Entwicklung und Erprobung eines Kurztests zum Konditionalen Schlussfolgern

Die Prozesse, die dem logischen Schlussfolgern bei Konditionalaussagen (Wenn-dann- Aussagen) zugrunde liegen, sind häufig Gegenstand allgemeinpsychologischer Untersuchungen. In der Differenziellen Psychologie wird die Fähigkeit, logisch korrekte Inferenzen bei Konditionalaussagen zu ziehen, hingegen kaum thematisiert. Folglich existieren auch keine psychodiagnostischen Testverfahren zur Messung eines solchen Konstruktes. Ziel dieser Arbeit ist daher die Entwicklung und Erprobung eines psychodiagnostischen Tests zum Konditionalen Schlussfolgern. Dazu wird ein auf kognitionspsychologischen Theorien aufbauendes Stufen-Modell vorgestellt, das differenzialpsychologische Aussagen zum Konditionalen Schlussfolgern erlaubt. Dieses Stufen-Modell wird auf Konditionalaussagen mit zusätzlichen Negationen erweitert und ist damit auf das sog. Negationsparadigma anwendbar. In dem resultierenden erweiterten Stufen-Modell werden vier Stufen der Sophistiziertheit Konditionalen Schlussfolgerns (SKS) postuliert. Abgeleitet aus den theoretischen Überlegungen und aufgrund pragmatischer Vorgaben wurden 16 Aufgaben zum Konditionalen Schlussfolgern konstruiert, die einer Stichprobe von 905 Personen vorgegeben wurden. Da für die vier Stufen spezifische Antwortmuster(-wahrscheinlichkeiten) postuliert werden, lässt sich das erweiterte Stufen-Modell als Latente-Klassen-Modell präzisieren. Folglich werden die Daten mittels Analyse latenter Klassen ausgewertet. Es resultieren vier hypothesenkonforme Klassen der latenten Variable SKS. Nach dem theoriegeleiteten Ordnen der Klassen zeigt sich ein erwartungsgemäß positiver Zusammenhang mit Reasoning. Aus diesen vielversprechenden Ergebnissen werden Implikationen für die weitere Erprobung dieser 16 Items und insbesondere für die Bestimmung von Testgütekriterien abgeleitet. Neben den klassischen Hauptgütekriterien Objektivität, Reliabilität und Validität werden zudem acht Nebengütekriterien (darunter Normierung, Nützlichkeit und Testökonomie) betrachtet und für die vorliegenden 16 Items überprüft. Dies erfolgt durch theoretische Herleitungen, die an entscheidenden Stellen in drei weiteren Studien empirisch überprüft werden. Die betrachteten Gütekriterien können (fast) ausnahmslos als erfüllt angesehen werden, sodass es gerechtfertigt scheint, die 16 Items als „Psychologischen Test“ zu bezeichnen. Insgesamt kann festgehalten werden, dass es möglich ist, auf Basis des erweiterten Stufen-Modells ein Konstrukt Sophistiziertheit Konditionalen Schlussfolgerns einzuführen, das mit dem entwickelten Kurztest zum Konditionalen Schlussfolgern (KKS) objektiv, reliabel, valide und äußerst ökonomisch erhoben werden kann.

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