Medienangebote mit migrantischer Perspektive : Ziele und Herausforderungen für einen pluralen und diversen Journalismus

Die Realität einer pluralen Gesellschaft spiegelt sich in journalistischen Öf-fentlichkeiten nur unzureichend wider: Ethnische Diversität wird in der deutschen Berichterstattung oft auf eine kulturalisierende hegemoniale Art dargestellt. Zudem finden migrantische Perspektiven auch personell an wichtigen Schaltstellen des öffentlichen Diskurses keine ausreichende Repräsen-tation, wodurch Journalismus an funktionalem Integrationspotential in einer Migrationsgesellschaft einbüßt. Dieser Artikel stellt die Ergebnisse eines qualitativen Forschungsprojekts vor, das in Anleh-nung an das Konzept der medialen Integration von Geißler und Pöttker hinterfragt, welchen Stellen-wert Diversität als Faktor von Integration innerhalb der Strukturen und an den Grenzen eines insti-tutionalisierten Journalismus hat. Im Sommer 2021 wurden diversitätssensible lineare und Social-Web-Medienangebote – sowohl mit als auch ohne Anbindung an eine journalistische Organisation – identifiziert und im Anschluss Leitfadeninterviews mit redaktionell Verantwortlichen geführt (drei davon mit Fokus auf ethnische Diversität). Im Sommer 2022 fand ergänzend eine Gruppendiskus-sion mit acht Teilnehmenden, ebenfalls Macher:innen von Medien mit migrantischer Perspektive, statt. Beide Zugänge geben Einblicke in die Ziele und Herausforderungen der Redaktionen, in das Community Management, in Rollenselbstverständnisse und Antworten auf die Frage, wie engagiert bzw. aktivistisch motiviert ein Journalismus sein darf oder sein muss, der in einer pluralen Migrati-onsgesellschaft zukunftsfähig bleiben möchte. Die Auswertung zeigt, dass die befragten Medienma-cher:innen das Ziel verfolgen, die pluralen Lebenswirklichkeiten transparent und authentisch dar-zustellen, um Vorurteile abzubauen und Verständnis füreinander zu fördern. Durchweg werden gleichzeitig vielfältige Herausforderungen wie zum Beispiel fehlende Finanzierung oder Umgang mit diskriminierenden Kommentaren wahrgenommen. Die Auseinandersetzung mit dem kontroversen Thema Migration fordert einen diversitätssensiblen Journalismus so auch in seinem Selbstverständ-nis heraus.

The reality of a plural society is inadequately reflected in journalistic public spheres and editorial offices: Ethnic diversity in German reporting is often presented in a culturalising hegemonic way. As a result, migrant perspectives are not sufficiently represented in terms of content or person-nel at important points of public discourse, which means that journalism loses its functional integration potential in a migration society. This article presents the results of a qualitative research project based on the concept of media integration by Geißler and Pöttker, and questions the status of diversity as a factor of integration within the structures and at the boundaries of institutionalised journalism. In the summer of 2021, diversity-sensitive linear and social web media – both affiliated and unaffiliated with journalistic organisations – were identified and afterwards guided interviews were conducted with editorial managers (three of them with a focus on ethnic diversity). Addition-ally, a supplementary focus group was held in summer 2022 with eight participants who also work in media with a migrant perspective. Both approaches provide insights into the goals and challenges of the editorial offices, community management, role self-perceptions and answers to the question of how committed or activist-motivated journalism can or must be if it wants to remain sustainable in a pluralistic migration society. The analysis shows that the interviewed media creators pursue the goal of presenting the plural realities of life transparently and authentically in order to reduce preju-dices and promote mutual understanding. At the same time, a variety of challenges are perceived, such as a lack of funding or dealing with discriminatory comments. The focus on the controversial topic of migration thus also challenges the self-image of diversity-sensitive journalism.

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