkeit der Wirklichkeit des Geschaffenen und die nachlassende Einheit desselben notwendig einen Gegenspieler, eine Ergänzung, verlangt. Dieses Geschaffene ist Geist<231>.

Der „Geist“ verlangt jedoch nach einem dialektischen Widerpart:

„etwas, was er selber nicht mehr ausgliedert und ist. [...] Dieser Gegenspieler des Geistes, die äußere ‚Welt’, ist der sinnliche Gegenstand, die Stofflichkeit [...].“<232>

Desweiteren führt Spann einen Begriff ein, durch welchen er diese beiden Grunderfahrungen zu einander in Beziehung setzt:

„Das Verhältnis der beiden Seinsordnungen, Geist und Stoff, ist durch den Begriff der ‚Gezweiung höherer Ordnung’ bezeichnet.“<233>

Voegelins Palette an Grunderfahrungen ist größer als die Spanns, er spricht über

„die Erfahrungen von den Teilen des menschlichen Gesamtwesens - von der Materie, dem vegetativen und animalischen Sein und Geist; und die Erfahrung vom menschlichen Gesamtwesen, der menschlichen Gesamtgestalt als einer vom Geist durchwohnten.“<234>

Wenn Spann jetzt aber nur zwei Grunderfahrungen annimmt, heißt das, daß alle Zwischenbereiche des Seins, wie die Welt der Pflanzen und Tiere, Kombinationen von Geist und Stoff in einer ganz bestimmten Mischung dieser beiden Elemente, eine ganz bestimmte „Gezweiung höherer Ordnung“


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darstellen. Voegelin selbst hingegen unterscheidet in seinem Ansatz „die Seinsklassen als unmittelbar erfahrbare, die Denkaufgaben, die aus diesen Erfahrungen entspringen, und die Lösungen.“<235> Die unterschiedliche Charakteristik der Ansätze Voegelins und Spanns faßt Voegelin selbst dahingehend zusammen,

„daß wir uns vor allem um die Klarstellung der Erfahrungen unter möglichster Vermeidung aller Konstruktionen bemühen; während Spann von einer als kleiner angenommenen Erfahrungsbasis aus sich vor die Notwendigkeit umfangreicherer Konstruktionen gestellt sieht.“<236>

Während Voegelin sich jedoch mit der Materie in der Seinsordnung nicht weiter befaßte und sich stattdessen den höheren Stufen des Seins zuwendet, geht Spann vielmehr auf die Materie selbst ein und zergliedert diese in Teilbereiche. Spann differenziert die Materie in einen gestalthabenden Teil, der die Bewegungs- und Reaktionsgesetze der Materie mit umfaßt, von einem diesem zugrunde liegenden gestaltlosen, prämateriellen Teil der Materie. Diese Zweiteilung knüpft an die bereits von Aristoteles vorgenommene Unterscheidung von materia prima und secunda an, wobei mit ersterer die gestaltlose, mit letzterer die gestalthabende Materie gemeint war<237>.
Die Seinsordnung wird bei Spann durch seine Lehre von der „Urgezweiung“<238> erklärt, das heißt als eine Kombination der zwei originären, nicht von einander abgeleiteten Elemente Geist und Stoff. Dabei können Geist und Stoff sich jedoch nicht direkt berühren, sondern die Kombination entsteht aus der „Gezweiung“ zwischen dem vorräumlichen Element der Materie und dem vorzeitlichen Element des Geistes. Insoweit es sich hier um die Anerkennung der These handelt, daß Geist und Stoff eine Verbindung eingehen, stimmt Voegelin der Lehre Spanns zu. Bei Spann heißt es:

„Die Schöpfung der Welt kann, wie innerhalb der einzelnen Reiche, so auch zwischen den beiden Reichen, Geist und Stoff, nur als Ausgliederung, nur als Mit-Ausgliederung im weitesten Sinne gefaßt werden. Stoff und Geist sind in sich selbst bestimmt, aber zueinander hingeordnet. Sie sind die Ur-Teilordnungen dieser stofflich-geistigen Welt. Als Ur-Teilordnungen sind sie ihre Glieder und in diesem höheren Sinne gegenseitig, mitausgegliedert, gezweit. Wir nennen diese höhere Gegenseitigkeit und höhere Gliedhaftigkeit oder Gezweitheit, die zwischen Geist und Stoff als den Ur-Teilen oder Ur-Ordnungen dieser Welt besteht, Gezweiung höherer Ordnung.“<239>

Wenn Spann von einer „Gezweiung höherer Ordnung“ oder „Urgezweiung“ spricht, so ist diese wohlgemerkt von einer „Gezweiung einfacher Ordnung“ abzuheben:

„In der Gezweiung einfacher Ordnung ist es Haupteigenschaft, daß jedes Glied für das andere Seins-Grund wird (im ontologischen Sinne: einander das Sein geben); in der Gezweiung höherer Ordnung werden beide Ordnungen schon ohne einander gedacht und sind auch ohne einander wirklich: aber nicht in derselben Weise, in der sie durch Verbindung miteinander sich selbst gegenseitig in neuer Form, in neuer Bestimmtheit, in neuen Inhalten erzeugen. Insofern heißt diese Gezweiung ‚höherer Ordnung’ oder Urgezweiung.“<240>

Zwischen Geist und Stoff besteht eine Hinordnung aufeinander, ohne daß es zu einer direkten Berührung zwischen Stoff und Geist käme, diese kann nur auf der Ebene „höherer Ordnung“ erfolgen<241>. Kritisch ist Voegelins Haltung zu diesem Ansatz insofern, als er bezweifelt, daß diese Konstruktion einer Gezweiung irgendeinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn mit sich bringt<242>. Die „Gezweiung höherer Ordnung“ wird bei Spann nun in ein Verhältnis gesetzt zum Phänomen Leben.


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Spann versucht das Zustandekommen des Leibes zu erklären, jedoch befriedigt das Ergebnis dieses Vorhabens nach Voegelins Aufassung nicht. Spann entwickelt seine spezifische These vom Leben vor dem Hintergrund der „Gezweiung höherer Ordnung“:

„Leibliches Leben ist das Vermögen des Geistes, mit den immateriellen Ausgliederungsmitten der Materie in Gezweiung zu treten. Dieses Vermögen nennen wir das wachstümliche oder vegetative Vermögen der Seele. [...] Dieser Begriff der Gezweiung höherer Ordnung erklärt uns, was ‚Leben’ ist. Leben ist die Kommunikation des Geistes mit dem Immateriellen der stofflichen Welt.“<243>

Was nun die Rassen angeht, so werden diese bei Spann als ein Sonderfall stofflich-geistiger Gezweiung angesehen. Aus dieser Gezweiung entsteht ein System der Vitalität, es entsteht die Sinnlichkeit, verursacht durch das Leben des Geistes im Körper. Aus Geist und Stoff entsteht eine Form, die ausgerüstet ist mit Sinnesorganen und zugleich die Sinnlichkeit in sich trägt:

„Jene Form, in der die Sinnlichkeit über die bloß abstrakte Darstellung des Geistigen im Körperlichen hinaus eine jeweils bestimmte Stellung in der Gesellschaft einnimmt, ist die Rasse.“<244>

Die „Rasse“ ist nach Spann durch zweierlei Merkmale gekennzeichnet, durch Inbegriff und Fähigkeit des dem lebenden Individuum zugrundeliegenden organischen Erbstoffes, wodurch die Voraussetzung geschaffen werden soll, damit sich die Sinnlichkeit und die Eigenschaften des Geistes entfalten können. Auf diese Weise wird der Erbstoff zur Basis, auf welcher sich ein im übrigen aus Sinnlichkeit und Geist bestehendes Leben konstituiert<245>.
Die Gesellschaftlichkeit der Rasse zeichnet zweierlei aus, erstens, die relative Konstanz der Erbinformation, der Erbmasse im materiellen Sinne, und zweitens, die Fähigkeit der Erbmasse, Träger des Geistes und seiner Entfaltung zu sein. Dies bedeutet jedoch nicht, daß der Geist, wie von materialistisch denkenden Rassentheoretikern behauptet, abhängig ist von der Materie. Der Geist muß sich zwar der Gesetzlichkeit des Stoffes fügen, da er an diesen gebunden ist, im Verhältnis zwischen Geist und Stoff bleibt jedoch der Geist das beherrschende Element. Die Rasse wird folglich nicht allein durch die materiell-biologischen Gesetzmäßigkeiten von Genetik und Abstammungslehre bestimmt, sondern darüber hinaus durch den Geist. Voegelin zufolge liegt die Stärke der Rassenlehre von Spann darin,

„daß sie nicht wie andere Rassenlehren von dem biologischen Tatbestand der Rasse ausgeht, und von dorther nur schwer oder gar nicht den Zugang zum eigentümlich anthropologischen Problem findet, sondern mitten in der unmittelbaren Anschauung der geistigen Welt und ihres Gesetzes gesellschaftlicher Ausgliederung steht und nun von hier aus nur die Verträglichkeit mit dem animalischen Sachverhalt aufzuweisen hat.“<246>

Der Mensch stammt nicht von seinen unmittelbaren Vorfahren ab und erbt nicht lediglich deren Eigenschaften im genetischen Sinne, sondern der Mensch ist zugleich Mitglied der Gesellschaft, die von einer Gattungsidee bestimmt wird, die Gesellschaft ist Geist. Von diesem Geist werden die Individuen erfüllt, die dieser Gesellschaft angehören, sie weisen somit Merkmale auf, deren Weitergabe von Individuum zu Individuum biologisch nicht erklärbar sind. Diese Merkmale sind vielmehr Ausdruck der gesellschaftlichen Gattungsidee. Die Lehre Spanns, welche die These vom Vorrang des Geistes postuliert, vertritt infolgedessen auch einen charakteristischen Begriff von der Reinheit einer Rasse, die wiederum nicht biologisch zu interpretieren ist. Die Reinheit der Rasse wird am Erscheinungsbild gemessen, das einem reinen Stil zu folgen hat, die Reinheit der Rasse mißt sich also an einer Kategorie des Geistes<247>. Voegelin entdeckt hierbei folgerichtig Analogien in den Rassebegriffen von Othmar Spann und Ludwig Ferdinand Clauß:


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„Rasse ist auch für Clauß ein Stilgesetz geistiger Gebärde und geistigen Ausdrucks, das Geist, Seele und Leib durchherrscht. Reines Blut bedeutet für ihn das Zusammenstimmen aller Teile des Gesamtwesens unter einem Stilgesetz; Rassenreinheit bedeutet für Spann nichts anderes als eben diese durchgehende Einheit eines Stils.“<248>

Wenn sich nun Spann der Frage der Entstehung und der Veränderung von Rassen zuwendet, folgt für ihn die Konsequenz, daß dieser Prozeß sich nicht nach den Gesetzen der Biologie, sondern nach denen des Geistes vollzieht. Gesellschaftliche Ideen treten auf, jede von ihnen schafft sich das ihr adäquate Bild eines stilreinen Erscheinungsbildes, einer Rasse im Sinne der Rassenlehre Othmar Spanns<249>. Insgesamt gesehen hat auch diese Rassenlehre, wie sie von Voegelin an der Seite diverser anderer Rassentheorien untersucht wird, paradigmatischen Charakter<250>.
Bezüglich ihrer expliziten Aussage zur Kategorie des Geistes, der ausdrücklichen Einbeziehung des Geistes in die Rassentheorie, kommt sie jedoch Voegelins eigenen Anschauungen doch recht nahe, ganz im Gegensatz zu Autoren wie Lenz, Scheidt, Günther oder den Vertretern der biologischen und naturwissenschaftlich-anthropologischen Rassentheorie. Bei dem Versuch, Voegelins eigenen Ansatz zur Rassentheorie ausfindig zu machen, darf die Rassentheorie Spanns nicht außer Acht gelassen werden.

2.2.5 Von der Rassentheorie zur Rassenidee

Mit den Ausführungen zur Rassentheorie Spanns schließen Voegelins Untersuchungen zur Rassentheorie im engeren Sinne ab<251>. Arnold Gehlen zufolge liegt ihre Bedeutung „in der Kritik des Rassenmaterialismus, in den der dualistische Ansatz sozusagen von selbst auszulaufen pflegt“<252>. Als dualistischen Ansatz bezeichnet Gehlen dabei jene Denkmodelle, die dem von Voegelin postulierten ganzheitlichen Ansatz der Einheit von Leib, Seele und Geist entgegenstehen, wie z. B. die Abschnürungskonstruktion und ähnliche Modelle, gegen die sich Voegelin richtet<253>. Gehlen vermißt jedoch bei Voegelin die Einsicht, „daß ein solches atomistisches, an den Merkmalen im einzelnen hängendes Verfahren durch die Phänomene in der Tat aufgenötigt wird.“<254> Insoweit folgen Autoren, wie Lenz, Scheidt und Günther durchaus naheliegenden Motiven, während diejenigen Voegelins nur wenig transparent wirken.
Voegelins Aussagen gründen hierbei auf spekulativer Methodik, die für sich zwar in Anspruch nimmt, einer den transzendenten Bereich der Seinsordnung einschließenden Ontologie zu folgen, jedoch eben nur Spekulation bleibt. Die von Voegelin kritisierten Autoren hingegen lassen sich in ihrer Methodik von auf empirischem Wege gewonnenen Fakten leiten, müssen sich jedoch den Vorwurf der positivistisch eingeengten, Teilbereiche der Seinsordnung ausschließenden Methodik gefallen lassen. Das heißt, Voegelins Methodik ist zwar ontologisch gesehen umfassend, aber empirisch gesehen nie konkret, beim Positivismus hingegen ist es genau umgekehrt, er befriedigt zwar hinsichtlich empirischer Genauigkeit, aber nicht bezüglich seiner ontologischen Prämissen.
Hiermit ist zum einen ein Schwachpunkt angesprochen, der Voegelins Werk generell kennzeichnet und auch weiterhin bei den Betrachtungen zu dessen Werk immer wieder auftauchen wird. Zum anderen wird deutlich, daß die beiden aufgezeigten Alternativen wissenschaftlicher Betrachtungsweise in ihrer jeweiligen Unvollkommenheit zugleich untereinander unvereinbar sind und einen Königsweg wissenschaftlicher Methodik unmöglich erscheinen lassen.
In den vorangegangenen Darstellungen zu Voegelins Ansatz einer Rassentheorie war bereits von


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„Urweisen des Sehens“ und „Urbildern des Menschen“ die Rede, um Voegelins theoretischen Impetus zum wissenschaftlichen Begriff der „Rasse“ zu charakterisieren. Jene Urbilder sind jedoch nicht nur für die wissenschaftliche Rassentheorie, sondern ebenso für die Konstituierung der politischen Rassenidee von Bedeutung. Überhaupt muß deutlich gemacht werden, daß zwar einerseits zwischen „wissenschaftlicher“ Rassentheorie und „politischer“ Rassenidee zu unterscheiden ist, andererseits besteht zwischen beiden jedoch auch ein interdependenter Zusammenhang. Diesen gilt es aufzuzeigen, als in den bisherigen Ausführungen die systematischen Untersuchungen Voegelins zur „Rassentheorie“ im Vordergrund standen, im folgenden nunmehr jedoch die „Rassenidee“ im Mittelpunkt stehen soll. Das, was Voegelin als „Urweisen des Sehens“ und „Urbilder der Menschen“ bezeichnet, ist, wie gesagt, für beides, Rassentheorie und Rassenidee, konstitutiv.
Im besonderen mit dem Wandel der Urbilder hänge, so Voegelin, das Aufkommen der Rassenidee zusammen. Die Urbilder, welche die Entstehung der Rassenidee kennzeichnen, sind das christliche sowie ein nachchristliches. Das christliche Urbild manifestiere sich in der Person und dem Leib Christi, im nachchristlichen hingegen seien es mehrere Personen, die jedoch die Bedeutung von Person und Leib Christi erreichen. Durch das christliche Bild nehme der Mensch eine Mittlerstellung zwischen Gott und der Natur ein und partiziere an beiden, „durch seine Seele ist der Mensch verbunden mit dem göttlichen Pneuma, durch sein Fleisch, durch seine Sarx gehört er der Vergänglichkeit an“<255>. Neben den Urbildern stellt Voegelin jedoch, wie gesagt, auch die Existenz sogenannter „Denkbilder und -typen“ heraus, die mit den Urbildern im Zusammenhang stehen. Wenn Urbilder und Urweisen des Sehens sich wandeln, hat das Auswirkungen auf die diesbezüglichen Denkbilder. Als sich nun das christliche Urbild des Menschen zum nachchristlichen wandelt, geht hiermit auch ein entsprechender Wandel der Denkbilder einher<256>.
Eine weitere Stufe in der Entwicklung der Rassenidee zeichnet sich nach Voegelins Auffassung bei Kant ab. Das 17. und das 18. Jahrhundert brachten Fortschritte auf dem Gebiet der Biologie, wobei sich besonders die Zoologie und die Botanik hervortaten. An dieser Stelle setzt Voegelin mit seiner Abhandlung zur Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus an. Voegelin kommt dabei, erstens, auf Art- und Rassebegriffe im 18. Jahrhundert zu sprechen. Er fängt mit dem englischen Naturforscher John Ray (Joannes Rajus) an und stellt dessen Ansätze in ein Verhältnis zu Forschern und Denkern wie Linne, Kant und Goethe. Desweiteren nimmt er Stellung bezüglich der Klassifikationsversuche von Buffon, Herder, Blumenbach und Kant.
Zweitens, geht es um das Problem der „Verinnerlichung von Leib und Person“, wobei die Vorbildfunktion von Persönlichkeiten, wie etwa Goethe, eine richtungweisende Funktion einnimmt. Mit Bezug auf diese Erkenntnis Voegelins endet seine Rassenidee in der Geistesgeschichte mit einer Darstellung der „Rassentheorie von Carus“<257>, denn Carl Gustav Carus habe nicht zuletzt unter der Wirkung des Vorbildes Goethes eine tiefgreifende Rassentheorie entwickelt<258>.
Bezüglich des Letzteren fällt bei Voegelin eine Inkonsequenz im Sprachgebrauch auf. Während Voegelin in Rasse und Staat sauber zwischen „Rassentheorie“ und „Rassenidee“ unterscheidet, ist in seinen Abhandlungen zur Rassenidee in der Geistesgeschichte hiervon keine Rede. Dem Titel nach geht es um eine historische Darstellung über die Entwicklung der „Rassenidee“, andererseits stellt Voegelin, wenn er von Art- und Rassebegriffen im 18. Jahrhundert“ spricht, auf Probleme ab, die typischerweise die „Rassentheorie“ betreffen. Schließlich spricht er, wie gesagt, am Ende seiner Untersuchung über Carus’ „Rassentheorie“. Damit wird aber auch deutlich, daß die Probleme von „Rassentheorie“ und „Rassenidee“ nur bedingt voneinander gesondert werden können und aufgrund ihrer Interdependenz letztendlich einheitlich betrachtet werden müssen.


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2.3 Die „Verinnerlichung von Leib und Person“ - Voegelin und die Genese von Rassentheorie und Rassenidee in der frühen Neuzeit

2.3.1 Prämissen

Wenn Voegelin in seiner Rassenidee in der Geistesgeschichte von „einem radikalen Wandel in der metaphysischen Grundauffassung des Menschenwesens“<259> spricht, so ist hiermit ein Prozeß umschrieben, der die Entwicklung der Rassenproblematik vom 17. bis zum 19. Jahrhundert umschreibt und den Untersuchungsgegenstand der genannten Abhandlung darstellt. Dieser Prozeß ist Voegelin zufolge charakterisiert durch eine „Verinnerlichung von Leib und Person“. Dabei handelt es sich, wie auf den ersten Blick vielleicht nicht so deutlich wird, aber aus der Formel eigentlich ersichtlich ist, um zwei Prozesse, welche zum einen eben die „Verinnerlichung des Leibes“<260> und zum anderen die „Verinnerlichung der Person“<261> darstellen. Voegelin handelt diese beiden Prozesse dementsprechend getrennt nacheinander ab.
Im Vorfeld seiner Darstellung dessen widmet sich Voegelin als Ausgangspunkt hierzu den bis ins 18. Jahrhundert tradierten Auffassungen zum Art- und Rassebegriff<262>. Dabei stellt Voegelin fest, daß der das 18. Jahrhundert dominierende Konstruktionstypus bezüglich des Verhältnisses von Leib, Seele und Geist die Abschnürung war. Auf dieser Voraussetzung aufbauend seien die damaligen Konzepte zur Klassifikation der Rassen entstanden. Lediglich Herder wiche hiervon ab, indem er bereits zu dieser Zeit den Blick auf die Einheitsgestalt der Lebewesen freizulegen versuchte, jedoch würden diese Versuche noch von der vorherrschenden Abschnürungskonstruktion überlagert. Zu einer Weiterentwicklung von Rassentheorie und Rassenidee bis zu der Stufe, wie sie spätere Rassenspekulationen repräsentierten, mußten sich die metaphysischen Voraussetzungen, die solche Modelle wie die Abschnürungskonstruktion, die getrennte isolierte Betrachtung des Leibes auf der einen und der Seele und des Geistes auf der anderen Seite, entscheidend wandeln. Voegelin postuliert:

„(E)s bedarf einer gründlichen wechselseitigen Vergeistigung des Leibes und Verleiblichung des Geistes zu der Einheit des irdisch-menschlichen Daseins, um den Grund für sie zu schaffen. Die Spekulation des 18. Jahrhunderts ist trotz der Aufklärung und der Verweltlichung der religiösen Ideen noch durchweg erdflüchtig; gerichtet auf ein christlich verstandenes höheres transzendentes Sein des Menschen; das Wesenszentrum des Menschen liegt nicht in seiner diesseitigen Existenz, sondern in seiner jenseitigen.“<263>

Die Zielsetzung von Voegelins Rassenidee in der Geistesgeschichte besteht darin, den Weg aufzuzeigen, welche die Betrachtung der menschlichen Existenz seit dem 18. Jahrhundert genommen hat. Die anfänglich noch dominierende Verortung des menschlichen Wesens im transzendenten Bereich der Seinsordnung weicht zurück gegenüber einer stärker ins Blickfeld geratenden Verortung des menschlichen Wesens im immanenten Seinsbereich. Im Gefolge dieses Prozesses der „Verinnerlichung von Leib und Person“ entsteht die Idee der in der Immanenz angesiedelten Einheit des Menschen<264>.


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2.3.2 Art- und Rassebegriffe des 18. Jahrhunderts

2.3.2.1 Die Systematisierung der Arten

Im Vorfeld des bereits angedeuteten, von Voegelin beschriebenen Prozesses, den die für die Entwicklung von Rassentheorie und Rassenidee relevanten Betrachtungen der menschlichen Existenz im Verlaufe der frühen Neuzeit genommen haben, sind zunächst einmal die bis ins 18. Jahrhundert tradierten Auffassungen zum Art- und Rassebegriff darzulegen. Zur Kategorie „Art“ stellt Voegelin als erstes die Theorie des Carl von Linne in den Vordergrund, da diese als Ausgangspunkt des Problemaufrisses geeignet sei „wegen ihrer überzeugungsfesten Schlichtheit.“<265>
Linnes Theorie entwickelt die These von der Konstanz der Arten: Organismen entwickeln sich aus einem Ei, und die aus dem Ei hervorgehenden Individuen ähneln ihren Eltern. Die Zahl der Individuen nimmt dabei von Generation zu Generation zu. Es entstehen also stets artgleiche Individuen, zur Artneubildung kann es dabei nicht kommen, der Ursprung in der Kette der Zeugungen ist schließlich auf Gott zurückzuführen. Dem steht jedoch entgegen, daß in der modernen Forschung von einer Entwicklung der Arten gesprochen wird und hiermit zwangsläufig die Variation der Arten verbunden ist. Beide Ansätze, sowohl jener der Artkonstanz als auch der der Artvariation, berühren das für Voegelin relevante Problem unzureichend, da dieses von einem metaphysischen, spekulativen Standpunkt aus anzugehen sei, was hier aber nicht geschehe<266>.
Um das Problem adäquat anzugehen, wendet sich Voegelin dem Werk des heute wenig beachteten englischen Zoologen und Botanikers John Ray zu. Dessen Werk ist in Zusammenhang zu sehen mit demjenigen des englischen Zoologen Franciscus Willughby. Letzterer nahm eine Typisierung von Arten vor, die Ray theoretisch zu systematisieren versuchte. Nach Ray sind Arten durch Merkmalkomplexe zu kennzeichnen, wenn die nach dem herkömmlichen Schulsystem übliche Charakterisierung von Arten durch jeweils ein spezifisches Merkmal sich als unzureichend erweist<267>. Voegelin bezeichnet Rays Vorgehensweise als „natürliche Methode“<268> und verweist zugleich auf die Unterscheidung des Schulsystems vom Natursystem, wie sie bereits von Immanuel Kant vorgenommen wird. Mit der Kennzeichnung der „Art“ durch Merkmalkomplexe anstatt durch ein spezifisches Merkmal hat Ray

„einen realontologischen Begriff der Art, einen Begriff der Spezies, wie sie als Wirklichkeit in der Natur zu finden ist und an der gemessen das Schulsystem der spezifischen Merkmale unter Umständen versagen kann“<269>,

geschaffen. Als weiteres Beispiel für die von Ray angewandte natürliche Methode führt Voegelin die Formulierung im Untertitel der von Ray herausgegebenen Historia Piscium Willughby‘s an:

„In quibus non tantum De Piscibus in genere agitur, Sed & species omnes, tum ab aliis traditae, tum novae & nondum editae bene multae, naturae ductum fervante Methodo dispositae, accurate describuntur.“<270>


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Das Werk sei eine Abhandlung über die Fische sowohl im Allgemeinen als auch hinsichtlich aller Fischarten, wobei hier eine Methode zur Anwendung kommt, die sich an der Natur ausrichtet. Mit dieser realontologischen Methodik rechtfertigt Ray auch seine Einteilung der Pflanzen in Bäume und Kräuter. Dem möglichen Einwand hiergegen, daß die Einteilung anhand spezifischer Merkmale der Blüten und Früchte vorgenommen werden müsse, begegnet Ray mit der Argumentation, daß sein Kriterium für die Einteilung der Pflanzen in Bäume und Kräuter sich aus dem „Gesamthabitus“ der Lebensformen ableite<271>.
Rays Kriterium für die Arteinteilung ist der „Gesamthabitus“, er macht die Essenz einer Lebenseinheit aus. Die „differentia specifica“<272>, die spezifische Artbestimmung nach dem herkömmlichen Schulsystem, wird ersetzt durch eine „differentia essentialis“<273>, welche das Wesensmerkmal einer Lebensform in ihrem Gesamthabitus zum Kriterium der Artbestimmung werden läßt<274>.
Wie bereits angedeutet, findet sich die Unterscheidung von Schulsystem und Natursystem bereits bei Kant. Kriterium für die Einteilung von Arten nach dem Schulsystem ist bei Kant die Ähnlichkeit, für die Einteilung der Arten nach dem Natursystem erachtet Kant die Verwandtschaft als entscheidend:

„Im Tierreiche gründet sich die Natureinteilung in Gattungen und Arten auf das gemeinschaftliche Gesetz der Fortpflanzung, und die Einheit der Gattungen ist nichts anders als die Einheit der zeugenden Kraft, welche für eine gewisse Mannigfaltigkeit von Tieren durchgängig geltend ist. Daher muß die Buffonsche Regel, daß Tiere, die miteinander fruchtbare Jungen erzeugen, (von welcher Verschiedenheit der Gestalt sie auch sein mögen), doch zu einer und derselben physischen Gattung gehören, eigentlich nur als die Definition einer Naturgattung der Tiere überhaupt zum Unterschiede von allen Schulgattungen derselben angesehen werden. Die Schuleinteilung gehet auf Klassen, welche nach Ähnlichkeiten, die Natureinteilung aber auf Stämme, welche die Tiere nach Verwandtschaften in Ansehung der Erzeugung einteilt. Jene verschafft ein Schulsystem für das Gedächtnis; diese ein Natursystem für den Verstand; die erstere hat nur zur Absicht, die Geschöpfe unter Titel, die zweite, sie unter Gesetze zu bringen.“<275>

Im Natursystem wird die Unterscheidung von Gattung und Art aufgehoben, der Begriff des Stammes wird zur klassifizierenden Kategorie. Innerhalb des Stammes kann es dann verschiedene Rassen geben sowie nicht erblich bedingte Varietäten. Die Stämme sind bei Kant so konstant wie bei Linne die Arten, jedoch kommt es innerhalb der Stämme zur Entwicklung verschiedener Rassen, wobei die mögliche Rassenvielfalt bereits in den Keimen vorgegeben ist, die konkreten Umweltbedingungen jedoch dann nur bestimmten Rassen die Entwicklungsmöglichkeit bieten<276>. Voegelin sieht hierbei eine Übereinstimmung des kantischen Natursystems mit dem Ansatz Wolterecks, auf den hier bereits eingegangen worden ist. Bei Woltereck werden die Entwicklungsmöglichkeiten verschiedener Rassen innerhalb einer Art durch die „Reaktionsnorm“ bestimmt.
Bei Kant ist nun aber nicht nur die Entwicklungsmöglichkeit verschiedener Rassen in den Keimen der Individuen eines Stammes im Vorhinein festgelegt. Dies gilt ebenso für die Ausprägung verschiedener Varietäten eines Stammes, die man aufgrund ihres nicht erblichen Charakters als „Modifikationen“ bezeichnet. Auch die Möglichkeit von Varietäten ist vorbestimmt. Kant geht hierbei über die Phänomene der Rasse und Varietät hinaus bis zum Individuum. Diese Einsicht fehle laut Voegelin in der modernen Rassentheorie gänzlich. Kant schreibt:


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„Die Varietät unter Menschen von ebenderselben Rasse ist, aller Wahrscheinlichkeit nach, ebenso zweckmäßig in dem ursprünglichen Stamme belegen gewesen, um die größte Mannigfaltigkeit zum Behuf unendlich verschiedener Zwecke, als der Rassenunterschied, um die Tauglichkeit zu weniger, aber wesentlichern Zwecken zu gründen und in der Folge zu entwickeln; wobei doch der Unterschied obwaltet, daß die letztern Anlagen, nachdem sie sich einmal entwickelt haben, (welches schon in der ältesten Zeit geschehen sein muß), keine neue Formen dieser Art weiter entstehen, noch auch die alte erlöschen lassen; dagegen die erstere, wenigstens unserer Kenntnis nach, eine an neuen Charakteren (äußeren sowohl als innern) unerschöpfliche Natur anzuzeigen scheinen.“<277>

Bezüglich der Vorbestimmtheit der Varietäten bei Kant sieht Voegelin eine weitere Übereinstimmung mit Woltereck, bei dem Varietäten ebenso durch die „Reaktionsnorm“ bestimmt werden. Desweiteren führe bei Kant die wiederum nicht erbliche Einzigartigkeit jedes Menschen dazu, daß das menschliche Wesen nur durch die Gesamtheit der Menschheit mit allen ihren Individuen sowohl in leiblicher als auch in geistiger Hinsicht ausgedrückt werden könne. Hiermit entwickele Kant, wie Voegelin es ausdrückt, fast schon eine „Idee der leiblich-geistigen singularen Einheitsgestalt“<278>.
Ausgangspunkt der Ausführungen Voegelins über Kants Unterscheidung des Natursystems vom Schulsystem ist, wie gesagt, der Ansatz von Ray, der analog zu Kant bei der Sytematisierung von Lebewesen in einem Natursystem deren Essenz gegenüber deren Spezies im klassifikatorischen Sinn als wesentlicher erachtet. Es bestehen jedoch Probleme bei der Analyse der Beziehungen, die zwischen der Essenz eines Lebewesens und dessen einzelnen Merkmalen bestehen<279>.
Ray sieht als eine Eigenschaft der von ihm behaupteten Essenz deren Erschaubarkeit an. Erschaut wird hierbei der Gesamthabitus des Lebewesens als „Ausdruck einer hintergründlichen wirkenden Einheit, die selbst unsichtbar bleibt“<280>. Voegelin sieht hierbei eine Parallele zu den Problemstellungen der modernen Biologie. Auch dort sei von der Genstruktur und Merkmalen die Rede, von einem Kausalfaktor also, der selbst nicht sichtbar, aber für die Merkmalsausbildung ursächlich ist. Eine weitere Parallele erblickt Voegelin zu dem von Woltereck geprägten Begriff der „Reaktionsnorm“ als einer Größe nämlich, die zwar nicht im Sinne der positivistischen Wissenschaft meßbar ist, nichtsdestoweniger aber als existent erschaut werden kann. Es besteht im Begriff der Reaktionsnorm eine Zweideutigkeit, die Voegelin ebenso in Rays Begriff der Essenz erblickt.
Die Konsequenz der von Ray angestellten Betrachtungen zur Essenz besteht darin, daß dieser zu einem Typenbegriff gelangt. Die Funktion dieses Typenbegriffes besteht darin, den Gesamthabitus eines Lebewesens zu erfassen, insbesondere dann, wenn die Individuen, die einunddemselben Typenbegriff angehören sollen, in vielen Einzelmerkmalen untereinander differieren. Es muß nunmehr zwischen wesentlichen und unwesentlichen Merkmalen unterschieden werden, wobei eben nur die für das Wesen, die Essenz, bestimmenden Merkmale für die Fassung von Individuen unter einen Typenbegriff bedeutsam sind. Wesentlich ist ein Merkmal wiederum dann, wenn es vom Standpunkt der Erschaubarkeit als wesensbestimmend für den Typenbegriff angesehen wird<281>.
Die Betrachtungen zu einem auf die Essenz gegründeten Typenbegriff finden sich jedoch nicht nur im Denken von Ray. Als weitere Quelle führt Voegelin die von Johann Wolfgang von Goethes angestellten Betrachtungen zur Osteologie an, welche er zur Charakterisierung der Biologie des 18. Jahrhunderts heranzieht. Zu nennen sind hierbei die Überlegungen Goethes in seinem Vortrag Über einen aufzustellenden Typus zu Erleichterung der vergleichenden Anatomie<282>, aus welchem Voegelin


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zur Illustration ein längeres Zitat anführt<283>. Im Ergebnis der vorstehenden Untersuchungen ist jedoch festzuhalten, daß von Voegelins Seite aus Kant und Goethe als die beiden Pole angesehen werden, bis zu denen sich die Theorie Rays von der natürlichen Einheit des Lebewesens und dessen Essenz erstreckt<284>.
Desweiteren kann Voegelin bei Ray noch eine Reihe von Korrekturen am Ansatz Linnes ausmachen. Hierzu verweist Voegelin auf Ray‘s Three Physico-Theological Discourses. Während bei Linne jede Spezies auf ein von Gott geschaffenes Urelter zurückzuführen sei, erachtet Ray hierzu mehrere Varianten als möglich. Es sei offen, ob das von Gott geschaffene Urelter nur Samen oder vollständig ausgebildete Spezies sei, desweiteren, ob am Anfang nur ein oder mehrere Elternpaare vorhanden gewesen seien. Auch hat Ray Zweifel an der Linneschen These, daß am Anfang gleich alle Spezies’ geschaffen worden seien und schließt deshalb die Möglichkeit nicht aus, daß auch noch im späteren Verlaufe neue Spezies’ aus der Entwicklung hervorgegangen sein könnten. Hierbei gelangt Voegelin zu dem Schluß, daß die Ausführungen Ray‘s eine „Auflockerung des Artproblems“<285> darstellen<286>.
Nach der Darstellung der Naturidee bezüglich des Artproblems und dessen Gegenüberstellung mit dem spezifisch-logisch ausgerichteten Schulsystem stellt sich die Frage nach der Einordnung des Menschen in das Natursystem. Hierzu nennt Voegelin zwei Ansätze, einen von Buffon und einen von Linne. Louis Leclerc de Buffon steht in der Tradition Descartes’, wonach der Mensch über einen inneren Sinn verfüge, der es ermögliche zwei Substanzen zu erkennen, die Seele und die Materie. Die Seele „ist ausdehnungslos und unsterblich“<287> sowie „einfach und unteilbar und hat die einzige Modifikation des Denkens.“<288> Die Materie „ist ausgedehnt und vergeht“<289>, sie „ist mannigfach, teilbar und kann die verschiedensten Formen annehmen.“<290> Zudem gilt die Existenz der Seele als sicher, während die der Materie zweifelfaft sei<291>. Wie wir gesehen haben, stellt Voegelin in Rasse und Staat verschiedene Konstruktionstypen vor, die das Verhältnis von Leib, Seele und Geist betreffen. Die Theorie Buffons ordnet er nun der Abschnürungskonstruktion zu. Zugleich weist er auf deren Defizite hin:

„Buffon hat trotz der Isolierung des materiellen Teiles des Menschen aus seiner dualistischen Philosophie nicht die Konsequenz gezogen, seine Rassentypologie auf die leiblichen Merkmale der Menschen einzuschränken; vielmehr hat er [...] leibliche und seelische Merkmale nebeneinander angeführt und in die Beschreibung auch Bemerkungen über Sitten und Gebräuche, religiöse Vorstellungen, Stand der Zivilisation, Staatsform etc. mit aufgenommen.“<292>


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Ein ähnliches Durcheinander in der Systematik stellt Voegelin bei Linne fest. Linnes Fauna Suecica stellt eine systematische Abhandlung über die Tierwelt dar, in welcher er die verschiedenen Tierklassen, phylogenetisch rückwärts abhandelt, beginnend mit dem Menschen als höchst entwickeltem biologischen Lebewesen und Mitglied der Klasse der „Mammalia“ (Säugetiere), gefolgt von den Klassen der „Aves“ (Vögel), „Amphibia“ (Lurche), „Pisces“ (Fische), „Insecta“ und schließlich der „Vermes“. Bei Linne wird der Mensch mit den Tieren zusammen eingeordnet, die Eigenartigkeit des menschlichen Daseins bleibt unberücksichtigt<293>.
Voegelin gibt einen Hinweis auf die Quellen, die zu den Erkenntnissen über die Systematisierung von Arten und Rassen beigetragen haben. Diese stellen die Reisebeschreibungen von Forschern wie Marco Polo, Pigafetta, Pierre Belon und Jean de Lery dar, die im 13. Jahrhundert mit Marco Polo ihren Ausgangspunkt nahmen, nach Regionen wie Indien und Südamerika hingingen und zu den Erkenntnissen über Art und Rasse führten, auf die sich auch Linne und Buffon stützen<294>. Auch Kant nahm seinerzeit auf jene Reisebeschreibungen Bezug:

„Die Kenntnisse, welche die neuen Reisen über die Mannigfaltigkeiten in der Menschengattung verbreiten, haben bisher mehr dazu beigetragen, den Verstand über diesen Punkt zur Nachforschung zu reizen als ihn zu befriedigen. Es liegt gar viel daran, den Begriff, welchen man durch Beobachtungen aufklären will, vorher selbst wohl bestimmt zu haben, ehe man seinetwegen die Erfahrung befragt; denn man findet in ihr, was man bedarf, nur alsdann, wenn man vorher weiß, wornach man suchen soll. Es wird viel von den verschiedenen Menschenrassen gesprochen.“<295>

Mit diesen einleitenden Worten zu Kant‘s Bestimmung des Begriffs einer Menschenrasse von 1785 ist dann auch die Überleitung zum nächsten Kapitel gegeben, welches verschiedene Klassifikationsversuche bezüglich des Rassenbegriffs zum Gegenstand hat.

2.3.2.2 Die Systematisierung der Rassen

Unter den im 18. Jahrhundert zur Klassifikation der Rassen vorgenommenen Versuchen erachtet Voegelin die Ansätze von Buffon, Herder, Blumenbach und Kant als bedeutsam,

„weil hier der Grund gelegt wird für die Klassifikation, wie sie heute noch gebräuchlich ist - in ihrem Schwanken zwischen der Bildung der biologischen Einheiten im strengen Sinn und der Bildung der Kollektiva nach ihrem geschichts- und raumbedingten Vorkommen.“<296>

Bei Buffon werden die Spezies Mensch und ihre Varietäten in das Tierreich einbezogen, da in materieller Hinsicht der Mensch ein tierisches Wesen sei. Jedoch spielen bei Buffons Zuordung des Menschen zu den Tieren nicht nur materielle, sondern auch charakterologische und institutionelle Merkmale eine Rolle. Leibliche und seelische Eigenschaften werden bei Buffon einunddemselben Seinsbereich zugeordnet. Zugleich wird ein Wechselspiel zwischen den Kategorien Norm und Exotik ins Spiel gebracht. Die Varietäten können als Vorstufe des Rassenbegriffes angesehen werden, auch wenn Buffon die Varietät so weit noch nicht konkretisiert. Bei allen Varietäten und Rassenunterschieden jedoch bleibt der Mensch eine einheitliche Spezies<297>.
Das Grundprinzip der Klassifikation der Rassen bei Buffon erblickt Voegelin in der auf Descartes zurückgehenden Trennung von Körper und Seele. In diesem Grundprinzip unterscheidet sich nun der


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Klassifikationsversuch Johann Gottfried Herders gegenüber dem von Buffon. Der Trennung von Körper und Seele bei Descartes entspricht bei Kant die Unterscheidung von Sinnlichkeit und Vernunft. Diese Struktur der menschlichen Seinsverfassung erachtet Herder als unzureichend. Der Mensch gilt nach Herder zwar ebenfalls, ganz in aufklärerischer Tradition, als gegenüber dem Tierreich herausgehoben, jedoch lehnt Herder die konsequente Abschnürung der Vernunft von der Sinnlichkeit ab. Stattdessen sei, so Voegelin, die Vernunft im Sinne Herders als „eine eigengesetzliche, psychisch-gesetzliche Wesenheit, die geistige Einheitsgestalt des Menschen“<298> zu charakterisieren.
Was die Annahme der geistigen Einheitsgestalt des Menschen betrifft, sieht Voegelin den scharfen Gegensatz von Herder zu Kant. Bei Kant stelle die Vernunft ein Abstraktum zu Leib und Sinnlichkeit dar, welches nach Vervollkommnung strebt. Der Tod ist für die Entwicklung der Vernunft irrelevant, der Vervollkommnungsprozeß der Vernunft erstreckt sich ins Unendliche. Bei Herder hingegen sei der Mensch im Diesseits ein an den Leib gebundenes Vernunftgeschöpft, während der Tod die entscheidende Zäsur darstellt, wo sich diese Vernunft vom Leib loslöst und eigenständig weiterentwickelt.
Im kantischen Ansatz kann die Fortentwicklung der Vernunft nicht vom Individuum, sondern nur von dessen Gattung bewerkstelligt werden, denn mit dem Tod des Individuums obliegt es stets der nächstfolgenden Generation, die Vernunft fortzuentwickeln. Lediglich der allerletzten Generation wäre es vergönnt, in den Genuß der am weitesten entwickelten Vernunft der Menschengattung zu kommen, die Früchte also zu ernten, die die vorangegangenen Generationen des Menschengeschlechts gesät haben. Das heißt, bis auf die letzte Generation sind alle vorangegangenen Generationen nur Mittel zum Zweck. Während bei Kant also das irdische Dasein völlig sinnlos ist, wird diesem von Herder durchaus gewisse Bedeutung beigemessen:

„Alle Werke Gottes haben dieses eigen, daß, ob sie gleich alle zu einem unübersehlichen Ganzen gehören, jedes dennoch auch für sich ein Ganzes ist und den göttlichen Charakter seiner Bestimmung an sich trägt. So ist‘s mit der Pflanze und mit dem Thiere; wäre es mit dem Menschen und seiner Bestimmung anders? daß Tausende etwa nur für Einen, daß alle vergangenen Geschlechter fürs letzte, daß endlich alle Individuen nur für die Gattung, d. i. für das Bild eines abstrakten Namens, hervorgebracht wären? So spielt der Allweise nicht; er dichtet keine abgezogenen Schattenträume; in jedem seiner Kinder liebt und fühlt er sich mit dem Vatergefühl, als ob dies Geschöpf das einzige seiner Welt wäre. Alle seine Mittel sind Zwecke, alle seine Zwecke Mittel zu größern Zwecken, in denen der Unendliche allerfüllend sich offenbart. Was also jeder Mensch ist und sein kann, das muß Zweck des Menschengeschlechts sein.“<299>

Gerade an letzterem Satz wird die Ablehnung der Auffassung, daß alle Generationen, bis auf die letzte, nur Mittel zum Zweck einer Vervollkommnung des Menschengeschlechts seien, deutlich. Bei Voegelin heißt es:

„Im Cartesischen Dualismus von Körper und menschlicher Seele sind bei Herder an die Stelle des einen partikularen Differentialbegriffes (der Seele) die zwei Einheitsbegriffe der diesseitigen und jenseitigen Vernunftperson getreten. An die Stelle des partikularen Körperbegriffes tritt der Begriff der sinnvoll gegliederten Erdgestalt [...] und der Begriff der lebenden Form als Manifestation einer genetischen Kraft.“<300>

Auf letzteres, den Begriff der genetischen Kraft, ist noch etwas näher einzugehen. Dazu heißt es bei Herder:

„Wer zum ersten Mal das Wunder der Schöpfung eines lebendigen Wesens sähe, wie würde er staunen! Aus Kügelchen, zwischen welchen Säfte schießen, wird ein lebender Punkt, und aus dem Punkt erzeugt sich ein Geschöpf der Erde. [...] Da ist, würde er sagen, eine lebendige, organische Kraft; ich weiß nicht, woher sie gekommen, noch was sie in ihrem Innern sei, aber daß sie da sei, daß sie lebe, daß sie organische Theile sich aus dem Chaos einer homogenen Materie zueigne, das sehe ich, das ist unleugbar.“<301>


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Diese lebendige, organische Kraft, diese „genetische Kraft“<302>, wirkt also vom frühesten Stadium der Entstehung des Lebens an immer fort und ist zugleich formbildend<303>. Welche Bedeutung mißt Voegelin dieser These bei?

„Wenn wir den Begriff der genetischen Kraft, den Herder der Biologie seiner Zeit entnommen hat, ersetzen durch den der realen Seelensubstanz, sehen wir vor uns die Fichtesche Idee der Leibseele, die ihren Leib in allen seinen Teilen durchwohnt. Die Schelersche Anthropologie hat erst wieder für unsere Zeit den Leibbegriff gewonnen, der sich bei Herder eben faßlich aus dem Streit zwischen Epigenetikern und Präformisten heraushebt. Mit Sorgfalt und Energie scheidet Herder diese Lebenskraft von dem ‚Vernunftvermögen unserer Seele’; die Seele habe sich ganz gewiß nicht den Körper gebaut, den sie nicht kennt, sondern nur als ein unvollkommenes Werkzeug ihrer Gedanken braucht.“<304>

Voegelin erläutert hier den Zusammenhang zwischen vier Stufen im Ansatz Herders. Erstens, findet sich der Begriff der sinnvoll gegliederten Erdgestalt, zweitens, der von einer lebendigen Kraft durchwaltete Leib, drittens, der vernunftbegabte Mensch und, viertens, schließlich, der transzendente Zustand des Menschen. Die genannten vier Stufen stellen die Seinsformen dar, zwischen denen Beziehungen herzustellen sind, insbesondere solche, die den Zusammenhang zwischen den Mannigfaltigkeiten des Menschen in geistiger und biologischer Hinsicht erklären. Diese Mannigfaltigkeiten werden zur Grundlage der Herderschen Rassenklassifikation. Ähnlich wie Buffon nimmt somit auch Herder eine Klassifikation der menschlichen Erscheinungsformen nach ihrer Mannigfaltigkeit vor<305>. Jedoch dieses

„entworfene Gemälde der Nationen soll nichts als der Vorgrund sein, über welchen wir einige Bemerkungen weiter auszeichnen; so wie auch die Gruppen desselben nichts sein wollen, als was die templa des Augurs am Himmel waren, bezirkte Räume für unsern Blick, Hilfsmittel für unser Gedächtniß.“<306>

Das heißt, Herders Klassifikation ist nur als ein Provisorium gedacht, sie sei jedoch nicht Bestandteil eines naturwissenschaftlichen Systems, sondern Bestandteil der Menschheitsgeschichte aus dem Blickwinkel der Physischen Geographie. Außerdem bleibe die Menschengattung, auch wenn sie in verschiedenen äußeren Formen auftritt, im Grunde genommen stets einundieselbe. Im Gegensatz zu Buffon vermeidet Herder den Begriff der Rasse bewußt. Das einigende Band sei die Nation, die Übergänge zwischen den vermeintlichen vier oder fünf Rassen seien fließend und die Rasseneinteilung daher ohne Berechtigung<307>.
Die Gemeinsamkeit zwischen den Klassifikationsversuchen Buffons und Herders besteht nach Voegelin somit in der Betrachtung der einheitlichen Gestalt des Menschen in der Mannigfaltigkeit seiner Erscheinungen. In den Analysen Buffons werde jedoch bei der Frage nach den Ursachen für die Verschiedenheit der Rassen die Betrachtung des Menschen auf die leibliche Sphäre verengt. Der Ausgangspunkt für eine solche Betrachtungsweise ist in der Auffassung zu sehen, wonach der Mensch sich aus einer leiblichen und seelischen Sphäre zusammensetzt und diese beiden streng von einander zu unterscheiden sind. Beide Sphären hätten somit nichts miteinander zu tun. Diese Sichtweise entspricht der von Voegelin sogenannten Abschnürungskonstruktion.
Eine auf der Abschnürungskonstruktion basierende Rassenklassifikation wird von Immanuel Kant und Johann Friedrich Blumenbach vertreten. Diese steht somit im Gegensatz zu dem Ansatz Herders. Kant und Blumenbach haben ihren gemeinsamen Ansatz in gegenseitiger Kenntnisnahme entwickelt und gehen dabei beide von denselben Voraussetzungen aus.
Blumenbach und Kant sehen den Menschen als vernunftbegabtes Wesen an, wodurch dieser gegenüber dem Tierreich herauszuheben ist. Die Fragen, die sich auf die menschliche Vernunft


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beziehen, sind daher streng zu trennen von den naturwissenschaftlichen Kategorisierungen, die die Leibsphäre des Menschen betreffen. Die Stellung des Menschen als Geistwesen spielt bei Blumenbachs Einordnung des Menschen in das System der Natur keine Rolle, hierbei geht es ausschließlich nach leiblichen Gesichtspunkten<308>. Das gilt in ähnlichem Sinne auch für Kant. Kant war Voegelin zufolge ohnehin der erste gewesen, der zum Zwecke der Beschreibung des Menschen eine systematische Begründung des Rassenbegriffes gegeben habe, während sich andere Forscher, wie Ray, Buffon oder Herder entweder den Rassenbegriff unverbindlich verwendeten oder aus ästhetischen Gründen mieden. Kant hierzu:

„Was ist eine Rasse? Das Wort steht gar nicht in einem System der Naturbeschreibung, vermutlich ist also auch das Ding selber überall nicht in der Natur. Allein der Begriff, den dieser Ausdruck bezeichnet, ist doch in der Vernunft eines jeden Beobachters der Natur gar wohl gegründet, der zu einer sich vererbenden Eigentümlichkeit verschiedener vermischt zeugenden Tiere, die nicht in dem Begriffe ihrer Gattung liegt, eine Gemeinschaft der Ursache, und zwar einer in dem Stamme der Gattung selbst ursprünglich gelegenen Ursache denkt. Daß dieses Wort nicht in der Naturbeschreibung, (sondern an dessen Statt das der Varietät), vorkommt, kann ihn nicht abhalten, es in Absicht auf Naturgeschichte nötig zu finden.“<309>

Das heißt, der Rassenbegriff wird in einem Natursystem im Sinne Kants auftreten. Dies bedeutet, daß die Rasse in eine Hierarchie zusammen mit anderen Begriffen, wie denen des Stammes und Schlages, einzuordnen ist. Kant etabliert die Hierarchie Stamm - Rasse - Schlag. Die oberste Einheit Stamm definiert sich durch die Zeugungsfähigkeit der dieser Kategorie zugehörigen Individuen untereinander und entspricht dem modernen Artbegriff. Innerhalb des Stammes kann es verschiedene Gruppen geben, die sich durch bestimmte erbliche Merkmale voneinander unterscheiden. Individuen mit gemeinsamen erblichen Merkmalen innerhalb eines Stammes werden zu einer Rasse zusammengefaßt. Nun kann es innerhalb der Rassen auch Gruppen von Individuen geben, die in nicht notwendigerweise erblichen Merkmalen differieren. Diese werden durch die Kategorie Schlag dargestellt<310>. Voegelin resümiert:

„Die Entwicklung, die von Rays Begriff der Essenz anhebt, und die Idee des Natursystems gegen das Schulsystem durchsetzt, kommt hier verfahrensmäßig und terminologisch zu ihrem Abschluß. Der Ausdruck Rasse ist nicht mehr ein unsicher gebrauchtes Synonym für Varietät, sondern deckt einen wohldurchdachten Begriff von einer natürlichen Einheit.“<311>

Blumenbach und Kant entwickeln eine im wesentlichen übereinstimmende Gliederung der Rassen, wenngleich die von Kant sich nur an der Hautfarbe ausrichtet, während Blumenbach der Komplexität verschiedener Hautmerkmale den Vorrang einräumt. Darüber hinaus spielen bei letzterem auch die Untersuchungen der Schädelform eine Rolle. Kant unterscheidet etwa eine weiße, gelbe, schwarze sowie eine kupferfarbige Rasse, Blumenbach nennt als seine fünf Rassen die Caucasica, Mongolica, Aethiopica, Americana sowie die Malaiica. In der Reihenfolge der Typologie Blumenbachs widerspiegelt sich einerseits eine Abfolge von der weißen zu den dunkleren Hautfarben. Diese Reihenfolge der Entwicklung sei wahrscheinlicher als die umgekehrte. Von daher steht die helle, kaukasische, Rasse am Anfang. Andererseits folgen dann die Mongolica und die Aethiopica als Extremformen der Entwicklung, während die beiden letzten, die Americana und die Malaiica Zwischenformen darstellen, die Americana als Kompromiß zwischen Caucasica und Mongolica, die Malaiica als solcher zwischen Caucasica und Aethiopica. Blumenbachs Rassenabfolge ist somit eine Dreistufigkeit, die darin besteht, „daß vom neutralen Weiß her die Extreme und dann die Mittelformen festgestellt werden“<312>. Voegelin interpretiert die Rassenbenennung Blumenbachs auch als eine Ausrichtung nach den Wohnsitzen der Rassen und führt diese auf den schon erwähnten physisch-geographischen Ansatz Herders zurück. Desweiteren sieht Voegelin die Normidee Buffons<313>.


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Die Rassenbenennung bei Kant hat eine weiß-brünette Stammgattung zum Ausgangspunkt, von der aus sich durch klimatische Einflüsse vier Rassen differenziert haben, die Kant ebenfalls nach der Hautfarbe benennt, nämlich, erstens, die Hochblonden im nördlichen Europa, zweitens, die Kupferroten in Amerika, drittens, die Schwarzen, auch Senegambier genannt, sowie, viertens, die Olivengelben, die Indianer. Die klimatischen Bedingungen Hitze und Kälte in jeweils feuchter und trockener Form sind für diese vier Rassen ursächlich. Die hochblonde nordeuropäische Rasse entstand infolge feuchter Kälte, die kupferrote amerikanische infolge trockener Kälte, die Schwarzen durch feuchte Hitze und die Olivengelben durch trockene Hitze<314>.
In seiner Bewertung der Rassenklassifikationsversuche Blumenbachs und Kants sieht Voegelin zwar eine gewisse Einfachheit, jedoch hebt er vor allem bei Kant dessen methodische Transparenz als positiv hervor. Kants Ansatz gehe von der Stammeseinheit des Menschen aus, womit auch die Kreuzungsfähigkeit der Rassen untereinander erklärt werde<315>.
Wie schon gesagt, widmet Voegelin sich den Begrifflichkeiten von „Art“ und „Rasse“ im 18. Jahrhundert, um den Ausgangspunkt zu verdeutlichen, an welchen die Prozesse der „Verinnerlichung von Leib und Person“ ansetzen. Der im 18. Jahrhundert dominierende Konstruktionstypus der Abschnürung von „Seele“ und „Geist“ gegenüber der Kategorie „Leib“ stellt nunmehr diesen Ausgangspunkt dar.

2.3.3 Zur „Verinnerlichung des Leibes“

2.3.3.1 Transzendente Grundhypothesen zur Entstehung des Lebens

Für den Prozeß der „Verinnerlichung des Leibes“ erachtet Voegelin die Konstruktionen zweier zueinander alternativer spekulativer Modelle als bedeutsam, welche als „Präformation und Epigenesis“<316> zu bezeichnen sind. Es stellt sich die Frage, ob Gott die Beseelung des Menschen im Akt der Schöpfung in einem einzigen Akt nur beim ersten Individuum geschehen lassen hätte, so daß sich die Seele dann nur noch von einer Generation zur nächsten fortzupflanzen brauche, oder ob die Beseelung mit jeder Zeugung von Generation zu Generation neu erfolge. Die erste Alternative wäre also die Erzeugung des Lebens durch „Präformation“, die letztere jene durch „Epigenesis“.
Die Entscheidung für eine der beiden Alternativen muß im Ergebnis offen und kann auch dahingestellt bleiben, da in beiden Fällen einunddasselbe Prinzip deutlich wird, denn Gott ist in jedem Falle die höhere Vernunft, welche die Lebendigkeit der Organismen erzeugt, ganz gleich ob durch dieses oder jenes Modell. Bezüglich Präformation und Epigenesis nach diesem Modell spricht Voegelin deshalb von einer rationalistischen Theorie. Das Modell der Präformation tritt hier als „Verschachtelungstheorie“<317> zu tage, derart, daß in den Keimen des ersten Menschen die Ausbildungsformen aller Individuen der folgenden Generation angelegt, die folgenden Individuen in ihrer Ausformung bereits ineinandergeschachtelt seien. Voegelin nennt neben der Verschachtelung noch weitere Ansätze, die das Präformationsmodell vertreten.
Das Modell der Epigenesis geht ebenso wie das der Präformation von einem anorganischen Ursprungszustand aus. Gemäß der Theorie von Descartes entstehe ein Fötus durch einen Gärungsprozeß, also in einem chemischen Vorgang, der Fötus ist also nicht schon im ersten Individuum ursprünglich angelegt. Dennoch gelten für die Epigenesis wie für die Präformation gleichermaßen, „daß zur Erklärung nicht immanente Qualitäten einer organischen Substanz herangezogen werden, sondern Kräfte, die von jenseits her auf toten Stoff wirken und ihn zu belebtem machen.“<318>
Sowohl Präformation als auch Epigenesis stellen daher transzendente Erklärungsversuche zur Entstehung lebender Individuen dar. Für das Problem der Verinnerlichung des Leibes hat diese Feststellung großen Wert. Zur Verdeutlichung der Begrifflichkeit einer transzendenten und einer


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immanenten Deutung der Entstehung lebender Individuen nimmt Voegelin selbst noch einmal eine Definition dieser Termini im vorliegenden Kontext vor:

„Transzendent sind alle Versuche, die Lebenseinheit zu erklären durch göttliche Schöpfung und Verschachtelung aller folgenden Generationen in der ursprünglich geschaffenen, ebenso wie die mechanistischen Theorien der Lebensentstehung; immanent sind dagegen alle Interpretationen, die das Leben als einen ontischen Bereich eigener Art sehen, und ein triebhaftes Agens annehmen in der Art der genetischen Kraft Herders, durch das der Charakter der Lebenseinheit bestimmt wird.“<319>

Herders immanente Interpretation orientiert sich, wie bereits festgestellt worden ist, am Prinzip der leib-seelischen Einheit des Menschen und stellt damit eine Sichtweise dar, die Voegelins eigenen Zielvorstellungen, die er mit seinen Untersuchungen zur Rassenproblematik verfolgt, nahekommt. Voegelins Ausführungen zum Problem der „Verinnerlichung des Leibes“ zielen nunmehr ab auf die Beschreibung des Wandlungsprozesses von einer transzendenten zu einer immanenten Interpretation der Entstehung lebender Individuen. Für die Probleme der Rassentheorie werden im Zuge dieses Wandlungsprozesses keine transzendenten Instanzen wie Gott mehr in die Betrachtung einbezogen, sondern es wird auf den Menschen als leib-seelische Einheit abgestellt<320>.
Voegelin stellt jedoch auch heraus, daß es prinzipielle, im transzendenten Ansatz begründet liegende, Gemeinsamkeiten zwischen dem Präformations- und dem Epigenesismodell gebe. Diese Gemeinsamkeiten an sich führen bereits zu einer Aufweichung des ursprünglich strengen Gegensatzes zwischen beiden Modellen. Mit dem Übergang von einer transzendenten zu einer immanenten Betrachtung der Entstehung des Lebens schreitet diese Aufweichung weiter fort. In der Biologie des 20. Jahrhunderts war es unter anderem Julius Schultz, der das Begriffspaar Evolution - Epigenesis prägte, wobei der Begriff Evolution hier mit Präformation gleichzusetzen ist. Daß der Gegensatz zwischen beiden Modellen eigentlich nur philosophischer Natur ist, macht Schultz am Beispiel der Entwicklung eines Embryos im Ei deutlich:

„sind da die fremden Systeme [Umwelteinflüsse] nur notwendige Auslöser dessen, was schon von Anfang an im Ei lag [Evolution = Präformation]? oder war das Ei nur ein Rohstoff, der dem von den fremden Systemen her aufgereizten Agens der Bildung zur Bildung freilich notwendig war [Epigenesis]? Auffassungssache! [...] Man sieht, beide Vorstellungen, die evolutionistische wie die epigenetische, projizieren die biologischen Tatsachen auf eine außerbiologische, genauer: auf eine rein philosophische Ebene.“<321>

2.3.3.2 Die Theoria Generationis von Wolff

Voegelin geht es in seinen zur „Verinnerlichung des Leibes“ angestellten Überlegungen darum, den Wandel von der transzendenten zu einer immanenten Betrachtung der Entstehung des Lebens in den herrschenden Ansätzen der Biologie des 17. bis zum 19. Jahrhundert aufzuzeigen. Als eine weitere Stufe in diesem Prozeß erblickt Voegelin hierzu die Theoria Generationis von Caspar Friedrich Wolff. Bei Wolff findet sich folgende Definition:

„Nach der allgemeinen Ansicht versteht man unter der Bezeichnung ‚Entwicklung eines organischen Körpers‘ die Entstehung desselben in allen seinen Theilen und seine Zusammensetzung aus denselben.“<322>

Hiermit ist zugleich der Begriff der „Theoria Generationis“ an sich definiert. Das heißt Voegelin zufolge, „(d)as Wachsen fester Teile beginnt plötzlich aus dem Flüssigen, [...] aber die Voraussetzung dafür ist nicht der schon ausgebildete Organismus“<323>. Voraussetzung ist für Wolff vielmehr ein


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„Entwicklungsprincip“<324>. Dieses ist als eine Kraft des Körpers aufzufassen, durch welche dieser seine Form gewinnt<325>. Das Entwicklungsprincip setzt sich aus zwei Kräften zusammen. Erstere stellt die aus dem Flüssigen, aus den Nährsäften der Pflanze zum Beispiel, gewonnene Kraft des Lebens dar. Nach Wolff‘s Auffassung ist bewiesen,

„dass in den Pflanzen Aufnahme von Flüssigkeiten, Vertheilung derselben durch die ganze Pflanze und schliesslich eine Ausdünstung derselben stattfinde; es muss daher eine Kraft vorhanden sein, durch welche Flüssigkeiten aus der umgebenden Erde gesammelt, in die Wurzeln einzutreten gezwungen, durch die ganze Pflanze vertheilt, zum Theil an verschiedenen Stellen aufgespeichert, zum Theil auch wieder ausgeschieden werden.<326>

Diese Kraft bezeichnet Wolff „als wesentliche Kraft (vis essentialis) der Pflanze<327>. Der Nährsaft kann sich dann in eine feste Form verändern. Diese Eigenschaft wird in Wolffs Theorie als „Erstarrungsfähigkeit (solidescibilitas)“<328> bezeichnet. Vis essentialis und solidescibilitas stellen somit die beiden Entwicklungsgesetze dar, welche in der Theorie Wolffs das Signum des organischen Lebens sind<329>. So wird unter der Bezeichnung der beiden genannten Kräfte „das Grundphänomen des Wachstums des Körpers durch Ernährung sichergestellt“<330>. Nunmehr geht es darum, das Phänomen der Ernährung in seinen Ursprüngen zu untersuchen. Verfolgt man mit Wolff die Individualentwicklung eines Menschen zurück bis zum Anfang, so besteht das konstante Element der Ernährung in der Zuführung bestimmter Nährsäfte. Beim erwachsenen Menschen ist es feste Nahrung, beim Kind vielleicht zerkleinerte und aufbereitete Nahrung, beim Embryo kommen die Nährsäfte aus der Plazenta, und die unbefruchtete Eizelle schließlich wird durch die Aufnahme der Samenzelle mit dem Samensaft befruchtet.

„Folglich besteht das Wesen der Befruchtung bloss in der Lieferung eines vollkommenen Nahrungsmittels, dasjenige des männlichen Samens bloss in der höchstgradigen Fähigkeit zu ernähren; die Befruchtung stellt nichts Anderes dar, als die Lieferung eines vollkommenen Nahrungsmittels an das ausgebildete Pistill und der Pollen ist, insoweit er männlicher Same ist, nichts weiter als jene vollkommene Nahrung.“<331>

Aus dieser Analogie zwischen der Befruchtung einer Eizelle und der Zuführung von Nahrung in das lebende Individuum erwächst die These von der „Zeugung als Grenzfall der Ernährung.“<332> Somit gesellt sich das Phänomen der Ernährung als dritte Komponente an die Seite von vis essentialis und solidescibilitas.

„Es ist daher die wesentliche Kraft mit der Erstarrungsfähigkeit des Nährsaftes ein hinreichendes Princip jeder Entwicklung sowohl bei Pflanzen, als auch bei Thieren.“<333>

In dem gleichen Maße, wie die Befruchtung der Eizelle als Urernährung eines Individuums verstanden werden kann, die Befruchtung somit eine Vorstufe der Ernährung darstellt, kann nun der Begriff des Mechanismus in ein Verhältnis zum Begriff des Organismus gesetzt werden. Die unbefruchtete Eizelle ist selbst zwar noch kein Organismus, wohl aber eine Vorstufe zu diesem, sie ist bereits ein Mechanismus, auf den anzuwenden zwar der Begriff der Ernährung noch nicht adäquat ist, wohl aber


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die Vorstufe der Ernährung, die Befruchtung. Wenn man jedoch so konsequent ist, bereits die Befruchtung als eine Ernährung aufzufassen, kann oder muß man auch den Begriff des Organismus auf den präorganischen Zustand eines Mechanismus, also die unbefruchtete Eizelle, übertragen.
Nachdem nun der Begriff der Befruchtung als Form der Ernährung und der des Organismus im Sinne von Mechanismus zu verwenden ist, wird in der Theorie Wolffs unterschieden zwischen dem organischen Körper im Sinne einer Maschine und den sogenannten unorganischen Nährstoffen, die dem Körper zugeführt werden, wobei die „unorganischen“ Nährstoffe, wie Voegelin zutreffend deutlich macht, als im chemischen Sinne natürlich „organisch“ aufzufassen sind. Das „Unorganische“ der Nährstoffe und das „Organische“ des lebenden Körpers haben hierbei funktionelle Bedeutung<334>. Desweiteren gewinnt bei Wolff die vis essentialis unter dem Begriff der vis motrix, der „bewegenden Kraft“, eine neue Bedeutung:

„Das erste Entwicklungsprincip, durch dessen Wirkung Alles gebildet wird, ist also jene bewegende Kraft, die ich als wesentliche bezeichnet habe und die lebenden Pflanzen und Thieren nothwendig ist“<335>.

Das heißt für Voegelin,

„(d)ie vis motrix ist [..] weder eine dem als Maschine aufgefaßten Organismus innewohnende Kraft, noch ist sie ein Prinzip der Ernährungssäfte, sondern eine Kraft, die in keinem Materialbestandteil lokalisert werden kann und zu ihnen im Verhältnis der ‚Anwendung’ steht. [...] Die vis essentialis wird völlig aus dem materiellen Aufbau des Organismus hinausgedrängt und zu einem immateriellen Prinzip gemacht.“<336>

Eine wichtige Unterscheidung, die sich bei Wolff findet, ist die zwischen mechanischen und animalischen Funtionen. Wolff bedient sich zwar bei der Beschreibung des Organismus einer Terminologie, in der Begriffe wie Kraft eine Rolle spielen und interpretiert in der Tat den Organismus als einen Mechanismus, jedoch möchte er dem Eindruck entgegentreten, als erschöpfe sich das Wesen des lebenden Individuums in einem Mechanismus. Daher sind die rein mechanischen Funktionen des Organismus zu unterscheiden von jenen animalischen Funtionen, die den Kern des Lebewesens ausmachen und sich des im Sinne von Mechanismus verstandenen Organismus bedienen.
In seiner Kapitelüberschrift zu Wolffs Theoria Generationis nennt Voegelin diese Unterscheidung sozusagen als Programmformel: „Der Organismus und das Tier an sich.“<337> Das heißt, die animalischen Funktionen sind den mechanischen vorgelagert, denn die Existenz eines Lebewesens bestehe bereits im embryonalen Zustand, in welchem noch kein Organismus ausgebildet ist. Die mechanischen Funktionen stellen lediglich einen Anhang der animalischen Funktionen dar. Im übrigen ist bei Wolff am Rande von der Seele die Rede, welche die Steuerung der Funktionen des Körpers vornimmt<338>.
Die zusammenfassende Frage ist nun die nach der Einordnung von Wolffs Theoria Generationis in den Gesamtzusammenhang des Problems der „Verinnerlichung des Leibes“, des Wandels von einer transzendenten zu einer immanenten Betrachtung der Entstehung des Lebens. Einen gewissen Fortschritt meint Voegelin hier zu verorten:

„Die biologische Sprache ist noch die der Transzendenz, und durch sie hindurch bemüht sich Wolff um den Ausdruck der immanenten Leibvorstellung. An die Stelle des Begriffs von einem materiell und strukturell präformierten Organismus tritt der Begriff von der Präexistenz des ‚Tieres selbst’, des animal ipse, sozusagen eines Tieres an sich, das als stofflose Seele den Bau des Körpers bedingt.“<339>


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Allerdings erreiche dieser Fortschritt bei Wolff das Ziel der „Verinnerlichung des Leibes“ noch nicht ganz, denn der hierzu erforderlichen Vorstellung von der Einheitlichkeit des Leibes stehe die Spaltung des Leibes in eine immaterielle „vis essentialis“ und eine materielle „solidescibilitas“ entgegen.
So nimmt die Theorie Wolffs zwischen den Möglichkeiten einer transzendenten und einer immanenten Betrachtung der Entstehung des Lebens eine Mittelstellung ein. Wenngleich diese Mittelstellung auf dem Wege des von Voegelin angenommenen Wandlungsprozesses von Betrachtungen zur Entstehung des Lebens doch eher unvermittelt erscheint, so sieht Voegelin dennoch in der Theorie Wolff‘s im Hinblick auf die „Verinnerlichung des Leibes“ einen bedeutenden Schritt<340>.

2.3.3.3 Ideengeschichtliche Problemreflexionen über den Wandel einer transzendenten Betrachtung der Entstehung des Lebens zu einer immanenten Deutungsweise

Um die Bedeutung des Werkes von Wolff noch deutlicher herauszuarbeiten, zieht Voegelin zum Vergleich zwei weitere Begriffe des Organismus heran. Diese finden sich in den Werken von Gottfried Wilhelm Leibniz zu Beginn und von Lorenz Oken gegen Ende des 18. Jahrhunderts, während dem gegenüber das Werk Wolffs aus der Jahrhundertmitte stammt. Die Bedeutung Wolffs sei daher nicht zu unterschätzen, weil sich an den Organismusbegriffen von Leibniz und Oken zeigen läßt, „daß sich begriffstechnisch in der Behandlung des Problems kaum etwas geändert hat“<341>.
Der Organismusbegriff bei Leibniz wird im Rahmen einer „Monadologie“ betrachtet. Leibniz geht davon aus, „daß jeder lebende Körper eine herrschende Entelechie hat, die in dem Tiere die Seele ausmacht“<342>. Unter dieser herrschenden Entelechie stellt das pflanzliche oder tierische Lebewesen ein Kompositum von Monaden dar. Zum Begriff der Monade heißt es bei Leibniz:

„Die Monade, von der hier die Rede sein soll, ist nichts andres, als eine einfache Substanz, die als Element in das Zusammengesetzte eingeht. Sie ist einfach, d. h. sie hat keine Teile [...]. [..] Einfache Substanzen muß es aber geben, da es zusammengesetzte gibt; denn das Zusammengesetzte ist nichts andres, als eine Anhäufung, ein Aggregat der einfachen. [..] Nun kann es da, wo gar keine Teile vorhanden sind, weder Ausdehnung, noch Gestalt noch auch eine mögliche Teilbarkeit geben. Die Monaden sind also die wahrhaften Atome der Natur und, mit einem Worte, die Elemente der Dinge.“<343>

Die von Voegelin so bezeichnete „monadische Entelechie“<344> ist als Elementarsubstanz unteilbar und unsterblich, sie ist einmalig entstanden, als Gott die Welt erschuf, und kann nur durch einen ebensolchen göttlichen Akt zerstört werden. Leben kann weder entstehen noch vergehen, sondern das, was als Leben und Tod bezeichnet wird, ist lediglich als Veränderung in der Anordung des Monadenkompositums um die herrschende monadische Entelechie aufzufassen. Wie Leibniz dabei hervorhebt, erfolgt die Seelenwanderung von Körper zu Körper nur gradweise, es findet niemals eine komplette Seelenwanderung statt. Demzufolge gibt es auch keine Zeugung und keinen Tod im idealtypischen Sinne, diese sind vielmehr Entwicklungen zu einem Mehr bzw. Weniger<345>. Dabei ist nicht nur die Seele unzerstörbar, sondern auch das Tier, wenngleich es gelegentlich seine maschinellen Hüllen wechselt<346>.
Die Monade kann des Körpers nicht verlustig gehen, sie ist sowohl körperlicher wie auch seelischer Natur. Es ist daher mit Leibniz müßig anzunehmen, daß Körper und Seele gegensätzlichen Seinsordnungen angehörten, weil sie, im Gegenteil, stets beides zugleich sind. Der Gegensatz von


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Körper und Seele ist nach Voegelins Auffassung lediglich eine terminologische Vorstellung, die durch die Monade mit dem Begriff des Leibes vermittelt wird. Bei Leibniz heißt es weiter:

„Die organischen Körper sind niemals ohne Seelen, und die Seelen niemals von jedem organischen Körper losgelöst, wenngleich es allerdings keinen materiellen Teil gibt, von dem man behaupten könnte, daß er stets derselben Seele zugeteilt ist. Ich nehme also weder an, daß es Seelen gibt, die von Natur gänzlich abgetrennt, noch überhaupt, daß es geschaffene Geister gibt, die gänzlich von jedem Körper losgelöst sind [...]. Gott allein steht über aller Materie, da er ihr Urheber ist, die Geschöpfe dagegen würden, wenn sie frei und losgelöst von der Materie wären, damit zugleich aus der allgemeinen Verknüpfung gelöst und wie Abtrünnige von der allgemeinen Ordnung sein.“<347>

Die Monade ist ein Begriff, der sich nicht mit den Begriffen Körper oder Seele charakterisieren läßt, weder ist sie tote Materie noch die belebende Essenz. Sie ist eine leib-seelische Einheit, die jedoch nicht anders als mit Begriffen wie Körper und Seele beschrieben werden kann. Das heißt mit Leibniz, daß der zu einer Monade gehörende Körper, welche dessen Entelechie oder Seele darstellt, zusammen mit der Entelechie das „Lebewesen“ und zusammen mit der Seele das „Tier“ ausmacht<348>. Leibniz entwickelt nunmehr den Begriff einer Maschine im Sinne von Organismus:

„Jeder organische Körper eines Lebewesens ist demnach eine Art göttlicher Maschine oder natürlichen Automats, der alle künstlichen Automaten unendlich weit übertrifft. Denn eine durch menschliche Kunst gebaute Maschine ist nicht Maschine in jedem ihrer Teile; so hat z. B. der Zahn eines Messingrades Teile oder Stückchen, die für uns nichts Kunstvolles mehr enthalten und denen man nichts von der Maschine anmerken kann, für die das Rad bestimmt war. Die Maschinen der Natur jedoch, d. h. die lebenden Körper, sind noch Maschinen in ihren kleinsten Teilen bis ins Unendliche. Das eben macht den Unterschied zwischen Natur und Kunst, oder auch zwischen der göttlichen Kunst und der unsrigen aus.“<349>

Der Mechanismus des lebendigen Leibes, so Voegelin, wird aufgrund seines durchseelten Charakters in einen Organismus umgedeutet. Das heißt, Voegelin interpretiert in diesen Vorstellungen eine Umkehrung des Wolffschen Prinzips hinein, wo die entgegengesetzt erscheinende Auffassung des Organismus als eines Mechanismus bestand. Bei Wolff beinhaltet der im Sinne von Mechanismus verstandene Organismus den Sinn von Organisation leiblicher Lebensvorgänge, bei Leibniz wird der leibliche Mechanismus durchseelt von einer monadischen Entelechie, das heißt, der Leib lebt aus seiner inneren Zielsetzung heraus, der Stoff wird lebendig. Die Vorstellungen Leibniz’ von einer monadischen Entelechie bauen jedoch, wie gesagt, auf den terminologischen Voraussetzungen der strikten Trennung von Leib und Seele auf. In diesen Zusammenhang will Voegelin den Ansatz von Leibniz eingeordnet wissen<350>.
An der Betrachtungsweise, wie Leibniz sie vertrat, hat sich auch fast ein Jahrhundert nach ihm prinzipiell nichts geändert. Im Werk des bereits genannten Oken wird lediglich anstatt von Monaden nunmehr von „Urtierchen“ oder „Infusorien“ gesprochen. Diese Urtierchen seien die Elemente des organischen Lebens, höherentwickelte Lebewesen, sowohl Pflanzen als auch Tiere, seien als Komposita der Urtierchen zu betrachten. Während die Monaden jedoch Seinssubstanzen waren, so stellen die Urtierchen im besonderen organische Substanzen dar:

„Wenn alles Fleisch zerfällt in Infusorien, so lässt sich der Satz umkehren, und es müssen alle höheren Thiere aus diesen, als ihren Bestandthieren bestehen. - Wir nennen sie daher Urthiere, von denen ich behaupte, (freilich ohne hier Gründe angeben zu können) dass sie bei der Schöpfung eben so allgemein und unvertilgbar entstanden, als Erde, Luft, und Wasser, dass sie, wie diese Elemente in ihrer Sphäre, Elemente in der organischen Welt sind, und nicht bloss den Urstoff der Thiere, sondern auch der Pflanzen ausmachen, worin ich mit Kircherus, Highmor, Buffon u. a. zusammenkomme, und wofür indessen der Uebergang der Infusorien in

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Tremellen, und dieser, in jene der Beleg sein mag: sie können daher in diesem weitern Sinne Urstoffe des Organischen heissen.“<351>

An anderer Stelle stellt Oken in eben diesem Sinne fest:

„Die Organismen sind eine Synthesis von Infusorien. Die Erzeugung ist nichts anders als eine Zusammenhäufung unendlich vieler Schleimpuncte, Infusorien. Es sind nehmlich die Organismen nicht schon im Kleinsten ganz und vollständig gezeichnet, präformiert enthalten; sondern nur infusoriale Bläschen, die durch verschiedene Combinationen sich verschieden gestalten und zu höhern Organismen aufwachsen.“<352>

Die Akte Zeugung und Tod eines Lebewesens sind nicht Beginn und Ende eines Lebens, sondern bestehen nurmehr in einer Umorganisation des Lebens, einer Neukomposition von Urtierchen. Bei der Zeugung werden diese zu höheren Einheiten komponiert, die dann beim Tod wieder in ihre Bestandteile aufgelöst werden. Oken versucht diesen Vorgang am Beispiel des Wechsels von Magnetpolen zu illustrieren<353>. Aus den Ausführungen geht hervor, daß Oken sich von einer mechanistischen Interpretation der Vorgänge in der lebenden Natur leiten läßt. Oken versucht zwar darüber hinwegzutäuschen, daß es sich bei dem vorliegenden Ansatz um eine mechanistische Erklärung handelt, aber sehr überzeugend ist Okens Erklärung zumindest für Voegelin nicht. Bei Oken heißt es:

„Die Verbindung der Urthiere im Fleische ist nicht zu denken, als etwa eine mechanische Aneinanderklebung eines Thierchens an das andere, wie ein Haufen Sand, in dem keine andere Vereinigung statt findet, als die des Beieinanderliegens mehrerer Körnchen - nein! Ähnlich dem Verschwinden des Wasserstoffs und Sauerstoffs im Wasser, des Quecksilbers und Schwefels im Zinober, ist es eine wahre Durchdringung, Verwachsung, ein Einswerden aller dieser Thierchen, die von nun an kein eignes Leben führen, sondern alle, im Dienste des höhern Organismus befangen, zu einer und derselben gemeinschaftlichen Function hinarbeiten, oder diese Function durch ihr Identischwerden selbst sind.“<354>

Die Individualitäten der Vielen werden aufgegeben zugunsten der Individualität der Gesamtheit des höheren Organismus<355>. Das heißt, auch das Werk Okens ist gekennzeichnet durch ein entscheidendes Merkmal, was hier bereits bei Leibniz dargestellt wurde, welches eine Umkehrung des in Wolffs Theoria Generationis geltenden Prinzips darstellt und zugleich die Kapitelüberschrift ist, unter welcher Voegelin in seiner Untersuchung die Organismusbegriffe von Leibniz und Oken abhandelt: „Die Umdeutung des Mechanismus in den Organismus.“<356> Allerdings interpretiert Voegelin diese Umdeutung bei Oken als zu vordergründig, da dieser „glaubt, daß mit der Annahme organischer Elemente die mechanistische Vorstellung von der Komposition eines Ganzen aus präexistenten Teilen unmechanisch würde“<357>.
Wenn die Elemente zu einem Organismus komponiert werden, verlieren sie ihren individuellen Charakter und repräsentieren in ihrer Komposition den Organismus. Voegelin vergleicht diese These mit den chemischen Elementen, die eine Verbindung eingehen und dabei ihre Eigenschaften verlieren, so daß dann nur noch die Eigenschaften der Verbindung bestehen. Die Herkunft dieser Gesetzmäßigkeit werde jedoch weder von Oken noch von Leibniz erhellt, „wenngleich auch er [Oken] ein Gegenstück zur Leibnizischen entelechie dominante hat“<358>. Dem, was also bei Leibniz die monadische Entelechie, die Hauptmonade, darstellt, entspricht bei Oken das sogenannte


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„Bläschen“<359>. Insoweit bei Oken „eine organische Idee“<360> angenommen wird, vermeint Voegelin einen kleinen Erkenntnisfortschritt in Bezug auf den von ihm anvisierten Prozeß der „Verinnerlichung des Leibes“ auszumachen<361>.
Nachdem Voegelin die Organismusbegriffe von Leibniz und Oken skizziert hat, um an ihnen Beispiele für die Umdeutung des mechanistischen Verständnisses des Lebens in den Zusammenhang eines Organismus’ zu liefern, wendet er sich einem weiteren Problem zu, welches den Wandel der transzendenten zur immanenten Betrachtung der Entstehung des Lebens betrifft. Es geht hierbei um die Konstanz der Arten und deren eventuellen Wandel über eine lange Kette der Zeugungen von Individuen, wie er von Generation zu Generation fortschreitet.
Dem transzendenten Verständnis nach steht am Anfang des Lebens der Schöpfungsakt Gottes, innerhalb dessen auch die Arteigenheiten determiniert werden, die dann über eine theoretisch gesehen unendliche Kette von Zeugungen konstant bleiben. Linne gilt als Vertreter dieser Sichtweise in Reinkultur. Was aber geschieht, wenn der Glaube an die transzendente Schöpfung und die unendliche Artkonstanz verfällt, wenn es also zu einer Immanentisierung der Betrachtung kommt? Es entsteht dann die Idee des Unendlichen, wonach der Generationenreihe der Arten kein endlicher Anfang im Akt einer revolutionären Schöpfung mehr zugesprochen werden kann. Allerdings besteht die Idee des Unendlichen nur einen Augenblick lang und wird abermalig abgelöst durch neue Vorstellungen von Endlichkeit. Diesem Problem von Unendlichkeit und Endlichkeit in der Betrachtung der Arten widmet sich Voegelin unter Heranziehung der Ansätze von Buffon und Leibniz<362>.
Bei Buffon werde aufgezeigt, welche Probleme sich bei der These von der unendlichen Reihe in der Zeugungskette der Individuen ergeben. Individuen, die sich untereinander fortpflanzen können, gehören einer Art an, Individuen, die dies nicht können, sind verschiedenen Arten zuzuordnen. Durch die Kette der Zeugungen wird die reale Existenz einer Art aufgebaut. Die Kette der Zeugungen wird theoretisch als eine unendliche Reihe angenommen. Jedoch sei betont, daß diese unendliche Reihe nur eine Annahme, eine Fiktion, ist. In der Realität besteht Endlichkeit. Es handelt sich vielmehr um eine Fragestellung, die jedoch im Ergebnis unbeantwortet bleibt. Sie wird ausgelöst, wenn das geschlossene Weltbild einer Schöpfung der Arten von Gott, wie es auch den Vorstellungen Linnes zugrunde liegt, aufgestoßen wird<363>.
Die Widersinnigkeit des Begriffs der Unendlichkeit wird auch von Leibniz gesehen und darüber hinaus mathematisch präzisiert. Bei Leibniz findet sich etwa die Feststellung, daß die Materie nicht bis zu kleinsten Teilchen teilbar, sondern daß jedes Teilchen in kleinere spaltbar sei, so wie es umgekehrt auch nichts Größtes gäbe, sondern immer nur Größeres, was weiter vergrößerbar ist. Dies geht aus einem der Briefe Leibniz’ an Johann Bernoulli hervor, in welchem er seine Zweifel darüber äußert,

„ob es wirklich eine unendlich kleine oder eine unendlich große, beiderseitig begrenzte, Größe gibt. Denn wenn ich auch zugestehe, daß es keinen materiellen Teil gibt, der nicht tatsächlich geteilt ist, so gelangt man damit trotzdem nicht zu unteilbaren Elementen oder zu kleinsten, ja auch nicht zu unendlichkleinen Teilen, sondern nur zu beständig kleineren, dennoch aber gewöhnlichen Größen, ähnlich wie man bei der Vermehrung stets auf größere kommt. Ich räume demnach auch gerne ein, daß es in den Tierchen stets kleinere Tierchen gibt, und trotzdem ist es nicht notwendig, daß es unendlich kleine Tiere, geschweige denn letzte, gibt. Wenn ich einräumte, daß Unendliches und Unendlichkleines von der Art, wie wir es meinen, möglich wäre, so würde ich auch glauben, daß es existierte.“<364>

In einem späteren Brief an Bernoulli präzisiert Leibniz diesen Gedanken weiter:

„Wenn ich bestritt, daß man zu den kleinsten Teilchen gelangen könne, so bezog sich dies, wie man leicht sehen konnte, nicht nur auf die von uns vollzogenen Teilungen, sondern auch auf die, die tatsächlich in der Natur vor sich gehen. Denn wiewohl ich davon überzeugt bin, daß jeder beliebige Teil der Materie wiederum tatsächlich weitergeteilt ist, so folgt daraus meiner

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Meinung nach dennoch nicht, daß es ein unendlichkleines materielles Teilchen gibt, und noch weniger kann ich zugeben, daß daraus folgt, daß es irgend ein allerkleinstes Teilchen gebe. Wenn man den Schluß auf eine logische Form bringen wollte, so würde man auf die Schwierigkeit aufmerksam werden.“<365>

Wenn diese Feststellung der Unendlichkeit in beide Richtungen auf die Kette von Generationen übertragen wird, so gibt es auch dort keinen absoluten Anfang und kein absolutes Ende. Diese Spekulation läuft jedoch der Realität zuwider, denn die Kette der Generationen muß irgendwann einmal ihren Anfang genommen haben. Von daher ist die Spekulation der Unendlichkeit vom empirischen Standpunkt gesehen als widersinnig zu erachten<366>. Im zwanzigsten Jahrhundert war es unter anderem Felix Kaufmann, der sich mit dem Problem der Unendlichkeit in der Mengenlehre der Mathematik beschäftigt hat<367>.
Jenseits des Problems von Endlichkeit und Unendlichkeit verweist Voegelin auf zwei weitere inhaltliche Anliegen, die sich im Zusammenhang mit dem Organismusbegriff ergeben. Diese finden sich wiederum in den Darstellungen Buffons und Blumenbachs. Es erhebt sich „die Frage nach der artbestimmten Geschlossenheit des individuellen Organismus.“<368> Hierzu nimmt Voegelin Bezug auf eine von Buffon entwickelte Theorie „von der inneren Form des Organismus.“<369> Das heißt, der gesamte Körper des Menschen ist von einem Organisationsprinzip durchdrungen, welches diese innere Form darstellt. Es bewirkt die proportionale Ausgeglichenheit des Körpers. Hierbei treten auch mechanistische Analogien in den Vordergrund, um das Organisationsprinzip des menschlichen Körpers zu erklären. Dabei sieht Voegelin in dem Organisationsprinzip, welches die innere Form des Körpers bewirkt, eine Analogie zu den Gesellschaftskonzepten, in denen die Gesellschaft anhand der Organisationsprinzipien des menschlichen Körpers erklärt wird<370>.
Die Theorie der inneren Form wird durch Blumenbachs Theorie des Bildungstriebes konkretisiert. Blumenbach selbst ist ein Vertreter des epigenetischen Modells der Entstehung des Lebens und wendet sich von daher gegen das Präformationsmodell. Das heißt, Blumenbachs Annahme besteht darin:

„Dass keine präformirten Keime präexistieren: sondern dass in dem vorher rohen ungebildeten Zeugungsstoff der organisirten Körper nachdem er zu seiner Reife und an den Ort seiner Bestimmung gelangt ist, ein besonderer, dann lebenslang thätiger Trieb rege wird, ihre bestimmte Gestalt anfangs anzunehmen, dann lebenslang zu erhalten, und wenn sie ja etwa verstümmelt worden, wo möglich wieder herzustellen.“<371>

Blumenbach postuliert,

„dass das Wort Bildungstrieb, so gut, wie die Worte Attraction, Schwere etc. zu nichts mehr und nichts weniger dienen soll, als eine Kraft zu bezeichnen, deren constante Wirkung aus der Erfahrung anerkannt worden, deren Ursache aber so gut wie die Ursache der genannten, noch so allgemein anerkannten Naturkräfte, für uns qualitas occulta ist.“<372>

Der Bildungstrieb verursacht die Gestalt des Körpers und sorgt für dessen lebenslange Aufrechterhaltung.


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„Ein Trieb, der folglich zu den Lebenskräften gehört, der aber eben so deutlich von den übrigen Arten der Lebenskraft der organisirten Körper (der Contractilität, Irritabilität, Sensilität etc.) als von den allgemeinen physischen Kräften der Körper überhaupt, verschieden ist; der die erste wichtigste Kraft zu aller Zeugung, Ernährung, und Reproduktion zu seyn scheint, und den man um ihn von andern Lebenskräften zu unterscheiden, mit dem Namen des Bildungstriebes (nisus formatiuus) bezeichnen kan.“<373>

Voegelin sieht bei Blumenbach einen Wandel in der Terminologie, die ihn von anderen Theoretikern, wie Wolff und Buffon, unterscheidet. Durch die Bezeichnung „Trieb“ sei ein Fortschritt in Richtung des Prozesses der Verinnerlichung des Leibes getan, denn Buffons „innere Form“ und Wolffs „vis essentialis“ seien recht statische Begrifflichkeiten, „der Trieb verlegt das gestaltgebende Prinzip ins Innere des Organismus und läßt zugleich etwas von Subjektivität der Erzeugung ahnen.“<374> Zu verweisen ist auch auf Goethe und Kant, die beide Blumenbachs Theorie des Bildungstriebes ihre Anerkennung zollten:

„In Ansehung dieser Theorie der Epigenesis hat niemand mehr, sowohl zum Beweise derselben als auch zur Gründung der echten Prinzipien ihrer Anwendung, zum Teil durch die Beschränkung eines zu vermessenen Gebrauchs derselben, geleistet als Herr Hofr. Blumenbach. Von organisierter Materie hebt er alle physische Erklärungsart dieser Bildungen an.“<375>

Diese Aussage Kants greift auch Goethe in seiner kurzen Abhandlung zum Bildungstrieb auf. Interessant sind dabei auch die Bezüge, die Goethe zu Wolff‘s Theoria Generationis herstellt:

„Ein solches Zeugnis des gewissenhaften Kants regte mich an, das Blumenbachische Werk wieder vorzunehmen, das ich zwar früher gelesen, aber nicht durchdrungen hatte. Hier fand ich nun meinen Kaspar Friedrich Wolf als Mittelglied zwischen Haller und Bonnet auf der einen und Blumenbach auf der andern Seite. Wolf mußte zum Behuf seiner Epigenese ein organisches Element voraussetzen, woraus alsdann die zum organischen Leben bestimmten Wesen sich ernährten. Er gab dieser Materie eine vim essentialem, die sich zu allem fügt, was sich selbst hervorbringen wollte, und sich dadurch zu dem Range einers Hervorbringenden selbst erhob.“<376>

In der Blumenbachschen Definition des Bildungstriebes erkennt Goethe einen Hang zum „Anthropomorphosieren“, und dieser, so unterstellt es Voegelin, habe auf Goethe anziehend gewirkt<377>. Voegelin zufolge weckte die „Subjektivierung der Natur“<378> das Interesse Goethes, während Kant bei Blumenbach vor allem den naturgesetzlichen Ansatz seines Werkes lobte. Goethe interpretiere den Bildungstrieb im Hinblick auf die lebendige Sphäre des Menschen, Kant sehe im Bildungstrieb dagegen ein Prinzip, welches aufgrund seines allgemein naturgesetzlichen Charakters auch den Bereich des Anorganischen einschließt. Die Interpretation des Bildungstriebes fällt somit bei Goethe und Kant zwar unterschiedlich aus, jedoch zielen beide auf eine Abgrenzung des Bereichs des Organischen gegen den des Anorganischen und Mechanischen ab. Die Deutungen Kants und Goethes schießen nach Voegelins Auffassung beide ein wenig über das Ziel hinaus, jedoch finde sich am Ende ein Gleichgewicht bezüglich der Vorstellungen vom Organismus<379>.


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2.3.3.4 Der Organismusbegriff bei Kant

Auch Kant widmet sich in seiner Kritik der Urteilskraft dem Organismusbegriff. Nach Voegelins Auffassung sei bei Kant der Organismusbegriff in sein Gleichgewicht gekommen. Die Auffassungen Kants gründen sich auf die These, daß es in der Seinsordnung ein Nebeneinander zwischen einer natürlichen und einer intelligiblen Sphäre gebe. Der Organismus sei nicht das Resultat des Schöpfungsaktes durch eine Vernunft, ganz gleich ob sich diese im Wege der Präformation oder der Epigenesis vollziehe. Voegelin wertet dieses Auffassungen als „die genaue Umkehrung der Gedankenführung, mit der Kant in der Kritik der reinen Vernunft, in der Erläuterung der dritten Antinomie, die Parallelität der natürlichen und der intelligiblen Sphäre begründet.“<380> Den Vorgängen in der Natur liegen freie Ursachen zugrunde. Hinzu kommt jedoch, daß „als unbestrittenes Faktum aus dem gesetzlichen Gang der Natur sich gewisse Naturerzeugnisse, die sogenannten Naturzwecke herausheben.“<381>
In diesem Sinne habe die Natur auch den Bereich des Organischen hervorgebracht. Dieser sei durch folgende drei Merkmale gekennzeichnet. Erstens, ein Merkmal des organischen Lebens sei die Fortpflanzung als artspezifische Reproduktion. Ein zweites Merkmal lebender Individuen sei deren Wachstum, verbunden mit der Ernährung, durch die auch anorganische Stoffe aufgenommen werden. Drittens, heißt es, daß das vollständige Geschöpf aus einem Teil des Geschöpfes hervorgebracht wird, so daß die Existenz des Ganzen durch die Existenz seiner Teile bedingt ist<382>.
Hieraus erwächst eine charakteristische Beziehung zwischen einem Organismus und seinen Gliedern, die wie Voegelin abschließend unter Heranziehung von Zitaten von Kant und Friedrich Heinrich Jacobi feststellt, auch in anderen Lebensbereichen, etwa in der Frage der Staatsorganisation gilt<383>. Der Organismusbegriff bei Kant hat den Sinn eines Naturzweckes:

„Soll aber ein Ding als Naturprodukt in sich selbst und seiner inneren Möglichkeit doch eine Beziehung auf Zwecke enthalten, d. i. nur als Naturzweck und ohne die Kausalität der Begriffe von vernünftigen Wesen außer ihm möglich sein, so wird zweitens dazu erfordert, daß die Teile desselben sich dadurch zur Einheit eines Ganzen verbinden, daß sie voneinander wechselseitig Ursache und Wirkung ihrer Form sind. Denn auf solche Weise ist es allein möglich, daß umgekehrt (wechselseitig) die Idee des Ganzen wiederum die Form und Verbindung aller Teile bestimme: nicht als Ursache - denn da wäre es ein Kunstprodukt -, sondern als Erkenntnisgrund der systematischen Einheit der Form und Verbindung alles Mannigfaltigen, was in der gegebenen Materie enthalten ist, für den, der es beurteilt.“<384>

Die Glieder existieren nicht nur zum Zwecke der Hervorbringung des Organismus’, sondern die Glieder bedingen sich wechselseitig untereinander, sie bedingen den Organismus, und umgekehrt bedingt auch die Idee des Organismus die Glieder, aus denen er sich zusammensetzt<385>.


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2.3.3.5 Die Einheit und Vielfalt des Lebens - Prinzipien

Bei der „Verinnerlichung des Leibes“ spielen für Voegelin, wenn es darum geht, auf die Endstufe dieses Prozesses hinzuarbeiten, verschiedene Ansätze über eine „Reihe lebender Formen“<386> eine Rolle, die er in seiner Rassenidee in der Geistesgeschichte unter dem Titel der „Entfaltung der organischen Formenwelt“<387> abhandelt. Es entwickle sich, so Voegelin, die Idee des lebenden Individuums, welches einem eigenen Bildungsgesetz folgt. Dieses Konzept ist zugleich eine Abkehr von der Idee der Entstehung des Lebens und der Arten durch einen einmaligen Schöpfungsakt, nunmehr spielt hier die Spekulation über die unendliche Reihe in der Kette der Zeugungen eine Rolle. Voegelin interpretiert diese Beobachtung im Zusammenhang des Wandels von der transzendenten zur immanenten Betrachtung der Entstehung des Lebens.
Es sind insgesamt vier Ideen, die Voegelin bei diesem Wandel vom transzendenten zum immanenten Ansatz verknüpft sieht. Die erste ist die Idee der Kontinuität, das heißt, die Vielzahl der organischen Formen bildet ein Kontinuum im mathematischen Sinne. Die zweite Idee beeinhaltet die Verortbarkeit der Individuen in einem systematischen Bauplan nach morphologischen Gesichtspunkten. Als drittes steht eine Spekulation über die Seinsordnung der organischen Welt, bestehend aus den Seinsstufen von Pflanze, Tier und Mensch, also eine Ontologie. Viertens, nennt Voegelin schließlich die Idee der Abstammung der Lebewesen voneinander.
Um den Wandel von der transzendenten zur immanenten Betrachtung des Problems weiter zu verdeutlichen, nimmt Voegelin nochmals eine Neuordnung dieser vier Ideengehalte vor, so daß sich diese nunmehr folgendermaßen darstellen lassen. Erstens, stellt die Gesamtheit der Lebensformen „ein reales Vernunftkontinuum“<388> dar. Diese Idee repräsentiert die transzendente Betrachtung, da sich das Wesen des wirklichen Zusammenhanges nicht auf das organische Leben, sondern auf die Kategorie der Vernunft hin erstreckt. Als zweites wird „die Betrachtung der Formenwelt unter einer regulativen Idee des Kontinuums“<389> angeführt. Auch hier ist die Vernunft die Grundlage des Kontinuums, wobei sie sogar noch über den bloßen Realzusammenhang in der Reihe der Lebensformen hinausgehend den Charakter der Idee einer Ordnung annimmt. Der transzendente Charakter ist hier zwar noch weitergehender als bei der Betrachtung der Formenwelt als reales Vernunftkontinuum, andererseits werden hier aber auch die Grundlagen für den Übergang zur immanenten Deutung geschaffen,

„insofern der Charakter des Kontinuums als eine regulative Idee die Frage des Realzusammenhanges der Formenmannigfaltigkeit offen läßt, er läßt eine leere Stelle in der Deutung des Phänomens, die durch Immanenz-Ideen ausgefüllt werden kann.“<390>

Drittens, die Verortbarkeit der Individuen in einem systematischen Bauplan nach morphologischen Gesichtspunkten soll zuerst die Frage nach dem Realzusammenhang beantworten helfen. Hierbei wird eine Ordnung der Lebensformen präsentiert, jedoch wird auf die Frage nach den Ursachen des Realzusammenhangs, der Verwandtschaft der Lebensformen untereinander, entweder gar nicht oder aber durch Verweis auf transzendente Mächte, wie Gott und Natur, eingegangen. Viertens schließlich, steht die immanente Idee der Realverwandtschaft der verschiedenen Lebensformen, das heißt die Ausdifferenzierung der Formen, in einem historischen Prozeß<391>.
Diese vier geordneten Ideen handelt Voegelin anhand von Beispielen und Vertretern der Ideengeschichte ausführlich ab und führt hierzu Namen an, die bereits in unseren bisherigen Ausführungen eine Rolle spielten: Leibniz, Kant, Herder und Goethe.


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2.3.3.6 Die Einheit und Vielfalt des Lebens - die Ansätze von Leibniz und Kant

Für die erste der genannten Ideen, die Betrachtung der Welt der Lebensformen als reales Vernunftkontinuum, steht der Name Leibniz. Grundlage dieser Betrachtungen über das Kontinuitätsprinzip ist ein Brief von Leibniz an Varignon. Leibniz geht von einem mathematischen Kontinuum aus und überträgt dessen Prinzip auf die Biologie dergestalt,

„daß all die verschiedenen Klassen von Wesen, deren Inbegriff das Universum ausmacht, in den Ideen Gottes, der ihre wesentlichen Abstufungen distinktiv erkennt, nur ebensoviele Koordinaten ein und derselben Kurve sind.“<392>

Voegelin führt hierzu ein längeres Zitat der Ausführungen Leibniz’ an<393>. Es bestehe ein Kontinuum zwischen Menschen, Tieren, Pflanzen und Fossilien, das heißt zwischen diesen verschiedenen Lebensformen seien die Übergänge fließend. Diese These interpretiert Voegelin dahingehend, „daß Leibniz die Kontinuität der Formen im Sinne einer Vernunftmetaphysik verstanden wissen wollte.“<394> Für den Ansatz Leibniz’ zieht Voegelin daraus die Schlußfolgerung, daß dessen Auffassung von der fließenden Kontinuität zwischen den verschiedenen Formen nicht real leiblich ist, sondern sich nur auf einer intellektuellen Ebene abspielt. Die Deutung der Formenreihe als reales Vernunftkontinuum ist daher keine immanente, sondern eine transzendente Interpretation des Gesamtproblems. Dabei bleibt jedoch festzuhalten, daß es sich nicht um eine reale Diskontinuität handelt, die lediglich als Kontinuität betrachtet wird, sondern eine reale Kontinuität, die eine göttliche Idee darstellt. Empirisch muß dieses Realkontinuum deshalb nicht nachweisbar sein. Die Folge des Leibnizschen Ansatzes ist jedoch eine Infragestellung der Linneschen These von der absoluten Konstanz der Arten<395>.
So wie Leibniz als Vertreter der Betrachtung der Formenreihe als reales Vernunftkontinuum angesehen wird, führt Voegelin nunmehr Kant als Repräsentanten einer „regulativen Idee des Kontinuums“ an<396>. Das Prinzip der Kontinuität ist kein Realkontinuum, sondern das Ergebnis einer subjektiven Idee der Vernunft, die auf die Realität angewendet wird. In diesem Sinne heißt es bei Kant:

„Die Vernunft bereitet also dem Verstande sein Feld, 1. durch ein Prinzip der Gleichartigkeit des Mannigfaltigen unter höheren Gattungen, 2. durch einen Grundsatz der Varietät des Gleichartigen unter niederen Arten; und um die systematische Einheit zu vollenden, fügt sie 3. noch ein Gesetz der Affinität aller Begriffe hinzu, welches einen kontinuierlichen Übergang von einer jeden Art zu jeder anderen durch stufenartiges Wachstum der Verschiedenheit gebietet. Wir können sie die Prinzipien der Homogenität, der Spezifikation und der Kontinuität der Formen nennen.“<397>

Kontinuität in diesem Sinne besteht also aus den zwei Prinzipien „Homogenität“ und „Spezifikation“. Die Zielrichtung der „Homogenität“ ist das Herausfinden von Gemeinsamkeiten zwischen verschiedenen Lebensformen, wodurch eine Zuordnung innerhalb eines hierarchischen Systems, einer Taxonomie, zu höheren Kategorien möglich sein soll. Aufgrund gemeinsamer Merkmale werden nach unserem heutigen Verständnis nach dem Kriterium der Artverwandtschaft Arten zu Gattungen, diese zu Familien, jene wiederum zu Ordnungen usw. zusammengefaßt. Die „Spezifikation“ hingegen zielt in die Gegenrichtung ab, indem sie annimmt, daß es grundsätzlich keine kleinste Einheit in der Taxonomie der Lebewesen geben kann, sondern deren Kategorien nach unten ebenfalls nach immer spezifischeren Merkmalen erweitert werden können. Unserem heutigen Verständnis entsprechend folgen auf die Kategorie der Arten nämlich die Unterarten und auf diese wiederum die Rassen.
Zwei Momente in Kants Ansatz hebt Voegelin noch einmal hervor, zum einen dessen transzendente


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Natur, die hier noch stärker sei als bei Leibniz, zum anderen die Unabhängigkeit dieses nur den Charakter einer subjektiven Idee tragenden Ansatzes Kants von empirischen Befunden<398>.

2.3.3.7 Die Einheit und Vielfalt des Lebens - die Ansätze von Herder und Goethe

Nun geht es Voegelin in seiner Darstellung von vier Ansätzen, die die „Entfaltung der organischen Formenwelt“ beschreiben, darum, den Wandel von der transzendenten zur immanenten Sicht aufzuzeigen. Die beiden vorhergehend erläuterten Ansätze von Leibniz und Kant weisen, wie gesagt, einen eindeutig transzendenten Charakter auf. Bei Herder und Goethe hingegen findet sich das Bild einer Entwicklung des organischen Lebens, welches im Wandlungsprozeß von der Transzendenz zur Immanenz bereits fortgeschrittener ist. Das von Herder entwickelte Prinzip ist auf vier Thesen aufgebaut, welche Voegelin gern neben die vier Thesen Linnes über die Konstanz der Arten gestellt sehen möchte. Die erste These Herders besagt :

„Die Klassen der Geschöpfe erweitern sich, je mehr sie sich vom Menschen entfernen; je näher ihm, desto weniger werden die Gattungen der sogenannten vollkommenern Thiere.“<399>

Mit weitergehender Entwicklung und Vervollkommnung nimmt also die Zahl der Klassen ab. Zweitens, werden nach Herder alle Lebewesen nach einundderselben „Hauptform“<400> gebildet. An dieser seien sogar die Gebilde der nichtlebenden Natur ausgerichtet:

„Wir können also das zweite Hauptgesetz annehmen: daß, je näher dem Menschen, auch alle Geschöpfe in der Hauptform mehr oder minder Aehnlichkeit mit ihm haben, und daß die Natur bei der unendlichen Varietät, die sie liebt, alle Lebendigen unsrer Erde nach Einem Hauptplasma der Organisation gebildet zu haben scheine.“<401>

Drittens, seien die verschiedenen Arten in ihrer Gesamtheit die Manifestation eines Bauplanes, die Arten selbst stellen Variationen dieses Planes dar. Daraus folgt, daß sich mit einem Exemplar das andere erklären läßt<402>. Viertens, nimmt Herder an, daß der Mensch im Tierreich ein „Mittelgeschöpf“<403> darstellt, das heißt ein Wesen, in welchem „sich die Züge aller Gattungen um ihn her im feinsten Inbegriff sammeln.“<404> Diese vier Thesen kennzeichnen Voegelin zufolge jene „transzendente sachhaltige Ordnung der Reihe“<405> der Lebensformen. Die Ansichten finden sich bei Goethe in ähnlicher Weise, wobei dieser jedoch vom „Typus“ spricht und damit das meint, was Herder als „Hauptform“ bezeichnet. Goethe erkannte für sich

„die Notwendigkeit, einen Typus aufzustellen, an welchem alle Säugetiere nach Übereinstimmung und Verschiedenheit zu prüfen wären, und wie ich früher die Urpflanze aufgesucht, so trachtete ich nunmehr, das Urtier zu finden, das heißt denn doch zuletzt: den Begriff, die Idee des Tiers.“<406>


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Entworfen wird diese Typenlehre wiederum in Goethes Vortrag Über einen aufzustellenden Typus zu Erleichterung der vergleichenden Anatomie, auf den hier bereits eingegangen worden ist<407>. Voegelin macht in Bezug auf den Herderschen Begriff des Mittelgeschöpfes noch einmal deutlich, daß dieser zweierlei Bedeutung haben kann. Neben der hier dargestellten Begrifflichkeit des Menschen als Mittelgeschöpf ist diese auch als Mittelstellung zwischen tierischem und geistigen Sein interpretierbar, wie Herder sie in anderem Zusammenhang aufgefaßt hat. Diese Interpretation ist im Vergleich zur ersteren eine rein ontologische. Im einen Fall handelt es sich um eine biologische, im anderen um eine anthropologische Bedeutung des Begriffes, beide sind methodisch sauber voneinander zu trennen. Dennoch habe Herder, wie Voegelin kritisch befindet, versucht, diese beiden Bedeutungen eines Begriffes zu vereinigen<408>.

2.3.3.8 Die immanente Interpretation der Entstehung des Lebens und der Entwicklung seiner Vielfalt

Einen vierten Ansatz zur Darstellung der „Entfaltung der organischen Formenwelt“ bezeichnet Voegelin ganz im Gegensatz zu dem von Herder und Goethe als „immanente sachhaltige Ordnung der Reihe“<409> der Lebensformen. Diesen Ansatz findet Voegelin in der Reaktion Kants auf die Ideen Herders. Herders und Goethes Ansätze einer „transzendenten sachhaltigen Ordnung der Reihe“ sind, so Voegelin,

„auf dem Weg zu einer immanenten Fassung des Gesetzes, aber sie erreichen sie nicht ganz, weil das Prinzip, das in der Reihung der Leibgestalten sich offenbart, ein leibjenseitiges ist. Die organischen Gestalten sind Analoga eines Bauplanes, aber sie erzeugen und variieren diesen Plan nicht aus sich selbst.“<410>

Kant kritisiert an Herder in seinen Rezensionen von J. G. Herders Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit dessen Versuch, die Lebensformen nach ihrer Ähnlichkeit zu klassifizieren, mit der Begründung, die Ähnlichkeit resultiere aus der Mannigfaltigkeit der Organismen, und diese Folgerung sei so selbstverständlich, daß die von Herder angegebene Ursache in Gestalt eines gemeinsamen Bauplanes der Lebensformen nicht zwingend ist:

„Die Kleinheit der Unterschiede, wenn man die Gattungen ihrer Ähnlichkeit nach aneinander paßt, ist bei so großer Mannigfaltigkeit eine notwendige Folge eben dieser Mannigfaltigkeit. Nur eine Verwandtschaft unter ihnen, da entweder eine Gattung aus der andern, und alle aus einer einzigen Originalgattung, oder etwa aus einem einzigen erzeugenden Mutterschoße entsprungen wären, würde auf Ideen führen, die aber so ungeheuer sind, daß die Vernunft vor ihnen zurückbebt, dergleichen man unserm Verfasser [Herder], ohne ungerecht zu sein, nicht beimessen darf.“<411>

Später revidiert Kant seinen Standpunkt, die Ähnlichkeit sei ausschließlich eine selbstverständliche Folge der Mannigfaltigkeit dahingehend, daß es wohl doch nicht überflüssig sei, morphologische Analogien zu untersuchen, um an diesen ein bauplanartiges System als Prinzip der Erzeugung ausfindig zu machen. Es wird das Bild einer Stufenleiter der Entwicklung entworfen, an dessen Spitze der Mensch steht, unter diesem die Tiere und Pflanzen bis hinunter zu den am niedrigsten entwickelten Lebensformen rangieren. In der Kette der Zeugungen nimmt die Mannigfaltigkeit der Lebensformen solange zu, bis sie dann irgendwann erstarrt<412>. Der Spekulation Kants stellt Voegelin


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die Entwicklungen, die die Abstammungslehre unter Darwin im 19. Jahrhundert genommen hat, gegenüber. Diese, so Voegelin, haben den Ansatz Kants einerseits weiterentwickelt, seien jedoch auch von theoretischer Verflachung gekennzeichnet, infolgederen unbedeutende Fakten hervorgehoben, spekulative, theoretisch bedeutsame Grundsätze jedoch außer Acht gelassen werden<413>.
Bei Kant ist die Erklärung der Reihe der Lebensformen als immanenter Ansatz zu verstehen, und dieser immanente Charakter wird in der Darwinschen Abstammungslehre noch verstärkt. Doch trotz dieser immanenten Erklärung, daß die Lebensformen voneinander abstammen und die Differenzierung der Arten mit der Kette der Zeugungen zunimmt, ist die transzendente Frage nach den Endursachen dieser Entwicklung bis zu seinen Anfängen zwar aufgeschoben, aber nicht aufgehoben<414>. Auch wenn die Arten voneinander abstammen mögen, wird deren Entwicklung letzten Endes durch jenes der Entwicklung vorangehende transzendente Gesetz erklärt.
Das Ansinnen der wissenschaftlichen Abstammungslehre wird durch den Ansatz Kants ad absurdum geführt. Ziel der Abstammungslehre ist eine Erklärung der Ursachen der Artentwicklung, in deren Ergebnis wird das die Entwicklung erklärende transzendente Gesetz lediglich zeitlich zurückverlagert. Somit gelangt Voegelin am Ende seiner Untersuchungen über den Wandlungsprozeß von der transzendenten zur immanenten Betrachtung der Entwicklung von Lebensformen zu einem charakteristischen Ergebnis, welches er in Beziehung setzt zu dem an anderer Stelle bereits beleuchteten Problem der unendlichen Reihe und deren Verendlichung:

„So wie für das organische Individuum sein Gestaltgesetz, die Immanenz seines Seins, nicht ersetzt werden konnte durch die präformistische Reihentheorie, wie dort das Problem der Unendlichkeit innerhalb der Art aufgelöst werden mußte, um den endlichen Begriff des Bildungstriebes der lebenden Einzelform zu gewinnen, so muß in der Entwicklungstheorie die Lehre von der Abstammung der Arten als Erklärungsgrund der Einzelart aufgelöst werden, damit wieder die Idee der Artkonstanz, des immanenten Gesetzes der Artform gefunden werde.“<415>

Die Ursache des Artphänomens sieht Voegelin in keinem der von ihm beschriebenen vier Ansätze zur Erklärung der „Entfaltung der organischen Formenwelt“ wirklich erklärt. Somit stellt sich die Frage zu welcher Konsequenz er am Ende seiner Untersuchung über das Gesamtproblem der „Verinnerlichung des Leibes“ geführt wird. Voegelin gelangt zu dem Schluß, daß der verwandtschaftliche Zusammenhang zwischen den Arten ebenso wie die Individuen und die Arten selbst die drei Facetten darstellen, die das Urphänomen des Lebens ausmachen. Keines dieser drei Facetten ein und desselben Urphänomens könne durch die beiden anderen erklärt werden. Von daher sei der Prozeß der „Verinnerlichung des Leibes“ zusammenfassend zu charakterisieren „als eine Auflösung des Gewirres von Konstruktionen, bis der Blick auf das Urphänomen des Lebens selbst frei wird.“<416>

2.3.4 Zur „Verinnerlichung der Person“

2.3.4.1 Unsterblichkeit und Unendlichkeit

Das Thema der „Verinnerlichung des Leibes“ zielt Voegelins abschließendem Bekunden zufolge auf die Freilegung des Blickes auf das Urphänomen des Lebens ab. Analog hierzu erfolgt die Zielrichtung des Themas der „Verinnerlichung der Person“ im Hinblick auf das Urphänomen des Menschen in seiner leiblich-geistigen Einheitsgestalt. Wie auch schon bei der „Verinnerlichung des Leibes“ geht es hier um die Überwindung des Dualismus von Körper und Geist zugunsten einer Interpretation der Seinsordnung als stofflich-geistiger Einheit. Allerdings vollzieht sich im Zuge der „Verinnerlichung der Person“ dieser Wandel auf einer höher gelagerten Ebene:

„Bei der Verinnerlichung des Leibes handelt es sich um die Verlebendigung der Materie, ohne in hylozoistische Theorien oder Analogien des Artefaktes oder in rein äußerliche

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Kombinationen eines Stückes Materie mit einer individuellen anima abzugleiten; bei der Verinnerlichung der Person handelt es sich um die Versinnlichung eines immateriellen geistigen Prinzips, ohne in eine Materialisierung des Seelischen zu verfallen. Von den beiden Polen der Materie und der Seele, des Leibes und des Geistes her soll die Vorstellung des endlichen Ganzen gewonnen werden, des Leibes oder der Person.“<417>

Bei der „Verinnerlichung des Leibes“ war von einer Verendlichung der Spekulation über die unendliche Reihe die Rede gewesen, eine ähnliche Verendlichung ereignet sich nun auch im Zusammenhang mit der „Verinnerlichung der Person“. Allerdings hat sich das Befassen mit der Verendlichung bei der „Verinnerlichung der Person“ zeitlich später ereignet als jene im Zusammenhang mit der „Verinnerlichung des Leibes“. Leibniz, der das Problem der Unendlichkeitsspekulation und der Verendlichung mathematisch präzisiert hat, ist zur „Verinnerlichung der Person“ noch nicht vorgedrungen. Voegelin setzt somit in seiner Abhandlung dieses Themas erst bei Kant an.
Die Infragestellung der mathematischen Unendlichkeitsspekulation erfolgt gegen Ende des 17. Jahrhunderts, ohne daß Leibniz jedoch noch weitere Konsequenzen aus dieser Einsicht zieht. So bleibt auch im 18. Jahrhundert die Unendlichkeitsspekulation über das Wesen der Person lebendig und manifestiert sich entweder in der christlichen Annahme des Weiterlebens der Seele im Jenseits oder in der Reinkarnation, der Wanderung der unendlich existierenden Seele von Körper zu Körper. Voegelin läßt jedoch nicht unberücksichtigt, daß es bereits vor Kant eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Problem gegeben habe. Bei Lessing etwa beziehe sich die Qualität der Unendlichkeit auf die Menschheit als Ganzes. Die Erziehung des gesamten Menschengeschlechts zu einem tugendhaften Leben erfolge in einem unendlichen Zeitraum. Der Unendlichkeit der Menschheit stehe jedoch die endliche Existenz des menschlichen Individuums als Antithese gegenüber. Dieser Widerspruch wird durch die Annahme der individuellen Seelenwanderung gelöst.
Das Leben wird als etwas unkörperliches aufgefaßt, was dann auch für Kant die Konsequenz hat, zwischen Organismus und Leben zwar eine Analogie zu erkennen, beide jedoch als verschiedene Bereiche der Seinsordnung anzusehen. Voegelin hält es für erforderlich, die Überlegungen zum Problem der Unendlichkeit und der Präformation für die Wandlungen der Seele zu wiederholen. Das heißt, auch hier verliert die Annahme der Vervollkommnung ihren Sinn, wenn diese als unendlicher Prozeß gedacht wird, weil es innerhalb eines unendlichen Kontinuums keine rational faßbaren endlichen Abschnitte geben kann, diese wären, wenn man sich das unendliche Kontinuum im mathematischen Sinne denkt, unendlich klein. Sowohl „(d)ie Unsterblichkeit der Seele“<418> als auch „(d)as Dasein Gottes“<419> bezeichnet Kant „als ein Postulat der reinen praktischen Vernunft“<420>:

„Die Bewirkung des höchsten Guts in der Welt ist das notwendige Objekt eines durchs moralische Gesetz bestimmbaren Willens. In diesem aber ist die völlige Angemessenheit der Gesinnungen zum moralischen Gesetze die oberste Bedingung des höchsten Guts.“<421>

Diese „völlige Angemessenheit“ ist als unbedingt notwendig anzusehen und kann deshalb

„nur in einem ins Unendliche gehenden Progressus zu jener völligen Angemessenheit angetroffen werden [...]. Dieser unendliche Progressus ist aber nur unter Voraussetzung einer ins Unendliche fortdauernden Existenz und Persönlichkeit desselben vernünftigen Wesens (welche man die Unsterblichkeit der Seele nennt,) möglich. Also ist das höchste Gut, praktisch, nur unter der Voraussetzung der Unsterblichkeit der Seele möglich; mithin diese, als unzertrennlich mit dem moralischen Gesetz verbunden, ein Postulat der reinen praktischen Vernunft“<422>.

Voegelin zufolge erfolgt Kants Lösungsansatz auf zweierlei Weise. Zum einen wird die Existenz des Individuums als unendliche angenommen, zum anderen die Weltgeschichte als unendlicher Prozeß belassen. Im Rahmen des Letzteren wird die Menschheit bei Kant dem Zustand der Vollkommenheit


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entgegen geführt. Im ersteren Falle geht es um die Vollendung der individuellen Vernunft, im letzteren um die Vollendung der Gattungsvernunft. Beide Prozesse, so Voegelin, erfolgen bei Kant unabhängig voneinander, während bei Lessing sich diese vereinigen<423>:

„Lessing hatte die unendliche Vervollkommnung der einzelnen Person mit dem Sinn der Menschheitsentwicklung harmonisiert, indem er die Erziehung des Menschengeschlechts aufbaute in der Erziehung aller einzelnen Menschen durch die Folge ihrer Wiedergeburten. Beide Reihen fallen, wenn man den Gedanken Lessings zu Ende führt, in eine zusammen, denn das Menschengeschlecht in der Geschichte ist nicht eine unendliche Folge verschiedener, sondern eine Kette von Erscheinungen immer gleicher Personen.“<424>

Bei Kant hingegen fallen beide Reihen auseinander, was nach Voegelins Beobachtung Kant selbst als rätselhaft erscheint. Kant entwickelt die Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht<425>, die diese beiden Facetten widerspiegelt. Dem Menschen wird außerdem eine Doppelnatur attestiert, als er einerseits der Gattung der Tierwelt, andererseits der Gattung vernunftbegabter Wesen angehört. Voegelin sieht bei Kant eine Interpretation, die er als „Vollendung der Gattungsvernunft“<426> bezeichnet. Das Leben eines Individuums sei zu kurz, als daß der Mensch hierbei alle seine Anlagen entwickeln könne, vielmehr bedürfe es hierzu einer unendlich langen Reihe an Generationen. Das biologische Dasein sei nur eine Facette des Menschen, alles, was über diese hinausgeht, habe auf der aus Vernunft entsprungenen Vollkommenheit zu beruhen. Dies zieht Kant zufolge notwendigerweise den Umstand nach sich,

„daß die ältern Generationen nur scheinen um der späteren willen ihr mühseliges Geschäfte zu treiben, nämlich diesen eine Stufe zu bereiten, von der diese das Bauwerk, welches die Natur zur Absicht hat, höher bringen könnten; und daß doch nur die Spätesten das Glück haben sollen, in dem Gebäude zu wohnen, woran eine lange Reihe ihrer Vorfahren (zwar freilich ohne ihre Absicht) gearbeitet hatten, ohne doch selbst an dem Glück, das sie vorbereiteten, Anteil nehmen zu können.“<427>

2.3.4.2 Die Verendlichung der Person

Die Reihe der Individuen wird bei Kant nicht durch Seelenwanderung untereinander verknüpft. Stattdessen ist das Individuum Mittel zum Zweck eines vollendeten Lebens späterer Generationen. Das Individuum wird bei Kant zwar als unsterblich angesehen und insoweit ein Zustand der Vollendung erreicht, jedoch ersetzt diese Unsterblichkeit nicht die Vollendung im Diesseits. Es stellt sich das Problem der Vereinigung der Totalität der Menschheit mit der Totalität des Individuums. Ein Lösungsansatz hierzu stellt das Prinzip eines Antagonismus dar, mit welchem sich das Verhältnis der Anlagen innerhalb des Individuums beschreiben ließe.
Die Egoismen des Individuums, die sich etwa im Streben nach Macht über andere manifestieren, bringen zugleich die Talente des Individuums hervor, wovon im Ergebnis dann auch die ganze Gesellschaft profitiert. Das menschliche Individuum ist von daher keine geschlossene Persönlichkeit, sondern eine partikuläre Kraft, die aus Individuen bestehende Gesellschaft ist durch Arbeitsteilung spezialisiert. Das Individuum bleibt daher unvollkommen, weshalb die Entwicklung zur geschlossenen Persönlichkeit zu einem Postulat der Zeit wird. Ein solches Bild einer geschlossenen Persönlichkeit habe der Mensch nach Friedrich von Schillers Auffassung etwa in der Antike repräsentiert, in der Moderne jedoch sei dieses Bild dem einer Zerrissenheit gewichen:

„Diese Zerrüttung, welche Kunst und Gelehrsamkeit in dem innern Menschen anfingen, machte der neue Geist der Regierung vollkommen und allgemein. [...] Jene Polypennatur der

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griechischen Staaten, wo jedes Individuum eines unabhängigen Lebens genoß und, wenn es not tat, zum Ganzen werden konnte, machte jetzt einem kunstreichen Uhrwerke Platz, wo aus der Zusammenstückelung unendlich vieler, aber lebloser Teile ein mechanisches Leben im Ganzen sich bildet. Auseinandergerissen wurden jetzt der Staat und die Kirche, die Gesetze und die Sitten; der Genuß wurde von der Arbeit, das Mittel vom Zweck, die Anstrengung von der Belohnung geschieden. Ewig nur an ein einzelnes kleines Bruchstück des Ganzen gefesselt, bildet sich der Mensch selbst nur als Bruchstück aus; ewig nur das eintönige Geräusch des Rades, das er umtreibt, im Ohre, entwickelt er nie die Harmonie seines Wesens, und anstatt die Menschheit in seiner Natur auszuprägen, wird er bloß zu einem Abdruck seines Geschäfts, seiner Wissenschaft.“<428>

Infolge der menschlichen Zerissenheit gilt die Masse des Volkes als verloren. Der Ausweg wird nunmehr in einer Elite erblickt, die als Trägerin der Humanität und als Führerin der Masse fungieren soll. Nicht zuletzt auf Kant ist die Schillersche Forderung gegründet, intellektuelle Hindernisse und Trägheit zu überwinden<429>. Die Masse des Volkes sei jedoch in dieser Hinsicht überfordert und gebe sich stattdessen mit dem Umstand zufrieden, daß andere über sie die Vormundschaft führen<430>. Desweiteren zitiert Voegelin hierzu eine Schrift von Carl Gustav Carus:

„Es ist also wirklich nur eine kleinere Anzahl, in welcher das Bedürfniß, der Drang, das Suchen des Geistes nach Verständniß seiner selbst eine ganz wesentliche Lebensregung fort und fort ausmacht, und an diese ist es denn, daß die Botschaft dieser Blätter sich wendet, immer hoffend, daß auch aus jener für jetzt unempfänglichen Menge Einzelne wieder auftauchen werden, in welchen das überall im Grunde liegende Bedürfniß wieder erwacht und sie nach dieser Speise hin, oder eigentlich in die Tiefe ihres eigenen Wesens hinein drängen werde.“<431>

Diese Erkenntnis führt weiter zu der Einsicht, daß die Forderung nach Bildung kaum an die Masse des Volkes herangetragen werden kann. Einerseits findet sich zudem die Erkenntnis, daß sich die humanitäre Bildung im Zuge einer höheren Arbeitsproduktivität und des technischen Fortschritts vollziehe, andererseits konstituieren sich Elitetheorien sui generis. Der „Antagonismus der Kräfte“<432>, von welchem hier die Rede ist, wenn es um eine Beschreibung der arbeitsteiligen Zerrissenheit der Gesellschaft geht, wird bei Schiller im Unterschied zu Kant instrumentell aufgefaßt. Bei Kant ist die Vervollkommnung der Gesellschaft ein unendlicher Prozeß, der alle Individuen einschließt, bei Schiller hingegen beschränkt sich das Ideal auf einige ausgewählte Individuen, während die Masse dieses vorerst nicht erreicht<433>.

2.3.4.3 Die Vorbildfunktion Goethes bei Schiller, Humboldt und Carus

Sowohl Schiller als auch Kant befassen sich mit der Frage, wie eine Verbesserung des seinerzeitigen Zustandes der Menschheit möglich sei und gelangen hierbei zu unterschiedlichen Lösungsansätzen. Nach Kant ist es erforderlich, daß der Antagonismus der Kräfte vereinigt wird in einer Gesellschaft, die einem zentralisierten Recht untersteht, das heißt Kant zufolge, die divergierenden Kräfte der Gesellschaft müssen einem Herrscher untergeordnet werden. Hieraus ergibt sich jedoch das Dilemma, daß die Herrscherperson ausschließlich jener unvollendeten Gattung entnommen werden muß, die die gesamte Menschheit repräsentiert. Wie also soll die Menschheit zur Vollkommenheit


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reifen, wenn sie einer ihrer eigenen, unvollkommenen Gattung entnommen Herrscherperson untersteht<434>? An diesem Punkt setzt Schiller mit seinem Ansatz an:

„Aber ist hier nicht ein vielleicht ein Zirkel? Die theoretische Kultur soll die praktische herbeiführen, und die praktische doch die Bedingung der theoretischen sein? Alle Verbesserung im Politischen soll von Veredlung des Charakters ausgehen - aber wie kann sich unter den Einflüssen einer barbarischen Staatsverfassung der Charakter veredeln? Man müßte also zu diesem Zwecke ein Werkzeug aufsuchen, welches der Staat nicht hergibt, und Quellen dazu eröffnen, die sich bei aller politischen Verderbnis rein und lauter erhalten.“<435>

Schiller gelingt es, aus dem von Kant aufgezeigten Teufelskreis auszubrechen, durch die Humanität. Das Ideal der menschlichen Vervollkommnung rückte näher, wenn man sich einen ganz bestimmten Menschen, der diese Vollkommenheit repräsentierte, zum Vorbild nahm. Eine solche Vorbildfunktion erfüllte die Person Goethes, dessen diskrete Porträtierung, ohne ausdrückliche Nennung Goethes, sich Schiller vornimmt:

„Der Künstler ist zwar der Sohn seiner Zeit, aber schlimm für ihn, wenn er zugleich ihr Zögling oder gar noch ihr Günstling ist. Eine wohltätige Gottheit reiße den Säugling bei Zeiten von seiner Mutter Brust, nähre ihn mit der Milch eines bessern Alters und lasse ihn unter fernem griechischem Himmel zur Mündigkeit reifen. Wenn er dann Mann geworden ist, so kehre er, eine fremde Gestalt, in sein Jahrhundert zurück; aber nicht, um es mit seiner Erscheinung zu erfreuen, sondern, furchtbar wie Agamemnons Sohn, um es zu reinigen.“<436>

An anderer Stelle präzisiert Schiller diesen Gedanken und entwickelt das Ideal einer schönen Seele und eines schönen Lebens. Durch Goethe werde ein Element der Sinnlichkeit entwickelt, welche sich an die Seite kantischer Vernunft gesellt<437>. Im Schnittpunkt dieser Begrifflichkeiten von Sinnlichkeit (Goethe) und Vernunft (Kant) entwickelt Schiller einen neuen Begriff, der für den Prozeß der „Verinnerlichung der Person“ nicht unbedeutend ist. Mit der Betrachtung des Einzelnen als „Repräsentanten der Gattung“<438> ist ein erster Schritt auf dem Wege der „Verinnerlichung der Person“ getan, indem die Spaltung zwischen Natur und Vernunft überwunden wird.
Die Konsequenz dieser Betrachtung der Menschheit als einer Gemeinschaft von Gleichen ist deren Übertragung auf den Staat, der nunmehr, wie Voegelin es ausdrückt, als „ästhetischer“<439> aufgefaßt wird, da in ihm die Menschen in freier Gesellschaft gleichheitlich nebeneinander stehen<440>.
Der erste Schritt im Prozeß der „Verinnerlichung der Person“ ist vollzogen. Das weitere Fortschreiten erfolgt im Hinblick auf die Entwicklung der Auffassung von der menschlichen Individualität, für die die Person Goethes so vorbildhaft ist. Die Entwicklung setzt sich fort in dem von Wilhelm von Humboldt entwickelten Begriff der Individualität. Hiernach ist die Geschichte der Menschheit keine homogene kontinuierliche Entwicklung, die sich in die Unendlichkeit erstreckt, sondern ein Vorgang, der gelegentlich von bedeutsamen Eruptionen gekennzeichnet ist, die für den Historiker von besonderer Bedeutung sind. Die Individualität wird als eine „Geisteskraft“<441> aufgefaßt.
Humboldt erkennt in der Weltgeschichte ein Fortschreiten, jedoch nicht im Sinne einer ins Unendliche gehenden Vervollkommnung. Die menschliche Individualität als Geisteskraft ist nicht zwangsläufig mit dem Fortschritt verbunden. Voegelin hebt die Vorbildwirkung Friedrichs des Großen hervor, die auf Kant Eindruck ausgeübt habe, mit der Folge, daß Kant die Entwicklung der Menschheit als ein


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Fortschreiten zur Aufklärung interpretierte. Jedoch habe Kant hierbei das Faktum der Invividualität der Person übersehen und diese der unendlichen Reihe eingeordnet. Geistige und leibliche Beschaffenheit führen ein gleichberechtigtes Nebeneinander, um die Geisteskraft des Individuums zu manifestieren<442>.
Den letzten Schritt im Prozeß der „Verinnerlichung der Person“ unternimmt der bereits zitierte Carl Gustav Carus. Bei Carus ist die Trennung von Geist und Leib vollends aufgehoben, das Individuum wird als leiblich-geistige Einheit verstanden. Auch Carus erachtet die Person Goethes als vorbildhaft:

„Man denke sich [...] einen industriösen, von Volksbewegung aufgeregten Ort, die Erziehung auf Gesamtinstituten mit kommunistischen Rücksichten, volksrednerisch und massenhaft betrieben; und praktisch gewandte Handelsherren, Fabrikanten, Journalisten, Advokaten und Soldaten mögen hervorgehen, aber niemals die Wunderblume eines Goetheschen Genius.“<443>

Bei Goethe erkennt Carus die Realisation einer vollkommenen Gesundheit, die nicht nur das Individuum, sondern den gesamten Stamm, der das Individuum erzeugt, umfaßt. Die vollkommene Gesundheit eines Goethe führt Carus auf dessen ebenso gesunde Eltern zurück. Dies sei nun bei Goethe realisiert, er sei darum „ein Wohlgeborner.“<444> Carus interpretiert die Gesundheit unter den Voraussetzungen einer umfassenden Ontologie. Gesundheit wird bei ihm somit nicht auf die leibliche Sphäre beschränkt, wie es die Methodik der Naturwissenschaften sonst gern zu tun pflegt.
Carus stellt eine Beziehung zwischen den Werken des Geistes und der Gesundheit oder Krankheit des Leibes her. Diese Beziehung spielt in der neueren Psychologie eine wesentliche Rolle. Voegelin verweist in diesem Zusammenhang auf Nietzsche. Als Grundlage der leiblich-geistigen Gesundheit sieht Carus eine Energie an, die das Individuum befähigt, sich gegen Krankheiten erfolgreich zur Wehr zu setzen. Die Individuen sind jedoch in unterschiedlich starkem Maße mit dieser Energie ausgestattet, so daß es folglich sowohl gesündere als auch kränklichere Individuen gibt. Diese Gesundheit bzw. Krankheit des Individuums drückt sich dann auch in seinen Werken aus:

„Allerdings also gilt es ein stetes Wachsein, eine freilich wieder nur durch innere von Haus aus miterhaltene Energie bedingte stete Gegenwart des Geistes, wenn wir, soviel an uns ist, diese Dämonen im Zaum halten sollen -; uns selbst hierbei muß wiederum der Begriff der Ängstlichkeit und der kleinlichen, steten Sorge um Erhaltung des Lebens schlechterdings ausgeschlossen bleiben, wenn irgend nicht wieder auf diesem Wege aller Wert und alle Schönheit und Freiheit des Lebens uns verloren gehen soll.“<445>

Wie bereits angedeutet, ist mit der Theorie der Wohlgeborenheit, wie Carus sie entwickelt, der Prozeß der „Verinnerlichung der Person“ vollendet. Diese drückt sich aus in dem Postulat der Betrachtung des Individuums als leiblich-(seelisch-)geistiger Einheitsgestalt. Diese These wiederum ist für Voegelin der Standpunkt, von dem aus er die Bewertung aller Rassentheorien des 19. und 20. Jahrhunderts vornimmt<446>.
Die von Carus gewonnenen Einsichten hat dieser selbst weiterverarbeitet zu einer Rassentheorie, auf die im folgenden einzugehen ist. Ausgangspunkt ist hierbei wiederum die Person Goethes. Carus versucht eine Erklärung für die unterschiedlichen Befähigungen zu ermitteln, welche die verschiedenen Stämme, sprich Rassen, der Menschheit charakterisieren. Goethe ragt hierbei als Musterexemplar der Menschheit heraus, und Carus stellt sich die Frage warum:

„Der Gedanke an den Mann, welcher vor einem Jahrhundert in die Welt trat, um die Spiegelungen dieser Welt in dem Geiste seiner Nachgebornen zu verschönen und eine Wirkung in ungemessene Zeiten zurückzulassen, man kann ihn nicht ausdenken, ohne zu der

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Frage zu gelangen, woher gerade dieser Individualität, und nur dieser solcher Reichthum der Idee, solche Fülle der Begebenheit, solche Macht des Vollbringens?“<447>

In Beantwortung dieser Frage wird auf die These verwiesen, daß die individuelle Verschiedenheit zum Wesen des Menschen gehört und die verschiedenen Individuen in ihrer Gesamtheit ein organisches Ganzes bilden. Carus stellt die These auf, daß

„auf die möglichste Verschiedenartigkeit, und keineswegs auf die vollkommne Gleichartigkeit der Menschen die Vollendung der Menschheit gegründet ist. Dass man hierüber gewiss werde, versuche man es nur für einen Augenblick, die Umkehrung dieses Satzes zu denken, und als eigentlichen und wahren Zustand der Menschheit ein vollkommnes Sich-gleich-sein aller ihrer Glieder zu setzen. Ich glaube, keinem noch so beängstigenden Traume mag es gelingen, diese Qual und diesen Schrecken in der Seele zu erregen, als die nähere Zergliederung des Gedankens an ein solches Gleichsein, wenn man es deutlich denkt, hervorrufen muss.“<448>

Um diese organische Ganzheit in ihrer individuellen Verschiedenheit zu durchschauen und zu systematisieren, entwickelt Carus eine Aufgliederung der Menschheit nach Rassen und weiteren Kategorien. Carus‘ Ziel ist es nunmehr,

„aus aller jener unendlichen Mannichfaltigkeit hier nur eine Seite herauszugreifen, namentlich die grossen Verschiedenheiten jener Abtheilungen der Menschheit, welche Racen oder Stämme genannt werden, näher ins Auge zu fassen, und zu erwägen, wie sie im Allgemeinen gegen einander insofern sich verhalten, als sie, je nach der Individualität ihrer Glieder, entschieden eine ungleiche Befähigung zeigen müssen, die Geister zu einer besonders hohen, ja überhaupt zu einer ächt menschlichen Entwicklung zu erheben.“<449>

Die zu seiner Zeit übliche Rasseneinteilung sieht Carus als unbefriedigend an, da diese sich nur nach äußerlichen leiblichen Merkmalen bemißt<450>. Stattdessen stützt sich Carus mit seiner Rassentheorie auf die Beziehung des Menschen zu seinem Wohnsitz, der Erde. Grundlage der Rasseneinteilung ist das Verhältnis der Erde zur Sonne mit deren unterschiedlichen Konstellationen. Entsprechend der vier Phasen von Tag, Nacht, Morgen- und Abenddämmerung werden Tagvölker, Nachtvölker, östliche und westliche Dämmerungsvölker voneinander unterschieden.
Nunmehr decken sich Idee und Erfahrung, als die Nachtvölker dem äthiopischen Stamm, die Tagvölker dem kaukasischen oder europäischen Stamm, die östlichen Dämmerungsvölker den mongolischen oder malayischen Stämmen und die westlichen Dämmerungsvölker schließlich den amerikanischen Stämmen entsprechen<451>. Diese vier Stämme unterscheiden sich in der Fähigkeit der Geistesentwicklung derart, daß die Tagvölker an der Spitze, die Nachtvölker am Ende und die Dämmerungsvölker in der Mitte stehen. Hinsichtlich empirischer und logischer Überprüfbarkeit dieser Thesen Carus’ hat Voegelin starke Zweifel, jedoch erkennt er an, daß dieser Systematisierungsversuch von Rassen die verschiedenen Entwicklungsmöglichkeiten der Rassentheorie aufzeigt. Die Rassengliederung von Carus ist nicht als abhängig von anorganisch-natürlichen Gegebenheiten aufzufassen, wohl aber besteht ein Zusammenhang des vom Geist durchwalteten Gesamtwesens zu diesen. So befindet Voegelin:

„Die Gliederung der Rassen ist nicht eine leibliche, der dann eine Typisierung der Seelen angehängt würde, wie in der neueren Rassentheorie, vielmehr versucht Carus aus der Eigengesetzlichkeit von Geist und Charakter die Möglichkeiten der Typengliederung abzuleiten. Seine Typen der seelischen ‚Eigenschaften’ beruhen also im Gegensatz etwa zu denen von

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Günther und Lenz auf einer für die damalige Zeit vorzüglich durchgearbeiteten Charakterologie und sind nur auf deren Boden zu verstehen.“<452>

Die Grundsätze der Seelenlehre von Carus wiederum dienen dessen Beschreibungen der genannten Rassentypen. Die Entwicklung des Geistes kommt im Gegensatz zu der des Körpers nie zu einem Stillstand. Was die Entwicklung des Geistes betrifft, sieht Voegelin bei Carus somit ein Anklingen von Kants Idee der Reihe<453>.
Ausgehend von dieser Einsicht kommt es zur Typenbildung in der Rassentheorie derart, daß es einen tätigen Typ des Menschen gibt, sowie einen anderweitigen Typ, dessen Tätigsein schnell erstarrt. Dem erstgenannten Typ entsprechen bei Carus die Tagvölker, dem letzteren die östlichen Dämmerungsvölker, dabei im besonderen die Chinesen. Zugleich ist mit dieser Typisierung selbstredend eine Wertrangigkeit gegeben<454>.
Voegelin sieht einen interessanten Unterschied in den rassentheoretischen Ansätzen von Buffon und Carus bezüglich der Feststellung, was als normal anzusehen ist. Bei Buffon gelte der Menschentyp als normal, der die Mehrheit darstellt und kontrastiert somit zu einer als von der Norm abweichenden Minderheit, ganz gleich ob dieses Abweichen von der Norm als bestaunenswert oder bemitleidenswert zu erachten ist. Das Abweichen von der Norm sei somit ein Kuriosum, etwas anormales.
Carus hingegen entwickelt zunächst unabhängig von der Erfahrung die Norm unmittelbar aus dem Geist und überprüft dann, ob die vorzufindenden Menschentypen dieser Norm entsprechen. Das Abweichen von dieser Norm ist hingegen nichts anormales, sondern gehört als ein Merkmal zum Wesen der Menschheit. Wie Schiller so prägt auch Carus die Einsicht, daß es nur wenigen Menschen vergönnt ist, dem Ideal nahezukommen. Aus der Unterschiedlichkeit in den Fähigkeiten der Völker ergibt sich als Konsequenz bei Carus jedoch kein Sozialdarwinismus, sondern ein Gedanke der Solidarität. Die Tagvölker haben somit zwar eine führende Stellung in der Menschheit, jedoch obliegt ihnen auch die Verpflichtung, die schwächeren Völker zu schützen und ihnen zu helfen<455>.
Voegelin zeigt in seinen Ausführungen über die Rassentheorie von Carus zudem auf, aus welcher Vielzahl von Quellen dessen Ansatz gespeist wird, wofür Namen wie Buffon, Herder, Schiller und Goethe hier als Beispiele dienen:

„Aus vielen Fäden ist hier das Netz einer Lehre zusammengewoben, die sich weniger durch ihre begriffliche Schärfe und ihre Bewährung am empirischen Material auszeichnet als durch die Weite des Geistes und die Tiefe des Blickes, mit denen Carus die Welt durchdringt.“<456>

In der Rassentheorie von Carus hat nach Voegelins Bewertung einerseits die „Verinnerlichung der Person“ ihren Abschluß gefunden, andererseits sind hier auch schon Entwicklungen erkennbar, welche das Rassenproblem später nimmt. Hierzu gehört etwa die herausragende Stellung, die, in den ideologischen Dogmen des Nationalsozialismus gipfelnd, der nordischen Rasse zuerkannt wird. Die Tagvölker nehmen dabei eine kulturelle Vorrangstellung vor allen anderen Völkern ein. Bei Erkenntnissen dieser Art bleibt es nicht aus, daß diese irgendwann auch politisch instrumentalisiert werden. Angesprochen wird hiermit das Phänomen der Rassenidee als Idee einer politischen Gemeinschaft<457>. Diese Problematik ist im folgenden näher zu betrachten.

2.4 Rassenidee und politische Ordnung

2.4.1 Das Wesen der Leibidee und deren historische Verwirklichung

Am Beginn der Abhandlungen dieser Arbeit zu Voegelins Auseinandersetzung mit Rassentheorie und Rassenidee wurde bereits auf den Ideenbegriff bei Voegelin eingegangen. Hinsichtlich der


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Konsequenzen für die Leibidee im konkreten, die sich aus den dabei entwickelten Grundsätzen ergeben, arbeitet Voegelin folgende Möglichkeiten heraus. Erstens, beziehen sich die Leibideen auf einen Teil des Wesens Mensch. Der Mensch wird dabei zunächst als ein Animale betrachtet. Zum einen gehört er einer Blutlinie an, die über seine Eltern und Vorfahren hinauf sowie über seine Kinder und Nachkommen hinunter reicht, so daß der Mensch zwar ein Individuum ist, jedoch aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Blutlinie kein in sich geschlossenes. Der Mensch ist jedoch nicht nur Individuum, er gehört zugleich einer begrenzten Gemeinschaft, einer Rasse, sowie der hierarchisch am höchsten stehenden Gemeinschaft, der Art Mensch, an.
Damit ist die Ideenhierarchie grob umschrieben. Nun kommt aber eine Komponente hinzu, die das spezifisch Menschliche des Menschen ausmacht, denn die Betrachtung des Menschen lediglich als Animale könnte auch für jede Tierart gelten. Das spezifisch Menschliche des Menschen besteht nunmehr darin, daß die vorgenannten animalischen Ideen, die objektiven Charakter besitzen, in der subjektiven Idee des menschlichen Geistes reflektiert werden können und müssen, um ihre charakteristische Wirkung bei der Bildung politischer Gemeinschaften zu entfalten. Infolge dieser Anschauung gewinnt Voegelin, zweitens, einen charakteristischen Typus von Leibideen, dessen Wesen er folgendermaßen umschreibt:

„Der animalische Artcharakter kann als ein menschliches Schicksal erlebt und zur Grundlage einer Gemeinschaftsidee werden, in der alle Menschen, als artzugehörige und damit von einem gleichen Schicksal betroffene, vor der gleichen sittlichen Gemeinschaftsaufgabe der Überwindung der Animalität und der Reinigung des Geistes stehen. Die Umsetzung der objektiven animalischen Idee in eine subjektive Gemeinschaftsidee kann sich auf jeder Stufe der Hierarchie ereignen“<458>.

Als Beispiel für eine derartige Transformation führt Voegelin Dynastien und Geschlechterverbände an, in denen sich dieser Typus von Leibideen realisiert. Objektive animalische Grundlage ist hierbei die Blutlinie, von der die Herrscherfiguren abstammen, und diese Tatsache als legitimatorische Ableitung und Begründung von Herrschaft stellt nunmehr eine subjektive Gemeinschaftsidee dar. Drittens, spricht Voegelin von der Möglichkeit, daß die Leibidee nicht nur von einer Teilsphäre des Menschen ausgeht, wie es die Betrachtung des Menschen als Animale darstellt, sondern von der Betrachtung des Menschen als Gesamtwesen. In diesem Fall wird der Leib mitumfaßt, nunmehr aber als ein vom Geist durchwohnter verstanden<459>. Wie Voegelin hierbei charakteristisch herausstellt,

„fällt grundsätzlich die Transformation der animalischen Idee in eine Idee des subjektiven Geistes fort, denn die Idee des Gesamtwesens objektiv genommen wurzelt selbst schon im Geist, ist also nur das objektive Moment der einen Idee, die nach ihrer subjektiven Seite hin im Geist der von ihr Umfaßten als Denkbild im prägnanten Sinn dieses Wortes gesehen wird.“<460>

Beispiele solcher Ideen finden sich realisiert in den altgriechischen Gemeinschaftsideen der Phylen, Phratrien, Demen und Poleis. Diese Ideen bestanden in mythischer, kultischer Gemeinschaft und stellten sich als Leibideen dar, indem man in jenen Gemeinschaften gemeinsame Ahnen der Kultgemeinschaft verehrte. Besonders deutlich wird dieser Typus der Leibidee, wenn alte, gentilizisch strukturierte Kultgemeinschaften zerbrechen, um den Adel mit seinen überkommenen Herrschaftsstrukturen abzuschaffen, sich dann jedoch im Zuge der neuen Kultgemeinschaft erneut eine gentilizische Struktur mit einem herrschenden Adel herausbildet. Die Idee des Menschen als Gesamtwesen hat für Voegelin somit nahezu gesetzmäßigen Charakter.
Zwei Fallgruppen von Leibideen treten hier hervor, zum einen die in eine Gemeinschaftsidee transformierte Idee des Menschen als Animale, zum anderen die Idee des Menschen als Gesamtwesen, welche für die Rolle als Gemeinschaftsidee keiner Transformation mehr bedarf. Nunmehr stellt Voegelin, viertens, die Möglichkeit heraus, daß sich beide Formen von Leibideen auch miteinander vereinigen und dabei verschiedene Gebilde politischer Herrschaft hervorbringen können. In jedem Falle besteht Voegelins wichtigste These wohl darin, daß Leibideen bei der Bildung politischer Gemeinschaften generell eine konstitutive Rolle spielen. Wie das abstrakt zu erklären ist, dürfte hier deutlich geworden sein<461>.


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Nunmehr versucht Voegelin, dieses an historischen Beispielen zu belegen. An zwei Hauptfällen aus der Geschichte verdeutlicht er die Rolle von Leibideen bei der Bildung politischer Gemeinschaften - am antiken Stammstaat und am Reich Christi. Nicht zuletzt verfolgt Voegelin hierbei auch ein aufklärerisches Anliegen:

„Es liegt uns daran, dem Auftreten der Rassenidee in unserer Zeit den Charakter des Außergewöhnlichen zu nehmen, den es so leicht für Menschen bekommt, denen die politischen Ideen seit dem 17. Jahrhundert in ihrem leibfremden Rationalismus die natürliche und einzig mögliche Art des Staatsdenkens geworden sind.“<462>

Vielmehr sei die moderne Rassenidee nur eine von vielen Leibideen, die in der Geschichte der Gesellschaft wirksam gewesen waren und sind. Die Leibideen der politischen Gemeinschaften zur Zeit der Antike waren gentilizische Ideen, sie knüpften an Blutsverwandtschaften an. Diese Ideen wurden abgelöst durch die Leibidee des christlichen Reiches, die wiederum zu den Leibideen der Moderne führte. In allen Fällen ist jedoch eines festzuhalten. Keine der Leibideen, die bei der politischen Gemeinschaftsbildung mitwirken, sind rein objektive animalische Ideen, sondern sie sind zumindest die in eine subjektive Gemeinschaftsidee transformierten Varianten solcher, oder aber es sind Leibideen, die den Menschen als Gesamtwesen betrachten.
Der Leib, der Gegenstand von Leibideen ist, kann somit niemals ein tierischer Leib im biologischen Sinne sein, da die Leibidee nie mit der objektiven animalischen Idee in nicht transformierter Reinform zusammenfällt. Leibideen beziehen sich immer auf einen geistigen Leib und sind somit stets eine subjektive Gemeinschaftsidee, die, wie gesagt, entweder durch Transformation aus einer objektiven animalischen Idee oder aber durch die Betrachtung des Menschen als Gesamtwesen sich konstituiert. Der Leib in den Leibideen ist deshalb, wie Voegelin es audrückt, nicht als wirklicher Leib, sondern als „corpus mysticum“ aufzufassen:

„Die Kategorie des ‚corpus mysticum’, die im besonderen für die Christenheit als den Leib des Christus gebildet wurde, muß grundsätzlich in ihrer Bedeutung erweitert werden auf die anderen Fälle von Leibideen. Auch die antike Phratrie oder Gens ist ein mystischer Leib und ebenso ist es die Rasse - in keinem Fall macht ein biologisch-realer Zusammenhang das Wesen der Leibeinheit unter den Gliedern eines solchen corpus aus.“<463>

Voegelin nimmt nun Bezug auf Autoren, die sich mit den Kultgemeinschaften der Antike befaßt haben, und stellt dabei heraus, daß trotz aller Versuche zur Umgestaltung überkommener gentilizischer Herrschaftsstrukturen es immer wieder den Drang zu neuen derartigen Gliederungen politischer Herrschaft gegeben hat. Im antiken Griechenland waren es die Reformen des Kleisthenes, die darauf abzielten, die überkommene gentilizische Gliederung der politischen Gemeinwesen durch eine nach ausschließlich territorialen Gesichtspunkten orientierte zu ersetzen. Dennoch konnte die Fiktion gentilizischer Strukturen nie ganz abgeschafft werden, sondern hatte für den Bürgerbegriff weiterhin Gültigkeit besessen. Hierbei stützt sich Voegelin auf eine Feststellung von Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff in dessen Werk Aristoteles und Athen, wo im Rahmen der Abhandlung der Geschichte der athenischen Politie von Kekrops bis zu den Solonischen Reformen auch auf die attische Phylengliederung eingegangen wird:

„wenn wir mit fug und recht sagen, dass Kleisthenes die demokratie dadurch vollendet hat, dass er durch eine legalfiction alle Athener adlich machte, so hat dieser prozess früher begonnen als die uns kenntliche geschichte Athens. Die gentilicische fiction aber ist auch nach Kleisthenes niemals aufgegeben worden, sondern hat für den bürgerbegriff immer gegolten.“<464>

Die gentilizische Gliederung der politischen Gemeinwesen im alten Griechenland orientierte sich an Kategorien, die bei der Blutsverwandtschaft ihren Ausgang nehmen, beginnend mit den Verbänden


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der engeren Blutsverwandten auf unterster Ebene, darauf hierarchisch aufbauend die Geschlechter, Phratrien, bis hin zum oberen hierarchischen Abschluß durch die sogenannten Phylen. Ausgangspunkt dieser Entwicklung war jedoch zunächst einmal der durch die Bande der Blutsverwandtschaft zusammengehaltene Familienverband. Hierzu schreibt Georg Busolt in seiner Griechischen Staatskunde:

„Die Festigkeit des Verbandes war natürlich von den Verhältnissen abhängig. Andauernde Seßhaftigkeit wird sie in Verbindung mit ererbtem Reichtum und Ansehen erheblich verstärken. Unter solchen Umständen bewahrt sich die Tradition und die Verehrung des gemeinsamen Ahnherrn. So entstehen allmählich festere Geschlechtsverbände, und diese beschränken sich auf den Adel. Die Zugehörigkeit zu einem Geschlecht wird zum Kennzeichen der Adeligen.“<465>

Dabei spielt die Verehrung eines gemeinsamen Ahnherren eine bedeutende Rolle, das adelige Geschlecht, das sich auf solch einen Ahnherren berufen kann, schließt sich zunehmend gegenüber dem gewöhnlichen Volke ab<466>.
Busolt verortet die adeligen Stammbäume frühestens im neunten vorchristlichen Jahrhundert<467>. Eng verbunden mit der Verehrung des Ahnherren eines Geschlechts war der Ahnenkult. Somit hatte jedes Geschlecht einen eigenen Ahnenkult. Den Geschlechterverbänden übergeordnet waren dann die Phratrien<468>. Durch Kleisthenes wurde nun diese gentilizische Phylengliederung, durch eine territoriale ersetzt, wonach nunmehr das attische Staatsgebiet in zehn Phylen aufgegliedert wurde, denen wiederum in der Hierarchie jeweils zehn Demen unterstanden. Die alten Geschlechter gingen unter, wenngleich der Adel sich im Bereich des Gemeindebürgerrechts stabilisieren konnte<469>.
Die Frage, der Voegelin in diesem Zusammenhang nachzugehen versucht, ist die, welche Umdeutung die überkommene gentilizische Leibidee durch die Phylenreform des Kleisthenes längerfristig erfahren hat. Besser ist es jedoch hierbei zu fragen, ob hier überhaupt eine Umdeutung geschaffen werden konnte. Kleisthenes konnte zwar die überkommenen aktuellen Adelsherrschaften zersprengen, die aus der Phylenreform hervorgegangene Gliederung war jedoch nur mehr Grundlage für eine politische Herrschaftsbildung, die sich nach ähnlichem Muster aufbauen sollte, wie die vorangegangene<470>.
Das zweite Beispiel von Leibideen, das Voegelin erläutert, um den Einfluß von Leibideen bei der Bildung politischer Gemeinwesen zu dokumentieren, ist die Idee des Reiches und des Leibes Christi, die von Paulus und seiner Umgebung vertreten wurde. Hierbei kann nun im engeren Sinne von einer Idee des corpus mysticum gesprochen werden. In seinen Ausführungen hierüber stützt Voegelin sich auf eine Untersuchung von Traugott Schmidt über den Leib Christi<471>. Bei Voegelin heißt es:

„Die Idee des corpus mysticum ist nicht völlig neu den Gedanken des Paulus entsprungen; der Boden war vorbereitet durch die hellenistische Idee vom Himmelsmenschen und seine Einverleibung in den Kosmos und vor allem durch die Lehre vom zweiten Adam: Christus als der zweite Adam wird analog wie dieser als der Stammvater eines Geschlechts, aber nicht im

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fleischlichen, sondern im geistigen Sinne vorgestellt; die Stammesidee wirkt also in der Lehre vom Leib Christi nach und erleichtert den Übergang zu der mystischen Idee des Paulus von der Beschlossenheit aller Christen im Leib des Christus.“<472>

Die paulinische Lehre hat zweierlei Grundlagen, zum einen die Anthropologie, zum anderen eine sehr persönliche Erfahrung des Paulus. Letztere ist die Begegnung des Paulus mit Jesus auf dem Wege nach Damaskus, der ihm in einem Licht und in leiblicher Gestalt erschien und zur Berufung des Paulus führte. Nach der spekulativen Lehre des Paulus besteht der Mensch aus den Elementen „Soma“ (Leib) und „Pneuma“ (Seele), an die Stelle des Soma kann auch die „Sarx“ (Fleisch) treten. Die Sarx kann zudem den Stoff bezeichnen, aus dem das irdische Soma besteht, das Soma kann dann auch noch aus anderen Stoffen als der Sarx bestehen, Stoffen also, die das nichtirdische Soma konstituieren. Somit, so Schmidt,

„sind nun [soma] und [sarx] nicht einfach identisch. Dieser irdische Leib zwar teilt alle Eigenschaften der [sarx], weil er aus ihr besteht. Aber Paulus kennt noch einen anderen Leib, der nicht aus [sarx] besteht. Das ist der himmlische Leib, den Christus jetzt besitzt, und den auch die Gläubigen empfangen werden“<473>.

In Begriffen der mathematischen Mengenlehre ausgedrückt ist die Sarx eine Teilmenge der Soma. Soma und Sarx sind jedoch in jedem Falle Gegenbegriffe zum Pneuma. Allerdings können sich die Inhalte dieser Begriffe ändern. So muß sich nun das Soma in seiner Bedeutung nicht auf den Leib beschränken, sondern kann auf den Menschen als Gesamtwesen ausgeweitet werden, so daß Soma kein Gegenbegriff zum Pneuma darstellt, sondern letzteres in ersterem enthalten ist. Wird Soma in dieser den Menschen als Gesamtwesen umfassenden Bedeutung dennoch als Gegenbegriff zum Pneuma aufgefaßt, so muß sich die Bedeutung des letzteren auf einen Bereich verlagern, der das Gesamtwesen Mensch transzendiert, unter Pneumata sind dann etwa Dämonen und Engel zu verstehen. Als ein solches pneumatisches Wesen wird Christus aufgefaßt. Bei Schmidt, dem Voegelin hierbei folgt, heißt es dazu:

„Die allgemeinste Bezeichnung für alle übersinnlichen Wesen, nicht nur für die himmlischen, ist [pneumata], Geistwesen. Sie wird gebraucht für die Engel, die Dämonen, die Seelen der Verstorbenen. Wir finden diese Bezeichnung im Judentum und im Hellenismus, wie im Urchristentum. Sie hat wahrscheinlich mit der uns geläufigen Bedeutung von [pneuma] = Gottesgeist ursprünglich nichts zu tun, wohl aber mit dem Worte [pneuma] überhaupt. Es ist ein anderer, massiverer, wahrscheinlich älterer Gebrauch des Wortes [pneuma], der hier zu Grunde liegt. Es ist hier kein religiöser, sondern ein formaler, sozus. physiologischer Begriff.“<474>

Hierbei spielt Schmidt auf die Bedeutung von „Pneuma“ im Sinne von „Wind“ und „Luft“ an, welche erst später die inhaltliche Ausdeutung in den Bereich des Übersinnlichen erhält<475>.

„Es ist direkt die Substanz des Übersinnlichen, der Stoff, aus dem die ‚geistigen’ Wesen bestehen. Und daß sie aus diesem [pneuma] bestehen, das wird eben ausgesprochen in ihrer Bezeichnung [pneumata]. Sie treten dadurch in Gegensatz zur Seinsweise der Menschen und der irdischen Wesen überhaupt, die eine massive, greifbare, aus irdischer Fleischessubstanz bestehende Körperlichkeit besitzen. Im Gegensatz zu dieser [sarx] bestehen sie aus [pneuma]. Aber damit sind sie nun nicht immateriell, rein ‚geistig’ in unserem Sinne, sondern dies Pneuma ist doch wieder gedacht als feine Substanz.“<476>

Das pneumatische Wesen Christi selbst ist wiederum zu differenzieren in die Komponenten Leibstoff und Geist. Bei Voegelin heißt es dazu:

„Christus, wie er in der Vision auf dem Weg nach Damaskus erschien, hatte einen Lichtleib, einen Leib, der aus einem Lichtstoff bestand, der Doxa. Und sein Pneuma ist nicht das eines

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beliebigen Dämons, sondern das göttliche Pneuma, Heiligkeitspneuma - Doxa und Heiligkeitspneuma entsprechen dem irdischen Soma und Pneuma.“<477>

Traugott Schmidt spricht vom „Soma Christou“ aufgefächert in seinen beiden Dimensionen „als Leib des erhöhten Menschen Jesus“<478> einerseits als auch „als Leib des göttlichen Wesens Christus“<479> andererseits. Den Begriff der „Doxa“<480> belegt Schmidt im Rahmen seiner Ausführungen zum „Soma Christou“ als Leib des erhöhten Menschen Jesus anhand einer Reihe von Briefen des Apostels Paulus, die ebenso für Voegelins Abhandlung richtungweisend sind<481>.
Das Pneuma wird nun zum konstruktiven Bindeglied, zur Essenz, das die christliche Gemeinde zusammenhält. Diejenigen, die zu Christus sich bekennen, deren Pneumata wohnen in Christus, und in ihnen selbst wohnt zugleich Christi Heiligkeitspneuma. „Christus lebt im Menschen und der Mensch lebt in Christus“<482>. Die Kirche Christi als Gemeinschaft aller Christen, als „Ecclesia“, ist die Verkörperung von Jesus Christus, Schmidt bezeichnet „(d)ie Ecclesia als Gesamtpersönlichkeit in Christus.“<483> Es war zwar möglich, daß das Pneuma eines jeden Dämons von jedem Menschen Besitz ergreifen und in ihm wohnen konnte, die Besonderheit von Christi Heiligkeitspneuma ist jedoch in seinem „[pleroma]“<484>, seiner Fülle, zu erblicken, die Fülle von Menschen, Christen, die es einnimmt<485>.
Die beschriebene Pneumalehre wird nun noch durch eine Somalehre ergänzt. Der zum Himmel aufgefahrene Christus bedarf weiterhin eines irdischen Leibes, eines irdischen Soma, damit sein Pneuma in diesem leben kann. Die Funktion dieses Soma wird durch die christliche Gemeinde wahrgenommen. Für die Darstellung Christi in der Gemeinde der Christen erweist sich nach Traugott Schmidt nämlich die Verwendung des Begriffes vom „Soma Christou“ als mehrdeutig. Das „Soma Christou“ kann nach Schmidt als irdischer, als pneumatischer und als mystischer Leib aufgefaßt werden. „Wir haben also“, um mit Voegelin zu sprechen,

„drei Begriffe vom Leib Christi zu unterscheiden: das Soma des Gekreuzigten, die Doxa des Erhöhten und das mystische Soma, die Gemeinde, in dem der Erhöhte irdische geschichtliche Wirklichkeit hat.“<486>

Für Schmidt besteht einerseits jedoch eine Identität zwischen dem mystischen Leib Christi, der sich in der Gemeinschaft der Christen manifestiert, und dem pneumatischen Leib Christi, der die Doxa des erhöhten Jesus darstellt:

„Beides würde nicht in Konflikt geraten, wenn der pneumatische Leib nur dem im Himmel thronenden, transzendenten Christus zukäme, und wenn auf Erden nur der Geist Christi wirksam würde, der dann seine Verkörperung in der Gemeinde fände. Aber so scheidet Paulus

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nicht. Christus wird gerade auch mit seinem pneumatischen Leibe in der Gemeinde gegenwärtig.“<487>

Das gleiche gilt für das Verhältnis zwischen dem „Soma Christou“, verstanden als mystischer Leib einerseits und als irdischer Leib des Menschen Jesus andererseits. Der pneumatische Christus und der irdische Jesus seien miteinander identisch, pneumatischer und irdischer Leib hängen zusammen. Das Soma Jesu sei auferstanden, nur nehme jetzt die himmlische Doxa die Stelle von dessen irdischer Sarx ein, aus der das Soma Jesu ursprünglich bestand<488>.
Anders ausgedrückt folgert Schmidt aus seinen Untersuchungen, die bei Voegelin ihren Niederschlag gefunden haben, die „Gleichheit des ‚mystischen’ Leibes Christi mit dem pneumatischen und dem irdischen Leibe.“<489> Voegelin gibt desweiteren einen Hinweis darauf, daß der Begriff des Leibes auch anders gesehen werden kann. Damit die Persönlichkeit Christi nicht in der Gemeinde zerfließe, wird Christus als deren Haupt angesehen. Christus ist dann einer der Bestandteile des Soma, oder aber das Soma wird lediglich als der Leib ohne Haupt aufgefaßt. Als Quellen gibt Voegelin hierzu die Epheser- und die Kolosserbriefe an. Voegelin vermeint in den paulinischen Gedanken somit Widersprüche auszumachen. Allerdings sei die Suche nach einer widerspruchsfreien Lehre bei Paulus müßig.
Alois Dempf, auf dessen Werk Sacrum Imperium Voegelin hierbei abstellt, subsumiert seinerseits die Idee des Reiches bei Paulus unter den Begriff „Apokalyptik“:

Apokalyptik ist im Pauluskreis die durchgebildete Lehre vom Beginn eines neuen Weltreichs, das in der Tradition vorherverkündet ist, dessen zeitlicher Anbruch aus der Tradition exegetisch erschlossen werden kann, und das innerlich, menschlich-moralisch gerechtfertigt ist vor dem neuen, höheren, sittlichen Bewußtsein durch seine allgemeingültige, religiös-sittliche Vollkommenheit. Ein neues Zeitbewußtsein aus einem Gotteserlebnis, dem des allmächtigen Vaters, wird Reichsbewußtsein durch den Gedanken der geschichtlichen, kosmischen und politischen Weltbestimmung durch den Willen Gottes, Gemeindeerlebnis durch die persönliche Verbindung mit dem Religionsstifter und damit zugleich Persönlichkeitsbewußtsein in den Gliedern dieser Gemeinde.“<490>

Mit seinen Analysen versucht Voegelin klar zu machen, daß Leibideen an der Konstituierung politischer Gemeinschaften mitwirken, jedoch nicht ausschließlich allein für diese ursächlich sind. Im antiken Stammstaat des alten Griechenland ist es, wie oben schon ausgeführt wurde, die Idee der Blutsverwandtschaft, die zunächst als objektive animalische Idee in eine subjektive Gemeinschaftsidee transformiert wird und somit in politischer Hinsicht gemeinschaftsbildend wirkt. Auch nach Versuchen, derartige Gemeinschaftsbildungen nach technischen, z. B. territorialen, Gesichtspunkten zu reformieren, wie es Kleisthenes im attischen Staat Athens anstrebte, wirken die durch Leibideen bedingten, überkommenen Gemeinschaftsbildungen als Fiktionen fort, obwohl die materielle Grundlage dafür beseitigt wurde. Die Idee des Reiches und des Leibes Christi hat als Idee des corpus mysticum zunächst auch noch animalische Wurzeln, was sich in Vorstellungen von Christus als zweitem Adam widerspiegelt. Ihre wesentlichen Erfahrungsquellen sind dann aber andere, diese gründen sich, wie schon ausgeführt wurde, auf die Erfahrung Jesu Christi als sowohl irdischer wie auch überirdischer, erhöhter, Mensch<491>.
Die Idee des corpus mysticum ist, wie Voegelin hervorgehoben wissen will, durch die ständige Auseinandersetzung mit der Idee des Geblütsrechts geprägt. Während letztere jedoch auch im Zuge des Untergangs Fiktionscharakter annehmen könne, sei dies bei der Idee des corpus mysticum ausgeschlossen, da diese nicht an objektive animalische Ideen anknüpfe. Zudem könne die Idee des corpus mysticum durch die Leibideen des stammstaatlichen Typus’ unterminiert werden.
Die Ausführungen belegen einmal mehr, daß Voegelin der Bibel als spekulativer Quelle seiner Erklärungsansätze große Bedeutung beimißt. Dabei geht es, wie Helmut Kuhn feststellt, Voegelin jedoch nicht darum,


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„als gläubiger Theologe aus den Offenbarungsfragmenten heraus zu sprechen. Keineswegs möchte er aus der Rolle des im Wissenschaftsdienst stehenden Analytikers der Bewußtseinsgeschichte herausfallen. [...] Für den Schriftsteller Voegelin jedenfalls ist das Sich-stützen auf biblische Texte etwas wie eine zweite Natur.“<492>

Die Idee des corpus mysticum ist im Laufe des Mittelalters zerstört worden durch das Aufkommen der nationalstaatlichen Ideen. Die Idee des christlichen Reiches, welche Europa umfaßte, löste sich in den entstehenden nationalstaatlichen Körperschaften auf. Der Nationalstaat wird wie ein lebender Organismus begriffen, und in dieser Form löst er die althergebrachte Leibidee des Reiches Christi ab. Für diese Erklärung stützt sich Voegelin auf Bernhard Groethuysen. Dieser sieht einen unauflösbaren Gegensatz zwischen dem dualistischen Gesellschaftsbild der katholischen Kirche und den wissenschaftlich-technischen Entwicklungen der neuzeitlichen Gesellschaft:

„Die soziale Anschauungsweise der katholischen Kirche ist ihrem Wesen nach dualistisch. In ihr spiegeln sich die großen Gegensätze, die das katholische Weltbild überhaupt beherrschen und in den Predigten immer wieder in dramatischer Zuspitzung zur Darstellung gelangen.“<493>

Das heißt, in der Gesellschaft gebe es Große und Kleine, Reiche und Arme, Mächtige und Gehorsame und so fort. Diese Gegensätze haben nach Groethuysen in der Anschauungswelt der katholischen Kirche einen gewissen Sinn. Dieser Sinn stößt jedoch ins Leere, wenn im Zuge der Neuzeit einige dieser Gegensätze eingeebnet werden. Die neu entstehenden Schichten, allen voran das Bürgertum, sind mehr durch die Welt von Wissenschaft, Technik und Ökonomie geprägt, so daß sie einer Eingliederung in die christliche Welt des Mittelalters nicht mehr bereitwillig gegenüber stehen<494>. Mit der Auflösung der Leibidee des corpus mysticum wird Raum für die Entstehung neuer Leibideen geschaffen, die für die Welt der Moderne repräsentativ sind<495>.

2.4.2 Der Eintritt der Rassenidee in die Geschichte der Neuzeit

Die Ausführungen über das Wesen der Leibidee und deren Bedeutung für die Konstituierung politischer Gemeinschaften gewinnen bei Voegelin vor allem deshalb an Gewicht, weil die Rassenidee ein weiteres Fallbeispiel und zudem ein signifikantes Ergebnis der Entwicklungen darstellt, welche die Leibideen im Verlaufe der Neuzeit nehmen. In diesem Zusammenhang arbeitet Voegelin die Entstehung einer Idee der partikulären Gemeinschaft als des charakteristischen Leibideentypus’ der Neuzeit heraus. Zeitlich ist hier die Rede vom Übergang des Mittelalters zur Neuzeit. Wenn nun hierbei von einem Wandel der Leibidee, von der Ablösung der Idee des Reiches und des Leibes Christi durch eine Neue, an den Nationen der Neuzeit orientierte, die Rede ist, so erachtet es Voegelin bezüglich dieses Prozesses jedoch als wichtig festzuhalten, daß bei der Ablösung des alten Ideenparadigmas durch ein neues das alte nicht gänzlich verschwindet, sondern daß Elemente des Alten auch im Neuen weiter fortleben<496>.
Dieser Wandel vollzieht sich im Denken von Johann Gottlieb Fichte. Bei Fichte erblickt Voegelin ein Aneinandergeraten der beiden Grunderfahrungen, die die Ideenräume von Mittelalter und Neuzeit kennzeichnen. Grundlage ist für Fichte Kants Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht. Wenn nämlich Kant von einer ins Unendliche fortschreitenden Verbesserung und Vervollkommnung der Menschheit als Ganzes ausgeht, so stellt sich die Frage, welche Bedeutung dem Individuum bei diesem Prozeß zukommt. Bei Fichte sieht Voegelin im Gegensatz zu den Vorstellungen Kants das unendliche Fortschreiten der Menschheit seiner teleologischen Komponente beraubt. Das Fortschreiten erfolgt also nicht im Hinblick auf ein Ziel. Damit kommt nun auch dem Individuum ein Platz in diesem Prozesse zu. Es erhält durch seine Stellung im göttlichen Weltplan eine wichtige Rolle beim Aufbau des Ganzen.


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Allerdings stellt sich desweiteren die Frage, inwiefern für das Individuum die Mitwirkung beim Aufbau des Ganzen befriedigend sein soll, wenn es dieses Ganze in seiner Ganzheit nicht miterleben kann. Das Problem löst Fichte für Voegelin spekulativ mit der Annahme von der Unsterblichkeit der Person. Von der Vorbildfunktion, welche die Individualität Goethes beispielsweise ausübte, ist bereits die Rede gewesen. Diese Sinnstiftung erblickt Voegelin im Denken Fichtes in Bezug auf die Person Jesu Christi. Christus wird als Stifter des Reiches Gottes angesehen. Durch Christus wird Gott in ein unmittelbares Verhältnis zum Menschen gerückt. Der durch Christus Fleisch gewordene Gott steht somit im Gegensatz zum autoritären Charakter Gottes, wie er im Alten Testament auftritt. Nach dem Vorbild des zugleich wahren Gottes und wahren Menschen ist das himmlische Reich zu schaffen.
Voegelin geht nun dazu über, an Beispielen aus dem Werk Fichtes den Prozeß der Abschließung und Vereinzelung des Individuums darzulegen. Zum einen ist bei Fichte von der Freiheit der Menschheit die Rede. Die Menschheit

„stimmt mit dem göttlichen Willen überein nicht durch irgend ein gegebenes Seyn, sondern durch ein Thun: ist also schlechthin frei: metaphysisch: Jeder soll thun nach seinem eigenen Begriffe, zwischen welchem und dem Willen Gottes durchaus kein Mittelglied eintreten darf: er hat drum keinen Herrn ausser physisch sich selbst, sittlich Gott: ist also auch politisch frei und unabhängig von jeder Obergewalt. Menschheit ist Nichts, denn diese mit dem göttlichen Willen übereinstimmen sollende Freiheit. Darin besteht ihr - der Menschheit - Wesen.“<497>

Dieses Postulat der Freiheit hat Konsequenzen für das Verhältnis des Menschen zu Gott:

„Da Alles, was Mensch ist, auf die gleiche Weise berufen ist durch Freiheit darzustellen den göttlichen Willen, so hängt Alles ohne Ausnahme auf die gleiche Weise zusammen mit der Gottheit, und ist, falls Gott ein Bewußtseyn zugeschrieben wird, auf die gleiche Art befaßt in diesem seinen Allen auf dieselbe Weise geneigten und gnädigen Bewußtseyn. Nichts, was Menschengesicht trägt, ist ausgeschlossen von der gleichen Gnade, nichts sündig oder verworfen.“<498>

Die Feststellung der metaphysischen Gleichheit ist die erste Stufe des Prozesses der Abschließung und Verendlichung des Individuums, den Voegelin dargestellt wissen will. In einer zweiten Stufe stellt Voegelin fest, daß diese metaphysische Gleichheit nicht zu einer Gleichheit aller Individuen in jeder Hinsicht führt. Die Verstandesgaben der Individuen seien so unterschiedlich, daß sich eine Differenzierung in Herrschende und Gehorchende notwendig mache. Diese Differenzierung ist wohlgemerkt nicht metaphysisch, sondern funktional gemeint. Das heißt, die Herrschenden unterstehen dem Gehorsam Gottes, und die Gehorchenden wiederum, die den Anweisungen der Herrschenden Folge leisten, fügen sich damit nicht wirklich dem Willen der Herrschenden, sondern dem Willen Gottes:

„Wir sehen: wenn von dieser naturgesetzlichen Ungleichheit der Menschen der Glaube an die göttliche Fügung weggenommen und als Naturursache der Leib eingesetzt wird, haben wir das Schema der Rassentheorie.“<499>

Die Differenzierung zwischen Herrschenden und Beherrschten führt in einer dritten Stufe zu der Ansicht, daß die Welt nur um der Herrschenden, Reichen, willen besteht. Voegelin sieht, daß diese Einsichten bei Fichte zu einer spekulativen Gegenüberstellung vom Reich und vom Gegenreich, das heißt vom Reich Gottes und vom Reich des Bösen, führen. Dieser Gedanke wird nun bei Fichte mit den zeitgenössischen historischen Umständen verwoben, diese Idee der zwei Reiche wird auf die Auseinandersetzungen zwischen Deutschland und Frankreich übertragen. Die erstgenannte Nation versinnbildlicht das Reich Gottes, die letztere das Reich des Bösen. Letztere wird zudem personifiziert im Eroberungsdrang von Napoleon Bonaparte. Gegen dieses Reich des Bösen zu kämpfen, dazu sind die Deutschen berufen. Den Deutschen kommt bei Fichte der Rang eines auserwählten Volkes zu:

„Dieses Postulat nun von einer Reichseinheit, eines innerlich und organisch durchaus verschmolzenen Staates darzustellen, sind die Deutschen meines Erachtens berufen, und dazu da in dem ewigen Weltplane. In ihnen soll das Reich ausgehen von der ausgebildeten,

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persönlichen, individuellen Freiheit [...]. Und so wird von ihnen aus erst dargestellt werden ein wahrhaftes Reich des Rechts, wie es noch nie in der Welt erschienen ist, aller der Begeisterung für Freiheit des Bürgers, die wir in der alten Welt erblicken, ohne Aufopferung der Mehrzahl der Menschen als Sklaven, ohne welche die alten Staaten nicht bestehen konnten: Freiheit, gegründet auf Gleichheit alles dessen, was Menschengesicht trägt. Nur von den Deutschen, die seit Jahrtausenden für diesen großen Zweck da sind, und langsam demselben entgegenreifen. Nur - ein anderes Element ist für diese Entwicklung in der Menschheit nicht da.“<500>

Wenn der Mensch sich Gott hingibt, dringt er zu den Quellen der Freiheit vor und kommt in die Lage mit seinem Verstand den Willen Gottes zu erfassen. Die Wirksamkeit Gottes im Menschen manifestiert sich im menschlichen Wissen über das richtige Handeln. Für die Deutung des Reiches Gottes stützt Fichte sich auf das Evangelium des Johannes:

„Im Anfange war das Wort, der Logos, im Urtexte; was auch hätte übersetzt werden können, die Vernunft, oder, wie im Buche der Weisheit beinahe derselbe Begriff bezeichnet wird, die Weisheit: Was aber unsers Erachtens, durch den Ausdruck: Wort, der auch in der allerältesten lateinischen Übersetzung, ohne Zweifel auf Veranlassung einer Tradition der Johanneischen Schüler, also vorkommt, am treffendsten übersetzt ist.“<501>

Dieser Logos wird als Schöpfer der Welt angesehen<502>. Die Rede ist hier vom dritten Vers im ersten Kapitel des Johannes-Evangeliums<503>. Dadurch, daß der Mensch Gott in seinem Leben bewußt reflektiert, wird das Wort Fleisch. Voegelin interpretiert von daher die Entwicklung des Christentums und der Vorstellung vom Reich Gottes als eine „Verstandesleistung“<504>. Das heißt, für die Reflexion jedes Einzelnen muß das Christentum transparent gemacht werden. Die Voraussetzungen hierzu hat Fichte selbst spezifiziert:

„Zuförderst muß die Anerkennung des Himmelreichs unabhängig gemacht werden vom historischen Glauben, und der besonderen Gemütsverwandtschaft Einzelner dazu, und die Form annehmen eines von Jedermann, der nur menschlichen Verstand hat, zu Erzwingenden. Diese Bedingung ist wirklich erfüllt durch die Erscheinung der Wissenschaftslehre, die freilich noch ringt, und vielleicht noch Jahrhunderte ringen wird um ihr Verständniß und ihre Anerkenntniß unter den Gelehrten. Untergehen können ihre in der Welt begonnenen Anfänge nicht, denn sie ist eine absolute Foderung [sic] des Geschlechts durch Gott, und aus Gott“<505>.

Als das Fleisch gewordene Wort Gottes ist hierbei wohl die Person Fichtes selbst anzusehen. Die Mitwirkung an der göttlichen Idee ist für Fichte überhaupt ein Wesensbestandteil der gelehrten Persönlichkeit an sich:

„Der würdige Gelehrte will kein anderes Leben und Wirken haben, sich gestatten und an sich dulden, außer dem unmittelbaren Leben und Wirken der göttlichen Idee in ihm. Dieser unveränderliche Grundsatz durchdringt und bestimmt nach sich innerlich sein ganzes Denken; derselbe Grundsatz durchdringt und bestimmt nach sich äußerlich sein Handeln. Was zuvörderst das erste betrifft, - da er durchaus keine Regung in sich und an sich duldet, die nicht unmittelbar sey Regung und Leben der göttlichen Idee, die ihn ergriffen hat, so wird begleitet sein ganzes Leben von dem unerschütterlichen Bewußtseyn, daß es einig sey mit dem göttlichen Leben, daß an ihm und in ihm Gottes Werk vollbracht werde, und sein Wille geschehe, er ruhet darum auf demselben mit unaussprechlicher Liebe und mit der unzerstörbaren Ueberzeugung, daß es recht sey und gut.“<506>


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Wie aus den bisherigen Ausführungen deutlich wird, entwickelt sich nun eine neue Form von Gemeinschaftsidee, die sich zusammensetzt aus Elementen der althergebrachten christlichen Reichsidee und der neuen Idee der Nation. Die Gemeinschaftsidee, wie Fichte sie postuliert, bietet nun die Möglichkeit jeder partikulären Gemeinschaft von Menschen, wie etwa Volk, Stamm, Rasse, Klasse oder auch Partei, einen imperialen Anspruch als Reich Gottes zuzuerkennen<507>. In Bezug auf diesen imperialen Anspruch vermeint Voegelin fünf Momente herauszuarbeiten.
Erstens, die Gemeinschaft, die diesen imperialen Anspruch erhebt, ist von Gott auserwählt worden, eine Mission zu bestreiten. Aufgrund dieser Auserwähltheit steht sie hierarchisch über allen anderen Gemeinschaften, die sich nunmehr dieser auserwählten zu fügen haben. Zweitens, derjenige, der sich der auserwählten Gemeinschaft nicht fügt, ist nicht irgendein beliebiger Feind, sondern er ist der böse Feind schlechthin, da er sich nicht einfach nur um seiner selbst willen erhalten will, sondern das Gottfeindliche per se verkörpert. Drittens, ergibt sich nun als Konsequenz aus dem bisher Gesagten, daß der Kampf gegen diesen bösen Feind ein göttlicher Auftrag, eine Sendung, ist, somit also von höchster Stelle legitimiert wird. Viertens, ist die göttliche Auserwähltheit nicht der Ausdruck eines blinden Glaubens, sondern, im Gegenteil, der Ausdruck höchster wissenschaftlicher Einsicht in die Beziehung des Menschen zu Gott, und fünftens, kann und darf diese wissenschaftliche Einsicht jedem verstandesbegabten Menschen aufgezwungen werden. Wer sich also dieser aufgezwungenen Einsicht nicht fügt, ist ein Dummkopf und Verbrecher.
Wenn man sich diese einzelnen Merkmalsmomente der neuzeitlichen Entwicklung einer begrenzten Gemeinschaftsidee vor Augen hält, stößt man rasch auf Beispiele politischer Gemeinschaften der Neuzeit, in denen sich diese Idee mit den unterschiedlichsten Inhalten, jedoch denselben Prinzipien folgend, manifestiert. Besonders in unserem Jahrhundert sind die totalitären Regime des Nationalsozialismus und des Kommunismus Paradebeispiele für die politische Realisierung einer Idee der partikulären Gemeinschaft. Aber auch jede andere politische Nation wird von der Idee der partikulären Gemeinschaft durchlebt.
Wenn Voegelin den neuzeutlichen Typus der Leibidee am Beispiel der Philosophie Fichtes nachzuweisen versucht, so nicht deshalb, weil Fichte der Urheber dieser Idee ist. Dies ist Fichte keineswegs, wohl aber spiegelt sich in seinem Denken nach Voegelins Eindruck diese Bewegung sehr stark wider, hierbei zeitgeschichtlich exemplifiziert am Befreiungskampf des deutschen Volkes gegen das napoleonische Frankreich. Ein anderer Denker, mit dem sich Voegelin im Zusammenhang mit der Entstehung der partikulären Gemeinschaftsidee auseinandersetzt, ist Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling. Als Ursache für die Entstehung der partikulären Gemeinschaften wird hier der Mythus angesehen, dessen Wurzeln in die vorchristliche Zeit zurückreichen. Der Mythus entstehe nicht im Laufe der Geschichte eines Volkes, sondern dieser sei ein Faktor, der allen anderen historischen Bedingungen vorangehe, letztere werden vielmehr aus dem Mythus heraus geboren. Bei Schelling heißt es hierzu:

„Wird einem Volk seine Mythologie im Lauf seiner Geschichte, und diese fängt für jedes Volk an, sowie es da ist, entsteht sie ihm also insbesondere durch geschichtliche Verhältnisse und Berührungen mit anderen Völkern, so hat es eine Geschichte, ehe es eine Mythologie hat. Davon wird sonst immer das Gegentheil angenommen. Nicht durch seine Geschichte ist ihm seine Mythologie, sondern umgekehrt ist ihm durch seine Mythologie seine Geschichte bestimmt, oder vielmehr diese bestimmt nicht, sie ist selbst sein Schicksal (wie der Charakter eines Menschen sein Schicksal ist), sein ihm gleich anfangs gefallenes Loos. Oder wer möchte leugnen, daß mit der Götterlehre der Indier, Hellenen u. a. ihre ganze Geschichte gegeben ist.“<508>

Die Schellingsche Lehre vom Mythus als dem Bewußtsein eines Volkes gibt insoweit zugleich Einsichten in das religiöse Wesen von Gemeinschaftsideen, da sich der Mythus in seiner Ursprünglichkeit auf religiöse Vorstellungen gründet. Das Bewußtsein der Völkervielfalt steht dem Bewußtsein einer geeinten Menschheit entgegen. Solange es nur eine geistige Macht gibt, ist die Einheit der Menschheit gesichert, treten jedoch weitere geistige Mächte hinzu, zerfällt die Menschheit in Völkerschaften. Monotheistische Vorstellungen wirken dabei vereinheitlichend, polytheistische


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hingegen führen zur Spaltung des einheitlichen Bewußtseins. Der mythologische Prozeß ist bei Schelling auf den theogonischen Prozeß, also auf einen Prozeß der Götterentstehung gegründet<509>. Schelling hat der Frage der Völkerentstehung explizit ein eigenes Kapitel gewidmet, in welchem er ebenfalls die Entstehung der Völkervielfalt auf die Vielheit der Götter und damit zusammenhängend auf die Vielheit der Mythen zurückführt:

„Jedenfalls ist offenbar: Völkerentstehung, Sprachverwirrung und Polytheismus sind der alttestamentlichen Denkart verwandte Begriffe und zusammenhängende Erscheinungen. Sehen wir von hier auf früher Gefundenes zurück, so ist jedes Volk als solches erst da, nachdem es sich in Ansehung seiner Mythologie bestimmt und entschieden hat.“<510>

Der Bedeutung Schellings mag es sicherlich gerecht werden, daß sich auch bei Ernst Cassirer in dessen Abhandlungen zur Mythologie Verweise auf Schelling finden<511>.
Im Ergebnis der vorstehenden Betrachtungen entwirft Voegelin sowohl mit Fichte als auch mit Schelling einen Grundriß moderner Gemeinschaftsideen<512>. Im folgenden gilt es zu zeigen, wie diese durch Leibideen konkretisiert werden. Das heißt bei Voegelin:

„Der Wandel von der Leibidee des christlichen Reiches zu den nachchristlichen Rassenideen vollzieht sich im Zusammenhang des Wandels von der Idee der Menschheit-umfassenden christlichen Gemeinschaft zu den partikulären Ideen begrenzter Gemeinschaftsrealitäten.“<513>

Diesen Prozeß näher zu beleuchten, sei die Aufgabe, die nunmehr ansteht. Bis sich jedoch die Rassenidee in diesen Prozeß einfügt, dauert es bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts an. Bis dato wird die Rassenidee rein auf die animalische Sphäre bezogen. Für diese herkömmliche Sichtweise stehen laut Voegelin die Namen Buffon, Fichte und Schelling. Die Umformung der Rassenidee weg von seiner animalischen und hin zur historischen Bedeutung ist dann ein Prozeß, der sich weder ruckartig noch vollständig vollzieht. Auch den Prozeß der Historisierung der Rassenidee macht Voegelin an einem Namen fest, an der Allgemeinen Cultur-Geschichte der Menschheit von Gustav Klemm. Bei Klemm wird die Menschheit zunächst als ein Individuum angesehen, als ein Individuum im Großen, daß seinerseits von zwei Gliedern zusammengehalten wird. Die beiden Glieder werden als die beiden Grundrassen der Menschheit angesehen, eine aktive und eine passive, analog zum männlichen und weiblichen Geschlecht. Klemm sieht in der

„Verschmelzung der ursprünglich getrennten activen und passiven Rasse die Erfüllung des Zweckes, den die Natur in allen Zweigen ihrer organischen Schöpfung verfolgt. Wie das einzelne männliche oder weibliche Individuum, wenn es allein steht, dem Zwecke der Natur nicht nachkommt, eben so ist ein Volk, das nur aus Mitgliedern der activen oder nur der passiven Rasse besteht, etwas unvollkommenes, etwas halbes, Die reinen nomadischen Mongolen sind ein trübseliges, der wahren Cultur nicht fähiges Geschlecht; die reinen, der activen Rasse angehörigen Tscherkessen sind eine barbarische, wüthende, der wahren Cultur eben so wenig fähige Nation. Erst durch die Vermischung beider Rassen, der activen und passiven, [...] durch die Völkerehe, wird die Menschheit vollständig, erst dadurch tritt sie ins Leben und treibt die Blüthen der Cultur - gerade wie erst die durch die activen Kräfte der Atmosphäre aufgelösete passive Erdrinde das Grün der Vegetation hervorbringt und zum Wohnsitze der Menschheit geworden ist.“<514>


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Die Vollständigkeit der Menschheit ergibt sich somit aus der Vermischung dieser beiden Rassen. In diesem Sinne haben sich die aktiven Germanen mit einer passiven Urbevölkerung vermischt, was dann in Kombination mit dem Christentum und seiner Lehre von der Gleichheit der Menschen vor Gott zu einer hohen Kulturblüte geführt habe. Voegelin interpretiert diese Sichtweise Klemms als eine Vorstufe der späteren Rassentheorie. Rassen kommen als historische Größe bereits vor, und der von Klemm herausgearbeitet Gegensatz aktiv - passiv liefert einen Vorgeschmack auf die spätere Unterscheidung der Kultur schaffenden nordischen Rasse von den weniger begabten anderen Rassen. Auch ist der weltgeschichtliche Kampf zwischen Gut und Böse bereits angedeutet<515>.
Bei Klemm ist von einer Kulturgeschichte die Rede, er setzt diese in Gegensatz zur damals zeitgenössischen Geschichtsbetrachtung. Im Zuge der Entwicklung zum Nationalstaat ging die allgemeine Geschichtsschreibung dazu über, Geschichte stets aus dem politischen Blickwinkel zu betrachten, eine Entwicklung, von der sich Klemm jedoch absetzen will. Klemm zufolge kann man sogar von einer Vergottung der Politik sprechen. Diese Entwicklungstendenz konnte laut Klemm auch von den Historikern nicht ignoriert werden, die sich folglich dieser Politisierung stellen mußten.
Voegelin stimmt in dieser Beobachtung mit Klemm überein. Die Epochen der Geschichte stehen zwar als Individualitäten nebeneinander, werden jedoch durch die dialektische Entwicklung des Weltgeistes zusammengehalten und haben somit ihren berechtigten Platz in der Weltgeschichte. Die Entwicklung ist wiederum nicht unendlich, sondern mit dem seinerzeitigen christlichen Staatswesen an ihrem Ziel angelangt. Klemms Ziel ist es, sich von dieser rein politischen Interpretation abzusetzen<516>.
Voegelin interpretiert Klemms Sichtweise als eine „Spaltung der Menschheitsgeschichte“<517> in eine politische Geschichte einerseits und einige unpolitische Disziplinen der Völkerkunde andererseits, erstere könne dabei mit letzteren nur wenig anfangen. Dieser Bruch ist für Voegelin die Folge der Auflösung der Einheit von Pneuma und Soma Christi in partikuläre Gemeinschaften, im Gegensatz politischer und unpolitischer Wissenschaften der Menscheitsgeschichte sieht er eine Analogie zum Gegensatz von Freund und Feind, von Reich und Gegenreich.
Die Weiterentwicklung der Rassentheorie unter politisch-historischem Blickwinkel erblickt Voegelin nunmehr bei Graf Arthur Gobineau:

„In seinem Werk bekommt sie die entscheidende Form, deren Wirksamkeit sich sofort zeigte und bis heute nicht abgerissen ist. Der allgemeine Rahmen sind immer noch abgeflachte Fortschrittsideen der Aufklärung. Der Zivilisationsbegriff Gobineaus unterscheidet sich an friedlicher Banalität kaum von dem Klemms.“<518>

Bei Gobineau heißt es zum Zivilisationsbegriff nämlich:

„Ich glaube nunmehr meine Gedanken über die Civilisation dahin zusammenfassen zu können, daß ich diese definire als ‚einen Zustand von relativer Dauerhaftigkeit, in welchem Volksmengen sich bemühen, auf friedlichem Wege die Befriedigung ihrer Bedürfnisse zu suchen, und ihren Geist und ihre Sitten verfeinern.’<519>

Allerdings werde, so Voegelin, innerhalb des allgemeinen Rahmens von Fortschrittsideen der Aufklärung die Historisierung voll wirksam. Gobineau sei sich der historischen Voraussetzungen durchaus bewußt. Diese Wertung belegt Voegelin anhand eines umfangreichen Zitates aus Gobineaus Versuch über die Ungleichheit der Menschenracen<520>. In der Geschichte der Menschheit treten fortlaufend große Kulturgestalten auf und verschwinden wieder. Zwar befinde sich die Zivilisation gegenwärtig auf einem Höhepunkt, aber die Menschheit strebe dennoch keiner Vervollkommnung zu, sondern verharre vorläufig auf gleichbleibendem Niveau und strebe längerfristig auf einen geistigen Tod zu, dem dann der körperliche Tod folge. Bei Gobineau heißt es:


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„Indessen, ist dieses Geistesleben, das jedem Individuum unserer Gattung tief im Bewußtsein liegt, im Stande, sich ins Unendliche zu erweitern? Haben alle Menschen in gleichem Grade das unbegrenzte Vermögen, in ihrer intellectuellen Entwicklung fortzuschreiten? Mit anderen Worten, sind die verschiedenen Menschenracen mit der Fähigkeit begabt, einander gleichzukommen? Diese Frage ist eigentlich die nach der unbegrenzten Vervollkommnungsfähigkeit der Gattung und der Gleichheit der Racen untereinander. In beiderlei Hinsicht antworte ich verneinend.“<521>

Zwar sei die Menschheit im Bereich der Naturwissenschaften weiter vorgedrungen, nicht aber betreffend solch fundamentaler Fragen der Seinsordnung, wie die nach Leben und Tod. Eine wirkliche Fortentwicklung ist bei der Menschheit jedoch nicht erkennbar. Einmal erreichte kulturelle Leistungen gehen wieder verloren und werden in einer späteren Kultur wiedergeboren:

„Die menschliche Erkenntnis flackert beständig hin und her, eilt von einem Punkte zum andern, besitzt keine Allgegenwart, übertreibt den Werth dessen, was sie innehat, vergißt, was sie fahren läßt; festgekettet in dem Kreise, aus dem nie herauszukommen sie verurtheilt ist, bringt sie es nur dadurch zur Ertragsfähigkeit des einen Theiles ihrer Gebiete, daß sie den andern brach liegen läßt und steht so immer zugleich höher und tiefer als ihre Vorfahren. Die Menschheit übertrifft sich also nie selbst; die Menschheit ist also nicht ins Unendliche vervollkommnungsfähig.“<522>

Der in diesen Ausführungen deutlich hervortretende Kulturpessimismus<523> wird bei Gobineau jedoch noch aus einer zweiten Quelle gespeist, die in dem von ihm gegebenen Überblick über die verschiedenen Menschenrassen erkennbar wird. Auch Gobineau unterscheidet zwei Grundrassen, die starken und die schwachen, wobei die weiße, germanische Rasse jene starke Rasse darstellt<524>. Demnach erobert ein starker Stamm einen schwachen und schafft somit eine Kultur. Allerdings nehmen die schwachen Rassen zahlenmäßig zu, verdrängen die starke, bis diese verschwunden ist. Die Gesellschaft besteht dann nur noch aus den schwachen unfähigen Rassen und treibt ihrem Untergang zu<525>. Es kommt nach Gobineaus Auffassung durch die Verschmelzung verschiedener, starker wie schwacher Rassen zu einer Nivellierung der ursprünglich in der Begabung verschiedenen menschlichen Anlagen, wobei sich diese Nivellierung auf einem mittelmäßigen Niveau einpendelt. Der kulturpessimistischen These Gobineaus zufolge besteht die betrübliche Tatsache nicht im Erreichen des Todes an sich, sondern darin, daß dieser auf entwürdigte Weise erreicht wird<526>.
Voegelin hält diesen pessimistischen Grundzug der Geschichtsphilosophie Gobineaus deshalb für bedeutsam, weil er die erste, von Weltuntergangsstimmung getragene Geschichtsdeutung in jüngster Zeit darstelle<527>. Die Ansätze von Klemm und Gobineau charakterisieren Voegelin zufolge zwei völlig verschiedene Denktypen: „eine aristokratisch-pessimistische und eine bürgerlich-optimistische, die eine vertreten durch Gobineau, die andere durch Klemm.“<528> Über die ideengeschichtlichen Exkurse zu den Theorien von Klemm und Gobineau gelangt Voegelin somit zu einem Erlebnis der „Erweiterung des Horizontes durch die Geschichte“<529>, welches ihn dann im folgenden zu den


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Charakteristika der neuen Rassenidee führt<530>.

2.4.3 Die Rasse - Impetus der Staatswerdung

In der Entwicklung der Rassenwissenschaft von der Mitte des 19. Jahrhunderts an unterscheidet Voegelin zwei Etappen:

„die erste, die im System Buffon‘s gipfelt, gewährt uns einen Überblick über die leibliche Mannigfaltigkeit der Menschheit, über ihre somatische Rassengliederung, einen Überblick, der sich von heutigen Wissensstand nur in den Einzelheiten, nicht in der Spannweite des Gesamtblicks unterscheidet; die zweite, die in Klemm, Gobineau und Carus ihren ersten Höhepunkt erreicht, führt die Rasse als geschichtliche Substanz, als Träger geschichtlichen politischen Handelns ein, und entwirft die erste Weltgeschichte auf rassischer Grundlage.“<531>

Voegelin arbeitet die Grundzüge der politischen Rassenidee wie folgt heraus. Erstens, bestehe die leibliche Grundlage großer geschichtlicher Kulturen in einer Rassensymbiose. Dabei werden, zweitens, Rassentypen unterschieden, seien es nun aktive und passive wie bei Klemm oder starke und schwache wie bei Gobineau. Drittens, sei es eine Eigenschaft zumindest der aktiven oder starken Rassen, daß sie wandern, wobei es dann, viertens, dazu komme, daß die passiven oder schwachen Rassen durch die aktiven oder starken erobert werden. Fünftens, entstehe aus dem Zusammenwirken zwischen aktiven und passiven bzw. starken und schwachen Rassen infolge der Eroberung eine Rassensymbiose. Diese könne zweierlei Konsequenzen nach sich ziehen, entweder vermischen sich die symbiotischen Partnerrassen oder die aktiven und starken Rassen werden quantitativ verdrängt. Verschwinden nun, sechstens, die starken oder aktiven Rassen, gehe die symbiotische Spannung verloren, und es komme zu einer Nivellierung des Niveaus in der betroffenen Gesellschaft.
Diese sechs Thesen bilden für Voegelin das Grundschema der modernen Rassenidee, die inhaltlich noch weiter ausgefüllt wird. Die wichtigsten Versuche hierzu sind die erwähnten von Klemm und Gobineau. Nach Klemm besteht eine Völkerehe, die zusammengehalten wird, durch zwei Menschentypen von diametral entgegengesetztem Charakter, nämlich männlichem und weiblichem oder aktivem und passivem Typus, wie es hier bereits dargestellt worden ist. Diese beiden dialektischen Komponenten fügen sich zur Einheit des Kulturvolkes, wobei die aktiven Rassen zwar zahlenmäßig geringer sind, dafür sich aber stärker vermehren als die passiven Rassen.
Beiden Rassentypen werden charakteristische Körpermerkmale und schließlich historische Beispiele bestimmter Völker zugeordnet. So sei der aktive Rassentypus im kaukasischen Menschen repräsentiert, zu ihm gehören Völker wie die Perser, Araber, Griechen, Römer und Germanen, deren Geschichte durch Eroberungen und Entdeckungen bestimmt sei, im Gegensatz etwa zu den Chinesen als Beispiel für den passiven Rassentypus, für die ein derart progressives Verhalten als uncharakteristisch gelte. Bei den aktiven Rassen habe es laut Klemm zudem Wanderungsbewegungen gegeben, die dieser dann auch näher untersucht hat. Die sechs Thesen im Grundschema der modernen Rassenidee werden bei Gobineau in ähnlicher Weise ausgefüllt wie bei Klemm, nur wird bei ihm der Prozeß der Eroberung und Symbiose noch intensiver abgehandelt und in mehrere Phasen gegliedert. In einer ersten Phase muß sich ein Stamm, der zu einer aktiven Rasse gehört, seines Instinktes bewußt werden, um seine Nachbarn zu erobern:

„Ich nehme ein Volk, oder besser einen Stamm in dem Augenblicke, wo er, einem entschiedenen Instincte seiner Lebenskraft nachgebend, sich Gesetze gibt und eine Rolle in dieser Welt zu spielen anfängt. Eben dadurch, daß seine Bedürfnisse, seine Kräfte wachsen, geräth er unvermeidlich mit anderen Familien in Berührung, und es gelingt ihm auf kriegerischem oder auf friedlichem Wege, sich diese einzuverleiben.“<532>

Allerdings ist durchaus nicht allen Stämmen das Talent gegeben, diese erste Stufe der Staatsbildung zu erreichen. Viele Stämme harren in ihrem Dasein als unorganisierte Horde aus. Die Stämme jedoch, die sich ihrer historischen Mission bewußt werden, gehen auf Eroberungszug und verleiben die unorganisierten schwächeren Stämme ein. Dabei ist der kriegerische Weg meist einfacher als der friedliche. Die dann eroberte passive Rasse wird in einer zweiten Phase in die Gemeinschaft


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integriert, es entsteht eine Ständehierarchie, die passive Rasse wird zu Untergebenen oder Sklaven. In einer dritten Phase kommt es zu einem dauerhaften Unterwerfungsverhältnis, zu einer Gemeinschaft zwischen Eroberern und Eroberten. Bei diesem Prozeß muß keineswegs immer die dritte Phase erreicht werden, viele Gemeinschaften, die nicht stark genug sind, bleiben stattdessen auf der ersten oder zweiten Stufe stehen und verkümmern dann. Als Folge der dritten Phase jedoch, so Gobineau, entsteht eine Gemeinschaft, die längerfristig dazu führt, daß sich die Minderheit der aktiven Rasse in der Mehrheit der passiven Rasse auflöst. So gesehen hat im Endergebnis die passive Rasse die Kultur der nicht mehr bestehenden aktiven Rasse übernommen<533>.
Die Voraussetzung dieser Sichtweise besteht allerdings darin, daß die einzelnen Rassen, von denen hier die Rede ist, im Laufe der Menschheitsgeschichte konstant bleiben. Laut Gobineau jedoch stammt die gesamte Menschheit von einem Urpaar ab, und die Rassenunterschiede haben sich folglich erst später entwickelt. Nur dann stellt sich die Frage, warum nicht auch gegenwärtig eine Fortentwicklung der Rassen stattfinde, passive Rassen sich in aktive verwandeln und umgekehrt. Zur Erklärung dieser Widersprüchlichkeit verweist Gobineau auf eine von dem Autor Cuvier entwickelte Theorie:

„Cuvier versichert in seinem Discours sur les Revolutions di Globe, daß der gegenwärtige Stand der unorganischen Kräfte keinesfalls Erderschütterungen, Umwälzungen und Formationen zu Wege bringen könne, ähnlich denen, deren Wirkungen die Geologie bezeugt. Und was diese so furchtbar ausgestattete Natur damals an - heute unmöglich gewordenen - Veränderungen an sich selbst verwirklichte, das vermochte sie auch über das Menschengeschlecht, und vermag es fortan nicht mehr. Ihre Allmacht hat sich derart verloren, oder wenigstens derart vermindert und verkleinert, daß sie in einer Reihe von Jahren, welche ungefähr der Hälfte der Zeit gleichkommt, die unser Geschlecht auf Erden zugebracht hat, keine Veränderung von einiger Bedeutung hervorgebracht hat, noch viel weniger irgend Etwas, das sich jenen festen Zügen vergleichen ließe, welche die verschiedenen Racen auf immer getrennt haben.“<534>

Die Entstehung der Rassen ist demzufolge in jene frühe kreative Phase der Natur einzordnen, während in unserer Gegenwart diese ursprüngliche „Allmacht“ der Natur verlorengegangen zu sein scheint. Jedenfalls sind die Rassenunterschiede der Gegenwart offensichtlich konstant, und aus dem Zusammentreffen starker und schwacher, oder aktiver und passiver Rassen ergeben sich Herrschaftsstrukturen eines Staates, die häufig in Kasten- oder Standesunterschiede münden. Diese Motive werden später zu Lehren vom Wesen des Staates kondensiert. Einer ihrer Vertreter ist Ludwig Gumplowicz. Nach Gumplowicz bestehen in allen Staaten Kastenunterschiede, diese wiederum seien jedoch Rassenunterschiede<535>. Ein Staat ensteht also immer dadurch, daß sich zwei Rassen bekriegen, infolgedessen dann ein Sieger, nämlich die weiter entwickelte Rasse, hervorgeht, der die besiegte, weniger entwickelte Rasse unter seine Herrschaft zwingt:

„Wir sahen, daß überall aus dem Kontakte zweier verschiedener Rassen der Staat entstand [...]. Wir sehen also, daß der Staat ein soziales Gebilde ist, das dem Zusammenfluß heterogener Volksstämme und Rassen sein Dasein verdankt und der nur durch wiederholten Hinzutritt frischer, fremder Elemente sein Leben aufrechterhält. Das Verhältnis dieser verschiedenartigen Elemente zueinander ist der Kampf, teils der physische, offene, gewalttätige, sozusagen kriegerische Kampf miteinander, teils der friedliche Kampf der Interessen, in welchem die eine Rasse langsam, aber mit Ausdauer die ökonomischen Grundlagen der andern angreift und untergräbt.“<536>

Auch hier treten also eine aktive und eine passive Rasse auf. Zudem werden bei Gumplowicz die beiden Grundrassen noch durch eine dritte ergänzt, den Mittelstand, womit dann auch die soziale Gliederung der Gesellschaft jener Zeit erfaßt sein mag<537>. Voegelin resümiert:


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„Von Gobineau trennt Gumplowicz die geringe Weite des zeitlichen Horizontes, durch die er die zentrale Stimmung seines Geschichtsbildes beeinflussen läßt. Gobineau sah ‚die Hand des Geschickes’ schon auf seine Gegenwart gelegt und sein Ausblick ist völlig düster. Gumplowicz sieht das gleiche Ende, aber in weiter Ferne: näher liegt ihm der Prospekt der nach aufwärts führenden rassemischenden Entwicklung in seinem Staate, in Österreich-Ungarn.“<538>

An letzterem Beispiel, den Auseinandersetzungen im Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn, exemplifiziert Gumplowicz seinen Ansatz. Die Mischung der Rassen mündet früher oder später in eine einheitliche Nation<539>.
Als weiterer Staatstheoretiker neben Gumplowicz ist Friedrich Ratzel zu nennen. Nach seiner Theorie entsteht ein Staat, wenn zwei Stämme sich miteinander arrangieren, von denen der eine den Ackerbau als Wirtschaftsform führt und der andere nomadisch lebt und Viehzucht betreibt. Im Sinne von Klemm und Gobineau kann der Ackerbau treibende Stamm als passiv oder schwach, der Viehzucht treibende Nomadenstamm als aktiv oder stark bezeichnet werden. Letzterem kommt im Staate dann auch die aktive Aufgabe der Staatsführung zu, so daß dessen zusammenhaltende Kraft zur Staatsführung mit dem Fleiß der Ackerbauern eine Symbiose eingeht:

„Nicht darum sind also die minder fruchtbaren Hochebenen und die den Hochebenen nächstgelegenen Striche überall der Entwickelung höherer Kultur, der Bildung von Kulturstaaten so förderlich gewesen, weil sie kühleres Klima und dadurch Nötigung zum Ackerbau boten, sondern weil sich hier die erobernde und zusammenhaltende Kraft der Nomaden mit der fleißigen Arbeit des in Kulturoasen zusammengedrängten, allein nicht staatenbildenden Ackerbauers vermählte.“<540>

Diese Theorie Ratzels ist durch Gustav Ratzenhofer weiterentwickelt worden. Bei Ratzenhofer gibt es keinen Krieg zwischen Rassen verschiedener Abstammung, sondern für ihn ist die Menschheit ursprünglich gleich und einheitlich gewesen. Die Wirtschaftsformen der nomadisierenden Viehzucht und des seßhaften Ackerbaues haben sich erst allmählich herausdifferenziert. Die aktiven und passiven Rassen sind also nicht durch leibliche, sondern durch Unterschiede in der Wirtschaftsform gekennzeichnet:

„Weniger feste Ordnung, überhaupt der durch das Wandern herbeigeführte Wechsel in den Verrichtungen des Einzelnen und des ganzen Stammes erzeugen einen grundsätzlichen Unterschied zwischen der Individualität des Seßhaften und der des wandernden Stammes, und wir erkennen in dieser Differenzierung der Sitten eine der nachhaltigsten Ursachen für die weitere sociale Entwicklung der Menschheit. Während in den primitiven Socialgebilden eine grundsätzliche Ähnlichkeit in den Gewohnheiten und Sitten der Menschen, Horden und Stämme angenommen werden kann, treten uns nunmehr zwei tief verschiedene Typen des Stammes und seiner Gruppen entgegen, nämlich der aggressive, gewaltthätige Nomadenstamm und der conservative, friedliebende, seßhafte Stamm.“<541>

Desweiteren führt Voegelin eine These von der Entwicklung der Gesellschaften von einem kriegerischen zu einem industriell-friedlichen Zustande an. Diese finde sich auch bei Gumplowicz, wonach sich die Rassen in drei Altersstufen entwickeln. Die erste Stufe ist die vorstaatliche Existenz, die abgelöst wird durch zwei aufeinanderfolgende Stufen staatlicher Existenz, von denen erstere durch Adelsherrschaft und Krieg, letztere dann durch die Hervorbringung von Wissenschaft, Diplomatie und Industrie charakterisiert ist.
Alle diese Motive, die Voegelin aus diversen Ansätzen über die Rasse als Impetus der Staatswerdung zusammenträgt, finden sich in einer Theorie von der Entstehung des Landstaates wieder. Die Rassentheorie wird hier völlig ersetzt durch eine Machttheorie. Der Staat wird begriffen als Herrschaftsinstrument einer siegreichen Menschengruppe zur Unterdrückung einer besiegten.


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Bezugnehmend auf die Dreistufentheorie von Gumplowicz fällt Voegelin hierbei die Beschränkung des Wesens des Staates auf seine erste, kriegerische, Stufe auf. Somit gibt es zwei Möglichkeiten wirtschaftlicher Bedürfnisbefriedigung, entweder durch freien Tausch oder aber durch gewaltsame Aneignung<542>.
Die vorangehend dargestellten Ansätze haben für Voegelin große Bedeutung bezüglich der Entwicklung der partikulären Gemeinschaftsidee. Dabei bleibe es jedoch laut Voegelin festzuhalten, daß diese Idee sich in ihren Anfängen nicht in Reinform präsentiere, sondern daß die alten, die gesamte Menschheit übergreifenden Ideen weiterhin sichtbar bleiben. So finde sich in den Vorstellungen von Klemm und Gobineau die Auffassung, daß die Menschheit eine kosmische Offenbarung sei, deren Wesen bei Klemm in einem glücklichen, bei Gobineau in einem unglücklichen Ende bestehe. Bei Immanuel Kant werde von einem Endzustand völliger Vernünftigkeit der Menschheit ausgegangen, bei Fichte wiederum diese Vorstellung auf das letztendliche Absterben des Staates übertragen. Die Vorstellung Fichtes sei direkt übernommen von der kommunistischen Idee.
In diesen Ideen manifestiert sich eine soteriologische Komponente, denn die Endzeitidee des Kommunismus vom Ende des Staates und der Etablierung einer klassen- und herrschaftsfreien Gesellschaft stellt nichts anderes als einen Erlösungsgedanken dar. Der Erlösungsgedanke findet sich ebenso in der nationalsozialistischen Idee des dritten Reiches. Das Charakteristische an den Vorstellungen des Nationalsozialismus und des Kommunismus ist nun auch darin zu sehen, daß der Bringer der Erlösung jeweils in einer partikulären Gruppe der Menschheit gesehen wird, im ersteren Falle ist es der „arische“ Teil der Nation, im letzteren Falle die Arbeiterklasse, der eine historische Mission zukommt<543>. Diese Einsichten stellen den Ausgangspunkt einer weiteren Untersuchung dar, in welcher es um die mit der Enstehung einer bestimmten Leibidee synchron laufenden Genese einer entsprechenden Gegenidee geht<544>.

2.4.4 Rassenidee und Judentum

2.4.4.1 Das Phänomen des Antisemitismus

„Unter der Voraussetzung also, daß das Grundgerüst der neuen Gemeinschaftsidee immer klarer wird und die Reste der früheren Idee abstreift, haben wir jetzt das Werden einer solchen partikulären Gemeinschaft mit einer Leibidee an dem gleichzeitigen Entstehen ihres Gegenbildes zu typisieren. In der Fichteschen Idee des Gegensatzes von göttlichem und teuflischem Reich ist das Schema vorgezeichnet, nach dem eine partikuläre durch eine Leibidee mitbestimmte Gemeinschaft - die arische, germanische, deutsche, nordische - ihr Bewußtsein gewinnt an dem Sichtbarwerden des Gegenreiches; zur Rasse gehört die Gegenrasse oder Antirasse, wie in der Tat die Juden gelegentlich genannt wurden.“<545>

Für Voegelin stellt sich die Frage nach den Gründen für die Stigmatisierung der Juden zur Gegenrasse. Um dieser Frage nachzugehen, stützt sich Voegelin auf die Untersuchungen von Werner Sombart in dessen Abhandlung Die Juden und das Wirtschaftsleben. Sombart zufolge muß es so etwas wie eine „(j)üdische Eigenart“<546> geben. Diesem Tatbestand stehe nicht entgegen, daß die Juden, erstens, teilweise in Westeuropa und Amerika ansässig geworden und durch die dortigen „Wirtsvölker“<547> assimiliert worden seien. Zweitens, könne dem Tatbestand einer jüdischen Eigenart nicht entgegenstehen, daß die in der Diaspora lebenden Juden kein Volk, keine Nation im konventionellen Sinne darstellen. Drittens, bestehe auch dadurch kein berechtigter Einwand, daß es der gesamten Judenschaft an Homogenität fehle. In diesem Zusammenhang wäre es leicht, die Spaltung der Judenschaft in Sephardim und Aschkenazim, also östliche und westliche Juden, Orthodoxe und Liberale oder aber Alltagsjuden und Sabbatjuden ins Feld zu führen. Alle drei Faktoren


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können nach Sombart die Möglichkeit einer jüdischen Eigenart nicht ausschließen.
In den Untersuchungen Sombarts werden vier Grundeigenschaften hervorgehoben, welche die Eigenart der Juden unterstreichen. Die erste Eigenschaft ist die hohe Stellung, die dem Intellektualismus vor allen anderen Eigenschaften, vor allem gegenüber manuellen Fähigkeiten, beigemessen wird. Zweitens, sei für die Juden eine auf eigene Interessen bedachte subjektive Klugheit signifikant, die sich erstrangig auf den Bereich des täglichen Lebens bezieht. Hiermit verbunden ist, drittens, die konsequente Energie, mit der angestrebte Ziele verfolgt werden, und viertens, ein hohes Maß geistiger Beweglichkeit<548>.
Wenn nun diese Eigenart sich im Zusammenleben mit Menschen manifestiert, denen diese Charakterzüge fehlen, muß es zu Konflikten kommen. Um die Charaktereigenschaften dieser anders gearteten Gruppe von Menschen zu ermitteln, brauch man die vier Grundeigenschaften der Juden nur in ihr Gegenteil zu verkehren. Das heißt, erstens, hat Intellektualismus keinen Selbstzweck, sondern lediglich instrumentelle Bedeutung, und wird daher auch nur mit begrenzter Gründlichkeit ausgelebt. Zweitens, ist die auf das Ego bezogene Zweckorientiertheit ersetzt durch das Bestreben, in der Gemeinschaft einen gewissen persönlichen Status zu repräsentieren, zu dessen Erweiterung, drittens, die Energie und Zielstrebigkeit fehlt, so daß es, viertens, zur Lebensführung nur geringer geistiger Beweglichkeit bedarf, diese, im Gegenteil, vielmehr als verwerflich angesehen wird.
Mit dieser Gegenüberstellung zweier rassischer Charaktergruppen ist zwar ein möglicher Erklärungsansatz für die Entstehung von Mißverständnissen und Konflikten gegeben, ohne daß jedoch der Jahrhunderte schwelende Dauerkonflikt zwischen Deutschen und Juden hinreichend klar geworden ist. Voegelin weist hierbei zurecht auf die Möglichkeit und sogar Realität einer Assimilitation der jüdischen Minderheit durch den Lebensstil der arischen Mehrheit hin. Um nun den Dauerkonflikt zu erklären, vermeint Voegelin sich nur auf Erklärungsansätze beschränken zu können, da eine umfassende und erschöpfende Deutung nicht möglich sei. Folgende Möglichkeiten kämen für Voegelin in Betracht. Erstens, der seelisch-leibliche Rassentypus, der im Laufe der jüdischen Geschichte entstanden ist, unterscheidet sich grundlegend von dem Typus, den die nordeuropäischen Völker repräsentieren:

„Diese Erklärung hat für sich, daß sie den Abstand zwischen einem orientalischen und einem nordeuropäischen Volk hervorhebt; sie ist unbefriedigend, weil es der einzige Fall der Völkergeschichte wäre, in dem ein in der Zerstreuung lebendes Volk weder untergeht, noch sich anpaßt oder verschmilzt.“<549>

Zweitens, ist denkbar, daß sich die jüdischen Charakterzüge im Laufe der jahrhundertelangen Verfolgung und dem Leben in der Diaspora als Ausdruck von Zähigkeit und Widerstandsfähigkeit entwickelt haben:

„Diese Erklärung erklärt meines Erachtens gar nichts, denn das Problem besteht ja gerade darin, warum die Verfolgung nicht zur Auflösung in irgendeiner Form geführt hat, sondern eben nur zu immer stärkerer Züchtung des jüdischen Typus (ganz abgesehen davon, daß er schon zu Beginn der Diaspora als fertiger auftritt, soweit man dies feststellen kann).“<550>

Drittens, ist es westlichen Völkern charaktereigen, daß ihnen der Blick für die Grundeigenschaften der Völker, unter denen sie leben, fehlt, so daß sie selber nicht wissen, woran sie sich überhaupt anpassen sollen:

„Eine Erklärung, die manche Erscheinungen verstehen läßt; erstaunlich bliebe dabei die gewaltige Zähigkeit und Vitalität, mit der das eigene Wesen durchgehalten wird. Dagegen spricht, daß es Juden gibt, die in der Tat fähig sind, die fremde Wesensart zu erkennen und sich ihr anzunähern.“<551>

Viertens, ist es auch möglich, daß die Fähigkeit zur Anpassung grundsätzlich besteht und lediglich das Unvermögen einiger Weniger eine Assimilation in Einzelfällen verhindert:

„Diese Deutung trifft gleichfalls in ansehnlichem Maße zu, erklärt aber nicht, warum gerade unter den Juden die persönliche Charakterschwäche so weit verbreitet sein soll, während

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Einzelpersonen anderer Völker in ihrer Umgebung leichter und vollständiger aufgehen. Es verbleibt also ein sehr bedeutender ungeklärter Rest.“<552>

Bei aller Offenheit, die die jüdische Frage übrig läßt, ist jedoch auch festzustellen, daß es bei Voegelins Ausführungen über die Juden als Gegenidee nicht primär um die jüdische Eigenart geht, sondern darum, die Juden der eigenen Rassenidee entgegenzusetzen, nur auf letzteres ziele die Literatur ab, welche die Juden zur Gegenidee werden läßt. An einer wirklichen Erkenntnisgrundlage zur Begründung der Gegenidee fehlt es, da die Gegenidee nicht etwa das Resultat von Erkenntnissen, sondern umgekehrt die Setzung einer Gegenidee das angestrebte Ziel ist, dessen Zweck zugrundeliegende Erkenntnisse, wenn es sie denn überhaupt gibt, allenfalls zu dienen haben. Voegelin sieht eine Reihe von Indizien, die für einen solchen Primat der Setzung einer Gegenidee sprechen. Indiz dafür ist etwa der Personenkreis, der unter die Juden gefaßt wird. Zu diesem gehören nicht nur die Konfessionsjuden, sondern die ethnischen Juden überhaupt, darüber hinaus auch Personen, die teilweise jüdischer Abstammung sind. Außerdem werden in weitestem Sinne Personen verdächtigt, die bestimmte, für Juden charakteristische Berufe ausüben. Bei Voegelin heißt es dazu:

„Schon an dieser Stelle, bei der bloßen Abgrenzung des Kollektivums ‚Juden’ für die Mitglieder der sozialen Umwelt der Juden, macht sich ein Wesenszug der neuen partikulären Gemeinschaftsbildung bemerkbar, den wir in voller Ausprägung erst in den höheren Schichten des Phänomens finden; der an Fichtes Idee als wesentlich aufgewiesene Zug der ‚Wissenschaftlichkeit’ bei der Bildung der Gemeinschaft.“<553>

Darüber hinaus beschäftigen sich Presse und Literatur seinerzeit ausführlich mit der Judenfrage, mit der Stellung der Juden in der Gesellschaft, deren Wirtschaftsleben, Organisationen und sonstigen Belangen. Dieser agitatorische Aufwand macht sich Voegelin zufolge erforderlich, um die Juden aus der Gemeinschaft auszugrenzen, da diese unter die arische Gesellschaft gemischt und daher nicht einfach nach territorialen Gesichtspunkten auszugrenzen sind, wie es etwa bei verfeindeten, benachbarten Völkern, wie zum Beispiel Deutschen und Franzosen, möglich war. Desweiteren spielen in Voegelins Sicht zwei wichtige Erlebnistypen im Zusammenhang mit der Erfahrung der Juden als ein von der eigenen Gemeinschaft abzugrenzendes Kollektivum eine Rolle. Erstens, werden die Juden schon deshalb als Gegenreich begriffen, weil sie selbst eine partikuläre Gemeinschaft bilden, die die übrige Menschheit ihrerseits als Gegenreich ansieht, und zweitens, komme als Erlebnistatbestand hinzu, daß viele Menschen durch Juden in wirtschaftlicher Hinsicht ruiniert worden seien.
Die Kundgabe jüdischer Auserwähltheit sieht Voegelin als den Hauptgrund des die Geschichte der Menschheit durchziehenden Judenhasses an. Voegelin verweist hierbei auf die Fülle jüdischer Literatur, in der sich die Kundgabe jüdischer Auserwähltheit manifestiert. Die zweite Quelle des Antisemitismus besteht bei Voegelin, wie gesagt, in der wirtschaftlichen Schädigung durch Juden<554>. Drittens, sei der Antisemitismus auch von den Gelehrten seinerzeit, hierbei unter anderem Heinrich von Treitschke, mitgetragen worden, ein Umstand, der den Antisemitismus hoffähig werden ließ und nach Voegelins Auffassung somit erst dessen entscheidenden Beitrag zur Gemeinschaftsbildung ermöglichte. Voegelin spricht in diesem Zusammenhang von der „Massenwirkung der wissenschaftlichen Legitimation“<555>. Diese nun fällt mit dem Erlebnis der partikulären Gemeinschaft, welches in seine ausgereifte Phase getreten ist, zusammen<556>.
Wenn man Voegelins Ausführungen zum Judentum in Rasse und Staat analysiert, so ist die Rolle des Judentums als partikulärer Gemeinschaft der Hauptgesichtspunkt, auf den Voegelins Darstellung hierzu hinausläuft. Voegelins Verweise auf die Rolle der Juden in Literatur und Wirtschaftsleben dienen dabei nur zur Illustration dieses Hauptgesichtspunktes. Typischer für sein Denken hingegen sind dessen Überlegungen zur jüdischen Idee in der Geistesgeschichte, die das Wesen der jüdischen partikulären Gemeinschaft ergründen. Um diese soll es im folgenden gehen.


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2.4.4.2 Die jüdische Idee in der Geistesgeschichte

Was die Idee einer jüdischen partikulären Gemeinschaft im Ganzen betrifft, so existiert diese im Bewußtsein bereits seit der Antike, seit dem es eine Judenfrage überhaupt gibt. Bedeutsam für das Problem der modernen Leibidee wird die Idee der jüdischen partikulären Gemeinschaft allerdings erst, als sich die Auflösung der die Menschheit umspannenden Idee des Reiches und des Leibes Christi und das Aufkommen der Idee begrenzter Gemeinschaften vollzieht. Bei Fichte wird den Juden weniger der Charakter einer Religionsgemeinschaft beigemessen, sondern vielmehr der einer blutsaristokratischen Abstammungsgemeinschaft, der diese gegenüber der Menschheit als etwas besonderes abhebt, so daß die Juden der übrigen Menschheit mit Verachtung oder gar Haß begegneten. Als einen Autor, der sich mit dem Problem des Judentums im Zusammenhang mit der Idee der partikulären Gemeinschaft gründlicher befaßt hat, führt Voegelin die von Bruno Bauer verfaßte Abhandlung Die Judenfrage<557> an, welche er als durchaus richtungweisend, wenn auch in der Literatur als bislang wenig wirklich rezipiert, ansieht<558>.
Es hat immer wieder Versuche gegeben, die Juden in den modernen Staat zu integrieren und zu emanzipieren. Allerdings sei dabei, wie Bauer befindet, die wesentliche Frage nach dem grundlegenden Charakter der jüdischen Gemeinschaft nie behandelt worden. Bauer erblickt, so Voegelin, das Wesen der jüdischen Gemeinschaft in ihrer Geschichtslosigkeit. Diese sei in Zusammenhang zu sehen mit der „Zähigkeit“, die Bauer dem jüdischen Volksgeist attestiert:

„Statt die Zähigkeit des jüdischen Volksgeistes zu rühmen und als einen Vorzug zu betrachten, sollte man vielmehr fragen, was sie im Grunde ist und woher sie kommt. Sie ist der Mangel an geschichtlicher Entwicklungsfähigkeit, sie begründet den völlig ungeschichtlichen Charakter dieses Volks und sie ist wiederum in dem orientalischen Wesen desselben begründet.“<559>

Die Geschichtslosigkeit der jüdischen Gemeinschaft sei auf drei Ursachen zurückzuführen. Erstens, gibt es einen besonderen Volkscharakter der orientalischen Völker. Diese machen keine geistigen Entwicklungen durch, sie verharren statisch in zeremoniellem Leben, ohne dabei ein Bewußtsein von Freiheit und Vernunft nach okzidentalem Vorbild zu entwickeln<560>. Die zweite Ursache gründet sich auf die jüdische Religiösität. Diese ist die Grundlage für eine Reihe geschichtlicher Entwicklungen, dabei vor allem die Entstehung des Christentums. Dieses hat sich aus dem Judentum entwickelt. Das Judentum ist die Vorstufe zum Christentum, das Judentum wird durch die Entwicklung zum Christentum erfüllt<561>.
Jedoch partizipieren an der Entwicklung zum Christentum keineswegs alle Juden, so daß nach wie vor parallel zum Christentum auch noch das Judentum als Religion existiert. Zugleich kommt es zum Gegensatz dieser beiden Religionen, die sich beide als partikuläre Gemeinschaften verstehen. Den Juden kommt, wie Voegelin hervorhebt, aufgrund der Stellung des Judentums als Urreligion der Charakter eines chimärischen Volkes zu:

„Der chimärische Charakter bestand und besteht heute darin, daß ein Volk sich von allen anderen Völkern absondert als das auserwählte, als eines, dem die Ankunft des Messias bevorsteht, als ein Volk, das nicht geschichtlich aus der Quelle seines Volksgeistes leben kann, sondern dessen Geschichte suspendiert ist bis zur Ankunft des Messias, der es aus der Gefangenschaft erlösen und zum Herrn über die anderen Völker machen wird.“<562>

Das Judentum hat das Christentum hervorgebracht, das Christentum wiederum hat den Partikularismus des Judentums überwunden, da es sich mit seinem Erlösungsgedanken an die gesamte Menschheit wendet, während sich das Judentum nur auf das jüdische Volk beschränkte<563>.


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Die dritte der von Bruno Bauer erarbeiteten Ursachen für die Eigenart der jüdischen partikulären Gemeinschaft ist im Unterschied von deren Nationalität zu den anderen zu sehen. Bei den Religionen des Judentums und des Christentums handelt es sich um zwei chimärische partikuläre Gemeinschaften, die einander gegenüberstehen und nicht in der Lage sind, miteinander eine Einigung zu erreichen. Eine solche Einigung würde die Überwindung des chimärischen Charakters beider voraussetzen. Die von Bauer wahrgenommene Entwicklung sei besonders im 18. Jahrhundert meßbar. Lediglich die noch immer christliche Menschheit und auch das Judentum hätten sich noch nicht von ihrer Chimäre emanzipiert, und insoweit bestehe das Judentum auch heute noch als eine chimärische Nation aus der vorchristlichen Zeit. Das mosaische Gesetz ist chimärisch geworden. Bauer erblickt den chimärisch gewordenen Mosaismus im Talmud:

„Der Talmud ist die Fortentwicklung des mosaischen Gesetzes und des ganzen A. T., aber die chimärische, illusorische, geistlose Fortentwicklung. Illusorisch ist diese Fortentwicklung, weil sie ein bloßes Zerspalten des Alten, ein Markten und Feilschen mit dem Alten, eine verdünnte Wiederholung desselben, aber keine neue Schöpfung ist. Geistlos und chimärisch ist sie, weil sie mit dem Alten, noch dazu mit dem unmöglich gewordenen Alten nicht zu brechen wagt, die wesentlichen Lebensbedingungen des Alten aufgeben muß und dennoch nicht den Muth hat, aus einem neuen Princip heraus eine neue Welt zu schaffen.“<564>

Nach seiner Untersuchung der Gründe für die wesensmäßige Eigenart der jüdischen partikulären Gemeinschaft forscht Voegelin nach den Quellen, welche die zu seiner Zeit übliche Gegenüberstellung von Juden und Ariern bestimmen.
Beide Rassen seien gleichermaßen verantwortlich für die Leistungen der Menschheit, wobei sie beide der Menschheit mit ihren charakteristischen Eigenschaften dienen. Die Stärken der semitischen Rasse liegen auf religiösem Gebiet, während diese bei den Ariern eher auf den Gebieten der Politik, Philosophie, Wissenschaften und Künsten zu suchen seien. Zudem bestehe bei der semitischen Rasse möglicherweise ein Verfallsprozeß, der ursächlich mit dem Aufkommen des Islams zusammenhängt. Seitdem behaupte sich mit Hartnäckigkeit der Glaube an die Minderwertigkeit der semitischen Rasse gegenüber der arischen. Demgegenüber steht die Auffassung, daß die arische und die semitische Rasse durchaus gleichwertig seien, daß aber die Mischung beider untereinander schädliche Auswirkungen habe.
Voegelin unterstreicht, daß der Monotheismus der jüdischen Religion einer der Punkte ist, an dem in der Literatur die Minderwertigkeit der jüdischen Rasse festgemacht wird. Der Monotheismus sei die Grundlage für Intoleranz, fehlende Kulturentwicklung in Philosophie und Wissenschaft, unterentwickeltes politisches Leben. Den Monotheismus als alleinige Ursache anzusehen, ist aber wiederum nicht ausreichend. Betrachtet man das Judentum als Idee des Gesamtwesens Mensch, so stößt man auf das bereits genannte Problem der Bodenlosigkeit. Voegelin verweist hierzu auf Houston Stewart Chamberlain. Chamberlain stellt heraus, daß die Semiten die einzig wahren Götzenanbeter gewesen seien<565>. Desweiteren distanziert er sich von der Auffassung, die jüdische Religion sei monotheistisch:

„In das Judentum ist nachweislich die Idee des einen Weltgottes nur in der spätesten postexilischen Zeit langsam eingedrungen und ohne allen Zweifel unter fremdem, namentlich persischem Einfluss; wollten wir ganz wahr sprechen, wir müssten sagen: diese Idee drang niemals ein, denn heute noch, wie vor 3000 Jahren, ist Jahve nicht der Gott des kosmischen Weltalls, sondern der Gott der Juden; er hat nur die übrigen Götter umgebracht, vertilgt, wie er auch die übrigen Völker noch vertilgen wird, mit Ausnahme derer, die den Juden als Sklaven dienen sollen. Das ist doch kein wirklicher Monotheismus, sondern, wie schon früher bemerkt, ungeschminkte Monolatrie!“<566>

Bei Friedrich Delitzsch findet sich die „Monolatrie“-These ebenfalls:

„Die Religion Israels war nicht Monotheismus, sondern, wie einer der größten Kenner der semitischen Religionen, Ernest Renan, schon längst erkannte, Monolatrie: Israel diente Einem Gotte, nämlich seinem Spezialgotte Jaho; ob es andere Götter außer Jaho gibt, war ihm ganz

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gleichgültig, für Israel war es die Hauptsache, daß Jaho der höchste aller Götter war und daß er seine Verehrung nicht mit anderen Göttern zu teilen brauchte.“<567>

Die schöpferische Unfähigkeit der Juden wird auf die typisch jüdische Form von Herrrschaft des Gesetzes zurückgeführt. Die entstandenen Gesetze seien keine Folge innerer Notwendigkeit, sondern sie konnten nach Belieben erlassen und widerrufen werden<568>. Herrschaft ist darum nicht bedingt durch das Sittengesetz, sondern durch Willkür. Bei Chamberlain heißt es dazu:

„(D)er Begriff der Notwendigkeit ist ein in allen indoeuropäischen Rassen besonders stark ausgeprägter, dem man bei ihnen auf den verschiedensten Gebieten immer wieder begegnet: er deutet auf hohe leidenschaftslose Erkenntniskraft; dagegen ist der Begriff der Willkür, d. h. einer unbeschränkten Herrschaft des Willens, für den Juden specifisch charakteristisch: er verrät eine im Verhältnis zum Willen sehr beschränkte Intelligenz.“<569>

Die jüdische Nation wiederum konstituiert sich nach Chamberlain aus wiederum zwei Komponenten, erstens, der rassischen Reinheit des Judentums und, zweitens, der jüdischen Idee an sich. „Rasse und Ideal machen aber zusammen die Persönlichkeit des Menschen aus; sie beantworten die Frage: wer bist du?“<570> Nach Chamberlain gitb es somit zwei Begriffe vom Juden, einmal den Rassejuden, welchem jedoch begrifflich gegenüber steht ein rein ideeller Jude, dessen Jude Sein sich aus seiner inneren Durchdringung von der jüdischen Idee ergibt<571>.
Voegelin erwähnt erneut die Namen Günther und Lenz, die bereits in seinen Abhandlungen zur Rassentheorie eine Rolle spielten, denen er aber auch wiederum nur geringen wissenschaftlichen Anspruch zuerkennt. Lenz etwa vermeint die Juden unter „(d)ie Völker von vorwiegend vorderasiatischer Rasse“<572> einzuordnen<573>. Für Günther wiederum sind die Juden keine Rasse, sondern ein Gemisch verschiedener Rassen:

Die Juden sind ein Volk und können wie andere Völker auf mehrere Glaubensbekenntnisse verteilt sein, und wie die anderen Völker sind sie aus verschiedenen Rassen zusammengesetzt. Die beiden Rassen, welche gleichsam den Grund des jüdischen Volkes ausmachen, sind [...] die vorderasiatische und die orientalische. Dazu kommen leichtere Einschläge hamitischer, nordischer, innerasiatischer und negerischer Rasse, stärkere Einschläge westischer und ostbaltischer Rasse.“<574>

Was jedoch die jüdische Bodenlosigkeit betrifft, so spiegelt diese nach Voegelins Auffassung nicht zuletzt einen deutschen Komplex wider, „die Problematik der deutschen ‚Bodenständigkeit’“<575>, zu deren Identifikation es der Abgrenzung gegen die jüdische Bodenlosigkeit bedarf. In Voegelins Untersuchungen ist die Problematik der deutschen Bodenständigkeit ideengeschichtlich von Bedeutung, „weil ein selbstverständlicher, unmittelbar gewisser politischer Wirklichkeitsboden für die


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Ideenwelt Frankreichs, Englands und Amerikas gegeben ist.“<576>

2.4.5 Das Wesen der nordischen Rassenidee

Die Typisierung von Leibideen als konstitutiver Faktor bei der Bildung politischer Gemeinschaften hat sich, zusammenfassend betrachtet, nach Voegelins Auffassung unter folgenden Voraussetzungen zu vollziehen: Erstens, sind die Leibideen in zwei Gruppen zu unterteilen, zum einen in solche, die sich nur auf den animalischen Bereich des Menschen, und zum anderen jene, die sich auf den Menschen als Gesamtwesen beziehen. Was, zweitens, die Ideen des animalischen Bereiches des Menschen betrifft, so handelt es sich entweder um die Idee der Rasse oder um Ideen, die sich an anderweitigen Zusammenhängen im animalischen Bereich orientieren.
Die Rassenidee wiederum bezieht sich, drittens, entweder auf reine Rassen oder aber auf Rassenmischungen, durch welche sich partikuläre Gemeinschaften konstituieren. Viertens, wurde der Mittelstand als jene soziale Schicht herausgearbeitet, welche die Trägerschaft für die Rassenidee übernimmt. Diese Rolle des Mittelstandes ergibt sich aus dessen Bedrohung durch Sozialdemokratie, Kommunismus und Großunternehmertum. Fünftens, vermag sich die Rassenidee auf Theorien abzustützen, die Anspruch auf Wissenschaftlichkeit erheben. Sechstens, bewegt sich die Stimmungslage der Rassenideen zwischen den Polen eines Pessimismus einerseits, wie ihn Gobineau vertritt, und andererseits einem Optimismus<577>.
Es ist strittig, wie die historischen Leistungen der nordischen Rasse zu beurteilen sind. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Erklärung, die Albert Reibmayr für das Talent und Genie der Italiener heranzieht:

„In neuerer Zeit macht sich, angeregt durch die Gobineau‘schen Übertreibungen, die Tendenz geltend, die ganze Züchtung des italienischen Genies seit der Völkerwanderung nur auf Kosten des germanischen Blutes erklären (Woltmann). Wie die Ansichten Gobineau‘s einen wahren Kern enthalten und nur in ihren übertriebenen Konsequenzen falsch sind, so ist auch an der Ansicht Woltmann‘s ein wahrer Kern, wie wir ja bereits in dem vorausgehenden konstatiert haben. Der Germane repräsentiert in dieser Völkermischung und -Ehe den Vater, der die tüchtigen Wurzelcharaktere, welche dem italienischen Blute durch die so tief gehende römische Degeneration abhanden gekommen waren, wieder beibrachte. Diese Erbschaftsmasse des germanischen Blutes wäre aber allein ohne die viel wichtigere künstlerische Erbschaftsmasse der weiblichen Linien des römischen speziell etruskischen Talentes niemals imstande gewesen, in so kurzer Zeit die künstlerische Wiedergeburt, wie sie uns in der italienischen Renaissance vor Augen tritt, hervorzubringen.“<578>

Bei der Typisierung von Leibideen kommt es dann auch zu Auseinandersetzungen zwischen den Vertretern verschiedener Ideentypen, die sich jedoch auf einem theoretisch bescheidenen Niveau bewegen. In der Massendemokratie, so Voegelin, kommt es jedenfalls auf Leibideen an, die, wollen sie erfolgreich an der Konstituierung einer politischen Gemeinschaft mitwirken, eine große Masse von Menschen in ihren ideellen Gehalt ein- und lediglich eine kleine Minderheit an Menschen ausschließen, indem sie letztere zur Gegenidee und zum Gegenreich stigmatisieren. Damit die Rassenidee auch wirklich Menschenmassen einschließt, darf sie nicht zu detailliert ausgearbeitet sein, um nicht Widersprüchlichkeiten zu provozieren:

„Die Verbindung des Rassengegensatzes mit dem politischen Gegensatz von Sozialdemokratie und mittelständischem Nationalsozialismus, wie Ammon sie durchgeführt hat, muß in der Praxis politischer Werbung sehr beweglich sein. Der Kommunist ist nur solange roter Untermensch, als er dem internationalen Sozialismus anhängt; wenn er sich zum nationalen bekehrt, wandelt er sich in ein staatsaufbauendes Element.“<579>


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Bezogen auf die nordische Idee heißt das, daß diese sich nicht auf den geringen Prozentsatz von Menschen beschränkt, die zur nordischen Rasse gehören, sondern daß sie elastischer ausgerichtet sein muß, um auch Menschenmassen in die nordische Leibideengemeinschaft zu integrieren. Die nordische Idee selbst ist durchaus scharf gefaßt, im Gegensatz zu ihr selbst wird sie bei den Massen der Bevölkerung nur sehr vordergründig rezipiert und gelangt auf diese Weise zum Durchbruch. Die nordische Idee entspricht der von Gobineau entwickelten Rassentypologie, die nordische Rasse gilt als diejenige Rasse, der die indogermanischen Völker ihre Kultur zu verdanken haben. Aufstieg und Niedergang der Kultur wird zum Aufkommen und Verschwinden der nordischen Rasse in Analogie gesetzt<580>.
In Bezug auf die amerikanische nordische Idee führt Voegelin als relevante Autoren Madison Grant und Lothrop Stoddard an, denen auch Hans F. K. Günther grundlegende Bedeutung beimißt<581>. Aus der drohenden Gefahr, daß die kulturschaffende nordische Rasse in der Gemengelage anderer Rassen unterzugehen droht, leiten Autoren wie Günther dann auch eine „Aufgabe“ ab, die dem deutschen Volk als Glied der nordischen Rasse für die Erhaltung derselbigen zukommt:

„Indem ein Buch von der Darstellung vergangener und gegenwärtiger Lebensverhältnisse zu dem Versuch übergeht, eine Aufgabe zu umschreiben, geht es über das Feld der Wissenschaft hinaus zu einer Zielsetzung über. [...] Entartung (d. h. eine stärkere Mehrung mindertüchtiger Erbanlagen) und Entnordung (d. h. Gegenauslese des nordischen Volksbestandteils) haben jedes Volk indogermanischer Sprache zum ‚Untergang’ geführt - Mehrung der tüchtigen, gesunden Erbanlagen und Mehrung des nordischen Blutes müssen demnach einen neuen Aufstieg bringen.“<582>

Ziel staatlicher Politik hat also eine „Aufnordung“<583> bzw. „Wiedervernordnung“<584> zu sein<585>. Eine Ablehnung der Güntherschen Position findet sich hingegen bei Kurt Hildebrandt. Bei diesem heißt es:

„Die Bilder der großen Deutschen, die Günther in seiner Rassenkunde bringt, entstammen fast alle der Rassenmischung. Das beweist nichts gegen die rein nordische Rasse, da sie ja an Zahl so viel schwächer vertreten ist, aber jedenfalls widerlegt sie die Annahme, daß die Mischung verwandter Rassen schädlich sein muß. Mag also die nordische Rasse durch Geschichte und zahlenmäßigen Anteil einen Vorrang als Kern der Nation haben, so sind die anderen Stämme doch vollwertige Brüder, die nicht durch eine Aufnordung zurückgedrängt werden sollen.“<586>

Auf Hildebrandts Begriff der Mischrasse und dessen Ablehnung der Möglichkeit reiner Rassen ist oben bereits eingegangen worden. Anstelle der nordischen Idee tritt bei Hildebrandt eine Verknüpfung des Konzeptes der Mischrasse mit einer nationalen Idee:

„Eine gute Rasse kann Großes vollbringen, aber sie kann auch träge dahindämmern. Das bedeutet also: Rasse an sich ist nur Stoff - es gehört die Form, die Idee dazu, ihr wirklichen Wert zu verleihen, und diese Idee im höchsten Sinne ist die nationale Idee. Wie nun ein Kunstwerk nur in dem ihm gemäßen Stoff verwirklicht werden kann, so kann die Idee der Nation

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nur in den ihr gemäßen Rassen verleiblicht werden. Die Sorge um die Rasse ist also eine hohe und unabweisbare Aufgabe innerhalb des nationalen Werkes.“<587>

Mit dieser Einsicht korrespondiert Hildebrandts These, daß der Staat auf die Rasse fundiert ist, worauf ebenfalls oben bereits eingegangen worden ist. Ähnliche Betrachtungen wie bei Günther sieht Voegelin wiederum bei Madison Grant und Lothrop Stoddard.
Stoddard konstatiert im Verfasservorwort seiner Abhandlung über den Kulturumsturz:

„Die umstürzlerische Unruhe, die heute die ganze Welt ergriffen hat, geht weit tiefer als man gemeinhin annimmt. Ihre letzte Wurzel ist weder das Werben des russischen Bolschewismus noch der letzte Krieg noch die Französische Revolution, sondern ein Vorgang artlicher Erschöpfung, der die großen Kulturen der Vergangenheit vernichtete und der auch unsere eigene zu zertrümmern droht.“<588>

Die amerikanische nordische Idee, für welche Grant und Stoddard stehen, fällt zusammen mit der Idee der klassischen Demokratie. Insoweit drängt die amerikanische nordische Rasse auf den Erhalt dieser Staatsform und ist insoweit konservativ ausgerichtet. Anders sieht das Voegelin bei der deutschen nordischen Idee, die er als revolutionär ansieht. Diese ist nicht auf die breiten Bevölkerungsmassen abgestützt, und als Träger dieser Idee kommt nicht der Mittelstand in Frage, da diesem in Deutschland nicht die nationgestaltende Wirkung zukommt, die er etwa in England, Frankreich und Amerika erfahren hat. Die deutsche nordische Idee hat daher kein bestimmtes Menschenbild zu bewahren, sondern überhaupt erst ein solches zu schaffen.
Als Quelle hierzu bedient man sich der Vergangenheit, so etwa der Mythen nordischer Kultur, wie dem Nibelungenlied, der isländischen Sage usw.. Zugleich erblickt Voegelin hier „das Bild der Politie Platons mit ihrer strengen eugenischen Zucht.“<589> Mit dem letztgenannten Aspekt bezieht Voegelin sich auf ein Werk Günthers über die Zucht- und Erziehungsgedanken Platons. Denn, so konstatiert auch Günther,

„Platons Zuchtgedanke wie sein Erziehungsgedanke lassen sich begreifen als das Hinstreben zu einem Vorbilde vom Vollkommenen Menschen und das Ringen nach Erkenntnis der Möglichkeiten, wie dieses leiblich-seelische Vorbild im Staate zu verwirklichen sei.“<590>

Die nordische Idee ist, so stellt Voegelin heraus, keine nationale Idee, sondern sie beinhaltet eine die europäischen Nationen übergreifende Elite. Das Verschwinden dieser Elite ist gleichbedeutend mit dem Niedergang der einst großen Kultur der europäischen Nationen. Nach Eugen Fischer, den Voegelin zu diesem Problem als relevanten Autor anführt, seien bereits Italien, Spanien und Portugal von diesem Niedergang betroffen, die nächsten Nationen, die vom Niedergang ihrer Kultur aufgrund des Schwindens der nordischen Rasse tangiert würden, seien Frankreich und Deutschland<591>. Als gegenwärtige große nordische Nationalkulturen werden neben Deutschland noch England, die Vereinigten Staaten und die skandinavischen Nationen angeführt. Wenn es dann auch noch zu Kriegen zwischen den übrig gebliebenen nordischen Kulturnationen kommt, wird deren Untergang noch beschleunigt. Der Erste Weltkrieg ist ein Beispiel für einen solchen Krieg, dem hier die Rolle eines Bürgerkrieges beigemessen wird, da er sich zwischen Nationen der nordischen Kultur abspielte.
Die im Ersten Weltkrieg gegen Deutschland verbündeten Heere aus Flandern, Nordfrankreich, England und Rußland sind in rassischer Hinsicht nordischer als Süddeutschland, so daß mit dem Hinzutreten Nordamerikas das Schwergewicht der nordischen Rasse nicht auf der Seite Deutschlands, sondern auf jener der gegen Deutschland verbündeten Mächte gelegen hat. Was


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jedoch die deutsche nordische Idee betrifft, so postuliert diese den Internationalismus. Bei dem von Voegelin mehrfach als Autor angeführten Günther findet sich ebenfalls dieses Postulat eines Internationalismus und Solidarismus der nordischen Völker untereinander:

„Da allen Völkern germanischer Sprache das nordische Blut gemeinsam ist, welche Einschläge anderer Rassen sie sonst auch zeigen mögen, und da sich in diesen Völkern immer noch Überlieferungen ihrer ‚Herkunft’ von hochgewachsenen, blauäugigen Vorfahren finden, Überlieferungen, an die sich anknüpfen läßt; da somit diesen Völkern die nordische Rasse als Zielbild gewiesen werden kann, ist der Gedanke der Aufnordung und der allnordischen Verbundenheit recht eigentlich eine Grundlage der Verständigung für die Völker germanischer Sprache. Da jeder europäische Krieg und jeder europäisch-nordamerikanische Krieg, wenn nicht unmittelbar durch die Verluste an Gefallenen, so mittelbar durch die zu Spätehen und Kinderarmut zwingenden wirtschaftlich-politischen Folgen die Ausmerzung der Nordrasse gefördert hat, ist der Allnordische Gedanke geradezu ein Gedanke des Friedens.“<592>

Ähnlich heißt es bei Günther an anderer Stelle:

„Der Nordische Gedanke müßte sich erweitern zum Allnordischen Gedanken, und seiner Einsicht und seinem Wesen nach wäre der Allnordische Gedanke notwendig zugleich der Gedanke der Unverletzbarkeit des Friedens der Völker germanischer Sprache unter sich.“<593>

In Bezug auf diesen utopischen Ansatz eines internationalen Solidarismus der nordischen Rasse befindet Voegelin,

„immerhin - er wird in Deutschland gefaßt - und er geht in die gleiche Richtung wie die anderen deutschen Internationalismen, der sozialistische und liberal-pazifistische, die den Boden der nationalstaatlichen politischen Wirklichkeit verlassen, während die parallelen Ideen bei anderen Nationen sich der nationalen Idee unterordnen. Die deutsche Spannung von Weltbürgertum und Nationalstaat findet sich in der Sphäre der Leibideen wieder.“<594>

2.5 Zusammenfassung und Fazit zur Rassenproblematik bei Voegelin

Zunächst ist Bezug zu nehmen auf die am Beginn der vorliegenden Arbeit aufgeworfene erste von insgesamt drei Fragen, nämlich die nach der Relevanz der Rassenproblematik im Denken Voegelins. Da bereits in den Frühschriften Voegelins der Transzendenzbezug von Anfang an vorhanden ist, stellt sich für Voegelin stets die Frage nach den Urgründen der Existenz des Menschen in Gesellschaft. In der Kategorie „Rasse“ erkennt er ein Kriterium, welches für die Konstituierung politischer Ordnungen eine Rolle spielt.
Die Untersuchung Rasse und Staat gliedert sich in zwei Teile, einem ersten, der sich dem Anliegen der wissenschaftlichen „Rassentheorie“, und einem zweiten, der sich dem Problem der politischen „Rassenidee“ widmet. Ausgangspunkt der Untersuchungen Voegelins zur Rassentheorie ist die Aufstellung des ontologischen Postulats einer Betrachtung aller Seinsbereiche, an denen der Mensch teil hat. Mit Blick auf die Rassentheorie bedeutet das die Annahme der Einheit der Kategorien Leib - Seele - Geist. Zu betrachten sei der Leib in seiner leiblich-seelisch-geistigen Durchdringung. In diesem Zusammenhang nimmt Voegelin auch eine Darstellung der verschiedenen Konstruktionsmodelle vor, die in der Wissenschaft entwickelt wurden, um das Verhältnis von Leib, Seele und Geist zu beschreiben.
Von dem vorgenannten Postulat Voegelins abweichend dominieren in der Rassentheorie die Auffassungen von der Rasse als einer biologischen und als einer anthropologischen Einheit. Die Rasse als eine biologische Einheit wurde vor allem von Darwin postuliert, jedoch spielen für Voegelin auch anderweitige Autoren wie Nägeli, Eimer, Driesch und Woltereck eine Rolle. Der anthropologische Rassenbegriff knüpft zunächst an den biologischen an, bezieht darüber hinaus


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jedoch auch umweltbedingte Merkmalkomplexe ein.
Für die Untersuchung der seelischen Rasseeigenschaften zieht Voegelin folgende Autoren heran: Lenz, Scheidt, Günther und vor allem Clauß. Bezüglich der drei erstgenannten Autoren stellt Voegelin die Unzulänglichkeit von deren Ansätzen heraus. Die Unzulänglichkeit dieser Ansätze gründet sich Voegelin zufolge darauf, daß unter Mißachtung des Postulates der Betrachtung des Menschen als Einheit von Leib, Seele und Geist eine Klassifizierung der seelischen Eigenschaften des Menschen nach fragwürdigen Kriterien unternommen wird. Schließlich wendet sich Voegelin einem Ansatz zu, den er für sich selbst als durchaus richtungweisend betrachtet.
Es ist die von Clauß vertretene Auffassung der Rasse als Gestalt-Idee. Auch dieser Ansatz sei zwar nicht völlig frei von Schwächen, jedoch gesteht Voegelin ein, daß Clauß sich der Problematik seines Untersuchungsgegenstandes, im Klaren ist. Der Rassenbegriff bei Clauß knüpft an „Seelen-Artungen“ an, die er als „Gestalt-Ideen“ begreift. Mit „Gestalt-Idee“ ist ein Urbild gemeint, das die Idee „Mensch“ verkörpert. Wenn Voegelin in seiner Rassenidee in der Geistesgeschichte die Existenz von „Urbildern des Menschen“ annimmt, dann stellt Clauß’ rassentheoretischer Ansatz eine Konkretisierung dieser Prämisse dar, so daß Voegelins eigener Ansatz zur Rassentheorie in der Interpretation der „Rasse“ als Urbild des Menschen in seiner leiblich-seelisch-geistigen Einheitsgestalt unter wesentlicher Rezeption des Ansatzes von Clauß zu sehen ist.
Mit einer Darstellung der Rassenlehre seines akademischen Lehrers Othmar Spann rundet Voegelin seine Betrachtungen zur wissenschaftlichen „Rassentheorie“ ab. Bedeutsam bei Spann ist für Voegelin der Begriff der „Gezweiung“. Nach Spann sei die Seinsordnung eine Kombination der zwei originären, nicht von einander abgeleiteten Elemente Geist und Stoff. Dabei können Geist und Stoff sich jedoch nicht direkt berühren, sondern die Kombination entsteht aus der „Gezweiung“ zwischen dem vorräumlichen Element der Materie und dem vorzeitlichen Element des Geistes. Im besonderen die Kategorie des Geistes dürfte für die Rezeption Spanns durch Voegelin hier zu beachten sein.
Im zweiten Teil der Gesamtuntersuchung geht es, wie schon gesagt, um die politische „Rassenidee“. In engem Zusammenhang hiermit ist Voegelins zeitgleich zu Rasse und Staat entstandene Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus zu sehen. Diese stellt gewissermaßen die Vorarbeit zum zweiten Teil von Rasse und Staat dar und bildet den Übergang von der „Rassentheorie“ zur „Rassenidee“, sie schließt die Lücke zwischen dem ersten und zweiten Teil von Rasse und Staat.
In seiner Rassenidee in der Geistesgeschichte stellt Voegelin einen Prozeß dar, den er als „Verinnerlichung von Leib und Person“ charakterisiert. Es wird eine Entwicklung beschrieben, die zwei Jahrhunderte umfaßt, ein Prozeß der vom 17. bis ins 19. Jahrhundert andauert. Ausgangspunkt für Voegelins Darstellung sind aber zunächst einmal die bis ins 18. Jahrhundert tradierten Auffassungen zum Art- und Rassebegriff, bevor er sich dem Problem der „Verinnerlichung von Leib und Person“ als eigentlichem Anliegen seiner Rassenidee in der Geistesgeschichte zuwendet.
Unter den tradierten Auffassungen zum Art- und Rassebegriff dürfte vor allem der Ansatz des englischen Zoologen und Botanikers John Ray nachhaltigen Eindruck auf Voegelin ausgeübt haben. Ray läßt sich in seinen Systematisierungsversuchen nicht von der im „Schulsystem“ üblichen Ausrichtung auf spezifische Merkmale, sondern vom „Gesamthabitus“ des Lebewesens leiten. Statt des „Schulsystems“ entwickelt Ray ein „Natursystem“ und unterscheidet beispielsweise entsprechend dem unterschiedlichen Gesamthabitus „Bäume“ und „Kräuter“.
In der „natürlichen Methode“ Ray‘s und ihrer Kategorie des „Gesamthabitus“ eines Lebewesens lassen sich Analogien zu der von Clauß vertretenen Auffassung der Rasse als „Gestalt-Idee“ erkennen. Beide Ansätze setzen eine Betrachtung des Lebewesens voraus, die die vom Positivismus gezogenen Grenzen der Beschränkung der Sicht auf leiblich-spezifische Merkmale überschreitet. Die Ansätze Ray‘s und Clauß’ stehen in ihren geistigen Voraussetzungen dem Postulat Voegelins einer die Grenzen des Positivismus transzendierenden, das Lebewesen in seiner Einheit von Leib, Seele und Geist akzeptierenden Betrachtung nahe.
Wenn Voegelin in seiner Rassenidee in der Geistesgeschichte von der „Verinnerlichung des Leibes“ spricht, stellt er auf ideengeschichtliche Problemreflexionen ab, die den Wandel einer transzendenten Betrachtung der Entstehung des Lebens zu einer immanenten Deutungsweise beinhalten. „Präformation“ und „Epigenesis“ stellen transzendente Erklärungsversuche zur Entstehung lebender Individuen dar, da in beiden Fällen die Entstehung des Lebens durch (göttliche) Kräfte aus dem Jenseits und nicht etwa durch die immanenten Qualitäten der organischen Substanz verursacht wird. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob die Beseelung des Menschen durch Gott einmalig erfolgt und sich dann nur noch von Generation zu Generation fortpflanzt (Präformation) oder ob die Beseelung mit jeder Zeugung von Generation zu Generation neu erfolge (Epigenesis).
Ein Ansatz auf dem Wege des Wandels zu einer immanenten Interpretation der Entstehung des Lebens stellt, wenn auch unvermittelt, Caspar Friedrich Wolff‘s Theoria Generationis dar. In dieser Theorie wird unterschieden zwischen dem Organismus und dem „Tier an sich“, anders ausgedrückt zwischen mechanischen und animalischen Funktionen. Im ersteren Fall wird der Organismus des

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Lebewesens in seinen Funktionen als ein Mechanismus aufgefaßt. Jedoch erschöpft sich das Lebewesen nicht in dem mechanistischen Verständnis seines Organismus, sondern darüber hinaus sind den mechanischen Funktionen animalische vorgelagert, die eine Präexistenz des „Tieres an sich“, eine stofflose Seele als Unterbau, darstellen, zu denen der in einen Mechanismus umgedeutete Organismus lediglich einen Anhang darstellt. Vollendet wird der von Voegelin angenommene Wandlungsprozeß von einer transzendenten zu einer immanenten Deutung der Entstehung des Lebens bei Wolff noch nicht, denn der hierzu erforderlichen Vorstellung von der Einheitlichkeit des Leibes steht die Spaltung desselbigen in eine immaterielle vis essentialis und eine materielle solidescibilitas entgegen.
Voegelin stellt daher weitere Problemreflexionen unter Heranziehung von Ansätzen aus den Werken von Leibniz, Oken, Blumenbach, Goethe und Kant an. Bezüglich der „Verinnerlichung des Leibes“ ist hierbei von einer Verendlichung der Spekulation über die unendliche Reihe die Rede. Vor allem Leibniz hat das Problem der Unendlichkeitsspekulation und der Verendlichung mathematisch präzisiert. Der Prozeß der „Verinnerlichung des Leibes“, des Wandels von einer transzendenten zu einer immanenten Interpretation der Entstehung des Lebens, zielt Voegelins eigenem Resümee zufolge auf die Freilegung des Blickes auf das Urphänomen des Lebens ab.
Analog hierzu erfolgt die Zielrichtung der „Verinnerlichung der Person“ im Hinblick auf das Urphänomen des Menschen in seiner leiblich-geistigen Einheitsgestalt. Wie auch schon bei der „Verinnerlichung des Leibes“ geht es hier um die Überwindung des Dualismus von Körper und Geist zugunsten einer Interpretation der Seinsordnung als stofflich-geistiger Einheit. Leibniz ist in seinen Abhandlungen zum Problem der „Verinnerlichung der Person“ noch nicht vorgedrungen. Voegelin setzt somit in seiner Abhandlung dieses Themas erst bei Kant an.
Im Zuge dieses Prozesses stellt die Vorbildfunktion, die die Person Goethes auf viele Zeitgenossen ausgeübt hat, einen wichtigen Pfeiler dar. Goethe entsprach in vielem dem Idealbild des vollkommenen gesunden Menschen und hat nicht zuletzt Carl Gustav Carus und dessen Rassentheorie beeinflußt. Entsprechend der vier Phasen von Tag, Nacht, Morgen- und Abenddämmerung werden bei Carus Tagvölker, Nachtvölker, östliche und westliche Dämmerungsvölker voneinander unterschieden.
Carus entwickelt zunächst unabhängig von der Erfahrung eine Normvorstellung vom Menschen und überprüft, inwieweit die verschiedenen Rassen dieser Norm gerecht werden. Wie Schiller, so prägt auch Carus die Einsicht, daß es nur wenigen Menschen vergönnt ist, dem Ideal nahezukommen. Die Konsequenz dieser Sicht ist jedoch kein Sozialdarwinismus, sondern die Verpflichtung der Tagvölker, ob ihrer führenden Stellung in der Menschheit wegen die schwächeren Völker zu schützen und ihnen zu helfen.
In der Rassentheorie von Carus sieht Voegelin einerseits die „Verinnerlichung der Person“ als abgeschlossen an, andererseits sind hier auch schon Entwicklungen erkennbar, die einmünden in die Entwicklung der Rassenidee, die dann als ein Typus von Leibideen ein konstituierendes Element politischer Gemeinschaften in der Neuzeit darstellt. Hierzu gehört etwa die herausragende Stellung, die später der nordischen Rasse bzw. der nordischen Rassenidee zuerkannt wird.
Diese Entwicklungen sind der Gegenstand des zweiten Teiles von Rasse und Staat, welcher sich der „Rassenidee“ als politischer Idee bei der Konstituierung politischer Gemeinschaften widmet. Die Rassenidee ist ein Unterfall von Leibideen. Voegelin unterscheidet zwei Fallgruppen von Leibideen, zum einen die in eine Gemeinschaftsidee transformierte Idee des Menschen als Animale, zum anderen die Idee des Menschen als Gesamtwesen, welche für die Rolle als Gemeinschaftsidee keiner Transformation mehr bedarf. An zwei Hauptfällen aus der Geschichte verdeutlicht Voegelin die Rolle von Leibideen bei der Bildung politischer Gemeinschaften - am antiken Stammstaat und am Reich Christi.
Voegelin versucht klarzumachen, daß Leibideen an der Konstituierung politischer Gemeinschaften mitwirken, jedoch nicht ausschließlich allein für diese ursächlich sind. Im antiken Stammstaat des alten Griechenlands ist es die Idee der Blutsverwandtschaft, die zunächst als objektive animalische Idee in eine subjektive Gemeinschaftsidee transformiert wird und somit in politischer Hinsicht gemeinschaftsbildend wirkt. Die Idee des Reiches und des Leibes Christi hat als Idee des corpus mysticum zunächst auch noch animalische Wurzeln, was sich in Vorstellungen von Christus als zweitem Adam widerspiegelt. Sie ist im Laufe des Mittelalters zerstört worden durch das Aufkommen der nationalstaatlichen Ideen.
In der Neuzeit sind es vor allem Fichte, Klemm und Gobineau, die Voegelin in der Entwicklung der Rassenidee als politischer Idee für bedeutsam hält. Der von Voegelin ins Feld geführte Schelling sieht als Ursache für die Entstehung der partikulären Gemeinschaften den Mythus an, dessen Wurzeln jedoch bereits in die vorchristliche Zeit zurückreichen. Der Mythus entstehe nicht im Laufe der Geschichte eines Volkes, sondern der Mythus sei ein Faktor, der allen anderen historischen Bedingungen vorangehe, letztere werden vielmehr aus dem Mythus heraus geboren.

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Die Umformung der Rassenidee weg von seiner animalischen und hin zur historischen Bedeutung ist dann ein Prozeß, der sich weder ruckartig noch vollständig vollzieht. Bei Klemm wird die Menschheit in zwei Grundrassen unterschieden, eine aktive und eine passive. Die Vollständigkeit der Menschheit ergibt sich somit aus der Vermischung dieser beiden Rassen. In diesem Sinne haben sich die aktiven Germanen mit einer passiven Urbevölkerung vermischt, was dann in Kombination mit dem Christentum und seiner Lehre von der Gleichheit der Menschen vor Gott zu einer hohen Kulturblüte geführt hat. Ähnlich unterscheidet auch Gobineau zwei Grundrassen, die starken und die schwachen, wobei die weiße, germanische Rasse jene starke Rasse darstellt. Dieses Gegenüber mündet in die Vorstellungen einer Symbiose dieser beiden Rassengruppen.
Fichte lieferte bereits das Beispiel, daß sich das Entstehen einer Idee der partikulären Gemeinschaft zugleich auf eine Gegenidee stützen muß. Fichtes Franzosenhaß gründet sich auf den Gegensatz von göttlichem und teuflischem Reich. Die Juden sind das Beispiel einer Gegenrasse, dem sich Voegelin aus Gründen der Aktualität der Zeit und des Ortes zuwendet, die das Entstehen der Schrift Rasse und Staat mit herausgefordert haben. Unter Verweis auf die Untersuchungen Sombarts werden hierbei vor allem Gründe wirtschaftlicher und intellektueller Privilegierung angeführt, die zu einer Stigmatisierung der Juden zur Gegenrasse geführt haben. Was die Idee einer jüdischen partikulären Gemeinschaft im Ganzen betrifft, so existiert diese im Bewußtsein bereits seit der Antike, seit dem es eine Judenfrage überhaupt gibt. Bedeutsam für das Problem der modernen Leibidee wird die Idee der jüdischen partikulären Gemeinschaft allerdings erst, als sich die Auflösung der die Menschheit umspannenden Idee des Reiches und des Leibes Christi und das Aufkommen der Idee begrenzter Gemeinschaften vollzieht.
Am Ende seiner Abhandlungen zu Rasse und Staat kommt Voegelin auf die nordische Rassenidee zu sprechen. Die nordische Idee entspricht der von Gobineau entwickelten Rassentypologie, die nordische Rasse gilt als diejenige Rasse, der die indogermanischen Völker ihre Kultur zu verdanken haben. Aufstieg und Niedergang der Kultur wird zum Aufkommen und Verschwinden der nordischen Rasse in Analogie gesetzt.
Die amerikanische nordische Idee fällt zusammen mit der Idee der klassischen Demokratie. Insoweit drängt die amerikanische nordische Rasse auf den Erhalt dieser Staatsform und ist insoweit konservativ ausgerichtet. Anders ist das bei der deutschen nordischen Idee, die als revolutionär anzusehen ist. Diese ist nicht auf die breiten Bevölkerungsmassen abgestützt, und als Träger dieser Idee kommt nicht der Mittelstand in Frage, da diesem in Deutschland nicht nationgestaltende Wirkung zukommt, die er etwa in England, Frankreich und Amerika erfahren hat. Die deutsche nordische Idee hat daher kein bestimmtes Menschenbild zu bewahren, sondern überhaupt erst ein solches zu schaffen.
Die nordische Idee ist, so stellt Voegelin heraus, keine nationale Idee, sondern sie beinhaltet eine die europäischen Nationen übergreifende Elite. Das Verschwinden dieser Elite ist gleichbedeutend mit dem Niedergang der einst großen Kultur der europäischen Nationen, was bei den Autoren seinerzeit zur Fassung eines „Allnordischen Gedankens“ mit dem Ziel einer „Aufnordung“ bzw. „Wiedervernordung“ geführt hat. Mit diesem Ausblick schließen Voegelins Untersuchungen zu Rasse und Staat ab.
Die Abhandlungen über „Rassenidee und politische Ordnung“ in dieser Arbeit betreffen den zweiten Teil von Voegelins Rasse und Staat <595>. Dieser Teil ist zugleich derjenige, der die drei wichtigsten Thesen Voegelins zur Rassenproblematik beinhaltet. Diese Thesen hat Georg Rothenfußer in seiner Rezension zu Voegelins Rasse und Staat überzeugend zusammengefaßt:
Erstens, sei die Rassenfrage erst politisch bedeutsam gewesen, als sich die christlich-mittelalterliche Ordnung aufzulösen begann und die Geborgenheit des Menschen im christlichen Glauben und in der christlich-mittelalterlichen Ständeordnung nicht mehr gegeben war:

„Daß das Bürgertum im 18. Jahrhundert dieser Ständeordnung nicht mehr einverleibt werden konnte, daß schon in der Reformation die liturgisch-hierarchische Ständeordnung gesprengt worden war, brachte schließlich die ganze Lehre vom Menschen aus den Fugen und ermöglichte erst die Versuche, den Menschen in Ersatzorganismen wie den Nationalstaat und zuletzt die Rassen einzugliedern, um ihn so neu zu beheimaten und aus der Angst des Alleinseins zu befreien.“<596>

Die Reisebeschreibungen im Zeitalter der Aufklärung haben zunächst noch ohne politische Radikalisierung ein Verständnis von den verschiedenen Rassen der Menschheit vermittelt. Erst die


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verschiedenen Ansätze zu einer Lehre von der herrschenden Rasse haben diese Thematik politisiert, so daß hierin die zweite These Voegelins auszumachen ist:

„(E)rst durch Fichtes Säkularisierung der geschichtstheologischen Christ-Antichristlehre zu dem Gegensatz Deutschland - Napoleonisches Frankreich ist eine irdische Teilgemeinschaft mit dem imperialen Anspruch des Gottesreichs ausgestattet und eine naturgesetzliche Ungleichheit der Menschen in der nachchristlichen Welt wieder eingeführt worden. Erst die Umwandlung des Gottesreichs in Moral bei Fichte hat den absoluten Gegensatz in naturhafte Teilgemeinschaften hineingetragen, damit also erst den Glaubensfanatismus und die unbedingte Intoleranz in ein Gebiet überführt, auf dem die sich besonders erbarmungslos und verhängnisvoll auswirken müssen.“<597>

Diese Entwicklung pflanzt sich fort in der Gegenüberstellung aktiver und passiver Rassen bei Klemm bzw. der jener starker und schwacher Rassen bei Gobineau. Im späteren 19. Jahrhundert stellt sich dieses Denken als nordisch-jüdischer Gegensatz dar. Auf letzteres bezieht sich die von Rothenfußer herausgestellte dritte These Voegelins,

„daß nämlich die nordische und jüdische Rassebestimmung im Geistigen als Bild und Gegenbild aneinander gebunden und gewachsen sind. Die Antithesen beweisen es unmittelbar: Bodenständigkeit - Bodenlosigkeit, Geschichtsempfinden - Geschichtslosigkeit; Autonomie - Heteronomie; geistige Substanz - Substanzlosigkeit; Persönlichkeit - Nihilismus.“<598>

Wie Arnold Gehlen zu dem Werk Rasse und Staat insgesamt befindet, hat es

„zwei entscheidende Verdienste, indem es die mythischen Ursprünge echter neuer Gemeinschaftsbildungen aufzeigt und indem es eine Kategorienlehre der Rassenforschung aufstellt, die für die theoretische Biologie nicht ohne Nutzen sein kann, und die, schon lange eine Aufgabe der Philosophen, hier von einem Staatsrechtslehrer unternommen wird.“<599>

Eine andere Rezension attestiert Rasse und Staat die Besprechung aller wissenschaftlichen Fragen

„mit vollendeter Methodik und in ernstester Wissenschaftlichkeit. Der nationale Standpunkt ist mit Nachdruck gewahrt, ohne daß etwa die wissenschaftliche - ‚echte’ - Objektivität verloren ginge. Das Buch verdient eine sorgsame Beachtung und ist ein guter Führer durch die wichtigen Gefilde dieses Wissensgebietes.“<600>

Der anderen Abhandlung zur Rassenproblematik, der Rassenidee in der Geistesgeschichte, attestiert Paul Ludwig Landsberg „eine Fülle von klaren Gedanken und redlichen Forschungen - im Gegensatz zur üblichen Literatur auf diesem Gebiet.“<601>
Wie Voegelin selbst in der Einleitung zu Rasse und Staat erklärt, sind die Schriften zur Rassenproblematik in den Gesamtzusammenhang seiner Arbeiten zu einem „System der Staatslehre“ einzuordnen. Voegelin ging es seinerzeit, als er seine beiden Werke verfaßte, um eine in einer „Ideenlehre“ gründenden „Staatslehre“. Die „Rassenidee“ als Miterzeuger politischer Gemeinschaften nimmt somit in der von Voegelin postulierten „Ideenlehre“ einen signifikanten Platz ein und lieferte seinen Auffassungen von einer als Geisteswissenschaft verstandenen Staatslehre wichtige Impulse. Im Umkehrschluß zu seinen eigenen Vorstellungen stand Voegelin der seinerzeit herrschenden Tradition der Staatslehre kritisch gegenüber. Wie noch im Zusammenhang der Problematik des Autoritären Staates auszuführen sein wird, richtet Voegelin seine Kritik insonderheit gegen den rechtspositivistischen Ansatz Kelsens.
Abschließend zur Rassenproblematik sei ein Zitat von Norbert Gürke angeführt, der in seiner Rezension zu Voegelins Rasse und Staat einen Bezug zwischen dieser Schrift und den rechtstheoretischen Abhandlungen Voegelins, auf die wir im folgenden Kapitel zu sprechen kommen,


109

herstellt. Dabei werden auch die Schwierigkeiten deutlich, wenn man versucht, Voegelins Vorstellungen, mit welchen er andere Autoren kritisiert, selbst einer Kritik zu unterziehen:

„Man kann nicht all das, wofür die wissenschaftliche Exaktheit Lücken läßt, in das Reich der Ideen verweisen oder als nicht vorhanden annehmen. Denn die Staatslehre bekommt nicht von der Aufgabe, eine Systemeinheit herzustellen, ihren Sinn, sondern von der politischen Wirklichkeit. Hier mußte V. [Voegelin] aber selbst immer gestehen, daß er einen Zwiespalt zwischen Wissenschaft und Leben empfinde, den er stets scheint zugunsten des Lebens zu lösen. So entsteht eine politische Rassenlehre, die um der ‚Wissenschaft’ willen ‚rein’ ist, d. h. den Begriff der Rasse leugnet. Hier spielt sich dasselbe ab, was Kelsen in der ‚reinen’ Rechtslehre machte: ‚Reinheit’ für eine Methode, gegen das Leben.“<602>

Fußnoten:

<32>

Vgl. Vondung, Klaus: Editor‘s Introduction, in: Voegelin, Eric: Race and State (The Collected Works of Eric Voegelin, Volume 2), Baton Rouge - London 1997, S. ix - xx (besonders S. xi ff.).

<33>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 2.

<34>

Ebd., vgl. auch Chignola, Sandro: „Fetishism with the Norm“ and Symbols of Politics, S. 39.

<35>

Voegelin, Erich: Reine Rechtslehre und Staatslehre, S. 131.

<36>

Ders.: Rasse und Staat, S. 117.

<37>

Auf Herder, Kant, Günther, Lenz, Clauß und Spann wird hier noch ausführlich eingegangen werden.

<38>

Vgl. Chignola, Sandro: „Fetishism with the Norm“ and Symbols of Politics, S. 47 f.

<39>

Vgl. Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 117 ff.

<40>

Vgl. Heilke, Thomas W.: Voegelin on the Idea of Race. An Analysis of Modern European Racism, Baton Rouge - London 1990, S. 49 ff.

<41>

Vgl. Gebhardt, Jürgen: Zwischen Wissenschaft und Religion. Zur intellektuellen Biographie E. Voegelins in den 30er Jahren, in: Ballestrem, Karl Graf/ Gerhardt, Volker/ Ottmann, Henning/ Thompson, Martyn P. (Hrsg.): Politisches Denken. Jahrbuch 1995/96, Stuttgart - Weimar 1996, S. 283 - 304, besonders S. 292.

<42>

Vgl. ders./ Cooper, Barry: Editors‘ Introduction, in: Voegelin, Eric: On the Form of the American Mind, S. xviii ff., besonders S. xx f., sowie Voegelin, Erich: Reine Rechtslehre und Staatslehre, S. 126 ff.

<43>

Vgl. Chignola, Sandro: „Fetishism with the Norm“ and Symbols of Politics, S. 41.

<44>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 4.

<45>

Ebd. S. 14.

<46>

Vgl. Voegelin, Eric: Autobiographische Reflexionen, S. 42 f. sowie Gebhardt, Jürgen: Eric Voegelin: Leben und Werk, S. 315.

<47>

Nicht näher eingehen möchte Voegelin jedoch auf die zu seiner Zeit jüngsten Entwicklungen der nordischen Idee, die sich unter anderem im Werk Alfred Rosenbergs finden. Zu dessen Begriff vom „Blutmythus“ siehe Rosenberg, Alfred: Der Mythus des 20. Jahrhunderts. Eine Wertung der seelisch-geistigen Gestaltenkämpfe unserer Zeit, 207. - 211. Auflage, München 1943, besonders dessen Resümee S. 698 ff.

<48>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 17, vgl. ebd. S. 1 ff. sowie Kuhn, Helmut: Das Problem einer Philosophischen Historiographie. Zum Werk von Eric Voegelin, in: Zeitschrift für Politik, Jg. 28 (1981), Heft 2, S. 116 - 129 (S. 120).

<49>

Vgl. Voegelin, Eric: Israel and Revelation, ebd. die „Introduction“ mit dem Titel „The Symbolization of Order“, S. 1 - 11.

<50>

Vgl. Heilke, Thomas W.: Voegelin on the Idea of Race, S. 2 f.

<51>

Voegelin, Eric: Autobiographische Reflexionen, S. 35.

<52>

Vgl. Vondung, Klaus: Editor‘s Introduction, in: Voegelin, Eric: The History of the Race Idea from Ray to Carus (The Collected Works of Eric Voegelin, Volume 3), Baton Rouge 1998, S. xi - xvii (S. xi f.) sowie Heilke, Thomas W.: Voegelin on the Idea of Race, S. 2.

<53>

Siehe Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 24 ff.

<54>

Siehe ebd. S. 78 ff.

<55>

Ders.: Rasse und Staat, S. 1, Anmerkung 1.

<56>

Siehe ebd. S. 18 ff.

<57>

Siehe ebd. S. 117 ff.

<58>

Vgl. Heilke, Thomas W.: Voegelin on the Idea of Race, S. 5.

<59>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, in: Klemm, Otto (Hg.): Psychologie des Gemeinschaftslebens. Bericht über den XIV. Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Psychologie in Tübingen vom 22. - 26. Mai 1934, Jena 1935, S. 91 - 104 (S. 91).

<60>

Ebd. S. 91.

<61>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, Tübingen 1933, S. 8.

<62>

Ebd. S. 9.

<63>

Vgl. ders.: Die neue Wissenschaft der Politik, S. 20 ff.

<64>

Vgl. ders.: Rasse und Staat, S. 9 f.

<65>

Ebd. S. 9.

<66>

Ders.: Die neue Wissenschaft der Politik, S. 18 f.

<67>

Vgl. ders.: Rasse und Staat, S. 10 f. sowie erneut ders.: Die neue Wissenschaft der Politik, S. 20 ff.

<68>

Ders.: Rasse und Staat, S. 14.

<69>

Ders.: Die neue Wissenschaft der Politik, S. 14, vgl. auch Laufer, Heinz: Homo homini homo. Das „Anthropologische Glaubensbekenntnis“ eines Doktrinärs, in: Dempf, Alois/ Arendt, Hannah/ Engel-Janosi, Friedrich (Hg.): Politische Ordnung und menschliche Existenz. Festgabe für Eric Voegelin zum 60. Geburtstag, München 1962, S. 320 - 342 (S. 336).

<70>

Vgl. Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 12.

<71>

So Rothenfußer, Georg: Geisteswissenschaft und Rassenfrage, in: Hochland. Monatsschrift für alle Gebiete des Wissens/ der Literatur u. Kunst, 31. Jg. (April 1934 - September 1934)), Bd. 2, S. 183 - 187 (S. 184).

<72>

Vgl. Kuhn, Helmut: Das Problem einer Philosophischen Historiographie, S. 120.

<73>

Vgl. Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 21 f.

<74>

Scheler, Max: Schriften aus dem Nachlaß. Band III: Philosophische Anthropologie (Gesammelte Werke, Bd. 12), Bonn 1987, S. 178.

<75>

Ders.: Die Stellung des Menschen im Kosmos, München 1949, S. 71.

<76>

Vgl. ebd. S. 72 ff.

<77>

Ebd. S. 79, vgl. insgesamt ebd. S. 71 ff. Zur Leib-Seele-Geist-Problematik bei Scheler siehe ferner ders.: Philosophische Anthropologie, S. 119 ff. Zu Schelers Einfluß auf Voegelins „Rasse und Staat“ vgl. auch Petropulos, William: The Person as ‚Imago Dei’. Augustine and Max Scheler in Eric Voegelin‘s ‚Herrschaftslehre’ and ‚The Political Religions’ (Occasional Papers. Eric-Voegelin-Archiv, Ludwig-Maximilians-Universität München; IV), 2. Auflage, München 2000, S. 5 f.

<78>

Vgl. Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 28.

<79>

Ebd.

<80>

Vgl. ebd. S. 18 ff., Heilke, Thomas W.: Voegelin on the Idea of Race, S. 45 ff. sowie auch Gehlen, Arnold: Rasse und Staat, in: Die Erziehung. Monatsschrift für den Zusammenhang von Kultur und Erziehung in Wissenschaft und Leben, 9. Jg. (1934), S. 201 - 204 (S. 201 f.).

<81>

Rothenfußer, Georg: Geisteswissenschaft und Rassenfrage, S. 184.

<82>

Siehe Opitz, Peter J.: In Memoriam Eric Voegelin, in: Zeitschrift für Politik, Jg. 32 (1985), Heft 2, S. 219 - 224, ebd. S. 219 die Feststellung: „Schon Rasse und Staat (1933), das erste Buch, das seiner Studie von 1928 Über die Form des amerikanischen Geistes folgte, bringt klar die Überzeugung zum Ausdruck, zu der Voegelin inzwischen gelangt war: daß die Probleme menschlicher und gesellschaftlicher Ordnung nicht adäquat im Rahmen der traditionellen Staatenlehre und eines dogmatischen Naturrechtsdenkens - wie Kelsen es vertrat - behandelt werden konnten.“

<83>

Vgl. Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 36 f.

<84>

Siehe hierzu Darwin, Charles: Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kampfe um‘s Dasein. Nach der letzten englischen Auflage wiederholt durchgesehen von J. Victor Carus, Köln 2000.

<85>

Vgl. Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 38.

<86>

Vgl. Goldschmidt, Richard: Physiologische Theorie der Vererbung, Berlin 1927, S. 95 f., wo diese Termini in eben dieser Bedeutung angewendet werden.

<87>

Vgl. ders.: Einführung in die Vererbungswissenschaft. Ein Lehrbuch in einundzwanzig Vorlesungen, 5. Auflage, Berlin 1928, S. 436 ff., besonders S. 441 ff.: Zu unterscheiden sind die „Genmutation“ oder „faktorielle Mutation“, bei der nur ein einzelnes Gen, ein Faktor, mutiert, die „Komplexmutation“, bei der ein ganzer Komplex von Erbfaktoren verändert wird, und die „Chromosomenmutation“, bei der das gesamte Chromosom umgebaut wird.

<88>

Alverdes, Friedrich: Rassen- und Artbildung (Abhandlungen zur theoretischen Biologie, herausgegeben von Julius Schaxel, Heft 9), Berlin 1921, S. 1 f.

<89>

Vgl. ebd. S. 2.

<90>

Vgl. Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 40 sowie Heilke, Thomas W.: Voegelin on the Idea of Race, S. 67 ff.

<91>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 41. Vgl. Heilke, Thomas: The Philosophical Anthropology of Race, S. 33 f.

<92>

Bergson, Henri: Schöpferische Entwicklung, 7. Tausend, Jena 1930, S. 19 f.

<93>

Uexküll, Jakob von: Der Organismus und die Umwelt, in: Driesch, Hans (Hg.): Das Lebensproblem im Lichte der modernen Forschung, Leipzig 1931, S. 189 - 224 (S. 218 f.).

<94>

Ebd. S. 224.

<95>

Vgl. ebd. S. 218 ff., besonders S. 223 f.

<96>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 43. Vgl. Heilke, Thomas: The Philosophical Anthropology of Race, S. 34 f.

<97>

Nägeli, Carl: Entstehung und Begriff der Naturhistorischen Art. Rede in der öffentlichen Sitzung der k. Akademie der Wissenschaften am 28. März 1865 zur Feier ihres einhundert und sechsten Stiftungstages, München 1865, S. 24.

<98>

Ebd. S. 29.

<99>

Ebd. S. 28.

<100>

Ebd. S. 27 f.

<101>

Ebd. S. 28, Anmerkung 1, vgl. ebd. S. 24 ff.

<102>

Eimer, G(ustav). H(einrich). Theodor: Die Entstehung der Arten auf Grund von Vererben erworbener Eigenschaften nach den Gesetzen organischen Wachsens. Ein Beitrag zur einheitlichen Auffassung der Lebewelt. I. Theil, Jena 1888, S. 1.

<103>

Ebd. S. 25.

<104>

Vgl. ebd. S. 24 ff. Siehe auch die Auseinandersetzung Eimers mit den Ansätzen von A. Weismann und C. Nägeli ebd. S. 9 - 24.

<105>

Vgl. Scheler, Max: Die Stellung des Menschen im Kosmos, S. 79, die ebd. in einer Fußnote enthaltene Feststellung. Siehe ferner Schelers Abhandlungen über Meta-Biologie, in: ders.: Schriften aus dem Nachlaß. Bd. II: Erkenntnislehre und Metaphysik (Gesammelte Werke, Bd. 11), Bern - München 1979, S. 164 ff. wo unter anderem auf Driesch und die Problematik des Vitalismus eingegangen wird.

<106>

Driesch, Hans: Das Wesen des Organismus, in: ders. (Hg.): Das Lebensproblem im Lichte der modernen Forschung, Leipzig 1931, S. 384 - 450 (S. 409).

<107>

Vgl. ebd. S. 409 f.

<108>

Ebd. S. 415 f. Siehe auch als weitere Stellungnahme zum Gegensatz Mechanismus - Vitalismus und der Verortung der Seelenfrage in letzterem: Wolff, Gustav: Leben und Seele, in: Driesch, Hans (Hg.): Das Lebensproblem im Lichte der modernen Forschung, Leipzig 1931, S. 311 - 383 (S. 350).

<109>

Driesch, Hans: Das Wesen des Organismus, S. 416.

<110>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 49, vgl. insgesamt Driesch, Hans: Das Wesen des Organismus, S. 409 ff., besonders S. 415 ff.

<111>

Driesch, Hans: Philosophie des Organischen, 4. Auflage, Leipzig 1928, S. 285.

<112>

Ders.: Der Begriff der organischen Form (Abhandlungen zur theoretischen Biologie, herausgegeben von Julius Schaxel, Heft 3), Berlin 1919, S. 57.

<113>

Ebd. S. 57, Anmerkung 1. Näher dazu ebd. S. 57 ff.

<114>

Hierauf soll jedoch nicht weiter eingegangen werden. Siehe ders.: Philosophie des Organischen, S. 286 f. sowie insgesamt ebd. S. 285 ff.

<115>

Woltereck, Richard: Vererbung und Erbänderung, in: Driesch, Hans (Hg.): Das Lebensproblem im Lichte der modernen Forschung, Leipzig 1931, S. 225 - 310 (S. 274).

<116>

Ebd.

<117>

Ebd. S. 278, vgl. ebd. S. 274 ff.

<118>

Ebd. S. 278.

<119>

Vgl. ebd. S. 278 ff. sowie Heilke, Thomas W.: Voegelin on the Idea of Race, S. 79 f.

<120>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 36.

<121>

Vgl. ebd. S. 53.

<122>

Siehe dazu näher Vries, Hugo de: Die Mutationstheorie. Versuche und Beobachtungen über die Entstehung von Arten im Pflanzenreich. Erster Band: Die Entstehung der Arten durch Mutation, Leipzig 1901, S. 151 ff. sowie ders.: Die Mutationen in der Erblichkeitslehre. Vortrag gehalten bei der Eröffnung der von William M. Rice gegründeten Universität zu Houston in Texas am 12. Oktober 1912, Berlin 1912, besonders S. 27 ff. Siehe ferner Morgan, Thomas Hunt: Die stoffliche Grundlage der Vererbung, Berlin 1921, S. 223 ff.

<123>

Vgl. Morgan, Thomas Hunt: Die stoffliche Grundlage der Vererbung, S. 211 ff. sowie Morgan, T. H. / Bridges, C. B. / Sturtevant, A. H.: The Genetics of Drosophila, in: Lotsy, J. P. / Kooiman, H. N. (Hg.): Bibliographia Genetica, Deel II, `s-Gravenhage 1925, S. 1 - 262 (S. 22 ff.), unter anderem die Feststellung, S. 22: „Several hundred separate cases of mutation have been detectet in the various species of Drosophila, and this has given rise in some quarters to the impression that mutations must be unusually frequent in the group.“

<124>

Nachtsheim, Hans: Vorwort zur deutschen Ausgabe von: Morgan, Thomas Hunt: Die stoffliche Grundlage der Vererbung, Berlin 1921, S. V - VI (S. V).

<125>

Vries, Hugo de: Die Mutationstheorie, S. 42.

<126>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 54, vgl. Vries, Hugo de: Die Mutationstheorie, S. 41 ff.

<127>

Johannsen, W.: Elemente der exakten Erblichkeitslehre, Jena 1909, S. 6.

<128>

Ebd.

<129>

Ebd. S. 7, vgl. ebd. S. 6 f.

<130>

Schaxel, Julius: Grundzüge der Theorienbildung in der Biologie, 2. Auflage, Jena 1922, S. 106.

<131>

Vgl. Alverdes, Friedrich: Rassen- und Artbildung, S. 104.

<132>

Ebd. S. 106.

<133>

Ebd., vgl. Schaxel, Julius: Grundzüge der Theorienbildung in der Biologie, S. 105 ff.

<134>

Vgl. Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 56, siehe auch Heilke, Thomas: The Philosophical Anthropology of Race, S. 35: „The biological problems in identifying ‚pure lineages as the basis of the descriptive classification of man’ make some anthropologists cautious in their racial description and classification.“

<135>

Vgl. Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 36 ff.

<136>

Ebd. S. 56.

<137>

Vgl. ebd. S. 57.

<138>

Scheidt, Walter: Allgemeine Rassenkunde als Einführung in das Studium der Menschenrassen (Rassenkunde, Bd. I), München 1925, S. 327.

<139>

Vgl. ebd. S. 327 f.

<140>

Scheidt, Walter: Rassenkunde, Leipzig 1930, S. 4. Diese „kleine“ Rassenkunde ist, wie gesagt, nicht identisch mit jener von Scheidt mit herausgegebenen „großen“ Rassenkunde, deren erster Band Scheidts Allgemeine Rassenkunde darstellt.

<141>

Vgl. ders.: Allgemeine Rassenkunde, S. 327 ff. sowie S. 331.

<142>

Vgl. Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 58 f. sowie Heilke, Thomas: The Philosophical Anthropology of Race, S. 35.

<143>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 59.

<144>

Hildebrandt, Kurt: Norm und Entartung des Menschen, Dresden 1923, S. 221 sowie ders.: Norm / Entartung / Verfall. Bezogen auf den Einzelnen / die Rasse / den Staat, Berlin 1934, S. 227. Letzteres Werk ist eine Vereinigung der Abhandlungen Hildebrandts über Norm und Entartung des Menschen und Norm und Verfall des Staates.

<145>

Ders.: Norm und Entartung des Menschen, S. 221 f. sowie ders.: Norm / Entartung / Verfall, S. 227 f.

<146>

Vgl. ders.: Norm und Entartung des Menschen, S. 222. sowie ders.: Norm / Entartung / Verfall, S. 228.

<147>

Zu den Mendelschen Gesetzen vgl. auch Morgan, Thomas Hunt: Die stoffliche Grundlage der Vererbung, besonders S. 5 ff.

<148>

Vgl. Hildebrandt, Kurt: Norm und Entartung des Menschen, S. 222 sowie ders.: Norm / Entartung / Verfall, S. 228.

<149>

Ders.: Staat und Rasse. Drei Vorträge (Veröffentlichungen der schleswig-holsteinischen Universitätsgesellschaft, Nr. 19), Breslau 1928, S. 15.

<150>

Ders.: Norm und Entartung des Menschen, S. 223 sowie ders.: Norm / Entartung / Verfall, S. 229. Vgl. ebd. S. 227 ff. sowie ders.: Norm und Entartung des Menschen, S. 221 ff.

<151>

Ders.: Staat und Rasse, S. 16.

<152>

Vgl. ebd.

<153>

Vgl. Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 61 f.

<154>

Hildebrandt, Kurt: Norm / Entartung / Verfall, S. 391 f. sowie, bis auf einen Kommafehler identisch, ders.: Norm und Verfall des Staates, Dresden 1920, S. 119 f.

<155>

Vgl. Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 56 ff. und S. 63 f., Heilke, Thomas W.: Voegelin on the Idea of Race, S. 80 ff., ders.: The Philosophical Anthropology of Race, S. 36 sowie Gehlen, Arnold: Rasse und Staat, S. 202 f.

<156>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 64.

<157>

Clauß, Ludwig Ferdinand: Die Seele des Andern. Wege zum Verstehen im Abend- und Morgenlande, Baden-Baden 1958, S. 191 f.

<158>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 65. Vgl. Heilke, Thomas: The Philosophical Anthropology of Race, S. 36 f.

<159>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 66.

<160>

Vgl. ebd. S. 64 ff.

<161>

Lenz, Fritz, in: Baur, Erwin/ Fischer, Eugen/ Lenz, Fritz: Menschliche Erblehre und Rassenhygiene. Band I: Menschliche Erblehre, 4. Auflage, München 1936, S. 661.

<162>

Ebd. S. 659. Der von Lenz verfaßte Abschnitt „Die Erblichkeit der geistigen Eigenschaften.“ umfaßt ebd. die S. 659 - 773.

<163>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 73.

<164>

Ebd, vgl. ebd. Siehe auch die Äußerung Lenz’, in: Baur, Erwin/ Fischer, Eugen/ Lenz, Fritz: Menschliche Erblehre und Rassenhygiene. Band I, S. 673: „Während auf dem Gebiet gewisser ‚Geisteswissenschaften’ auch heute noch wie zu Schellings und Hegels Zeiten Berühmtheit gelegentlich durch große Worte und magische Aufmachung erreicht wird, besteht diese Gefahr auf dem Gebiet der Naturwissenschaften kaum.“

<165>

Vgl. Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 71 ff. sowie Lenz, Fritz, in: Baur, Erwin/ Fischer, Eugen/ Lenz, Fritz: Menschliche Erblehre und Rassenhygiene. Band I, S. 661 ff.

<166>

Vgl. Scheidt, Walter: Allgemeine Rassenkunde, S. 91 ff. und 327 ff.

<167>

Scheidt, Walter: Allgemeinde Rassenkunde, S. 160.

<168>

Vgl. ebd. S. 160 ff.

<169>

Ebd. S. 179 f.

<170>

Vgl. Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 78.

<171>

Scheidt, Walter: Rassenkunde, S. 12.

<172>

Vgl. Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 79. Siehe auch Scheidts hier bereits an früherer Stelle wiedergegebenen anthropologischen Rassenbegriff in: Scheidt, Walter, Allgemeine Rassenkunde, S. 327 f.

<173>

Hierzu Scheidt, Walter: Allgemeine Rassenkunde, S. 401 ff.

<174>

Vgl. ebd. S. 433 ff.

<175>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 81, vgl. ebd. S. 77 ff.

<176>

Klages, Ludwig, in: ders. (Hg.): Graphologisches Lesebuch. Hundert Gutachten aus der Praxis, 2. Auflage, Leipzig 1933, S. 36.

<177>

Ebd. S. 38.

<178>

Siehe Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 82 ff. in Verbindung mit Klages, Ludwig, in: ders. (Hg.): Graphologisches Lesebuch, S. 36 ff.

<179>

Vgl. Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 86.

<180>

So Lenz, Fritz, in: Baur, Erwin/ Fischer, Eugen/ Lenz, Fritz: Menschliche Erblehre und Rassenhygiene. Band I, S. 731 ff.

<181>

Vgl. ebd. S. 741.

<182>

Ebd. S. 737, vgl. insgesamt ebd. S. 711 ff.

<183>

Günther: Hans F. K.: Rassenkunde des deutschen Volkes, 16. Auflage, München 1935, S. 192, vgl. ders.: Rassenkunde Europas, 2. Auflage, München 1926, S. 51.

<184>

Ders.: Rassenkunde des deutschen Volkes, S. 192 f.

<185>

Vgl. ebd. sowie im Ganzen ebd. S. 190 ff.

<186>

Vgl. ders.: Rassenkunde Europas, S. 51 ff.

<187>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 87.

<188>

Siehe Lenz, Fritz, in: Baur, Erwin/ Fischer, Eugen/ Lenz, Fritz: Menschliche Erblehre und Rassenhygiene. Band I, S. 691 f.

<189>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 89 f.

<190>

Siehe Lenz, Fritz, in: Baur, Erwin/ Fischer, Eugen/ Lenz, Fritz: Menschliche Erblehre und Rassenhygiene. Band I, S. 716 ff., besonders die obere Tabelle auf S. 717.

<191>

Vgl. Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 84 ff. und S. 92.

<192>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 1.

<193>

Ebd.

<194>

Zu den folgenden Ausführungen vgl. allgemein Kuhn, Thomas S.: Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen, 5. Auflage, Frankfurt am Main 1981.

<195>

Ebd. S. 25.

<196>

Ebd. sowie an weiteren Stellen.

<197>

Vgl. Heilke, Thomas W.: Voegelin on the Idea of Race, S. 7 ff.

<198>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 10.

<199>

Vgl. ebd. sowie Heilke, Thomas W.: Voegelin on the Idea of Race, S. 19 f.

<200>

Vgl. Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 14 f.

<201>

Vgl. Heilke, Thomas: The Philosophical Anthropology of Race, S. 10 ff.

<202>

So Hollweck, Thomas: Gedanken zur Arbeitsmethode Eric Voegelins, S. 147.

<203>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 18.

<204>

Ebd. S. 22.

<205>

Vgl. Hollweck, Thomas: Der Dichter als Führer?, S. 37 f.

<206>

Vgl. Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 16 ff. sowie Hollweck, Thomas: Gedanken zur Arbeitsmethode Eric Voegelins, S. 146 ff.

<207>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 93.

<208>

Clauß, Ludwig Ferdinand: Von Seele und Antlitz der Rassen und Völker. Eine Einführung in die vergleichende Ausdrucksforschung, München 1929, S. 58.

<209>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 93.

<210>

Clauß, Ludwig Ferdinand: Von Seele und Antlitz der Rassen und Völker, S. 58.

<211>

Ders.: Fremde Schönheit. Eine Betrachtung seelischer Stilgesetze, Heidelberg 1928, S. 10 f.

<212>

Ders.: Von Seele und Antlitz der Rassen und Völker, S. 59, vgl. ebd. S. 58 f.

<213>

Vgl. ebd. S. 59 f.

<214>

Vgl. ebd. S. 60.

<215>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 94.

<216>

Clauß, Ludwig Ferdinand: Von Seele und Antlitz der Rassen und Völker, S. 61, vgl. ebd. S. 57 ff.

<217>

Vgl. Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 95.

<218>

Vgl. ebd. S. 97.

<219>

Clauß, Ludwig Ferdinand: Die nordische Seele, 2. Auflage, München 1932, S. 19.

<220>

Ebd.

<221>

Ders.: Rasse und Charakter. Erster Teil. Das lebendige Antlitz, 3. Auflage, Frankfurt am Main 1942, S. 46, vgl. ebd.

<222>

Ders.: Von Seele und Antlitz der Rassen und Völker, S. 16.

<223>

Ebd. S. 21.

<224>

Vgl. ebd.

<225>

Vgl. ebd. S. 22.

<226>

Siehe Clauß, Ludwig Ferdinand: Von Seele und Antlitz der Rassen und Völker, S. XIII f. sowie ausführlich S. 1-56 in Verbindung mit den Bildertafeln. Vgl. auch ders.: Fremde Schönheit, S. 5 ff. in Verbindung mit den Bildertafeln.

<227>

Siehe ders.: Von Seele und Antlitz der Rassen und Völker, S. 56: „Die Stiltypen und ihre Vertreter in der Tatsachenwelt, die Rassen, [...].“ Vgl. desweiteren ders.: Die Seele des Andern, S. 189 ff.

<228>

Vgl. Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 92 ff.

<229>

Wie hier zu zeigen sein wird, führt Spann den Begriff der „Gezweiung“ ein, der im Jahre 1922 auch für Voegelins unveröffentlichte Dissertation titelgebend wurde. Siehe Voegelin, Erich: Wechselwirkung und Gezweiung, Diss., Universität Wien; Eric-Voegelin-Archiv, Geschwister-Scholl-Institut für Politische Wissenschaft der Universität München.

<230>

Zu Voegelins Abhandlungen sowohl über Clauß als auch über Spann vgl. Heilke, Thomas W.: Voegelin on the Idea of Race, S. 113 f.

<231>

Spann, Othmar: Der Schöpfungsgang des Geistes (Othmar Spann. Gesamtausgabe, Bd. 10), 2. Auflage, Graz 1969, S. 166. (S. 178 nach der Jenaer Ausgabe 1928. Auf diese Ausgabe beziehen sich auch im folgenden die zusätzlich in Klammern gesetzten Seitenzahlen.)

<232>

Ebd. S. 166 f. (S. 179).

<233>

Ebd. S. 167 (S. 180), vgl. ebd. S. 165 ff. (S. 177 ff.).

<234>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 104.

<235>

Ebd. S. 105.

<236>

Ebd. S. 106.

<237>

Vgl. Spann, Othmar: Der Schöpfungsgang des Geistes, S. 313 f. (S. 346 ff.).

<238>

Ebd. S. 180 (S. 195).

<239>

Ebd. S. 175 (S. 188 f.).

<240>

Ebd. S. 183 (S. 198 f.).

<241>

Vgl. ebd. S. 183 f. (S. 198 f.) sowie Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 109. Siehe im Ganzen Spann, Othmar: Der Schöpfungsgang des Geistes, S. 167 ff. (S. 180 ff.).

<242>

Vgl. Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 108.

<243>

Spann, Othmar: Der Schöpfungsgang des Geistes, S. 448 (S. 501 f.), vgl. ebd. S. 439 ff. (S. 491 ff.) sowie Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 110 ff.

<244>

Spann, Othmar: Gesellschaftslehre (Othmar Spann. Gesamtausgabe, Bd. 4), 4. Auflage, Graz 1969, S. 432 (S. 359 nach der Leipziger Ausgabe 1930. Auf diese Ausgabe beziehen sich auch im folgenden die zusätzlich in Klammern gesetzten Seitenzahlen.)

<245>

So ebd. S. 432 f. (S. 359 f.).

<246>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 114.

<247>

Vgl. Spann, Othmar: Gesellschaftslehre, S. 436 f. (S. 363).

<248>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 115.

<249>

Vgl. insgesamt Spann, Othmar: Gesellschaftslehre, S. 431-439 (S. 358-366).

<250>

Vgl. Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 104 ff. Zur Soziologie Spanns bei Voegelin siehe auch Petropulos, William: The Person as ‚Imago Dei’, S. 9 f.

<251>

Spann spielt für Voegelins Denken noch in anderer Hinsicht eine Rolle, als er auf ihn im Zusammenhang mit Grundtypen der Herrschaftstheorie eingeht. Siehe Voegelin, Erich: Herrschaftslehre, zu Spann hierzu im dritten Kapitel „Grundtypen der Herrschaftstheorie“, S. 11 ff.

<252>

Gehlen, Arnold: Rasse und Staat, S. 203.

<253>

Vgl. ebd. S. 201 f.

<254>

Ebd. S. 203.

<255>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 2.

<256>

Vgl. ebd. S. 10 sowie Heilke, Thomas W.: Voegelin on the Idea of Race, S. 19 f.

<257>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 153, siehe ebd. S. 149 ff.

<258>

Vgl. ebd. S. 1 ff.

<259>

Ebd. S. 77.

<260>

Ebd. S. 80.

<261>

Ebd. S. 128.

<262>

Vgl. im folgenden, ebd. S. 24 ff., in Voegelins Rassenidee in der Geistesgeschichte den ersten Teil mit der Überschrift „Art und Rasse im 18. Jahrhundert“ sowie das sich jetzt anschließende Kapitel dieser Arbeit dazu.

<263>

Ebd. S. 79.

<264>

Vgl. ebd. S. 78 f.

<265>

Ebd. S. 24, grundlegend hierzu Linne, Carl von: Caroli Linnaei systema naturae: sistens regna tria naturae, in classes et ordines, genera et species, Lipsiae 1748.

<266>

Vgl. Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 24 ff.

<267>

Vgl. hierzu Ray, John: Praefatio zu: Francisci Willughbeii De Middleton in agro Warwicensi, Armigeri, e Regia Societate, Ornithologiae Libri Tres: In quibus Aves omnes hactenus cognitae in methodum naturis suis convenientem redactae accurate describuntur, Descriptiones Iconibus elegantissimis & vivarum Avium simillimis, Aeri incilis illustrantur. Totum opus recnovit, digessit, supplevit Joannes Raius. Sumptus in Chalcographos fecit Illustriss. D. Emma Willughby, Vidua, London 1676. Zuverlässige Seitenzahlen enthält die Praefatio nicht, die relevante Aussage findet sich auf der zweiten Seite im oberen Bereich.

<268>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 26.

<269>

Ebd. S. 28.

<270>

Ray, John (Hg.): Francisci Willughbeii Armig. De Historia Piscium Libri Quatuor, Jussu & Sumptibus Societatis Regiae Londinensis editi. Totum Opus Recognovit, Coaptavit, Supplevit, Librum etiam primum & secundum integros adjecit Johannes Raius e Societate Regia, Oxonii 1686. Auf der Titelseite des Werkes findet sich der hier zitierte Untertitel.

<271>

Vgl. Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 26 ff.

<272>

Ebd. S. 27.

<273>

Ebd. S. 29.

<274>

Vgl. Ray, John: Joannis Raji Societatis Regiae Socii, Methodus Plantarum emendata et aucta. In qua Notae maxime Characteristicae exhibentur, quibus Stirpium Genera tum summa, tum infima cognoscuntur & a se mutuo dignoscuntur, Non necessaris omissis. Accedit Methodus Graminium, Juncorum et Cyperorum Specialis. Eodem Autore, London 1733. Die von Voegelin angeführten Stellen der Aussagen Rays finden sich zu Beginn des Kapitels: „Praecognitu Necessaria de Methodo Plantarum in Genere.“ Zuverlässige Seitenzahlen finden sich im Bereich dieses Kapitels nicht.

<275>

Kant, Immanuel: Von den verschiedenen Rassen der Menschen, in: Buchenau, Artur (Hg.): Vorkritische Schriften von Immanuel Kant. Band II (Immanuel Kants Werke, Band II), Berlin 1922, S. 443 - 460 (S. 445).

<276>

Vgl. ebd. S. 445 ff.

<277>

Ders.: Über den Gebrauch teleologischer Prinzipien in der Philosophie, in: Buchenau, Artur/ Cassirer, Ernst (Hg.): Schriften von 1783 - 1788 von Immanuel Kant (Immanuel Kants Werke, Band IV), Berlin 1922, S. 487 - 516 (S. 496 f.).

<278>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 32.

<279>

Vgl. ebd. S. 29 ff.

<280>

Ebd. S. 33.

<281>

Vgl. Ray, John: Methodus Plantarum, die Ausführungen auf der ersten Seite des Kapitels: „Praecognitu Necessaria de Methodo Plantarum in Genere.“

<282>

Goethe, Johann Wolfgang von: Vorträge über die drei ersten Kapitel des Entwurfs einer allgemeinen Einleitung in die vergleichende Anatomie, ausgehend von der Osteologie, in: Heinemann, Karl (Hg.): Goethes Werke, Bd. 29, Leipzig - Wien o. J., S. 332 - 349. Es handelt sich hierbei um den zweiten der insgesamt drei Vorträge, S. 337 - 342.

<283>

Siehe ebd. S. 340 in Verbindung mit Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 34 f.

<284>

Vgl. Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 32 ff.

<285>

Ebd. S. 35.

<286>

Vgl. ebd. S. 35 ff. sowie Ray, John: Three Physico-Theological Discourses, Concerning I. The Primitive Chaos, and Creation of the World. II. The General Deluge, ist Causes and Effects. III. The Dissolution of the World, and Future Conflagration., 2. Auflage, London 1693, besonders S. 49 f. Das relevante 4. Kapitel (S. 46 - 61) gehört zum ersten der drei Discourses und trägt den Titel: „Of the Creation of Animals; some Questions resolved.“ Vgl. desweiteren Heilke, Thomas W.: Voegelin on the Idea of Race, S. 83 ff.

<287>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 39.

<288>

Ebd.

<289>

Ebd.

<290>

Ebd.

<291>

Siehe hierzu Buffon, Louis Leclerc de, in: Allgemeine Historie der Natur nach allen ihren besondern Theilen abgehandelt; nebst einer Beschreibung der Naturalienkammer Sr. Majestät des Königes von Frankreich, Erster und Zweyter Theil, Hamburg - Leipzig 1750 ff., Ersten Theils zweyter Band, S. 201 ff. sowie Zweyten Theils zweyter Band, S. 3 ff.

<292>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 44, vgl. ebd. S. 38 ff.

<293>

Siehe hierzu Linne, Carl von: Caroli Linnaei, Fauna Suecica Sistens Animalia Sueciae Regni: Mammalia, Aves, Amphibia, Insecta, Vermes. Distributa Per Classes et Ordines, Genera et Species, Cum Differentiis Specierum, Synonymis Auctorum, Nominibus Incolarum, Locis Natalium, Descriptionibus Insectorum, Editio Altera, Auctior, Stockholm 1761. Vgl. Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 44 ff.

<294>

Vgl. Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 47 ff.

<295>

Kant, Immanuel: Bestimmung des Begriffs einer Menschenrasse. 1785., in: Buchenau, Artur/ Cassirer, Ernst (Hg.): Schriften von 1783 - 1788 von Immanuel Kant (Immanuel Kants Werke, Band IV), Berlin 1922, S. 223 - 240 (S. 225).

<296>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 50.

<297>

Siehe Buffon, Louis Leclerc de, in: Allgemeine Historie der Natur, Zweyten Theils erster Band, S. 233 ff., vgl. insgesamt Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 50 ff.

<298>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 60.

<299>

Herder (Johann Gottfried): Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Zweiter Theil (Herder‘s Werke. Zehnter Theil), Berlin o. J., Neuntes Buch, S. 113, vgl. auch ebd. S. 108 ff.

<300>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 61.

<301>

Herder (Johann Gottfried): Ideen, Zweiter Theil, Siebentes Buch, S. 54 f.

<302>

Ebd. S. 54.

<303>

Vgl. ebd. S. 54 ff.

<304>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 62, vgl. Herder (Johann Gottfried): Ideen, Zweiter Theil, Siebentes Buch, S. 56.

<305>

Siehe Herder (Johann Gottfried): Ideen, Zweiter Theil, Sechstes Buch, S. 5 ff.

<306>

Ebd. Siebentes Buch, S. 39.

<307>

Vgl. ebd. S. 39 - 43 sowie Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 58 ff.

<308>

Vgl. Blumenbach, Io. Frid.: De generis humani varietate nativa. Editio tertia, Göttingen 1795, § 1: Difficultas disquisitionis, S. 1 - 3.

<309>

Kant, Immanuel: Über den Gebrauch teleologischer Prinzipien in der Philosophie, S. 493.

<310>

Vgl. ebd. S. 493 ff. sowie ders.: Von den verschiedenen Rassen der Menschen, S. 445 ff.

<311>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 68.

<312>

Ebd. S. 69, vgl. Blumenbach, Io. Frid.: De generis humani varietate nativa, § 81: Qinae varietates principes generis humani constitutae, S. 285 ff.

<313>

Siehe Blumenbach, Io. Frid.: De generis humani varietate nativa, § 85, S. 303 f.

<314>

Vgl. Kant, Immanuel: Von den verschiedenen Rassen der Menschen, S. 450 ff., besonders S. 458.

<315>

Vgl. Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 65 ff. sowie Heilke, Thomas W.: Voegelin on the Idea of Race, S. 90 ff.

<316>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 80.

<317>

Ebd. S. 81.

<318>

Ebd. S. 82.

<319>

Ebd. S. 84.

<320>

Vgl. ebd. S. 80 ff. sowie Heilke, Thomas W.: Voegelin on the Idea of Race, S. 88 ff.

<321>

Schultz, Julius: Die Grundfiktionen der Biologie (Abhandlungen zur theoretischen Biologie, herausgegeben von Julius Schaxel, Heft 7), Berlin 1920, S. 22, siehe dazu näher ebd. die Kapitel 9 bis 12, S. 19 ff.

<322>

Wolff, Caspar Friedrich: Theoria Generationis (1759). Erster Theil (Vorrede, Erklärung des Plans, Entwicklung der Pflanzen), Leipzig 1896, Erklärung des Plans, § 1, S. 4.

<323>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 86.

<324>

Wolff, Caspar Friedrich: Theoria Generationis. Erster Theil, Erklärung des Plans, § 2, S. 4.

<325>

Vgl. ebd.

<326>

Ebd., § 1, S. 11.

<327>

Ebd., § 4, S. 12.

<328>

Ebd., § 27, S. 19.

<329>

Vgl. Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 85 f.

<330>

Ebd. S. 86.

<331>

Wolff, Caspar Friedrich: Theoria Generationis. Erster Theil, § 165, S. 89.

<332>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 86.

<333>

Wolff, Caspar Friedrich: Theoria Generationis. Zweiter Theil (Entwicklung der Thiere, Allgemeines), Leipzig 1896, § 242, S. 60. Vgl. Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 86 f.

<334>

Vgl. Wolff, Caspar Friedrich: Theoria Generationis. Zweiter Theil, §253, S. 70 f.

<335>

Ebd. § 233, S. 48.

<336>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 88, vgl. ebd. S. 87 f.

<337>

Ebd. S. 85.

<338>

Vgl. Wolff, Caspar Friedrich: Theoria Generationis. Zweiter Theil, §§ 253 ff., S. 70 ff. sowie Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 89 f.

<339>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 90.

<340>

Vgl. ebd. S. 90 f. sowie Heilke, Thomas W.: Voegelin on the Idea of Race, S. 93 ff.

<341>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 91, vgl. ebd.

<342>

Leibniz, Gottfried Wilhelm: Die „Monadologie“., in: ders.: Hauptschriften zur Grundlegung der Philosophie. Band II, 3. Auflage, Hamburg 1966, S. 435 - 456 (§ 70, S. 451 f.)

<343>

Leibniz, Gottfried Wilhelm: Monadologie, §§ 1 - 3, S. 435.

<344>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 92.

<345>

Vgl. Leibniz, Gottfried Wilhelm: Monadologie, §§ 72 - 73, S. 452.

<346>

Vgl. ebd. § 77, S. 453.

<347>

Ders.: Betrachtungen über die Lebensprinzipien und über die plastischen Naturen., in: ders.: Hauptschriften zur Grundlegung der Philosophie. Band II, S. 63 - 73 (S. 73).

<348>

Vgl. ders.: Monadologie, § 63, S. 450.

<349>

Ebd. § 64, S. 450 f.

<350>

Vgl. Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 92 ff. sowie Leibniz, Gottfried Wilhelm: Monadologie, §§ 1 ff., S. 435 ff. insgesamt.

<351>

Oken (Lorenz): Die Zeugung, Bamberg - Wirzburg [sic] 1805, S. 22.

<352>

Ders.: Lehrbuch der Naturphilosophie, 3. Auflage, Zürich 1843, § 943, S. 155, siehe ebd. zu den „Infusorien“ §§ 936 - 943.

<353>

Vgl. ebd. §§ 917 - 919, S. 153 sowie allgemein ebd. §§ 917 - 926.

<354>

Oken (Lorenz): Die Zeugung, S. 22 f.

<355>

Vgl. ebd. S. 23.

<356>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 91.

<357>

Ebd. S. 97.

<358>

Ebd.

<359>

Vgl. Oken (Lorenz): Die Zeugung, S. 104 f.

<360>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 98.

<361>

Vgl. ebd. S. 95 ff.

<362>

Vgl. ebd. S. 99 f.

<363>

Vgl. ebd. S. 101 ff.

<364>

Brief Leibniz’ an Bernoulli vom 29. Juli 1698, in: Leibniz, Gottfried Wilhelm: Hauptschriften zur Grundlegung der Philosophie. Band II, S. 365 - 367 (S. 366 f.).

<365>

Brief Leibniz’ an Bernoulli von 1698, ebd. S. 368 - 371 (S. 369).

<366>

Vgl. Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 103 f. sowie den gesamten Auszug aus dem Briefwechsel zwischen Leibniz und Bernoulli in: Leibniz, Gottfried Wilhelm: Hauptschriften zur Grundlegung der Philosophie. Band II, S. 361 - 381.

<367>

Siehe Kaufmann, Felix: Das Unendliche in der Mathematik und seine Ausschaltung. Eine Untersuchung über die Grundlagen der Mathematik, Leipzig - Wien 1930, S. 135 ff. sowie Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 104 f., Anmerkung 53.

<368>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 105.

<369>

Ebd.

<370>

Vgl. ebd. S. 105 f.

<371>

Blumenbach, Joh. Fr.: Über den Bildungstrieb, Göttingen 1789, S. 24.

<372>

Ebd. S. 25 f.

<373>

Ebd. S. 24 f.

<374>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 107.

<375>

Kant, Immanuel: Kritik der Urteilskraft (Die drei Kritiken, Bd. 3), Hamburg 1993, § 81, S. 292 (S. 378 f. nach der Originalausgabe), vgl. ebd.

<376>

Goethe, Johann Wolfgang von: Bildungstrieb, in: Heinemann, Karl (Hg.): Goethes Werke, Bd. 29, Leipzig - Wien o. J., S. 139 - 141 (S. 140).

<377>

Siehe ebd. S. 140 f.

<378>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 108.

<379>

Vgl. ebd. S. 107 ff.

<380>

Ebd. S. 110, vgl. Kant, Immanuel: Die Kritik der reinen Vernunft (Die drei Kritiken, Bd. 1), Hamburg 1993, S. 462 ff. (A 444 ff., B 472 ff.).

<381>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 110.

<382>

Dies ist exemplifiziert am Beispiel der Entwicklung eines Baumes, vgl. Kant, Immanuel: Kritik der Urteilskraft, § 64, S. 233 f. (S. 286 ff. nach der Originalausgabe).

<383>

Siehe Jacobi, Friedrich Heinrich: An Julia Gräfin R***. Pempelfort, den 5ten November 1790, in: Friedrich Heinrich Jacobi‘s Werke. Dritter Band, Leipzig 1816, S. 534 - 537 (S. 537): „Daß keine von allen unsern Verfassungen lange mehr halten kann, davon bin ich überzeugt, weil fast nichts von ihrem ersten Bildungstriebe mehr vorhanden ist. König - Adel - Geistlichkeit, nichts als leere Masken - verdorrte Gebeine. Wer kann sagen was geschehen wird, nur sagen, was geschehen sollte? Ich denke, grüble - und verstumme.“ Dieses Zitat führt Voegelin am Ende seines Kapitels über den Begriff des Organismus in der Kritik der Urteilskraft an, um zu illustrieren, daß der Begriff des Bildungstriebes auch dem Zweck diente, gesellschaftliche Erscheinungen zu erklären, vgl. Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 113.

<384>

Kant, Immanuel: Kritik der Urteilskraft, § 65, S. 236 (S. 290 f. nach der Originalausgabe).

<385>

Vgl. Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 109 ff.

<386>

Ebd. S. 115 und 117.

<387>

Ebd. S. 113.

<388>

Ebd. S. 114.

<389>

Ebd.

<390>

Ebd.

<391>

Vgl. ebd. S. 113 ff.

<392>

Leibniz, Gottfried Wilhelm: Über das Kontinuitätsprinzip. (Aus einem Briefe von Leibniz an Varignon.), in: ders.: Hauptschriften zur Grundlegung der Philosophie. Band II, S. 74 - 78 (S. 77).

<393>

Siehe ebd. S. 77 f. in Verbindung mit Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 115 f.

<394>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 117.

<395>

Vgl. ebd. S. 115 ff. sowie Leibniz, Gottfried Wilhelm: Über das Kontinuitätsprinzip, S. 74 ff.

<396>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 117.

<397>

Kant, Immanuel: Kritik der reinen Vernunft, S. 616 (A 657 f., B 685 f.), vgl. ebd.

<398>

Vgl. Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 117 ff. sowie Kant, Immanuel: Kritik der reinen Vernunft, S. 613 ff. (A 653 ff., B 681 ff.).

<399>

Herder (Johann Gottfried): Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Erster Theil (Herder‘s Werke. Neunter Theil), Berlin o. J., Zweites Buch, S. 93 f.

<400>

Ebd. S. 94.

<401>

Ebd.

<402>

Vgl. ebd. S. 94 f.

<403>

Ebd. S. 93.

<404>

Ebd. S. 95, vgl. ebd. S. 93 ff.

<405>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 120.

<406>

Goethe, Johann Wolfgang von: Der Inhalt befürwortet, in: Heinemann, Karl (Hg.): Goethes Werke, Bd. 29, Leipzig - Wien o. J., S. 47 - 51 (S. 51).

<407>

Siehe ders.: Vorträge über die drei ersten Kapitel des Entwurfs einer allgemeinen Einleitung in die vergleichende Anatomie, ausgehend von der Osteologie, S. 337 ff., vgl. insgesamt dazu Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 122, Anmerkung 79.

<408>

Vgl. Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 120 ff.

<409>

Ebd. S. 123.

<410>

Ebd.

<411>

Kant, Immanuel: Rezensionen von J. G. Herders Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Teil 1. 2. 1785., in: Buchenau, Artur/ Cassirer, Ernst (Hg.): Schriften von 1783 - 1788 von Immanuel Kant (Immanuel Kants Werke, Band IV), Berlin 1922, S. 177 - 200 (Erster Teil, S. 188 f.).

<412>

Vgl. Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 124. sowie Kant, Immanuel: Kritik der Urteilskraft, § 80, S. 285 f. (S. 368 f. nach der Originalausgabe).

<413>

Vgl. Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 123 ff.

<414>

Vgl. Kant, Immanuel: Kritik der Urteilskraft, § 80, S. 286 f. (S. 369 ff. nach der Originalausgabe).

<415>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 126.

<416>

Ebd. S. 128, vgl. ebd. S. 125 ff. sowie zur „Verinnerlichung des Leibes“ insgesamt Heilke, Thomas W.: Voegelin on the Idea of Race, S. 95 ff.

<417>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 128.

<418>

Kant, Immanuel: Kritik der praktischen Vernunft, Stuttgart 1961, S. 194.

<419>

Ebd. S. 197.

<420>

Ebd. S. 194 und S. 197.

<421>

Ebd. S. 194.

<422>

Ebd. S. 194 f.

<423>

Vgl. insgesamt ebd. S. 194 ff.

<424>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 133.

<425>

Kant, Immanuel: Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, in: Buchenau, Artur/ Cassirer, Ernst (Hg.): Schriften von 1783 - 1788 von Immanuel Kant (Immanuel Kants Werke, Band IV), Berlin 1922, S.149 - 166.

<426>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 128.

<427>

Kant, Immanuel: Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, Dritter Satz, S. 154, vgl. Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 128 ff.

<428>

Schiller, Friedrich von: Über die ästhetische Erziehung des Menschen. In einer Reihe von Briefen (1793/94), in: Schiller: Ausgewählte Werke, Sechster Band, Stuttgart 1950, S. 237 - 349 (Sechster Brief, S. 253 f.).

<429>

Siehe ebd. Achter Brief, S. 263.

<430>

Vgl. ebd.

<431>

So Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele, Pforzheim 1846, Vorwort, S. V.

<432>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 138.

<433>

Vgl. ebd. S. 135 ff. sowie Heilke, Thomas W.: Voegelin on the Idea of Race, S. 97 ff.

<434>

Vgl. Kant, Immanuel: Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, Vierter bis Sechster Satz, S. 155 ff.

<435>

Schiller, Friedrich von: Über die ästhetische Erziehung des Menschen, Neunter Brief, S. 264.

<436>

Ebd. S. 265.

<437>

Siehe ders.: Über Anmut und Würde (1793, in: ders.: Ausgewählte Werke, Sechster Band, Stuttgart 1950, S. 177 - 236 (S. 214 ff.).

<438>

Ders.: Über die ästhetische Erziehung des Menschen, Siebenundzwanzigster Brief, S. 347.

<439>

So Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 143.

<440>

Vgl. ebd. S. 139 ff.

<441>

Humboldt, Wilhelm von: Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues und ihren Einfluß auf die geistige Entwickelung des Menschengeschlechts, Berlin 1836 (Faksimile-Druck Bonn 1960), S. XVII, vgl. im folgenden ebd. S. XVI ff.

<442>

Vgl. Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 144 ff. sowie Humboldt, Wilhelm von: Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues und ihren Einfluß auf die geistige Entwickelung des Menschengeschlechts, S. XIX ff.

<443>

Carus, C(arl). G(ustav).: Goethe. Zu dessen näherem Verständnis, Dresden 1843, S. 71.

<444>

Ebd. S. 77, vgl. ebd. S. 71 ff., besonders S. 76 ff.

<445>

Ebd. S. 88, Hervorhebung vom Verfasser. Vgl. insgesamt ebd. S. 69 ff.

<446>

Vgl. Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 149 ff. sowie Heilke, Thomas W.: Voegelin on the Idea of Race, S. 103 ff.

<447>

Carus, Carl Gustav: Denkschrift zum hundertjährigen Geburtsfeste Goethe‘s. Ueber ungleiche Befähigung der verschiedenen Menschheitsstämme für höhere geistige Entwicklung, Leipzig 1849, S. 1.

<448>

Ebd. S. 4 f.

<449>

Ebd. S. 7.

<450>

Vgl. ebd. S. 7 ff. Carus führt hierzu als Beispiele die Ansätze von Linne, Blumenbach und Gustav Klemm an.

<451>

Vgl. ebd. S. 12 ff.

<452>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 155.

<453>

Vgl. ebd. S. 156.

<454>

Vgl. Carus, Carl Gustav: Denkschrift, S. 62 ff.

<455>

Vgl. ebd. S. 84 f.

<456>

Voegelin, Erich: Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus, S. 158.

<457>

Vgl. ebd. S. 153 ff. sowie Carus‘ Denkschrift insgesamt. Siehe desweiteren Heilke, Thomas W.: Voegelin on the Idea of Race, S. 112 f. sowie ders.: The Philosophical Anthropology of Race, S. 39 ff.

<458>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 123.

<459>

Vgl. Heilke, Thomas W.: Voegelin on the Idea of Race, S. 57 ff. sowie ders.: The Philosophical Anthropology of Race, S. 29 ff.

<460>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 125.

<461>

Vgl. ebd. S. 122 ff.

<462>

Ebd. S. 127 f.

<463>

Ebd. S. 128.

<464>

Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Zweiter Band, Berlin 1893, S. 51. Siehe ebd., wo es mit Bezug auf die Steuerklassen jedoch weiter heißt: „Wenn der adel eigentlich schon durch die einführung der phylenteilung eine sehr wirksame, aber doch eine fiction ward, hinter der sich der bürgerbegriff zunächst in der form der gemeinsamen herleitung von dem ‚väterlichen’ patricischen Apollon barg, so ward der besitz, der census, allmählich das kriterium, das statt des blutes den fictiven adel bestimmte.“ Vgl. ebd. über die Phylen S. 50 f. sowie Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 129.

<465>

Busolt, Georg: Griechische Staatskunde. Dritte, neugestaltete Auflage der „Griechischen Staats- und Rechtsaltertümer“. Erste Hälfte: Allgemeine Darstellung des griechischen Staates (Handbuch der Altertumswissenschaft. Vierte Abteilung. Erster Teil. Erster Band), München 1920, S. 248.

<466>

Vgl. ebd. S. 249 sowie ders.: Griechische Staatskunde. Dritte, neugestaltete Auflage der „Griechischen Staats- und Rechtsaltertümer“. Zweite Hälfte: Darstellung einzelner Staaten und der zwischenstaatlichen Beziehungen (Handbuch der Altertumswissenschaft. Vierte Abteilung. Erster Teil. Erster Band), München 1926, S. 954 f.

<467>

Vgl. ders.: Griechische Staatskunde, 1. Hälfte, S. 248 f. sowie Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 129 f.

<468>

Vgl. Busolt, Georg: Griechische Staatskunde, 2. Hälfte, S. 956 ff.

<469>

Vgl. Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Staat und Gesellschaft der Griechen, in: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von / Niese, Benedictus: Staat und Gesellschaft der Griechen und Römer (Die Kultur der Gegenwart. Ihre Entwicklung und ihre Ziele. Teil II Abteilung IV, I), Berlin - Leipzig 1910, S. 1 - 207 (S. 99 f.).

<470>

Vgl. insgesamt ebd. S. 95 ff. sowie allgemein die vorstehend genannte Literatur von Busolt und Wilamowitz-Moellendorff im Ganzen.

<471>

Schmidt, Traugott: Der Leib Christi ([Soma Christou]). Eine Untersuchung zum urchristlichen Gemeindegedanken., Leipzig - Erlangen 1919.

<472>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 132.

<473>

Schmidt, Traugott: Der Leib Christi, S. 6 f. Die hier auch im folgenden in eckigen Klammern gefaßten Begriffe sind bei Schmidt in griechischer Schrift wiedergegeben.

<474>

Ebd. S. 11 f.

<475>

Siehe ebd. S. 12.

<476>

Ebd.

<477>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 133.

<478>

Schmidt, Traugott: Der Leib Christi, S. 8.

<479>

Ebd. S. 21.

<480>

Ebd. S. 20.

<481>

Vgl. insgesamt ebd. S. 4 - 36.

<482>

Ebd. S. 72.

<483>

Ebd. S. 147.

<484>

Ebd. S. 180. Zum Ursprung des Begriffes „Pleroma“, bevor er seinen Bedeutungswandel in dem hier widergegebenen Sinne durchmacht, heißt es bei Schmidt ebd. S. 181: „Wir finden den Ausdruck in der heidnischen Theologie und vor allem in der Gnosis, er bedeutet hier die ‚Fülle’ der göttlichen, himmlischen Kräfte und Geistwesen, die Gesamtheit der Äonen. Und so wird er auch schon in unseren Briefen [des Paulus an die Kolosser und Epheser; Zusatz des Verfassers] gebraucht, es ist die Fülle des göttlichen Wesens [...].“

<485>

Vgl. ebd. S. 180 ff., wobei sich Schmidt wiederum auf Stellen aus den Briefen des Apostels Paulus stützt.

<486>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 135.

<487>

Schmidt, Traugott: Der Leib Christi, S. 206 f.

<488>

Vgl. ebd. S. 209 f.

<489>

Ebd. S. 206, vgl. ebd. S. 206 ff.

<490>

Dempf, Alois: Sacrum Imperium. Geschichts- und Staatsphilosophie des Mittelalters und der politischen Renaissance, 2. Auflage, Darmstadt 1954, S. 72.

<491>

Vgl. Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 138.

<492>

Kuhn, Helmut: Das Problem einer Philosophischen Historiographie, S. 118, vgl. ebd.

<493>

Groethuysen, Bernhard: Die Entstehung der bürgerlichen Welt- und Lebensanschauung in Frankreich. II. Band: Die Soziallehren der katholischen Kirche und das Bürgertum, Halle/ Saale 1930, S. 9.

<494>

Vgl. ebd. S. 9 f.

<495>

Vgl. Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 127 ff.

<496>

Vgl. ebd. S. 142.

<497>

Fichte, Johann Gottlieb: Die Staatslehre oder über das Verhältniß des Urstaates zum Vernunftreiche in Vorträgen, gehalten im Sommer 1813 auf der Universität zu Berlin, Berlin 1820, S. 177 - 179.

<498>

Ebd. S. 180 f.

<499>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 145, vg. ebd. S. 144 f.

<500>

Fichte, Johann Gottlieb: Staatslehre, S. 63 f., vgl. ebd. S. 60 ff.

<501>

Ders.: Die Anweisung zum seligen Leben, Hamburg 1983, S. 91 f.

<502>

Vgl. ebd. S. 93.

<503>

Vgl. ebd. die sechste Vorlesung, S. 87 ff.

<504>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 147.

<505>

Fichte, Johann Gottlieb: Staatslehre, S. 278.

<506>

Ders.: Ueber das Wesen des Gelehrten, und seine Erscheinungen im Gebiete der Freiheit. In öffentlichen Vorlesungen, gehalten zu Erlangen, im Sommer-Halbjahre 1805, Berlin 1806, S. 150 f.

<507>

Vgl. Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 148.

<508>

Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Einleitung in die Philosophie der Mythologie (Friedrich Wilhelm Joseph von Schellings sämmtliche Werke. Zweite Abteilung. Erster Band.), Stuttgart - Augsburg 1856, S. 65. Der erste Teil („Erstes Buch“) dieser Abhandlung, auf den Voegelin sich in seinen Ausführungen stützt und aus welchem hier zitiert wird, ist überschrieben als „Historisch-kritische Einleitung in die Philosophie der Mythologie.“

<509>

Vgl. ebd. S. 207.

<510>

Ebd. S. 109. Zur Völkerentstehung vgl. ebd. S. 94 ff., zum Zusammenhang zwischen Mythologie und Religion siehe auch Dekker, Gerbrand: Die Rückwendung zum Mythos. Schellings letzte Wandlung, München - Berlin 1930, S. 126 ff.

<511>

Cassirer, Ernst: Philosophie der symbolischen Formen. Zweiter Teil: Das mythische Denken, 4. Auflage, Darmstadt 1964. Siehe ebd. das Kapitel zur „Herausbildung des Selbstgefühls aus dem mythischen Einheits- und Lebensgefühl“, S. 209 ff.

<512>

Vgl. Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 142 ff.

<513>

Ebd. S. 154.

<514>

Klemm, Gustav: Allgemeine Cultur-Geschichte der Menschheit. Nach den beßten Quellen bearbeitet und mit xylographischen Abbildungen der verschiedenen Nationalphysiognomien, Geräthe, Waffen, Trachten, Kunstproducte u. s. w. versehen. Erster Band. Die Einleitung und die Urzustände der Menschheit enthaltend. Mit 8 Tafeln Abbildungen, Leipzig 1843, S. 204, vgl. insgesamt ebd. S. 195 ff.

<515>

Vgl. Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 158 f.

<516>

Vgl. Klemm, Gustav: Allgemeine Cultur-Geschichte der Menschheit, Erster Band, S. 20 f.

<517>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 160.

<518>

Ebd. S. 161.

<519>

Gobineau, Graf (Arthur): Versuch über die Ungleichheit der Menschenracen. Erster Band, 2. Auflage, Stuttgart 1902, S. 118, vgl. ebd. S.116 ff.

<520>

Vgl. ebd. S. XVII in Verbindung mit Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 161 f.

<521>

Gobineau, Graf (Arthur): Versuch über die Ungleichheit der Menschenracen. Erster Band, S. 207.

<522>

Ebd. S. 224, vgl. ebd. S. 206 ff.

<523>

Siehe hierzu ferner Stern, Fritz: Kulturpessimismus als politische Gefahr. Eine Analyse nationaler Ideologie in Deutschland, München 1986.

<524>

Vgl. Gobineau, Graf (Arthur): Versuch über die Ungleichheit der Menschenracen. Vierter Band, 2. Auflage, Stuttgart 1904, S. 315 ff.

<525>

Vgl. hierzu ders.: Versuch über die Ungleichheit der Menschenracen. Erster Band, S. 29 ff. Gobineau spricht dabei von einer „Degeneration“ des Volkes, die sich aus einer Mischung der Rassenbestandteile ergibt.

<526>

Vgl. ders.: Versuch über die Ungleichheit der Menschenracen. Vierter Band, S. 318 ff.

<527>

Vgl. Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 165.

<528>

Ders.: Rasse und Staat, in: Klemm, Otto (Hg.): Psychologie des Gemeinschaftslebens, S. 92, vgl. ebd. S. 92 f.

<529>

Ders.: Rasse und Staat, Tübingen 1933, S. 154.

<530>

Vgl. ebd. S. 154 ff.

<531>

Ders.: Rasse und Staat, in: Klemm, Otto (Hg.): Psychologie des Gemeinschaftslebens, S. 93.

<532>

Gobineau, Graf (Arthur): Versuch über die Ungleichheit der Menschenracen. Erster Band, S. 33 f.

<533>

Vgl. ebd. S. 33 ff.

<534>

Ebd. S. 182 f.

<535>

Vgl. Gumplowicz, Ludwig: Der Rassenkampf (Ausgewählte Werke, Bd. III). Mit einem Vorwort von Gottfried Salomon, Innbruck 1928, S. 394.

<536>

Ebd. S. 373 f.

<537>

Vgl. ebd. S. 365 ff.

<538>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, Tübingen 1933, S. 177.

<539>

Vgl. insgesamt Gumplowicz, Ludwig: Der Rassenkampf, im Anhang des Werkes die Kapitel „Rasse und Staat“ (S.347 - 393) sowie „Über das Naturgesetz der Staatenbildung“ (S. 394 - 401).

<540>

Ratzel, Friedrich: Völkerkunde. Erster Band, 2. Auflage, Leipzig - Wien 1894, S. 26, vgl. ebd. S. 19 ff. das Kapitel über “Wesen, Entstehung und Ausbreitung der Kultur.“

<541>

Ratzenhofer, Gustav: Die Sociologische Erkenntnis. Positive Philosophie des socialen Lebens, Leipzig 1898, S. 147. Vgl. ebd. Ratzenhofers Abhandlungen über „(d)ie Entwicklung höherer Socialgebilde“, S. 130 ff., sowie über „(d)ie Entstehung des Staates“, S. 156 ff.

<542>

Vgl. Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 167 ff.

<543>

Vgl. ebd. S. 181.

<544>

Zur Gesamtproblematik von Rassenidee und politischer Ordnung bei Voegelin vgl. Heilke, Thomas W.: Voegelin on the Idea of Race, S. 115 ff.

<545>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 181 f.

<546>

Sombart, Werner: Die Juden und das Wirtschaftsleben, München - Leipzig 1928, S. 296.

<547>

Ebd. S. 310.

<548>

Vgl. ebd. im Ganzen S. 296 ff., besonders S. 310 ff.

<549>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 183 f.

<550>

Ebd. S. 184.

<551>

Ebd.

<552>

Ebd.

<553>

Ebd. S. 185.

<554>

Vgl. Sombart, Werner: Die Juden und das Wirtschaftsleben, S. 118 ff.

<555>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 193.

<556>

Vgl. ebd. S. 181 ff.

<557>

Bauer, Bruno: Die Judenfrage, Braunschweig 1843.

<558>

Vgl. Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 194.

<559>

Bauer, Bruno: Die Judenfrage, S. 11.

<560>

Vgl. ebd. S. 10 ff.

<561>

Vgl. ebd. S. 45.

<562>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 195.

<563>

Vgl. Bauer, Bruno: Die Judenfrage, S. 45 ff.

<564>

Vgl. ebd. S. 26 f. sowie S. 24 ff.

<565>

Vgl. Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des neunzehnten Jahrhunderts, München 1899, S. 230.

<566>

Ebd. S. 402 f.

<567>

Delitzsch, Friedrich: Die große Täuschung. Erster Teil. Kritische Betrachtungen zu den alttestamentlichen Berichten über Israels Eindringen in Kanaan, die Gottesoffenbarung vom Sinai und die Wirksamkeit der Propheten, Neuausgabe 17. Tausend, Lorch (Württ.) 1924, S. 99.

<568>

Vgl. Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des neunzehnten Jahrhunderts, München 1899, S. 234.

<569>

Ebd. S. 244.

<570>

Ebd. S. 348, vgl. ebd. zur Anthropogonie der Israeliten S. 345 ff.

<571>

Vgl. ebd. S. 455 ff. sowie Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 203 f.

<572>

Lenz, Fritz in: Baur, Erwin/ Fischer, Eugen/ Lenz, Fritz: Menschliche Erblehre und Rassenhygiene. Band I, S. 729.

<573>

Siehe Lenz’ Abhandlung über die Juden ebd. S. 729 ff. und besonders S. 746 ff.

<574>

Günther, Hans F. K.: Rassenkunde Europas, S. 69, siehe ebd. S. 69 ff. Ähnlich Hildebrandt, Kurt: Staat und Rasse, S. 17 f.: „Bekanntlich ist auch das jüdische Volk ein Rassengemisch. Als die beiden Hauptstämme gelten die orientalische Rasse und die hettitische.“

<575>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 207.

<576>

Ebd. S. 208, vgl. ebd. S. 193 ff.

<577>

Vgl. ebd. S. 208 f.

<578>

Reibmayr, Albert: Die Entwicklungsgeschichte des Talentes und Genies. Erster Band: Die Züchtung des individuellen Talentes und Genies in Familien und Kasten, München 1908, S. 503. Siehe dazu desweiteren ebd., Zweiter Band: Zusätze, historische, genealogische und statistische Belege, München 1908, S. 415 ff.

<579>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 218.

<580>

Walther Darre spricht in heroisierendem Sinne vom „Kriegertum der Nordischen Rasse.“ Siehe Darre, Walther: Das Bauerntum als Lebensquell der Nordischen Rasse, 5. Auflage, München 1935, S. 309 ff.

<581>

Siehe hierzu Günther Hans F. K.: Rassenkunde des deutschen Volkes, S. 464 f. sowie ders.: Rassenkunde Europas, S. 212 ff.

<582>

Ders.: Rassenkunde des deutschen Volkes, S. 462, wörtlich fast übereinstimmend ders.: Rassenkunde Europas, S. 208.

<583>

Ders.: Rassenkunde des deutschen Volkes, S. 464.

<584>

Ders.: Rassenkunde Europas, S. 208.

<585>

Siehe insgesamt ders.: Rassenkunde des deutschen Volkes, S. 462 ff. sowie ders.: Rassenkunde Europas, S. 208 ff.

<586>

Hildebrandt, Kurt: Staat und Rasse, S. 13.

<587>

Ebd. S. 13 f.

<588>

Stoddard, Lothrop: Der Kulturumsturz. Die Drohung des Untermenschen, München 1925, S. 5. Siehe desweiteren Grant, Madison: Der Untergang der großen Rasse. Die Rassen als Grundlage der Geschichte Europas, München 1925.

<589>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 223.

<590>

So Günther, Hans F. K.: Platon als Hüter des Lebens. Platons Zucht- und Erziehungsgedanken und deren Bedeutung für die Gegenwart, 2. Auflage, München 1928, S. 62.

<591>

Vgl. die von Günther zitierte Äußerung Fischers in: Günther, Hans F. K.: Rassenkunde des deutschen Volkes, S. 472 sowie ders.: Rassenkunde Europas, S. 219: „’Ausgemerzt ist heute schon das Germanenblut, die nordische Rasse, in Italien und Spanien und Portugal. Rückgang, zum Teil Bedeutungslosigkeit ist die Folge! - Frankreich ist das nächste Volk, das daran glauben muß - und dann wir - mit absoluter Sicherheit, wenn‘s so weitergeht wie bisher und heute!’“

<592>

Günther, Hans F. K.: Rassenkunde des deutschen Volkes, S. 470 f.

<593>

Ders.: Rassenkunde Europas, S. 219.

<594>

Voegelin, Erich: Rasse und Staat, S. 225, vgl. ebd. S. 208 ff. sowie Lenz, Fritz: Menschliche Auslese und Rassenhygiene (Eugenik) (Baur, Erwin/ Fischer, Eugen/ Lenz, Fritz: Menschliche Erblichkeitslehre und Rassenhygiene. Band II), 4. Auflage, München 1932, S. 220 ff., besonders S. 243 ff.

<595>

Siehe als Rezension hierzu Gehlen, Arnold: Rasse und Staat, S. 203 f.

<596>

Rothenfußer, Georg: Geisteswissenschaft und Rassenfrage, S. 185 f.

<597>

Ebd. S. 186.

<598>

Ebd., vgl. ebd. S. 185 f.

<599>

Gehlen, Arnold: Rasse und Staat, S. 204.

<600>

Elster (Alexander): Buchbesprechung zu „Rasse und Staat“ von Erich Voegelin, in: Juristische Rundschau, 9. Jg. (1933), S. 188.

<601>

Landsberg, Paul Ludwig: Rezension zu „Die Rassenidee in der Geistesgeschichte von Ray bis Carus“ von Erich Voegelin, in: Zeitschrift für Sozialforschung, Jg. V (1936), S. 153.

<602>

Gürke, Norbert: Rasse und Staat in der Staatslehre. Grundsätzliches zu dem Buche ‚Rasse und Staat“ von Erich Vögelin, in: Reichsverwaltungsblatt und Preußisches Verwaltungsblatt, Nr. 40, Bd. 54, S. 781 - 785 (S. 785). Siehe desweiteren Brecht, Arnold: Rezension zu „Rasse und Staat“ von Erich Voegelin, in: Social Research. An International Quarterly of Political and Social Science, Vol. II (1935), S. 246 - 248. Zusammenfassend zur Rassenproblematik in Voegelins Werk vgl. Henkel, Michael: Eric Voegelin zur Einführung, S. 64 ff. sowie ders.: Zum 100. Geburtstag von Eric Voegelin am 3. Januar 2001. Staatslehre und Kritik der Moderne: Voegelins Auseinandersetzungen mit Ideologien und Autoritarismus in den dreißiger Jahren, in: Politische Vierteljahresschrift, 41. Jg. (2000), Heft 4, S. 745 - 763 (S. 748 f.).


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Fri Mar 28 14:01:17 2003