Die Prognose der akuten myeloischen Leukämien wird entscheidend vom Vorhandensein charakteristischer zytogenetischer Marker beeinflusst. Dabei stellt die Trisomie 8 die häufigste chromosomale Einzelaberration dar. Als isolierte Veränderung wird sie in 6 bis 11% aller zytogenetisch auffälligen Fälle von akuter myeloischer Leukämie (AML) bzw. myelodysplastischem Syndrom (MDS) beobachtet. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, mittels modernster molekularzytogenetischer Methoden das Genom von sechs Leukämiepatienten mit Trisomie 8 als alleiniger zytogenetischer Veränderung systematisch und umfassend zu analysieren. So sollten möglicherweise vorhandene kryptische (d.h. mittels konventioneller zytogentischer Verfahren nicht detektierbare) Aberrationen nachgewiesen und deren potenzielle prognostische Bedeutung bewertet werden. Zum Einsatz kamen verschiedene Varianten der Fluoreszenz-in-situ-hybridisierung (FISH), insbesondere das multitude multicolor banding (mMCB), die Subzentromer-Subtelomer-FISH (subCTM), die parental origin determination FISH (podFISH) sowie zahlreiche Einzelsonden. Damit konnte in einem der Fälle eine Translokation t(5;11)(q35;p15) nachgewiesen werden, die in sämtlichen ausgewerteten Zellen vorhanden war. Weder routinezytogenetisch noch in der mMCB-Analyse war diese Veränderung zu erkennen, so dass hier tatsächlich von einer kryptischen Aberration gesprochen werden kann. Insgesamt liefern die in dieser Arbeit erhobenen Befunde somit weitere Belege für die Ansicht, die als alleinige zytogenetische Veränderung erscheinende Trisomie 8 als ein sekundäres Ereignis auf Grundlage einer kryptischen Primäraberration zu betrachten. Insofern kann die als Pilotstudie konzipierte Untersuchung wertvolle Impulse und Anhaltspunkte liefern, um in weiterführenden Experimenten größere Patientenkollektive gezielt auf kryptische Aberrationen hin zu untersuchen.