Nach traumatischen Amputationen wird eine chirurgische Wiederangliederung (Replantation) des abgetrennten Körperteils angestrebt. Die vorliegende Arbeit soll dazu beitragen, Erklärungsansätze für funktionelle Defizite nach Replantationen zu entwickeln. Studie 1 zeigte, dass auch Jahre nach der Replantation noch Defizite in der Wahrnehmung nicht schmerzhafter Reize bestanden, wohingegen die Wahrnehmung schmerzhafter Stimuli fast vollständig wiederhergestellt war. Das somatosensorische Funktionsprofil scheint dabei für Patienten mit Makroreplantationen der oberen Extremität spezifisch zu sein. In Studie 2 und 3 zeigten sich kontralateral zur Replantation sowohl im Lippen- als auch im Handareal des primären somatosensorischen Kortex signifikante Veränderungen der funktionellen Organisation. Das Ausmaß der Reorganisation im Handareal hing dabei negativ mit der Stärke der Schmerzen im Replantat zusammen. Dieses Ergebnis deutet auf das Zusammenspiel von (mindestens) 2 Mechanismen hin: 1. Deafferenzierungsbedingte Reorganisation und 2. Schmerzbedingte Aufrechterhaltung der Repräsentation des (zuvor) deafferenzierte Körperteils. In Studie 4 erfolgte eine Präzisierung des sensorischen Homunkulus, indem gezeigt wurde, dass die Oberschenkelrückseite inferior zum Fuß repräsentiert ist, während im Homunkulus der Oberschenkel superior und medial zum Fuß repräsentiert ist und keine Differenzierung zwischen Oberschenkelvorder- und rückseite erfolgte. Die vorliegende Arbeit lieferte erstmals Erkenntnisse über die Auswirkungen der durch Amputation, Replantation und Reinnervierung bedingten Prozesse auf Wahrnehmung und zentrale Verarbeitung von Reizen, die auf Haut des Replantats aufgebracht wurden. Diese Erkenntnisse erweitern die Forschung zu amputationsbedingten Veränderungen der kortikalen Organisation und liefern neue Ansätze zur Verbesserung der operativen und rehabilitativen Maßnahmen, die nach Makroreplantation angezeigt sind.