Reichsreligion? Überlegungen zur Religionsgeschichte des antiken Mittelmeerraums in der römischen Zeit

GND
122809262
Zugehörigkeit
Universität Erfurt, Max-Weber-Kolleg, Erfurt, Deutschland
Rüpke, Jörg

Zusammenfassung Dieser Aufsatz faßt wichtige Ergebnisse des Forschungsprogramms "Römische Reichsreligion und Provinzialreligion: Globalisierungs- und Regionalisierungsprozesse in der antiken Religionsgeschichte" (DFG, SPP 1080) zusammen und versucht Konsequenzen daraus zu ziehen. Zugespitzt wird dieser Versuch auf die These, daß die entscheidende Veränderung der untersuchten Epoche nicht der Wechsel oder die Zunahme der Zahl von Religionen gewesen seien, sondern eine Veränderung des Phänomens und gesellschaftlichen Stellenwertes von "Religion" überhaupt: Aus einem Medium der individuellen Thematisierung menschlicher Kontingenzen (Krankheit, Unsicherheit, Tod) und öffentlicher politischer Identitätsbildung ist sie zu einem umfassenden Zusammenhang menschlicher Lebensführung geworden, der die Formulierung von Gruppenidentitäten wie die Verwendung für politische Legitimation erlaubt. Der Blick richtet sich daher auf die Medien, in denen Religion realisiert und verbreitet wurde (Institutionen, Texte, Recht). Der Aufsatz fragt vor allem danach, wie sich Religion in Diffusions- und Immigrationsprozessen veränderte, in welcher Geschwindigkeit Praktiken und Institutionsformen übernommen oder verändert wurden. So wird deutlich, daß im Imperium Romanum nicht "Religionen“ oder "Kulte“ miteinander in Wettbewerb traten, sondern in einem kulturellen Großraum Symbole immer wieder neu verknüpft wurden und Professionelle mit großem Aufwand Gruppengrenzen errichteten und zu sichern versuchten.

Abstract This paper summarizes important results of a large program of research on "Roman religion of Empire and provincial religion: Processes of globalisation and regionalisation in the history of ancient religion" It is an attempts to formulate consequences of these results, focusing on a central thesis: The most decisive change in the area of religion during the imperial period was not a change in the number of religions present or in the replacement of one religion by an other. Instead, the concept of "religion" itself, and its position in society changed. A manner of dealing with individual contingencies such as illnesses, insecurities, and death and of dealing with public political identity developed into a comprehensive form of life style. Such a form of "Lebensführung" allowed the formulation of distinctive group identities as an employment for the purposes of political legitimisation. Thus, the analysis will concentrate on media for the employment and diffusion of religion (institutions, texts, laws). The problem of how religion was modified in the processes of diffusion and immigration and of how quickly religious practices and institutions were acquired or modified will be central. It is claimed that the Imperium Romanum did not witness a competition of "religions" or "cults", but a process by which religious symbols were connected to ever-changing nets within a culturally homogeneous space. It was a conscious task, often performed by professionals, to perform "boundary work" which created and continued boundaries between different groups.

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