Untersuchung der Einsatzfrequenz und Art der Notärzt*inneneinsätze im sozioökonomischen Kontext am Beispiel der Stadt Jena

Der Zusammenhang zwischen dem sozioökonomischen Status (SES) und Gesundheit ist bereits lang erforscht. So ist ein niedriger SES mit einer erhöhten Morbidität für zahlreiche Erkrankungen wie Herzinfarkte, Schlaganfälle und Tumorerkrankungen sowie einer erhöhten Mortalität assoziiert. Nach diesen Erkenntnissen ist anzunehmen, dass Menschen mit einem niedrigen SES aufgrund ihres erhöhten Erkrankungsrisikos auch Rettungsdienste und Notärztinnen häufiger in Anspruch nehmen. Vor diesem Hintergrund gibt es bisher nur wenige Untersuchungen von notärztlichen Einsätzen, welche jedoch übereinstimmend erhöhte Einsatzraten in benachteiligten Stadtteilen zeigten. In der folgenden Studie wurde untersucht, ob in der Stadt Jena ebenfalls erhöhte Einsatzraten in benachteiligten Stadtteilen beobachtet werden konnten und ob das Einsatzgebiet einen Einfluss auf die gestellten Verdachtsdiagnosen sowie die Erkrankungs- oder Verletzungsschwere der Patientinnen hatte. In dieser retrospektiven Studie wurden 2.436 Protokolle von notärztlichen Einsätzen, welche 2019 in Jena durchgeführt wurden, untersucht. Es zeigte sich, dass in benachteiligten Stadtteilen signifikant häufiger notärztliche Einsätze durchgeführt und psychiatrische sowie pulmologische Verdachtsdiagnosen gestellt wurden. Auf die Erkrankungsschwere hatte das Einsatzgebiet hingegen keinen Einfluss. Die beobachteten höheren Einsatzraten in den Fördergebieten spiegelten den gesteigerten Bedarf an akutmedizinischer Versorgung der dortigen Bewohnerinnen wider. Diese sind zum einen auf armutsbedingte gesundheitliche Belastungen, aber auch auf Defizite in der ambulanten medizinischen Versorgung zurückzuführen. Diese und zukünftige Untersuchungen können dazu beitragen, politische, soziale und städtebauliche Maßnahmen zur Verminderung sozialer und gesundheitlicher Ungleichheit zu ergreifen. Zudem können Rettungsdienststrukturen optimiert werden, um eine bedarfsgerechte und bestmögliche Versorgung der Patient*innen zu gewährleisten.

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