Rechtshistorische Flurnamen in und um Jena

Flurnamen erhalten ihre Benennung aus den unterschiedlichsten Motivationen. Dies kann beispielsweise durch die allgemeine Gestalt eines Flurstücks geschehen. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den rechtshistorischen Flurnamen in und um Jena. Um ein besseres Verständnis des kulturgeschichtlichen Zusammenhanges zu schaffen, wurde ein Abriss der Strafrechtsgeschichte des Mittelalters mit dem Bezug zu Jena sowie ein Überblick über die - zum Teil ständig wechselnden Zuständigkeiten der Blutgerichtsbarkeit - eingefügt. Denn die Anzahl der Gerichtsstätten ist vielfältig. Zusammensetzungen mit „Gericht-" gehören zu den Namen, die mit der Gerichtsbarkeit und dem Strafvollzug in Zusammenhang stehen. Diese Gerichtsstätten sind in Thüringen fast immer auf Bergen zu finden. Dieses Phänomen bezieht sich jedoch nicht nur auf Thüringen allein. Im Zeitraum des endenden Mittelalters und zu Beginn der Neuzeit fanden sich Richtstätten häufig an solchen Plätzen, beispielsweise in Sichtweite vor dem Ort, an Wegekreuzungen, Hügeln oder Handelswegen. Dass dies der allgemeinen Warnung vor Missetaten und der Veranschaulichung ihrer Folgen dienen sollte, erschließt sich von allein, da die besondere Lage der Richtstätten von vielen Personen wahrgenommen werden konnten. Städte hatten meistens mehrere Orte der Blutgerichtsbarkeit vorzuweisen. Besonders häufig bei Gerichtsstätten und Hochgerichten sind Namenzusammensetzungen mit dem Begriff „Galgen." Auf Rechtsverhältnisse in Flurnamen lässt sich ein entsprechender Rückschluss bilden, denn diese können eine Benennungsmotivation sein. Jedoch unterliegen Flurnamen sprachlichen und historischen Veränderungen und sind demnach anfällig für Fehlinterpretationen. Ein „Strafgräbchen" kann aus emem „Straßgräbchen" hervorgegangen sein.  Genauso liegt die Sache mit den Flurnamen, die den Begriff „Kreuz" beinhalten. Es muss nicht zwingend auf ein ehemals vorhandenes Sühnekreuz dahinterstecken. Im einfachsten Fall hat man sowohl einen passenden Rechtsnamen als auch einen Rechtsort mit Spuren der früheren Vorgänge. Ein weiteres wichtiges Thema, mit dem sich diese Arbeit auseinandersetzt, sind die Steinkreuze. Steinkreuze können sehr unterschiedliche Funktionen haben. Sie können als Sühnekreuze ursprüngliche Rechtsdenkmale sein, wenn beispielsweise ein entsprechender Sühnevertrag zum Steinkreuz existiert. Das ist jedoch für viele Steinkreuze nicht einwandfrei nachweisbar. Im Zeitraum des Mittelalters bis in die Frühe Neuzeit waren sie Symbole der Blutrache, des Faustrechts - für jeden sichtbare Sühneauflagen nach einem Totschlag. Schließlich wurden sie auch als Grenzsteine, Wegweiser etc. verwendet. Ein eindrucksvolles Beispiel stellt der beurkundete Verkauf der Gerichtsbarkeit über Hals und Hand an die Stadt Jena dar, in der Steinkreuze als Begrenzungen der Zuständigkeit der Jenaer Gerichtsbarkeit genannt wurden. Steinkreuze umgab für die Menschen früher häufig ein unheimlicher Hauch: Sie waren Orte, an denen sich arme Seelen oder gar böse Geister befanden. Nach der Verkündigung des ewigen Landfriedens durch Kaiser Maximilian I und der Einführung der Vorschriften der Lex Carolina (kurz: CCC) wurden die bis dato herrschenden Sühne- und Fehderegelungen in Bezug auf die Steinkreuze verdrängt.

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